Das Eddy-Projekt - Wabe Berlin
Bellegueule kommt zurück
Berlin is not Am Ring. Vol. 3 Ring des Nibelungen - Das inklusive Festival von glanz&krawall zerlegt Wagners Heldenepos mit anarchistischer Energie
Kein Ring, sie zu knechten
von Stephanie Drees
Berlin, 20. August 2021. Es ist alles schon recht absurd, wenn man es sich recht überlegt. Ein Held, der in Drachenblut badet, ein Held, der von anderen gesteuert wird ob ihrer Habgier. Schön, zwar, blond, stark – aber auch ein instrumentalisierter Depp, furchtlos mit Schmackes in sein Verderben rennend. "Wäre Rapunzel nicht der viel bessere Held?", fragt ein Performer des inklusiven "Theater Thikwa" von der Bühne ins Publikum. Rapunzel, ebenfalls mit viel Engagement und Ehrgeiz ausgestattet, aber pragmatischer. Eine Bratpfanne als Waffe, zumindest in der jüngsten Animationsfilmvariante. Hoch sympathisch, behände, und, diese Art der Faszination schimmert zwischen den Worten des Performers durch: selbstbestimmter.
Streulicht - Maxim Gorki Theater Berlin
Bloß nicht verdächtig werden
von Simone Kaempf
Berlin, 20. August 2021. Das nennt sich mal ein wirklich kompakter Programmzettel: Graphic Novel Zeichnungen sind mitabgedruckt, die die drei Spieler:innen zeigen. Wie sie Wände verschieben und umbauen, an Schultischen sitzen, oder wie sich ihre riesigen Schatten an der Wand bekämpfen. Diese Zeichnungen von Büke Schwarz bringen schon mal auf den Punkt, wie Regisseur Nurkan Erpulat die Roman-Vorlage von Deniz Ohde anpackt: spielerisch, mit Bilder-Überblendungen und mehr Pathos als Ohdes genaue Milieubeschreibung eigentlich vorgibt. Das aber ganz zum Vorteil.
Schwarzwasser - Berliner Ensemble
Bös', diese Brühe
von Elena Philipp
Berlin, 18. August 2021. Charmieren, drohen, locken, rasen, jammern, sinnieren, auftrumpfen – man käme mit Verben gar nicht hinterher, versuchte man das Spiel von Stefanie Reinsperger in ihrem minutenlangen "Schwarzwasser"-Monolog sprachlich nachzuvollziehen. Euphorisch lächelnd, lädt sie wie eine Fernsehpredigerin zum Zuhören; als Opfer politischer Anwürfe streckt sie uns ihre mit Wunden bemalten Handflächen entgegen; und wie eine irre Killerin schaut sie gesenkten Kopfes unter Haarfransen hervor. Jeder Satz eine neue Haltung: Gespielt ist das so dicht und vieldeutig wie Elfriede Jelineks Theatertext geschrieben ist. Reinsperger bringt ihn als Teil eines Frauenquartetts in der Inszenierung von Christina Tscharyiski auf die Bühne. Und dafür gibt es am Neuen Haus des Berliner Ensembles: Zwischenapplaus.
Fräulein Julie - Deutsches Theater Berlin
Von Halbmenschen und Kulturschöpfern
von Jorinde Minna Markert
Berlin, 12. August 2021. Man könne den entscheidenden Konflikt in "Fräulein Julie", nämlich die soziale Ungleichheit in der Affäre zwischen dem Bediensteten Jean und der höher gestellten Julie, heute nicht mehr mit dem Originaltext erzählen, sagte Regisseur Timofej Kuljabin vorab zur Überschreibung des Stoffes. Wer sich das Vorwort von August Strindberg antut, kann schwer verneinen. In diesem schwingt der Autor sich zu wahrhaft psychedelischen Höhen der Misogynie auf, schwelgt in trippigen Theorien über Halbfrauen (Fräulein Julie) und verkrüppelten Formen des Menschen (alle Fräuleins und Frauen) und ruft auf dem Höhepunkt seines Flows den Mann als Herrscher der Schöpfung und Schöpfer der Kultur aus. Schöpfer der Kultur also – die Messlatte liegt hoch.
Regie: Marta Górnicka
Regie: Simon McBurney
Regie: Ersan Mondtag
Regie: Gernot Grünewald
Regie: Claudia Bauer
Regie: Amir Reza Koohestani
Regie: Sebastian Nübling
Regie: andcompany&Co. (Alexander Karschnia, Nicola Nord, Sascha Sulimma &Co.)
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