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50-Prozent-Frauenquote beim Theatertreffen
Die Hälfte der Theaterwelt
Berlin, 30. April 2019. Ab 2020 wird es beim Berliner Theatertreffen für zwei Jahre eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent bei den Regiesseur*innen der Zehner-Auswahl geben. Das gaben die Berliner Festspiele heute bei der Pressekonferenz zum Theatertreffen bekannt.
Zur Frauenquote verpflichtet hat sich die Jury des Theatertreffens für die Jahre 2020 und 2021. Regiekollektive werden dabei nach ihrer mehrheitlichen Zusammensetzung gewertet, so die Berliner Festspiele in einer Pressemitteilung.
Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Theatertreffens sagt dazu: "Ich möchte damit auf das drastische Missverhältnis zwischen Regisseurinnen und Regisseuren in der 10er Auswahl des Theatertreffens seit 1964 reagieren. Mit etwa 70 Prozent aller Inszenierungen dominieren immer noch männliche Regisseure die deutschsprachige Theaterlandschaft, das entspricht auch dem derzeitigen Geschlechterverhältnis von Regiepositionen in der 10er Auswahl des Theatertreffens 2019. Es wäre zu einfach, die Verantwortung für Veränderung in Fragen von Geschlechtergleichheit im Theater auf andere Institutionen oder Player abzuwälzen und zu warten, dass sich etwas bewegt. Reine Absichtserklärungen reichen da nicht mehr aus. Die Quote ist für mich mehr als eine Geste für Geschlechtergerechtigkeit, sie ist ein Werkzeug für einen generellen Strukturwandel."
(Berliner Festspiele / eph)
Kolumne: Aus dem bürgerlichen Heldenleben – Esther Slevogt kommt um die Frauenquote nicht herum (5/2019)
Meldung: Staatsministerin Monika Grütters gegen Frauenquote beim Theatertreffen (5/2019)
Presseschau
Im Interview in der Süddeutschen Zeitung (2.5.2019) erklärt Yvonne Büdenhölzer, dass zwischen 1964, dem ersten Jahrgang des Festivals, und 2019 nur 11,7 Prozent der zum Theatertreffen eingeladenen Inszenierungen von Regisseurinnen stammen. "Das ist ein Missverhältnis, das wir nicht fortsetzen wollen." Und: "Ich finde, dass es eine Aufgabe des Theatertreffens ist, Impulse zu setzen, und nicht nur, die bestehende Situation abzubilden. Ich erhoffe mir von dieser Quote auch, dass sie für Intendantinnen und Intendanten einen Anreiz setzt, Künstlerinnen und Künstler beider Geschlechter gleichermaßen zu fördern." Sie glaube nicht, dass die Regisseurinnen auf die Idee kommen, nicht wegen der Qualität ihrer Arbeit, sondern aus Quotengründen eingeladen zu werden. "Die Quote definitiv mehr als ein reines Symbol." Sie habe die Hoffnung, so Büdenhölzer, dass sich die Strukturen im Theater verändern, etwa bei der im Vergleich zu den männlichen Kollegen schlechteren Bezahlung für Regisseurinnen und Schauspielerinnen.
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2.5.2019) schreibt Simon Strauss: Das Theatertreffen versuche mit "gesellschaftspolitischen Zugeständnissen" von seiner "dramaturgischen Schwäche und formalen Konventionalität abzulenken". Das Theater der Zukunft solle "nicht spannender, spielerischer, ideologiekritischer oder unabhängiger", sondern "strukturell vielfältig und geschlechtergerecht" werden. Es scheine, als habe Monika Grütters dem Theatertreffen aufgetragen, ihr zentrales Parteiprogramm umzusetzen. Strauss fragt, ob wir "eine solche Einflussnahme auf die Bewegungsfreiheit der Kunst" ebenso "gefällig" abnickten, wenn dieser Druck von " politisch weniger liebsamen Kräften " sprich: rechtsaußen käme. Alle Fragen der Kunst würden nun verdrängt werden durch die Quoten-Ankündigung, die zugleich auch die Auswahl der Jury entwerte, die ja offenbar mit "falschem Bewusstsein" getroffen worden sei.
Ulrich Seidler schreibt in der Berliner Zeitung (2.5.2019): "So prinzipiell" sei "die Maßnahme" ja gar nicht. Sie sei "erst einmal" auf zwei Jahre beschränkt. Vielleicht erweise sich das Instrument dann als "überflüssig". Vielleicht "sind dann mal andere dran". Auf jeden Fall werde die Jury gezwungen, "vorübergehend den Blick etwas zu verschieben. Mal sehen, was sie dabei entdeckt".
(sik / jnm)
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(Danke für den Hinweis – wir haben das "mindestens" vor den 50 Prozent ergänzt. d. Red.)
Vielleicht sind die Arbeiten von weiblichen Regisseurinnen auch teilweise einfach mal besser. Die Frauenquote garantiert und ermöglicht Frauen, sich auch auf der großen männlichen Spielwiese auszutoben und nicht vor der Wiese einen Kampf führen zu müssen, um auch mal drauf gelassen zu werden. Und diesen Kampf müssen sie führen nur alleine auf der Tatsache, dass sie auf ihr Geschlecht reduziert werden..
So genug davon, alle weiteren Fragen können Bücher, Artikel oder auch Google beantworten...
Ein Anfang ist getan, Frauenquote top! Und hoffentlich sind mehr als 50% Frauen dabei!
ihr Kommentar war so vorraussehbar und enthält nicht einen neuen Beitrag zur Debatte um Quoten-Regelungen. Schnell wird mit der Ideologie-Keule zugeschlagen.
Natürlich gibt es Frauen in der 10er Auswahl, die Anzahl der Berücksichtigten schwankt jedoch beträchtlich in den letzten Jahren. Und auch in der diesjährigen Auswahl, gibt es (männliche) Regiehandschriften, die sich im Prinzip zuwenig verändert haben, um eine erneute Einladung als unabdingbar erkennen zu lassen. Ich persönlich würde sie also dieses Jahr nicht vermissen und finde dort gleichzeitig den Spielraum für neue weibliche Handschriften.
Mit dem Satz "Arbeiten von männlichen Regisseuren haben eben auch in diesem Jahr mehrheitlich überzeugt." verschleiern Sie die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Theaterbetrieb. Nach wie vor geht der größte Teil an Inszenierungsaufträgen an Männer, wir haben es hier also nicht mit einem ausgeglichenen "Wettbewerb" zu tun.
Deshalb ist das Vorhaben der Jury gut, denn nun müssen Sie sich noch gezielter mit Regisseurinnen beschäftigen, die nicht zur ersten (vornehmlich männliche) Garde gehören. Ich halte es für möglich, dass sie dabei Arbeiten entdecken, die sich nicht vor üblichen Konkurrenz verstecken braucht.
Werden dann gleichviele Arbeiten gesichtet?
Ohne Quote lassen sich bestimmte patriarchale Strukturen, im Theater wie anderswo, offensichtlich nur schwer aufweichen.
Aber wenn man einmal anfängt zu quotieren, kann man eigentlich nicht beim Geschlecht stehenbleiben. Und dann ersetzt irgendwann ein Algorithmus Diskurs und Geschmacksurteil (und die Theatertreffen-Jury).
Wo und wie lässt sich in meinem Kommentar "Angst vor Verlust von männlichen Privilegien und damit Macht" lesen?
Gut.. "egal wie gut".. lesen Sie anders als gemeint.. oder möglicherweise wäre noch klarer von mir formuliert, wenn ich geschrieben hätte...
"Heißt das dann, das egal wie schlecht (gut) die Arbeiten der Männlichen Regisseure sind, dass es trotzdem garantiert ist, dass die hälfte der Arbeiten die eingeladen werden von männlichen Regisseuren kommen MUSS!?
So ist es hoffentlich allen klar... das bei fünf herrausrageneden Weiblichen Regie-Arbeiten nicht schluss sein darf!
Bitte danke!
Können, wollen wir die mit Quoten (versuchen zu) schließen? Das ist keine polemische Frage. Ich weiß die Antwort nicht. Ein Versuch für zwei Jahre finde ich nicht grundsätzlich schlecht (und glaube persönlich in jedem Fall, dass das die Auswahl beim TT aus verschiedenen Gründen verbessern wird). Aber so zu tun, als könne man Verteilungsfragen auf das Geschlecht reduzieren, scheint mir dann doch identitätspolitisch verengt und damit durchaus gefährlich.
Aus meiner Sicht trifft Sonja Kloevekorn (#12) den Nagel auf den Kopf, und beendet gleichzeitig das Scheingefecht um all die anderen Quoten, die wir vorgeblich dann auch bräuchten. Unsinn. Ich halte das für ein hervorragendes Signal, und hoffe, dass die Theater sich daran ein Beispiel nehmen.
Quoten dienen nicht dazu (und haben noch nie und nirgends dazu geführt), daß Menschen in Positionen kommen, für die sie nicht geeignet wären.
Quoten dienen dazu, Menschen in Positionen zu bringen, die sie längst hätten innehaben müssen.
Wenn 50% der am besten geeigneten Menschen strukturell keine Chance haben, in angemessener Weise auf Führungspositionen zu kommen (oder zum Beispiel überhaupt nur in angemessener Weise wahrgenommen zu werden, beispielsweise durch Einladungen zum Theatertreffens), nur weil sie das falsche Geschlecht haben, heißt das logisch zwingend, dass dort statt dessen Menschen sitzen, die dafür weniger geeignet sind.
Das ist kein politisches Programm, schon gar nicht mein persönliches, ich rede hier von Statistik.
Mal platt gesagt: Wer gegen Quote ist, ist für Mittelmaß. Statistisch.
(Und muss sich fragen lassen, wovor er eigentlich Angst hat.)
Es ist sehr simpel: Quoten führen dazu, dass Theater interessanter wird. Toll, oder? Bin ich unbedingt dafür.
Das Tolle an Strukturen ist ja: Wenn man sie ändert, passieren immer völlig unerwartete Dinge - das wird hier genau so sein. Deshalb macht ein solches Spiel ja auch solchen Spaß. Und deshalb ist die Quote ja auch so ein gutes Instrument, um Veränderungen herbeizuführen. Denn: Andere Stukturen ziehen andere Entscheidungen nach sich. Ich finde Quoten schon deshalb toll.
FunFact: Alle Institutionen des öffentlichen Dienstes - und das sind viele Theater - müssen sich übrigens qua Gesetz Gleichstellungspläne schreiben; im gängigen Kaskadenmodell muss der Frauenanteil in einer Stufe dabei mindestens dem in der Qualifikationsstufe darunter entsprechen. Das ist hilfreich, aber auch ein bisschen langweilig. Deshalb: Wenn man schneller Frauen in Spitzenpositionen bringen will, muss ein Accelerationsfaktor hinzukommen. Innovative Institutionen führen genau den ein. Guter Schritt!
Eine Quote sollte sich auf die Zusammensetzung der Jury beziehen, um so eine ausgewogene Betrachtung zu garantieren.
Frauen sollen endlich so Mittelmässig wie Männer sein dürfen und TROTZDEM Kariere machen können!!!!
Warum sind denn andere Quoten, z.B. für queere Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund "Unsinn"? Weder Sie noch der von Ihnen zitierte Kommentar 12 begründen das in irgendeiner Weise. Die Frauenquote für das Theatertreffen für 2 Jahre ist ein guter Anfang. Und Quoten andere Quoten sind selbstverständlich und zum Glück kein Argument gegen eine Frauenquote. Aber warum sollten die ebenfalls stark unterrepräsentierten Gruppen der LGBTQI* Menschen oder der Menschen mit Migrationshintergrund nicht ebenfalls mit Hilfe einer Quote gefördert werden?
Und "Unsinn" ist kein Argument.
Ich verlange einfach als Mensch unter Menschen, dass gefälligst eine Politik betrieben wird - von ALLEN und ÜBERALL - die eine Quotierung für egal was ad absurdum führt, weil sie eben nicht ausgerechnet Ungerechtigkeit institutionalisiert.
Und ich finde, dass das das Einzigste und Mindeste ist, was man von Theater verlangen sollte, als Forderung unverrückbar in die Gesellschaft zu tragen.
Und zwar dramaturgisch und/oder poetisch.
Und nicht durch Dramaturgen-Kommentare. Vor allem nicht durch nicht solche, die argumentativ Statistik bemühen, um Mittelmäßigkeit in der Kunst beschreiben zu können.
nk hat doch in den letzten zwei Jahren einiges vorgemacht: Das Betrachten von Regisseurinnen-Arbeiten bestimmt anteilig im letzten Jahr etwa 50 Prozent der Arbeiten. Und es sind dadurch viele Damen-Namen auf dem Aufmerksamkeitsschirm aufgetaucht, die man sich jetzt eher merken kann wegen einer Kontinuität in der Leistung! So ist die Damen-Konkurrenz vergleichbar geworden. Untereinander. Eine Quote kann auch u.a. dazu führen, dass die Regisseurinnen mit dem am besten gewohnt männlichen ästhetischen Leistungs-Besteck hantieren, zum Theatertreffen eingeladen werden. Und dann andere, weniger spektakuläre Ästhetiken z.B., wieder ausgeschlossen werden?? Eigentlich gefällt mir der Vorschlag von Holger Syme ganz besonders: Statt einer Quote festzulegen, für zwei Jahre einmal ausschließlich Frauen-Arbeiten vergleichend zu burteilen und erst danach das wieder zu mischen. Die tollsten Regisseure mit einer Anwartschaft auf tt-Einladung können zwei aufgeschobene Jahre für sich bestimmt verkraften. Es gibt bestimmt Frauen, die mit Anwartschaft durch ihre Leistung schon zwanzig Jahre auf kontinuierliche fachkompetente Aufmerksamkeit und öffentlich ausführliche Beurteilung warten, nicht nur begabte, gut ausgebildete junge, nachrückende Regisseurinnen...
Männlichkeit scheint im Moment nicht so bemerkenswert zu sein.
Wenn dem nun so ist, dann doch bitte alle 10 Aufführungen von Frauen! Und zwar ausschließlich von Frauen. Das ist schon deshalb historisch gerecht, weil in Griechenland das Theater vor über 2000 Jahren ausschließlich von Männern gemacht und erfunden wurde! Und in der Hochzeit der Renaissance auf Shakespeares Globe Theatre haben auch nur Männer gespielt, geschrieben und angeleitet(Regie gab es noch nicht!Was für grauenhafte Zeiten!!).
Also: Männer raus aus dem Theater! Macht endlich ganze Sache. Eine halbe Revolution ist keine. Wir brauchen mehr weibliche RobespierreINNEN, die dem Guten und Bemerkenswerten endlich zu seinem Recht verhelfen. Alle Menschen werden Frauen!
Um auf #35 einzugehen: Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass mit dieser Entscheidung ein Diskriminierungsvorwurf an die bisherige Jury einhergeht. Da geht es nicht darum, die Vergangenheit negativ zu bewerten, sondern für die Zukunft etwas auszuprobieren, was in erster Linie motivierend für die Theater, die Regisseurinnen und die Regisseure gedacht ist. Wenn sich in den kommenden zwei Jahren herausstellt, dass es aus welchen Gründen auch immer in der Praxis nicht funktioniert, macht man es eben wieder anders.
Nur als Hinweis: Laut Frau Büdenbender stammen 30% der Inszenierungen auf deutschen Bühnen von Frauen (DLF-Interview).
Was für ein Unfug!
Man stellt vor ab fest, wer Siegerin, wer Sieger sein könnte und kennt auch schon die Anzahl, weil sich zehn durch zwei teilen lässt. Es wird in jedem Fall fünf männliche und fünf weibliche Sieger geben, soviel steht vor ab fest.
Von den knapp dreißig Prozent Frauen im Regieberuf sollen circa zehn Prozent im Kinder- und Jugendtheater arbeiten, heißt es. Man korrigiere mich, wenn meine Zahlen all zu falsch sind.
Dann werden also demnächst zwanzig Prozent aller Regisseurinnen zu fünfzig Prozent im Wettbewerb vertreten sein. Das nenne ich eine wirklich gute Lobby-Arbeit. Und man konnte diese Netzwerkerinnen die letzten Jahre geradezu öffentlich dabei beobachten, wie sie ihr Ziel erreichten. Und wie selbstverständlich sind sowohl Menschen aus der Redaktion, wie auch vom Festival an dieser Entscheidung stets beteiligt gewesen.
Respekt!
Sie haben es geschafft, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Sie konnten zu großen Teilen die Siegerinnen feststellen, bevor sie überhaupt antreten.
Und alle kennen und förderten das Dutzend Frauen, die sich nun sicher sein können dort auftreten zu dürfen. Soviel Transparenz war nie. Wir werden nicht überrascht werden. Wir kennen sie schon alle.
Das gleiche Spiel wie jedes Jahr. Nur diesmal mit Quote. Ich nehme ab sofort Wetten an.
Ich wurde lebenslang in sämtlichen Theaterkantinen diskriminiert, sobald ich es gewagt habe, mit einem Kollegen jedweden Geschlechts im heimatlichen Idiom zu sprechen. Noch heute bin ich tief traumatisiert, aber das interessiert ja wieder keine S..
Aber bitte Anerkennung Sie den Unterschied zwischen Anstellung an einem Theater und der Produktion von bemerkenswerten Abenden, wenn Ihnen das noch in Ihrer fehlgelenkten Empörung möglich ist. Und bitte legen Sie mich nicht auf ein Geschlecht fest, wenn es recht ist.
Wenn ich diese Kommentare lese, dann merke ich, es ist noch ein laaanger laaanger Weg...
Danke, Frau Büdenhölzer. Danke.
Anders gesagt: Wenn man eine Quote will, dann muss man vorn ansetzen, zB durch eine Vorgabe an öffentlich geförderte Theater, dass sie Frauen zu soundsoviel Prozent berücksichtigen müssen. Man kann dann aber nicht am Ende des Prozesses ansetzen und sagen: So, die Hälfte aller bemerkenswerten Inszenierungen kamen von Frauen. Das kann sein. Muss aber nicht sein.
Auf einen Effekt durch das tt zu hoffen, dass Intendanten jetzt massiv Frauen fördern, um einmal zum tt zu kommen, halte ich für eine ziemliche Selbstüberschätzung. Und selbst wenn‘s so wäre, würde ich keine Intendanten wollen, die ihre künstlerischen Entscheidungen von einer tt-Jury abhängig machen.
PS Was ist mit Transgender-Männern? Mir ist mindestens ein Fall bekannt, in dem eine scheinbar weiblich geborene Regisseurin äußerlich an ihr gefühltes männliches Geschlecht angeglichen wurde. Er ist Mitglied einer krassen Minderheit, wird aber nun aufgrund der neuen Regelung benachteiligt. Warum hat Herr Oberender eigentlich nicht die Leitungsposition mit Frau Büdenhölzer getauscht? Das wäre ein ehrlicher Schritt gewesen. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mich über diese Maßnahme aufregen. Sie tut so, als setze sie an den Strukturen an, aber das Gegenteil ist der Fall. An der der Struktur wird sich NICHTS ändern, aber die Kunst, die in unserer Gesellschaft eh schon auf dem Rückzug ist, wird immer weiter entwertet. Bevor ich unflätig werde, beende ich diesen Kommentar. Zornige Grüße Кирилл
Bei Unternehmen wird ja auch die Frauenquote auf Führungsebene diskutiert und zunächst nicht die Quote des gesamten Betriebes. Das hat zur Folge, dass mehr Frauen gefördert werden. Die alten Strukturen können nur verändert werden, wenn wir eine Quote einführt. Wenn es normal wird, dass Frauen gleichviel verdienen wie Männer. Wenn es normal wird, dass es gleichviel Intendantinnen gibt wie Intendanten. Durch solche Entscheidungen werden Prozesse beschleunigt. Taten statt Worte.
Ob die Entscheidung, welche überfällig ist, den selben Effekt haben wird bezweifle ich auch, aber sie führt zumindest dazu, dass wir diskutieren.
Man kann hoffen das jetzt die Häuser umdenken und nicht wegen des Theatertrfeffens sondern aus Fairness mehr Frauen fördern und sie nicht nur immer nur das Märchen inszenieren dürfen. Bei uns am Haus führen wir diesen Diskurs und er hat bewirkt, dass mehr Frauen inszenieren.
Danke Theatertreffen, die beste Entscheidung die ihr seit langem getroffen habt.
Toll ist, was diese Entscheidung für einen Sturm von Entrüstung und Begeisterung hervor ruft; toll ist, wenn ein solches Forum es schafft, gesellschaftliche Impulse zu setzen und einen so mächtigen Diskurs zu entfachen, der offensichtlich lange überfällig war. Toll ist, wenn dadurch solche Themen weiter in den Fokus der Theaterlandschaft gerückt werden und die Beteiligten gezwungen sind, sich dazu zu verhalten, statt der immergleichen Beweihräucherung der selben (meist männlichen) Protagonisten (Montag, Rasche, usw.) beizuwohnen.
Ob die Entscheidung selbst zu einer längst überfälligen Verbesserung der Stellung von Frauen am Theater führt, wird sich zeigen. Es gibt fundierte Argumente dafür und dagegen.
Aber einen Versuch ist es ja wert
Unbedingt, man denke nur an die Einschalt—Quote. Zu welch spannenden Entscheidungen hat sie nicht im Fernsehbereich geführt.
Nur soviel: Es geht in dieser Debatte auch ganz stark um Aggression und falsche Anfeindungen , aus der einige Diskutanten, aber auch Macherinnen dieser Entscheidung ihre Energie ziehen. Schade.
Bei nur einem anderen Kriterium, welches bewusst nicht rationalisierbar, sondern komplex und unscharf bleibt (das darf man gern kritisieren!), bekommt die Quote eben ein anderes Gewicht.
Bei Leitungspositionen und der Auswahl der RegisseurInnen für eine Spielzeit bin ich ein Vertreter der Quote, da durchaus der Strukturelle Aspekt der Benachteiligung zu beachten ist, und es keinen Grund gibt warum Frauen das schlechter können sollten, und deshalb seltener tun dürften, als Männer. Bei einer Leistungsschau mit nur einem Kriterium - bemerkenswert - führt es zu einer Verzerrung der Auswahl und Aufweichung des Wertes „bemerkenswert“ und damit der Aufweichung der Anerkennung eingeladen zu sein.
Überzeugender wäre, wenn die Festspiele erst selbst eine Frauenquote in ihrem Betrieb einführen würden, bevor sie sich als Avantgarde der Frauenrechte abfeiern.
Ist auch lustig zu sehen, mit wieviel Eifer die Kommentator/innen nach dem geframten Knochen schnappen.
Warum eine mehrheitlich weibliche Jury das Ziel nicht erreichen wollte oder konnte, diese Analyse sparen wir aus, wohlwissend , dass es nicht an der Kompetenz der Jury scheiterte.
Wir korrigieren die Bedingungen solange, bis wir das gewünschte Ziel erreichen, so die Haltung der Festivalleitung. Ein Schelm, der dabei Böses denkt!
Und ein Theatertreffen für Ossis und eins für Wessis
Und ein Theatertreffeffen für Homosexuelle und eins für Heterosexuelle
Und ein Theatertreffen für Menschen mit und eins für Menschen ohne Migrationshintergrund
Und natürlich je ein Ü20, Ü30, Ü40 und Ü50 -Festival
Ich denke nach Haarfarbe muss man nicht differenzieren, man muss es ja nicht übertreiben.
Aber unbedingt muss es natürlich ein Theatertreffen für Allesesser und eins für Veganer geben, da kann man sicher ganz neue Sichtweisen erleben.
1. eine Quote ist ein politisches Instrument und kein künstlerischer oder sozialer Befund. So ein Intrument führt vor allem im Vorfeld von Auswahlprozessen zu anderen Strategien, z.B. zu anderen Reise- und Sichtungsrouten und legitimiert diese eben auch. Mach aus meiner Sicht Sinn, wenn es darum geht ein diverseres Feld in die Jury-Diskussion zu bringen.
2. Der prozentuale Anteil von Männern, die in diesem Stream gegen die Quote lamentieren ist aufschlußreich.
Es geht ja nur um einen zweijährigen Testlauf.
Allerdings finde ich diese Quote halbherzig. Wenn man hier etwas erreichen will, dann sollte es (temporär begrenzt!) eine 100% Frauenquote geben.
Vielleicht gibt es den ja wirklich, eingeladen werden aber überwiegend die Anderen.
Durch eine Quote wird es Frauen natürlich leichter, an die grossen Töpfe kommen und auch mehr Bedeutung zu erlangen, aber an dem viel zu grossen Einfluss, den eine kleine Gruppe von Kritikern und ein vornehmlich berlinerisches Fachpublikum auf den ganzen Theaterbetrieb hat, ändert das leider gar nichts!!!!
Dies aber, scheint mir das viel grössere Problem als irgend eine Quote.
Wieso biligen jedes Jahr tausende Künstler und Theaterschaffende einigen wenigen Kritikern diese Macht zu?
Wieso unterwirft sich eine ganze Brache immer wieder deren Urteil und gibt ihnen diese Machfülle!!
Weil wir auch ganz OBEN stehen wollen!!
Weil wir auch das KRÖNCHEN haben wollen!!!
Es muss doch einen/eine BESTE geben....
Lächerlich.
Ach.....
Es ist ja nicht nur die Frage der Macht, es ist vor allem die Sorge um den leichtfertigen Umgang mit der Freiheit, in diesem Falle der Freiheit der Kunst, die so schwer errungen wurde und nun so fahrlässig geopfert wird. Ob nun sieben Frauen und drei Männer hin oder her, was oder wer bestimmt überhaupt wie, dass eine Arbeit männlich oder weiblich sei (?), alles darf sein in der Kunst, nur bitte nicht verordnet. Kein politisches Instrument zur Regulierung und Steuerung der Kunst ist legitim oder legal. Wem man die Instrumente zeigt und sie wecken in ihm oder ihr nicht einen heiligen Zorn, der ist schon für die Kunst verloren.
Scheint also generell Trend zu sein?
Frauen kommen immer mehr vor im deutschen Stadttheater, aber zu komplett anderen Bedingungen. Die grossen Budgets und prominenten Ensembles stehen Männern zur Verfügung. Wenn wir uns umsehen, dann gibt es keine vergleichbare Inszenierung einer Frau in den Ausmassen von Castorf, Stone oder Rasche. Frauen, die inszenieren bekommen auch nicht den Raum, auch noch Bühne und Kostüm und Autorenschaft mit zu übernehmen, was es im männlichen Fach auch gibt. Wenn Frauen also vorkommen dürfen, aber nicht zu denselben Bedingungen, dann ist das doch auch schräg, oder?
Müssen "Häuser", welche am TT teilnehmen wollen, um teilnehmen zu können, jetzt den TT-KritikerInnen darüber von Einzelfall zu Einzelfall auf Anfrage Angaben machen, oder unterliegt der Strang vom Haus zum TT grundsätzlich dem Datenschutz, so daß ja auch die jeweilige Regieperson befragt werden müßte, ob sie-er-div das Merkmal nun nennen möchte oder nicht ? In einem solchen Fall käme eine Weigerung, sich geschlechtlich zu "outen", beinahe einer Absage an TT-Chancen gleich !? Im Alltag mag das nicht unbedingt virulent werden, schließlich gab es schon einige TTs, aber deswegen muß so ein Einwand nicht von vornherein unter den Tisch fallen; ist die Rechtslage viel klarer, als es sich in meinen Fragen andeutet, warum nicht zum eigenen Vorteil, auch zur "Rechtssicherheit" in verleichbaren Fällen davon erfahren ?; ich hoffe ja auch, daß die TT-Quotenregelung nicht so wacklig ist, daß es im Belieben eines jeden Hardcorechauvinisten stünde, jederzeit (ua. sehr kostspielige) Prozesse dagegen anzustrengen und ... wohlmöglich auch noch zu gewinnen ! Enphatische bzw. euphorische Kommentare zur Quotenregelung verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Ein Mißstand soll behoben werden, ein Instrument, das auch scheitern kann !, wird versucht, und der gesellschaftlichen Tendenz, daß Geschlechtliches bei derlei Entscheidungen im Grunde obsolet zu sein hätte, wirkt dieses Instrument nun in der Tat entgegen, und insofern ist es eher eine Frage im Tonfall von Begriffen wie "Güterabwegung" und "Kompromiß", was hier zu verzeichnen sein dürfte; teilweise aber grenzt das, was ich hier lese, an "Triumphgetöse", zumindestens aber häufiger an offene, pauschal an "das Männliche" adressierte "Häme" im (zuweilen) "Rachegestus ausgleichender Ungerechtigkeit", und das droht dann allemal kontraproduktiv auszufallen !
Was ich zudem auch registriere, ist, daß von entschiedenen Gegnern einer Quotierung keineswegs alle nur irgendmöglichen "Argumente" ins Feld geführt werden, die immerhin möglich wären; auf den Schlips getretene Personen neigen dagegen recht häufig dazu, irgendwelche Gründe, die ihre Absicht unterstützen könnten, aufzusuchen; das sehe ich aber weit und breit hier nicht, obschon die Befragung der außerordentlichen Wichtigkeit der Regieposition in einer Frage, die mitnichten nur Regie betrifft, in meinen Augen sogar geboten wäre, zumal die Zuspitzung nach Marktgesetzen auf die solitäre Regieposition immer wieder auch als Grund dafür genannt wird, daß es im Theaterwesen noch zu viele Geniepatronen jedweden Geschlechtes gibt, Autokratismus im "Führungsstil", gar Schauspielerfeindlichkeit (siehe Hinrichsartikel). Analytische Problemwegerklärungsbeispiele sind ebenfalls, auch das mag ein wenig gegen die Schlipsthese sprechen, nicht zu beobachten, obschon natürlich gefragt werden kann, was eine Inszenierung beispielsweise von John von Düffels "Rom" in einer "Westromversion" einer Regisseurin mit 6 männlichen Darstellern gegenüber einer "Ostromversion" eines Regisseurs, der 6 Spielerinnen auftreten ließe, als irgendwie "weiblicher" profilieren könnte; zu der Zementierung der Regiewichtigkeit müßten sich, denke ich, aber vor allem Spielerinnen und Spieler selbst äußern..
könnte man sich eine rasche-inszenierung eigentlich von einer frau vorstellen?
schauspielerinnen, die marschieren?
gibt es diese unterschiede?