Arthur Romanowski gewinnt Preis des Körber Studio Junge Regie 2018
Mitreißende Spielfreude
11. Juni 2018. Arthur Romanowski ist für seine Arbeit "Irgendwas für irgendwen an irgendeinem Tag im Juni" mit dem Preis des 15. Körber Studio Junge Regie ausgezeichnet worden. Das teilt das Thalia Theater zum Abschluss des Nachwuchsfestivals mit. Mit dem Preis ist eine Unterstützung verbunden für eine neue Regiearbeit an einem Stadt- oder Staatstheater bzw. alternativ in der Freien Szene, deren Produktionskosten von der Körber Stiftung mit 10.000 Euro bezuschusst werden.
In der Jury-Begründung heißt es: "Arthur Romanowski hat sich eine extrem schwierige Aufgabe gestellt, 'Irgendwas für irgendwen an irgendeinem Tag im Juni' auf der Bühne zu tun. Er versucht diese Aufgabe mit großer Konsequenz und mitreißender Spielfreude zu lösen. Dabei wechselt er virtuos zwischen Darstellungs- und Bedeutungsebenen und hinterlässt das Publikum mitunter lustvoll irritiert."
Die fünfköpfige Jury bestand aus Esther Boldt (Kritikerin, nachtkritik.de, Theater heute, taz), Bettina Bruinier (Schauspieldirektorin, Saarländisches Staatstheater), Martin Hammer (Kurator, Wiesbaden Biennale), Tomas Schweigen (Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer, Schauspielhaus Wien) und Christian Tschirner (Dramaturg, Deutsches Schauspielhaus Hamburg).
Arthur Romanowski, 1992 in Berlin geboren, studiert Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und arbeitet als Schauspieler und Performer. Nach Engagements am Maxim Gorki Theater und am Theater an der Parkaue und u.a. bei Armin Petras, Felicitas Brucker und Carlos Manuel entwickelt er ab 2010 eigene Stücke an der JTW Spandau und der Neuköllner Oper. Seit 2018 arbeitet er mit Kommando Pnimin am Theater Hoch X München.
Den Publikumspreis gewann "Objektiviert Uns! Ein Expertenprojekt zum Thema Sexualität & Behinderung" in Regie und Konzept von Konrad Wolf (Thomas Bernhard Institut, Universität Mozarteum Salzburg).
(koerber-stiftung.de / sik)
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In diesem Rahmen eine Arbeit zu präsentieren, die sich als Thema dem „kreativen Loch“ eines Regisseurs widmet birgt erste Zweifel, (es zeugt nicht von kreativem Denken, wenn sich ein Schauspieler/in in einer Vorsprechsituation einen Monolog einer Vorsprechsituation aussucht; wo ist das persönliche Interesse?), aber wenn dann auch noch die Durchführung derart platt und oberflächlich vonstatten geht, muss die Frage nach dem „Warum“ erlaubt sein.
Warum wird etwas Derartiges bepreist? Etwas das weder handwerklich gut gearbeitet, auf der anderen Seite aber, das muss man so klar sagen, auch keinen performativen Charakter besitzt, da es nicht im wahrhaftigen Austausch mit dem Publikum passiert, sondern lediglich pseudohaft ins Publikum geworfene, auswendig gelernte Phrasen beinhaltet. Ein spannungsloser Abend, der einen Regisseur zeigt, der vehement versucht, einem Schauspieler in Körper und Stimme nachzueifern, der sich selber versucht zu inszenieren, dabei kläglich untergeht, wenn auch nicht in der Badewanne, um den man Angst hat, dass er sich mit seinen eigenen Wasserkochern verbrennt.
Die Kernfrage, warum er sich für seinen überholten Themenkomplex keinen Schauspieler besorgt hat, der seine Sichtweise zu Worten und Taten auf die Bühne bringt, lässt sich eigentlich nur damit beantworten, dass ihm das „kreative Loch“ eine solch immense Herzensangelegenheit ist, dass er sich nur vorstellen kann, es selber darzustellen. Und davon sieht man wenig bis gar nichts.
Wenn in Zeiten, in denen die Themen medial überquellen, sich ein junger Mensch, dem die Möglichkeit gegeben wird in Hamburg auf einer tollen Bühne Etwas zu präsentieren was ihn fasziniert, was er unbedingt teilen will, mit nichts anderem darstellt, als seiner eigenen kreativen Leere, die in der Darstellung definitiv nicht virtuos, sondern spannungslos, an der arroganten Kante vorbeischrammend daherkommt, und genau das Alles dann mit einem Preis betitelt wird, dann muss man sich Sorgen machen, um die Zukunft der jungen Regie.
Und irgendwie stellt sich die Frage schon, was der Quatsch mit den Schauspieler_innen noch soll, wenn die innovativsten Stücke scheinbar in Selbstinszenierung entstehen... vielleicht lässt sich bei Körber nächstes Jahr eine Grundsatzdiskussion ins Programm aufnehmen, um ausführlicher über Kriterien und "Regie-Arbeit" und -ausbildung in einem heutigen Sinne zu sprechen.
Es müssen keine Kriterien der Ausbildung diskutiert werden, sondern der fachlichen Rezeption bzw. ihrer Pseudobehauptungen von Kategorien und Ausschlußsystemen.
Arthur Romanowskis Aufführung war grossartig und eine Wohltat für alle, die nicht nur mit alten Diskursen abrechnen wollen, oder wahlweise die eigene Hilflosigkeit beweinen und beschauen, sondern mit der Fröhlichkeit eines Sisyphos dazu anregen, sich immer wieder dranzumachen in der Welt zu bleiben, für sich und für andere, auch wenn der Eine, grosse heilsbringende Metadiskurs für unsere Zeit und unsere Probleme einfach nicht mehr so richtig möglich scheint.
Und auch der, auf nk überhaupt nicht erwähnte Publikumspreis (warum nicht?) an "Objektiviert uns!" Von Konrad Wolf & Ensemble, ging an ein noch nicht so etabliertes Format im durchaus noch sehr gängigen Regietheaterbetrieb, nämlich an ein sog. Expertenprojekt. Dieser Preis wird, wie der Titel nahelegt, vom Publikum verliehen, das bei dem Festival zu einem grossen Teil aus jungen Regiesseur*innen und jungen Schauspieler*innen bestand. Schein so, als suchten die Nachwuchskünstler*innen sehr intensiv nach einer grösseren künstlerischen Welt und können sich viel mehr vorstellen, als ein festgefügtes Berufsprofil mit unverrückbaren Sturkturen. Um diesen Nachwuchs muss sich wirklich keiner Sorgen machen!
Liebe Olympe, mir geht es nicht um eine Bestimmung, was Theater ist und was nicht. Auch mache ich mir keine Sorgen um „das Theater“, die Bühnen werden weiterhin existieren und es werden sich auch weiterhin Menschen Dinge einfallen lassen, die sie dort tun können. Ferner liegt es mir fern, zu entscheiden, was gespielt werden darf und was nicht. Innovation ist toll, und ich freue mich, dass es Projekte gibt, die etwas ausprobieren, nach passenden Antworten für die Fragen unserer Zeit suchen und auch formal das Verständnis von Theater erweitern. (Wobei eine Solonummer mit Objekten aus Gießen jetzt nicht wirklich überrascht). Was ich gerne diskutiert hören möchte, sind also nicht generelle Werturteile, sondern jene Kriterien, die die Jurys heranziehen, um verschiedene Arbeiten und Arten der Regieführung zu vergleichen und einen Sieger des Körber-Studios zu krönen.
Wer wen dort hinschickt und warum, ist dann nochmal eine andere Frage.
Denn es geht hier um einen „Regie“-Preis, der - was schon an und für sich bedenklich ist - eine enorme Bedeutung für junge Regisseur_innen aller Ausbildungsstätten hat. Und die meisten Schulen lehren immer noch das „festgefügte Berufsprofil“, das nun die Jungregisseur_innen und evtl. auch das (Fach-)Publikum möglicherweise nicht mehr haben wollen. Deshalb die Frage: Was bringt man ihnen bei? (Was kann man jemandem überhaupt beibringen, der Kunst machen möchte?) Welche Mittel, welches Handwerk, ganz trocken: was kommt in den Lehrplan?
Inhaltlich gesprochen: Wenn der „eine, große Metadiskurs“ nicht mehr in unsere Zeit passt, was dann? Die direkte individuelle, performative Auseinandersetzung mit Themen? Kollektives Arbeiten? Schauspieler_innen arbeiten eigenverantwortlich an Szenen und die Regie setzt das dann nur zusammen?
Vier Jahre, die das Regie- oder Schauspiel-Studium meist dauert, sind eine stark begrenzte Zeit, Prioritäten sind also wichtig. Sicher findet an den Schulen bereits ein Diskurs statt, ob die Ausbildung zeitgemäß ist, was die Studierenden suchen und was der Markt will. Diese Diskurse zusammenzutragen und in größerem Stil einmal über heutige (junge) Regie zu sprechen, wäre das, was das Körber-Studio als Forum leisten könnte. Dort dann Studierende und Lehrende auf dem Podium zu haben, könnte in dieser Sache erhellend sein.
[Das Ganze natürlich nicht mit dem Ziel einer Uniformisierung, eher im Gegenteil. Die Erfahrung mit Gießen zeigt ja, dass ein starkes Profil einer Schule zu außergewöhnlichen Arbeiten führt.]