Die Nachlassverwalterin

Berlin, 1. September 2015. Barbara Brecht-Schall ist tot. Wie u.a. welt.de meldet, starb die Schauspielerin und Kostümbildnerin im Alter von 84 Jahren. Die Tochter von Bertolt Brecht und Helene Weigel war die Haupterbin ihrer Eltern und Verwalterin der Brecht-Erben-GmbH.

Brecht-Schall spielte am Berliner Deutschen Theater und am Berliner Ensemble bis zu ihrer Heirat mit dem Schauspieler Ekkehard Schall unter dem Namen Barbara Berg. "Ich war keine große, aber eine gute Schauspielerin", zitierte sie einmal Lilli Palmer. Auch für den Film war sie aktiv, etwa in der Thomas-Mann-Verfilmung "Lotte in Weimar" von 1975.

Bekannt war Brecht-Schall zuletzt vor allem als Verwalterin des Erbes ihres Vaters. Stellvertretend hierfür steht der Streit um Frank Castorfs Inszenierung von Bertolt Brechts Baal, der in einem Vergleich vor Gericht und einer Absetzung der Inszenierung mündete und monatelang die Feuilletons beschäftigte.

(welt.de / geka)

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Barbara Brecht-Schall: eine Institution
Upps! Eine Institution ist gegangen. Ihre Gegner nannten sie oft die "Dreigroschenerbin". Dennoch gehörte sie einfach dazu. Zum grossen Theater. Mein Beileid.
Thorsten Weckherlin
Barbara Brecht-Schall: große Frau
Schauspielhaus Bochum, Spielzeit 1991/92. Angekündigt war, für das Ende der Spielzeit, Brechts DER GUTE MENSCH VON SEZUAN, ein Stück, in dem in wirklichkeitsnaher Manier hauptsächlich von Geld die Rede ist. Einen Teil der Ferien hatte ich damit verbracht, eine Fassung des Stücks herzustellen, welche, das wurde immer klarer, der Brecht-Erbin zur Genehmigung vorzulegen war. Kaum wieder in Bochum, rief ich Frau Barbara an, sagte, ich hätte eine SEZUAN-Fassung hergestellt, in der kein Wasserverkäufer mehr vorkam, sagte weiter, ich bäte um umgehende Genehmigung, sagte überdies, würde von mir verlangt, den Text einzusenden, würde ich auf eine Aufführung verzichten. Frau Barbara fragte: „Haben Sie das am Strand gemacht?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Ja.“ Frau Barbara fragte: „Hat Ihnen die Sonne auf den Kopf geschienen?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Auch.“ Frau Barbara fragte: „Und zu Trinken gabs auch?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Auch das.“ Frau Barbara sagte: „Warten Sie mal.“ Ich hörte, wie die Inhaberin der Bühnenrechte für DER GUTE MENSCH VON SEZUAN in die Tiefe des Zimmers an der Chausseestrasse sagte: „Ekke, hier ist der Steckel und sagt, er hat eine SEZUAN-Fassung ohne Wasserverkäufer.“ Ich hörte aus der Tiefe des Zimmers die Stimme Schalls, und die Stimme sagte: „Gott sei Dank.“ Frau Barbara fragte mich: „Haben Sie das gehört?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Jawohl.“ „Na dann“, sagte Frau Barbara und legte auf. Eine große Frau.
Barbara Brecht-Schall: Dann spielt`s mal, Kinder
Über zwanzig Jahre ist es her, da wagten wir im Schutz der HfS "Ernst Busch" eine Neuinszenierung der "Maßnahme". Wir alle waren noch Studierende. Aufführungsrechte gab es nicht. Professor_innen und Dozent_innen sprangen im Carré. Frau Brecht-Schall kam zur Generalprobe. Nach dem Ende wurden wir in der Garderobe zusammengerufen. Sie kam, schaute uns an (Wir müssen albern ausgesehen haben: Schlotternd, mit glänzenden Augen, albern grinsend.) und sie sagte: "Dann spielt`s mal, Kinder."
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