Oratorium - Im HAU Berlin gehen She She Pop mit Bertolt Brecht aufs private Wohneigentum los
Wo das schlechte Gewissen einzieht
von Sophie Diesselhorst
Berlin, 9. Februar 2018. Womit könnte das Theater als moralisierende Anstalt sich besser bloßstellen – als mit einem Brechtschen Lehrstück? Aber, so fragen She She Pop in ihrer neuen Arbeit "Oratorium" weiter, könnte diese Blamage nicht zu neuen Erkenntnissen führen, die Wir! Gemeinsam! Live! weiterverarbeiten können?
Ulysses - Am Deutschen Theater Berlin inszeniert Sebastian Hartmann den Roman von James Joyce
Hopsa!
von Elena Philipp
Berlin, 19. Januar 2018. Dublin brennt! Feuer, Schwefelflammen, dichter Rauch. Im Flackern roter Bühnenportal-Neonröhren zählt Linda Pöppel, lässig im Leder-Look, lächelnd Lamentables auf: Galopp von Hufen. Kommandos und Kanonen. Sterbende, die schreien. Tote, die wiederauferstehen. Pandämonium, Apokalypse, Weltenbrand! Macht aber nix. Falls Dublin mal von der Erde verschwände, erklärt Szenen später ein Joyce-Zitat Pöppels glattkalte Verbindlichkeit, könne man's doch anhand seines "Ulysses" rekonstruieren. Selbstsicher formulierte der Autor so die Poetik seines welterschaffenden Totalromans. Alltagsprall, ideensatt und fleischeslustig ist er, elegant und gewitzt. Ein pochend-monströser Sprachkörper, bekanntlich handlungsarm: die Fährnisse des modernen Menschen in 18 Kapiteln. Ein Tag im Leben des Leopold Bloom, 38 Jahre alter Anzeigenakquisiteur und kultivierter Allerweltskerl. Wie bringt man so was auf die Bühne? Sebastian Hartmann, prosaerprobt, wagt's am Deutschen Theater Berlin.
The Hairs Of Your Head Are Numbered - Im Kontext des Überwachungsschwerpunkts "Spy on me" im Berliner HAU untersuchen Chris Kondek und Christiane Kühl die Verwandlung des Körpers in ein Datendisplay
Am Puls der Zeit
von Esther Slevogt
Berlin, 18. Januar 2018. Zuerst wird der etwas aus der Welt gefallen klingende Titel erklärt. Er stammt nämlich aus dem neutestamentarischen Buch des Evangelisten Lukas. "Even the hairs of your head are all numbered", heiße es da in Kapitel 12, Vers 7, sagt der Co-Regisseur und Miterfinder des Abends Chris Kondek. Und dann: "Fear not!" Was hier natürlich bedeutet: die Behütung der Menschenwesen durch den Allerhöchsten ist so umfassend, dass wir nichts fürchten müssen. Im Laufe des Abends sollen wir dann erfahren, dass die Zähl- und Datenerhebungswut des Digitalzeitalters die Lage grundlegend verändert hat. Ins ausgesprochen Furchterregende nämlich.
Der Tag, als ich nicht ich mehr war - Anne Lenk inszeniert im Deutschen Theater Berlin die Uraufführung des Stücks von Roland Schimmelpfennig
Wo bist du dann?
von Sophie Diesselhorst
Berlin, 12. Januar 2018. Der Fichte ist in die Bedeutungslosigkeit gesunken. Er ist jetzt eine die und als solche ein Baum, der vor einem spießigen Einfamilienhaus die unoriginellen Gewaltfantasien seines kleinbürgerlichen Eigentümers weckt ("Das Haus ist zu klein, der Baum ist hässlich"). Das Programmheft zur Roland-Schimmelpfennig-Uraufführung in den Kammerspielen des Deutschen Theaters trägt noch ein Johann-Gottlieb-Fichte-Zitat: "Das Ich setzt das Nicht-Ich als beschränkt durch das Ich. Das Ich setzt sich selbst als beschränkt durch das Nicht-Ich."
Regie: FUX (Nele Stuhler, Falk Rößler)
Regie: Christian Weise
Regie: Walter Asmus, Tino Sehgal
Regie: Sasha Marianna Salzmann / Sapir Heller
Regie: She She Pop & zeitkratzer
Regie: Till Müller-Klug, Lajos Talamonti, Nina Tecklenburg
Regie: Antú Romero Nunes
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