Die Ratten - Mit pointierter Figurenzeichnung und Gespür fürs Klassenbewusstsein im Sprechtext inszeniert Catharina May in Celle Hauptmanns Klassiker
Das Wanken des inneren Eigenheims
Von Tim Schomacker
Celle, 16. März 2018.
Ich vermute, Sie kennen das: Ziemlich bald an einem Theaterabend setzt sich ein Gedanke in ihrem Kopf fest, ein Name, ein Wort. Und Sie werden das dann nicht mehr los. Oder den. An diesem Abend lautete das Passwort: Tennessee Williams. So wie Dirk Böther in diesen Hauptmannschen "Ratten" den Maurerpolier John spielt, hochaufgeschossen im gestreiften Hemd, Pomade im dunklen Haar, den Rücken übergerade, als würde er hier, daheim, im Berliner Mietshauskörper, die monatelangen Buckelstunden der Arbeit auf Montage in Altona von sich weghalten wollen, schaut er aus wie geborgt von Tennessee Williams. Nicht nur wegen des gestreiften Hemds, der Frisur und der sauberen Heimgehhose. Jut wie Blut, mit ziemlich robustem gesundem Menschenverstand, mit feuchten Augen, wenn sein inneres Eigenheim ins Wanken gerät, für das er so viel schuftet.