Kolumne: Aus dem bürgerlichen Heldenleben - Esther Slevogt schüttelt den Kopf über die Hysterisierung der Stadttheater-Diskussion nicht nur in Köln
Im Krisengebiet
von Esther Slevogt
31. Mai 2018. Manchmal reibe ich mir die Augen in meinem bürgerlichen Heldenleben. Bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe des berühmten Investigativ-Magazins DER SPIEGEL zum Beispiel. Hat man dort doch ungeheuerliche Vorgänge am Schauspiel Köln aufgedeckt. Machtmissbrauch, Mobbing, ja, sogar Zerstörung von Requisiten!
Der Ruf nach dem pater familias
Es hätte beispielsweise die Schauspielerin und Regisseurin Melanie Kretschmann, die auch Ehefrau des Intendanten Stefan Bachmann ist und überhaupt im Fokus der Ermittlungen des SPIEGEL steht, wiederholt Unwahrheiten über den Partner der Regisseurin Angela Richter verbreitet, kann man da lesen "und Bachmann habe dies nicht gestoppt". Die beherzte Verteidigung angegriffener Kolleg*innen und die Maßregelung der außer Rand und Band geratenen Gattin wurden vom SPIEGEL in Köln auch noch in weiteren Fällen vermisst.
Ja, was denn nun? Einerseits wird immer gezetert, das alte Intendantenpatriarchentum gehöre abgeschafft. Aber wenn der Intendant in Konfliktfällen nicht gleich als autoritärer pater familias den Rohrstock schwingt, ist es auch wieder nicht richtig. Und wieso können sich die Leute eigentlich nicht selbst verteidigen? Gibt's an unseren Theatern denn bloß Duckmäuser*innen, die schon der Wutanfall einer Intendantengattin in die Knie zwingt? "Irgendjemand muss das stoppen, es verfolgt uns schon seit Jahren", wird Angela Richter zitiert. In Köln habe jeder Angst, der Nächste zu sein – liest man und wundert sich. Denn das klingt, als gehe heuer der Haarmann mit dem Beilchen im Kölner Schauspielhaus um.
Der Untertanengeist
An dieser Stelle möchte ich auch einmal fragen, auf welchem Wege denn bitte schön aufgeklärte und egalitäre Kollektivstrukturen an Theatern entstehen sollen, wenn das Gros der Mitarbeiter*innen offenbar nach wie vor zutiefst von deutscher Untertanenmentalität geprägt ist – und lieber zum SPIEGEL oder anderen Medien petzen geht, statt die Sache selbst in die Hand zu nehmen, um in direkter Auseinandersetzung die Verhältnisse zu klären.
Ist es wirklich unmöglich, sich im Theater an der Schaffung von Strukturen zu beteiligen, in der Schieflagen regulierbar sind? Die vom SPIEGEL und seinen Zuträger*innen behauptete Angstblase besteht zu einem hohen Prozentsatz aus Untertanengeist. Aus mangelndem Mut und fehlender Courage. Das behaupte ich an dieser Stelle jetzt einfach mal.
Doch statt vielleicht einmal eine reflexive Sendepause einzulegen, wird die Hysterieschraube in den Medien sogleich weitergedreht und der Untergang des Stadttheaters herbeikommentiert. Aber es ist halt gerade en vogue, das Thema. Da möchte sich offenbar jede*r ein #MeToo-Bändchen ums Handgelenk winden, und mag es auch noch so winzig sein.
Konzeptknechte und Todesfabrikanten
Überhaupt kommen einem die Meldungen aus dem Theaterwesen in der letzten Zeit zunehmend surreal vor. Der eine findet, deutsche Schauspieler seien nur mehr abgerichtete Apparate, Konzeptknechte der Regie, aber keine Menschen mehr. Der nächste setzt das gut ausgestattete, ja luxuriöse deutsche Stadttheatersystem mit den Todesfabriken der jüngeren deutschen Vergangenheit gleich. Und verabschiedet fast zeitgleich dazu ein Manifest, das er als Leitlinie für das Stadttheater der Zukunft verstanden wissen will.
Darin wird unter anderem die Forderung aufgestellt, mindestens eine Produktion pro Saison müsse "in einem Krisen- oder Kriegsgebiet ohne kulturelle Infrastruktur geprobt oder aufgeführt werden". Denn grundsätzlich gehe es im Stadttheater der Zukunft nicht mehr nur darum, die Welt darzustellen. „Es geht darum, sie zu verändern. Nicht die Darstellung des Realen ist das Ziel, sondern dass die Darstellung selbst real wird.“ So nämlich lautet Paragraf 1 des Genter Manifests von Milo Rau. Ist das wirklich so? Muss es im Theater nicht eher darum gehen, im Modus des Spiels neue Wirklichkeitsmodelle für die Zukunft zu erproben und erst einmal zur Diskussion zu stellen?
Zweifel ist wertvoller als ein Manifest
Wenn man die aktuellen Wortmeldungen und Krisenbeschwörungen aus dem Betrieb addiert, könnte man als Außenstehende*r leicht zu dem Ergebnis kommen, das deutsche Stadttheatersystem sei bereits selbst ein Krisen- und Kriegsgebiet. Insofern müsste Milo Rau also gar nicht mal weit reisen. In den Kongo oder so. Er ist ja schon da. "Manchmal ist schon der Zweifel an einem Gedanken wertvoller als ein ganzes politisches Manifest", hat in einem Interview neulich Sophie Passmann zu Protokoll gegeben. Diesen Satz würde man den Dogmatikern, selbsternannten Weltverbesserern und Untergangsapologeten mit ihrem Wahrheitsalleinvertretungsansprüchen gern ins Poesiealbum schreiben.
Woher kommt dieser Selbsthass der Branche, der gerade mit großer Zerstörungslust und ideologischen Vorschlaghammern aus der zierlichen wie bedrohten Spezies unserer Stadttheaterchen Horroranstalten des öffentlichen Unrechts macht? Sind sie denn alle noch zu retten? Oder handelt es sich hier am Ende um eine toxische Wirkung des Miefs in der Theaterblase, die einigen Protagonisten die Sinne trübt und sie völlig aus dem Verhältnis geratene Zerrbilder produzieren lässt? Dann bitte schleunigst einmal die Fenster öffnen und lüften.
Und vielleicht auch sonst mal einen Blick nach draußen wagen. Denn die Gefahr ist groß, dass mit derart destruktiven Kampagnen die Geschäfte der Herren Haselbach und Co. befeuert werden: das an Theatersprachen und Theaterformen so reiche Stadttheatersystem als feudale Struktur von gestern zu denunzieren, um es am Ende sturmreif für den neoliberalen Um- oder Abbau zu schießen.
Esther Slevogt ist Redakteurin und Mitgründerin von nachtkritik.de und außerdem Miterfinderin und Kuratorin der Konferenz Theater & Netz. In ihrer Kolumne Aus dem bürgerlichen Heldenleben untersucht sie: Was ist eigentlich mit der bürgerlichen Öffentlichkeit und ihren Repräsentationspraktiken passiert?
Zuletzt berichtete Esther Slevogt vom Einbruch des Dysfunktionalen ins Alltagsleben.
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Die Mitarbeiter des Schauspiel Köln sollen die Sache Auge in Auge klären und nicht beim Spiegel petzten gehen...? Bitte??!!
Der Autorin mangelt es wohl an einschlägiger Erfahrung in einem Hirarchisch strukturierten Betrieb.
Solche wohlfeilen Forderungen lassen sich ganz entspannt aufstellen, wenn man die Konsequenzen eines solchen Handelns nicht selbst tragen muss.
Viele der im Spiegel geschilderten Fälle, beschreiben ja genau jene gescheiterten Versuche mit dem Intendanten persönlich die Sache zu klären und auf eine Intervention seinerseits zu hoffen!!!!!
War aber vergeblich!!
Das hatte äusserst unangenehme Folgen für die Hilfesuchenden!!!
Liebe Frau Slevogt, ich will ihnen keinen Zynismus unterstellen, aber es würde mich schon brennend interessieren, wie sie zu einer solchen Sichtweise gelangen.
Oder sind alle Befragten Mitarbeiter Lügner??
Ich rate Ensemblemitgliedern von falsch getimter Courage ab. Die Strafe folgt sofort (diejenigen die sich im Fall Köln mit Namensnennung genannt wurden, werden ganz sicher nun Mühe kriegen, weitere Aufträge zu erhalten). Wer die eigentliche Zeche zahlen werden aufgrund dieser nicht mehr zu leugnenden Krise der Stadttheaters (die durch die toxische Atmosphäre ausgelöst wird)- sind dann nicht diese grossen Häuser. Gekürzt werden die Kulturetats dann bei Literatur, freie Szene, Jazz, Experimentellem. Die autoritär gepolten Stiftungs-Verwaltungs- und Betriebsräte sorgen schon dafür, dass ihre bürgerlichen und stramm organisierten Tempel nicht eingekürzt werden. In finanzielle Bedrängnis in diesen autoritärer oder neoliberaler werdenden Zeiten kommen die freien Künstler, u.a auch die wissenschaftlich arbeitenden Künstler, die freien Geister. Staatstheater mit folgsamen Untertanen gibt es auch in Diktaturen. Deshalb ist die Schlussfolgerung von Esther Slevogts Text leider - trotz symphatisch lustigen Stellen - gefährlich falsch. Die Untertanen müssen eher motiviert werden, die altmodische Figur des „Intendanten“ zu kippen - und ziviler Ungehorsam muss rehabilitiert werden, nicht gedisst.
Das nun also eine Frau Verursacherin von Problemen des Machtmissbrauch sein soll, sicherlich, das stört ein eingespieltes Bild, welches hier ja nun monatelang einstudiert wurde. Das zwei ihrer Opfer ebenfalls weiblich sind, passt ebenso nicht in das eingeübte Bild. Da spielt man den Vorgang also lieber einmal herunter und vermengt ihn mit zwei in der Tat bedenklichen Reden. In der Haut der Betroffenen möchte ich nicht stecken, die ja nun nochmals erleben, dass sie nicht wirklich ernst genommen werden und es nur an ihrem Mut liegen soll, dass die Dinge nicht gerade gerückt werden. Es gibt diesen bösen Witz: Mobbing ist, wenn von zehn Menschen neun sich freuen und einer nichts zu lachen hat. Genauso sieht das Gruppenbild gerade wieder aus. Da ist diese Gesamtheit, vertreten durch eine kollektive Erklärung und da sind diese beiden Frauen, die nun wiederum alleingelassen da stehen sollen. Aber haben sie nicht offensichtlich Courage gezeigt? Gab es nicht einen Brief, der ein halbes Jahr nicht beantwortet wurde? Haben sie nicht versucht Auge in Auge, wie ritterlich, Dinge zu klären, ergebnislos? Und jetzt erst kommt der Stein wirklich ins Rollen, wo es eine Öffentlichkeit gibt, erst da bewegt sich der Intendant.
Alles richtig gemacht, könnte man meinen. Nun wird die Sache einer offensichtlich cholerischen Kollegin, die mit Dingen um sich wirft, rumbrüllt und Kolleginnen mit falschen Behautungen unter Druck setzt, aufgearbeitet. Nicht zufällig ist sie die Gattin des Intendanten. Denn ohne diesen Schutz könnte sich niemand solches Verhalten dauerhaft erlauben. Wenn dort jemand im Windschatten einer persönlichen Beziehung seine Stellung ausnutzte und Missbrauch betrieb, muss man das genauso brandmarken, wie die schmutzigen Bemerkungen eines Intendanten aus Wien. Iss so. und jeder Sozialpsychologe kann wahrscheinlich bestätigen, dass man einem solchen Fall von Mobbing, der absolut ebenso ernst zu nehmen ist, nicht mit einfachen „feministischen“ Bildern bei kommen kann. Die Palette der Einsichten erweitert sich und bleibt nicht mehr allein auf Männer als Täter beschränkt, auch wenn die beiden Opfer zunächst weiblich sind, ich bin schon gespannt, wie die Reaktionen ausfallen, wenn die ersten männlichen Opfer bekannt werden, die von Frauen in der Aura der Macht gemobbt wurden. Fälle, ausgelöst von all diesen Diven, die ja fester Bestandteil des sogenannten mänlichen Geniekultes sind. Jeder im Betrieb kennt den Druck, der von solchen Frauen ausgeht, die im Dunst der Macht ihr Unwesen treiben dürfen. Nur darüber reden, passt so gar nicht in das „feministische Poesiealbum“ und solche Vorgänge muss man möglichst klein halten, damit der „fortschrittliche“ Gesamtablauf bloß nicht gestört wird. - Paralell dazu winkt man hier auch gerne mal den Abgang einer gescheiterten Frau wie Marietta Piekenbrock von der Redaktion kommentarlos durch, wohingegen man den verantwortlichen Mann über zwei Jahre ordentlich mit Missgunst eindeckte.
(...)
Metoo hin, neue Rechte her, Klimakatastrophe hin, Brexit her - das deutsche Stadttheater wird sich (wiederum wie ARD/ZDF) so schnell nicht ändern. Wer damit seinen Frieden und das Beste daraus macht (= inspirierende, reflektierte Abendunterhaltung - mehr ist nicht drin), bei dem wird auch der von Slevogt attestierte "Selbsthass" weniger, der immer dann wächst, wenn zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine allzu große Kluft herrscht.
Aber ich bin, ähnlich Samuel Schwarz, für eine sehr viel differenziertere Sicht. Zuerst einmal möchte ich die Darsteller*innen in diesem Land in Schutz nehmen, denn Sie müssen so lange, wie keine Ensemble-vorstände mit ausgeprägten Rechten implementiert sind, fürchten, dass jede Form von Widerstand gebrochen wird. Dazu gibt es viele Mittel, an erster Stelle das neoliberale Vertragsmodell des NV Bühne.
Ich kenne die Verhältnisse nicht in Köln, und bisher haben wir auch noch keinen Hilferuf bekommen, hier möglicherweise zu vermitteln. Es gibt zudem viele andere Fälle, die deutlich heftiger sind.
Dennoch hat der Fall eine gewisse Symptomatik, wenn ich das aus Sicht der im Winter zu veröff. Ergebnisse der Studie zu Kunst und Macht im Theater einmal vorwegnehmen darf.
Das Problem ist strukturell, und es ist eines der Macht. Wer sich mit Foucaults sehr empfehlenswerten Texten zur Analytik der Macht befasst, wird sehr schnell begreifen, dass diese mit Asymmetrie, Informalität, Günstlingssystemen und - ich arbeite das weiter aus - dem Wunsch nach Respekt, Reputation und Aufnahme in einen Kreis der Besten zu tun hat.
Eine Asymmetrie der Macht führt eben auch zu Friktionen, die schlecht geheilt werden können, wenn es sich um die Partnerin des Intendanten handelt - was per se ein Unding ist. Die Position des Intendanten ist in erste Linie eine Leitende, Koordinierende und der Organisation Dienende. Sie/er ist das Vorbild. Er darf sich nicht auf die Figur des Königs zurückziehen.
Im Prinzip gibt es nur eine heilende Lösung. Paare - die es leider immer noch zuhauf gibt - können nicht oder nur mit ganz klaren Reglements an einem Haus arbeiten, wenn eine/r davon der Chef ist. Noch schlimmer, wenn der andere dann noch mit Macht ausgestattet ist. Das geht überhaupt nicht und widerspricht allen Regeln einer guten Organisations-Leitung. Es gibt dafür andere Beispiele, auch in Berlin. Bitte: Es gibt 130 andere Theater an diesem Land, an denen sich ein Platz für die Partnerin finden sollte.
Das zweite Thema das sich daraus ergibt: gebt den Künstlerinnen doch endlich die organisatorische Möglichkeit sich geschützt zu artikulieren, mit unkündbaren Ensemblevorständen, mit einem Platz im Aufsichtsgremium, mit einer Kommunikation zwischen Leitung und Ensemble, und der damit verbundenen Bildung von Vertrauen. Hinzu müssen Fortbildungen kommen. Künstler haben ein Leben, sie sind nicht künstlerischer Bestand eines Theaters. Sie haben ein Recht auf Fortbildung, Information, Freizeit und Regeneration, Gesundheit und Familie, Respekt und Anerkennung.
3 Wie Samuel Schwarz richtig resümiert, das intendantenzentrierte Theatermodell funktioniert nicht mehr. Die Fehlerquote ist inzwischen so hoch, dass wir bei nachtkritik jede Woche eine Fehlermeldung lesen. Die Liste ist ellenlang, und ich notiere sie seit AnBeginn mit. Es handelt sich dabei nicht um Kleinigkeiten, sondern um Fehler, die in jeder anderen Form von Unternehmen sofort sanktioniert würden. Das Semi-Feudale System eines von der nicht ausreichend informierten Politik zwar abhängigen, ansonsten jedoch völlig frei agierenden Intendanten kann die Problemstellungen nicht mehr zufriedenstellend lösen. Und diese Fehlermeldungen schaden der Theaterlandschaft - und damit vor allem den Künstlerinnen und Mitarbeiterinnen. Da hilft in einem ersten Schritt Teambuilding. Florian Fiedler macht das vor, und das könnte modellhaft werden.
Die beiden großen Blöcke in unserer Theater-Community, der Vertreter pro Intendanten, und derjenigen, die sich informierte Künstler, Gerechtigkeit und Partizipation, Teams und Dezentralisierung wünschen, muss stärker in einen Dialog treten, damit diejenigen, die auf den Zerfall des Theatersystems hoffen, keine Morgenluft wittern können.
Sorry für die Länge.
(Werte/r E.N., wir besprechen, redigieren, kritisieren und was wir veröffentlichen, halten wir für wert, dass es die Öffentlichkeit erfährt. Mit besten Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Ich möchte mich dem vorangegangenen Kommentar #20 anschliessen. Man bekommt den Eindruck, die Betroffenen seien duckmäuserisch gewesen und einfach zur Presse gerannt. Haben Sie eigentlich ausführlich die Berichterstattung der Presse gelesen? Einige Betroffene äussern sich dort und werden von anderen Theaterschaffenden bestätigt-Daraus ergibt sich doch ein recht deutliches Bild. Es wurde im zweiten Jahr ein Ensemblebrief verfasst, es wurde das Gespräch mit der Intendanz gesucht, etc. Den Betroffenen wurde nicht geholfen.
Diese Kolumne ist ein Schlag ins Gesicht derer, die mutig waren und sind und sich zu diesem Fall geäussert haben und hoffentlich auch weiterhin äussern werden, gegenüber der Kulturdezernentin von Köln, oder direkt bei der Oberbürgermeisterin von Köln Henriette Reker.
https://mobil.ksta.de/koeln/nach-mobbing-vorwuerfen-ob-reker-laesst-fuehrungskultur-am-koelner-schauspiel-untersuchen-30549552
Man kann bekanntlich zu allem diese oder jene Haltung einnehmen. (...) Ein paar Fragen:
1. sie waren - soweit ich weiß - in der Weimarer Zeit von Stephan merki in Weimar geschäftsführer. Sind Sie damals eingeschritten, als Probleme entstanden wie unlängst in Bern? Und wenn ja, wie?
2. sie waren seinerzeit neben ihrer Tätigkeit an einem dreispartentheater zugleich Professor in Frankfurt. Dort hatten Sie neben 10 - im übrigen auch noch vorzubereitenden - Unterrichtsstunden zahlreiche weitere Verpflichtungen an der Hochschule, von den reisen ganz zu schweigen. So ist es jedenfalls in Interviews niedergelegt, die Sie selbst gegeben haben. Wahrscheinlich hat Ihnen die Stadt Weimar das sogar genehmigt. Nur: welches Ethos steht da dahinter, wenn zugleich alle Mitarbeiter exklusiv für das Haus arbeiten sollen?
3. haben Sie versucht, ihre Vorstellungen wie Sie sie hier und auch sonst äußern - durchzusetzen? Woran ist das gescheitert? An der stadtthesterstruktur? (...) Oder woran sonst?
(Werte/r E.N., die Kolumne kritisiert eine Hysterisierung der Stadttheaterkritik an mehreren Beispielen. Und, mit Verlaub, Beiträge, die rufen "Sprecht Ihr eigentlich noch über die Texte" tragen nicht unbedingt zur Enthysterisierung bei. Daher die Kürze der Antwort. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow)
wo ziehst man da die linie? muss herr khuon jetzt seinen sohn entlassen? hätte shermin langhoff ihren ex-mann mehrfach inszenieren lassen dürfen? sollten diverse castorf freundinnen gleichzeitig protagonist/innen in seinen stücken gewesen sein? tricky business. was ist wenn sich im laufe eines gemeinsamen engagements eine beziehung ergibt? ab wann muss man eine person freistellen, weil die persönlichen beziehungen die gemeinsame künstlerische arbeit belasten? der/ die verwandte könnte sich theoretisch sogar wegen diskriminierung einklagen. alles nicht so einfach, so binär.
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Kann man verwandte einstellen - ja, aber nur mit der entsprechenden transparenz. natürlich ist es härter seine ehefrau zu maßregeln - aber das wäre genau die konsequenz aus dem engagement.
man kennt das ja aus diversen fussballvereinen, in denen die söhne der trainer einen besonders schweren stand haben, damit bloss nicht der eindruck einer bevorteilung entsteht. kluge partner/innen und/oder verwandte im theater haben das schon lange verstanden und achten peinlich darauf, diesem eindruck keinen vorschub zu leisten.
@20 guter punkt - es gab eine sehr gesunde arbeitsbeziehung zwischen frau kretschmann und frau richter - die irgendwann sauer wurde, dieses menschlich wohl komplexere geflecht bekommt ein lesendes publikum jetzt heruntergebrochen serviert als: erzählte über den lebensgefährten dieses und jenes, ist ergo = intrigante hexe. welche motive hat frau richter 4 jahre danach mit der story herumzukommen - und was ist daran mutig den kantinenklatsch auszubreiten. hätte man ja auch mal fragen können, so als rechercheure.
ansonsten outet sich ja niemand der "mutigen" mit namen - wie will ein medium nun den wahrheitsgehalt der anonymen aussagen überprüfen? so bleibt dreck hängen, den man/frau nicht mehr loswird.
der spiegel: schon das foto im aufmacher in dem ein zettel auf eine bühnentür strikt untersagt, daß während einer Vorstellung an der hinterbühne gequatscht oder mit schlüsselbünden gelärmt wird - soll als beweis einer "toxischen Atmosphäre" dienen. sorry spiegel - dass ist nicht juicy journalism sondern bullshit.
@t. schmidt - das mit dem personalrat/ betriebsrat/ensemblevertreter, der dem machtbereich der intendanz entzogen wird kann ein weg sein, und hängt ganz von den handelnden figuren ab - wie in jedem anderen betrieb. einführen müssten es: die TRÄGER, die organisiert sind im DBV.
@umdrehung opfer/ täter-schön langsam. aufgrund der bisherigen handlungsweisen der MUTMASSLICHEN Opfer, genauer, derjenigen, die sich subjektiv und emotional als Opfer betrachten - und daraus den legitimen anspruch ableiten MUTMASSLICHEN Tätern, genauer, solchen die sie als auslöser ihrer persönlichen leidensgeschichte betrachten, via anonymer erzählungen an dankbare pressevertreter den öffentlichen pranger zu zu weisen - kann keine gesunde aufklärung mehr stattfinden.
Ergebnis. der spiegel hatte ne nette geschichte. in köln möchte niemand mehr arbeiten. bachmann kriegt keine neue intendanz und seine frau stellt so schnell keiner mehr ein. und das interesse an der wahrheit ist längst auf der strecke geblieben. wo es für eine anzeige nicht reicht - ist ein schöner anonymer rufmord in den zeiten sozialer medien zum legitimen mittel geworden.
Die Anklage von Vetternwirtschaft ist richtig, aber kein Allerheilmittel. Ungesunde Dynamiken können von diversen Konstellationen ausgehen, Machstspiele können sehr dreckig sein.
Das Grundsätzliche wird von verschiedenen Seiten schön herausgearbeitet. Korrektive Gremien, externe Anlaufpunkte, Experimente mit Intendanzmodellen: zu allem ein beherztes Ja. Auch gesicherte Antstellungsverhältnisse die "den Selbstwert verbessern" wie es so schön im Podcast hiess.
Frau Slevogt gebe ich auch Recht. Denn selbst wenn alle diese Punkte erfüllt sein sollten setzt Courage nicht automatisch ein. Dazu gehört von der einen Seite der Mut die eigene Stimme zu erheben, von der anderen die Chuzpe sich nicht von Gerüchten leiten zu lassen, nicht reflexhaft zum Offenkundigen greifen, mal das Ego vor die Tür stellen. Nicht gemäß D. Hessling nach unten treten und nach oben buckeln. "Zweifel" (Lars Ramberg).
Das meine ich explizit zu Mobbing und Machtstrukturen, sexueller Missbrauch stellt hier einen Sonderfall dar.
Rivalität wird immer bleiben. Es könnte sportlicher dabei zugehen.
@t. schmidt - das mit dem personalrat/ betriebsrat/ensemblevertreter, der dem machtbereich der intendanz entzogen wird kann ein weg sein, und hängt ganz von den handelnden figuren ab - wie in jedem anderen betrieb. einführen müssten es: die TRÄGER, die organisiert sind im DBV.
Ich will ja nichts sagen, aber Betriebsrat / Personalrat ist immer dem Machtbereich des Intendanten entzogen- schließlich sind das die institutionalisierten Arbeitnehmervertretungen...!!Etwas anderes ergibt sich natürlich dann, wenn diese Arbeitnehmervertretungen den Konflikt mit der Intendanz / der Geschäftsführung scheuen- das gibt es leider auch.
Für ein von der öffentlichen Hand finanziertes Stadttheater des Jahres 2018 jedoch gilt meines Erachtens das von Roger #18 kurz und treffend Gesagte: Dass Lebenspartner durch eine Intendanz engagiert werden, ist hier und heute "höchst unprofessionell" - und in meinen Augen für beide Partner auch regelmäßig (Ausnahmen sind bei dieser Formulierung mitgedacht) ein künstlerisches und menschliches "Armutszeugnis". (Wobei #29 natürlich auch Recht hat: Wer ist denn "künstlerisch und menschlich" unantastbar? - Aber eines von beiden sollte man als inszenierender Intendant bzw. als auch inszenierende Schauspielerin und Ehefrau dieses Intendanten schon sein.)
Eine Mediation, die von außen herbeigebeten wird, ist doch bereits eine Kapitulationserklärung. Vor allem eine vor der Liebe. Auch wenn alle Mediatoren der Welt Stein und Bein das Gegenteil beschwören würden...
Um wehrhafte und selbstbestimmte Strukturen zu schaffen benötigt es doch einer existenziellen Sicherheit, was bedeuten könnte: einen angemessenen Lohn, keine Überbelastung durch Unterbesetzung und keine Kurzzeitanstellungen.
Wer "im Geschäft bleiben" muss und sich mit den Einflussnehmenden gut stellen, weil sie*er sonst in wenigen Monaten, oder spätestens einem Jahr Schwierigkeiten hat, einen neuen Job zu finden - irgendwo in dieser Republik - wird sie*er Energie darauf verschwenden, Konflikte auszutragen, deren Lösung länger dauern würde, als der eigene bis an die eigenen Grenzen erschöpfende Arbeitsvertrag?
JA! Stadttheater behalten. Ensemblestrukturen stärken. Langfristigkeit und Ortsgebundenheit herstellen. Und danach schauen, was aus dem vermeindlich "deutschen" Untertanengeist wird - sind Hierarchie und Macht nicht vielmehr allgemein menschliche Themen?