Verfahren gegen Ex-Chef des Burgtheaters großteils eingestellt
Nichts zuschulden
2. Dezember 2017. Die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftstrafsachen und Korruption hat einen Großteil ihrer Vorwürfe gegenüber Matthias Hartmann fallen gelassen. Gegen den ehemaligen Intendanten des Wiener Burgtheaters wird nicht mehr wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung, Untreue und Bilanzfälschung ermittelt. Das meldet unter anderem der Kurier.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe vor allem keine Bestätigung für den Verdacht gefunden, Hartmann könnte sich der Untreue schuldig gemacht und von vorsätzlichen Bilanz-Manipulationen der kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky gewusst haben, schreibt die Wiener Zeitung. Hartmann als Künstlerischer Leiter habe darauf vertrauen dürfen, dass die Bilanzen der kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky stimmen, so der Anwalt des Burgtheaters Bernhard Hainz unter Bezugnahme auf den auch dem Burgtheater zugestellten Einstellungsbeschluss: "Die WKStA geht davon aus, dass er – was die Zahlen betrifft – nicht gescheiter sein musste als seine kaufmännische Geschäftsführerin".
Auch die Untreue-Vorwürfe um einen Vorbereitungsvertrag zwischen Hartmann und Georg Springer, den damaligen Leiter der Bundestheater-Holding, hätten sich, so der Kurier, nicht erhärten lassen. Der damalige Chef der Bundestheater-Holding Georg Springer hatte dem Intendanten Honorare in Höhe von 85.000 Euro zugesichert, ohne dass die Zahlung an eindeutig definierbare Leistungen geknüpft waren. Eines "Befugnismissbrauchs" hätten sich die beiden damit nicht strafbar gemacht, so die Staatsanwaltschaft.
Gleiches gilt für den Vorwurf gegen die ehemalige Vizedirektorin des Burgtheaters Silvia Stantejsky, sie habe Hartmann 188.000 Euro gezahlt, ohne dass es hierfür eine vertragliche Grundlagen gegeben hätte.
Nun steht nur noch der Vorwurf "Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen" im Raum. Im Fokus stehen hier Stantejsky und Springer. Da jedoch Hartmann zur Zeit der Vorfälle als künstlerischer Direktor im Firmenbuch der Burgtheater GmbH eingetragen war, wird auch gegen ihn ermittelt.
Wer wird Millionär?
Das Burgtheater und sein ehemaliger Intendant streiten dessen ungeachtet weiterhin um die Rechtmäßigkeit seiner Kündigung. Hartmann fordert von seinem früheren Arbeitgeber die Auszahlung seines Vertrags, der erst im Sommer 2019 ausgelaufen wäre. Inklusive der Honorare für geplante Inszenierungen beläuft sich der Betrag laut Kurier auf rund 2 Millionen Euro. Hartmanns Anwälte sehen sich durch die Einstellung der Verfahren in dieser Forderung bestätigt.
Diese Deutung weist Burgtheater-Anwalt Bernhard Hainz gegenüber dem ORF zurück: Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hätten nichts mit den Gründen der Entlassung zu tun. "Im Entlassungsverfahren geht es um seine Gesamtverantwortung als Geschäftsführer und sein Kontrollversagen." Das Burgtheater fordert von Hartmann, beziehungsweise seiner Versicherung, Schadensersatz in Höhe von knapp einer Million.
(Kurier / Standard / Wiener Zeitung / ORF / miwo)
*Der Artikel wurde am 5. Dezember 2017 um 14:58 Uhr aktualisiert.
Verlauf und Hintergründe des Burgtheater-Skandals können Sie in unserer ausführlichen Chronik nachlesen.
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 26. April 2024 Toshiki Okada übernimmt Leitungspositionen in Tokio
- 26. April 2024 Pro Quote Hamburg kritisiert Thalia Theater Hamburg
- 25. April 2024 Staatsoperette Dresden: Matthias Reichwald wird Leitender Regisseur
- 24. April 2024 Deutscher Tanzpreis 2024 für Sasha Waltz
- 24. April 2024 O.E.-Hasse-Preis 2024 an Antonia Siems
- 23. April 2024 Darmstadt: Neuer Leiter für Schauspielsparte
- 22. April 2024 Weimar: Intendanz-Trio leitet ab 2025 das Nationaltheater
- 22. April 2024 Jens Harzer wechselt 2025 nach Berlin
neueste kommentare >
-
Zusammenstoß, Heidelberg Schauspielmusik ist nicht Musiktheater
-
Pollesch-Feier Volksbühne Chor aus "Mädchen in Uniform
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Ideologisch verstrahlt
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Vorfreude
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Schieflage
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg ungutes Zeichen
-
RCE, Berlin Talentiertester Nachwuchs
-
RCE, Berlin Manieriert und inhaltsarm
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Struktur
-
Pollesch-Feier Volksbühne Motto von 1000 Robota
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9109:chronik-der-affaere-um-die-entlassung-der-burgtheater-vizedirektorin-silvia-stantejsk&catid=242:presseschau&Itemid=62#comment-71259
Sie haben recht! Und daher meine Wortmeldung, die ich gestern an den STANDARD gepostet habe in Kopie:
Das Schlimmste an der ganzen Causa war der Shitstorm, die mediale Vorverurteilung, die ja in einer Art Volksjustiz das Kriminelle schon als erwiesen gesehen hat. Wobei ganz selbstverständlich war, die Sympathie, die Nationalität als Urteilskriterien nicht einmal zu verbergen. Das Schlimmste deshalb, weil die Hetze war bewusst. absichtlich. bösartig und strategisch. Wer immer - wie weit oder wofür er/sie angeklagt wird - hat dazu im Gegensatz offensichtlich nicht in dieser fiesen Absichtlichkeit gehandelt.
auch wenn die vorwürfe im medialen shitstorm falsch waren, der kontrast zur jetzigen - ernsthaften - intendanz ist doch ganz klar. allergings könnte es wohl in paar jahren auch wieder bergab gehen für das haus..
Dem ehemaligen Burgtheater-Direktor könnte es helfen.
Wieso ausgerechnet Gladiolen?
Insofern haben die beiden Protagonisten (Minister und Direktor) hier ganz große Tragödie geliefert, mit den dramatischsten aller Maßnahmen.
Stellen Sie sich dieselbe Situation mit den verschiedensten Burgdirektoren der letzte und der kommenden Jahre vor?
Aber was überreichte man zur Auferstehung? Wie sind hier die floristischen Gebräuche?
Ach, das gibt es auch in Deutschland - keiner der Politiker- egal, ob in Aufsichträten oder woanders sitzend- lässt es zu, dass sie "mit dran" sind; entweder man trennt sich von Leuten oder legt ihnen nahe, selbst zu gehen oder man kehrt Probleme, die ganz offensichtlich aufgetreten sind und ggf. bereits Schäden angerichtet haben, unter den Teppich- es könnte ja sein, dass man selbst mal gefragt wird, wo man in der Zeit war und ob das nicht bereits absehbar war...
wenn ein Theaterdirektor Geschäfte mit einem Misanthropen wie Dietrich Matheschitz von Red Bull macht bzw. sich auf seiner Mitarbeiterliste befindet, hält sich mein Mitleid in Grenzen bzw. fällt es sehr schwer, seinen Anspruch auf Gerechtigkeit einzusehen
Liebe Grüße aus Panama :)