Celler Theater wehrt sich gegen Premierenkritik
Wieviel Worte wiegen
10. September 2018. Für ihre Premierenbesprechung zu "Fesche Lola, brave Liesel" kritisiert der Regisseur der Uraufführung, der Intendant des Schlosstheaters Celle Andreas Döring, heute in einer Stellungnahme die Cellesche Zeitung. Deren Besprechung unterschlage sowohl den Inhalt als auch die politische Dimension der Inszenierung, die sich um die Haltung der Schwestern Marlene Dietrich und Elisabeth Will zum Nazi-Regime dreht. "Diese massiven Auslassungen bringen die Kritik hart an Rand der beabsichtigen Geschichtsleugnung", schreibt Döring in seiner per E-Mail versandten Stellungnahme.
Entwickelt hat Andreas Döring die Inszenierung "Fesche Lola, brave Liesel – Marlene Dietrich und ihre verleugnete Schwester" gemeinsam mit dem Autor der gleichnamigen Doppelbiografie, Heinrich Thies, der die politischen Zeitläufte mit der Geschwisterbeziehung verbindet: Marlene Dietrich trat im Zweiten Weltkrieg vor den US-Truppen auf und engagierte sich gegen die Nazis, während ihre Schwester Elisabeth Will in direkter Nähe zum KZ Bergen-Belsen mit ihrem Mann ein Kino für Wehrmachtsoldaten und SS-Leute betrieb.
Das Stück stelle die moralische Frage, wie es dazu kommen konnte, "dass innerhalb einer Familie Menschen die Verbrechen der Nazis unterstützt haben, während andere dies bekämpften", so Döring. Dreißig Minuten der Aufführung spielten 1945 in der Kaserne Bergen-Belsen und dem dort entstandenen Camp für Displaced Persons.
In der Celleschen Zeitung werde Bergen-Belsen nicht einmal benannt. Die Kritikerin ignoriere In ihrer Besprechung die "moralische Diskussion über politische Hetze und Populismus als Kernthema der Uraufführung" und lasse "den Komplex von 'Bergen-Belsen' als zentralen Bestandteil des Stückkonflikts in geschichtsleugnender Art und Weise unerwähnt", so Döring. Für eine Zeitung "mit kulturellem Anspruch" sei das "in diesen Zeiten ein äußert bedenklicher Vorgang". Dabei gehe es ihm nicht um die Autorin der Besprechung, sagte Döring gegenüber nachtkritik.de, sondern um die fehlende Sensibilität seitens der Zeitung und die Entpolitisierung des Theaters.
Auf die Bitte von nachtkritik.de um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen des Schlosstheater-Intendanten reagierte die Cellesche Zeitung nicht.
(Schlosstheater Celle / Cellesche Zeitung / eph)
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Die "Cellesche Zeitung" ist über die Landesgrenzen hinaus als "Heide-Stürmer" bekannt (geworden). Dieser Ruf rührt nicht von der liberalen Grundhaltung der dortigen Schreiber oder deren Druckerzeugnisse her! Herr Dörings Einsicht, dass die politische Richtung dieses Blattes irgendwie anrüchig, tendenziös (wenn nicht in Teilen reaktionär) sein könnte, kommt leider ein wenig spät: Noch im letzten Jahr hat das Schlosstheater eine strumpfbehoste, perückte und liebedienerische (Auftrags-)Premiere zum Geburtstag derselben Zeitung in dem mit steuerlichen Mitteln getragenen Theater abgefeiert.
Und wie passt es zusammen, dass eine mit Doktortitel bemützte Mitarbeiterin (im Schlosstheater immerhin mit der dortigen Public Relations betraut) eine dermaßen radebrechende, teilweise sinnentstellende und mit Rechtschreib- und Synthaxfehlern gespickte „Stellungnahme“ raushaut?
Was genau Sie umtreibt, bleibt leider nebulös - allem Ringen mit der deutschen Sprache zum Trotz. Hat Herr Döring nun einen Punkt zu machen, weil das in Rede stehende Blatt ... klar: Unterhalb einer "Stürmer"-Referenz geht es nicht. (Was macht das dann eigentlich aus Ihrem ach so mutigen Sprech-Akt? Mindestens Widerstand vom Rang eines Warschauer Aufstands, stimmt's?) Oder alles verlogen, weil es nachweislich schon andere Kontakte zwischen Theater und Zeitung gab? Wie gesagt: nebulös. Haben Sie das Stück am Ende gar nicht gesehen? So als "Theaterfreund"?
Und - Ihren sichtlichen Ekel über die "Public Relations"-Frau Doktor (schlimm, dass die nicht einfach in der Küche bleiben) in allen meinungsfreien, aber eben auch entlarvenden Ehren: Sie, ausgerechnet, möchten wirklich mit Steinen werfen, was satzzeichentrunken rausgehauenes Stellungnahme-Deutsch angeht?