Anna Elisabeth Wiede gestorben
Im Schatten
Berlin, 16. Juni 2009. Einer Meldung des Eulenspiegel Verlags zufolge ist heute die Schriftstellerin und Dramaturgin Anna Elisabeth Wiede im Alter von 80 Jahren an den Folgen ihrer Krebserkrankung gestorben.
Zusammen mit ihrem Mann Peter Hacks war sie 1955 siebenundzwanzigjährig aus der Bundesrepublik nach Ostberlin übergesiedelt, wo Hacks am Deutschen Theater unter der Intendanz Wolfgang Langhoff erst Hausautor und 1960 Chefdramaturg wurde.
Gemeinsam mit Hacks übersetzte Anna Elisabeth Wiede 1956 zunächst für Bertolt Brechts Berliner Ensemble John Millington Synges "The Playboy of the Western World", das Peter Palitzsch und Manfred Wekwerth mit Musik von Hanns Eisler erstaufführten, war aber bald auch selbst als Dramatikerin und Hörspielautorin erfolgreich. Ihr berühmtestes Stück ist das Jugendstück "Das Untier von Samarkand", 1957 im Theater der Freundschaft (dem heutigen Theater an der Parkaue) uraufgeführt.
In der Ostberliner Bohème war die Frau mit dem Appeal eines Nouvelle-Vague-Stars in den Fünfziger und Sechziger Jahren das, was man heute eine Stilikone nennen würde. Doch es fiel Anna Elisabeth Wiede nicht leicht, im Schatten von Peter Hacks zu leben.
Erst nach seinem Tod im Jahr 2003 begann sie nach fast zwanzig Jahren wieder zu schreiben und publizierte im Jahr 2007 ein Buch mit Erzählungen für Kinder Die stille Pauline. 2008 folgte St. Brendans Eiland, märchenhaft realistische Geschichten, die mit einer merkwürdig versponnenen Lakonie von Ängsten, Zweifeln und Träumen ihrer jugendlichen Protagonisten erzählen.
Zuletzt lebte Anna Elisabeth Wiede im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Die legendäre Wohnung in der Schönhauser Allee, wo sie vierzig Jahre lang mit Hacks gelebt hatte, hatte sie nach seinem Tod aufgegeben. Sie wohnte zwischen Antiquitäten und Gemälden, mit Samtvorhängen und Bücherwänden bis zur Decke: eine kostbare Festung gegen die Gegenwart. Ein Hauch von Simone Signorets "Madame Rosa" ging von ihr aus, wenn sie mit wallenden Tuniken und Zigarettenspitze Jasimintee trinkend auf einem zierlichen Biedermeiersofa saß und über ihre Arbeit sprach.
Auf Peter Hacks wurde sie äußerst ungern angesprochen. Entsprechende Fragen konnte sie sehr geflissentlich überhören. Bis sie am Ende manchmal dann doch zu erzählen begann, wie sie und Hacks nach dem Mauerfall krank und depressiv wurden und Hacks von seinen Depressionen am Ende zermürbt worden war. Der neuen Zeit hat Anna Elisabeth Wiede dann doch noch einige Jahre und zwei Bücher abgetrotzt.
(sle)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
- Anna Elisabeth Wiede: traurig schön
- #1
- Moritz Tassow
- Anna Elisabeth Wiede: Krokodilstränen
- #2
- Papa Courage
- Anna Elisabeth Wiede: wow!
- #3
- Liza with a Zett
- Anna Elisabeth Wiede: Nachrichten, die keinen interessieren
- #4
- claudia
meldungen >
- 26. April 2024 Toshiki Okada übernimmt Leitungspositionen in Tokio
- 26. April 2024 Pro Quote Hamburg kritisiert Thalia Theater Hamburg
- 25. April 2024 Staatsoperette Dresden: Matthias Reichwald wird Leitender Regisseur
- 24. April 2024 Deutscher Tanzpreis 2024 für Sasha Waltz
- 24. April 2024 O.E.-Hasse-Preis 2024 an Antonia Siems
- 23. April 2024 Darmstadt: Neuer Leiter für Schauspielsparte
- 22. April 2024 Weimar: Intendanz-Trio leitet ab 2025 das Nationaltheater
- 22. April 2024 Jens Harzer wechselt 2025 nach Berlin
neueste kommentare >
-
Zusammenstoß, Heidelberg Schauspielmusik ist nicht Musiktheater
-
Pollesch-Feier Volksbühne Chor aus "Mädchen in Uniform
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Ideologisch verstrahlt
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Vorfreude
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Schieflage
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg ungutes Zeichen
-
RCE, Berlin Talentiertester Nachwuchs
-
RCE, Berlin Manieriert und inhaltsarm
-
Kritik an Thalia Theater Hamburg Struktur
-
Pollesch-Feier Volksbühne Motto von 1000 Robota