Presseschau vom 12. September 2015 – Rostocks Intendant Sewan Latchinian kommentiert die Strukturdebatte in Thüringen
Epoche geistiger Verwahrlosung
Epoche geistiger Verwahrlosung
12. September 2015. Als Kenner von (und beherzter Kämpfer gegen) Theaterfusionen ist Rostocks Intendant Sewan Latchinian heute in der Thüringischen Landeszeitung zum Interview über die derzeitigen Strukturdiskussionen im Theaterland Thüringen gebeten. Erwartungsgemäß spricht sich Latchinian für den Erhalt der bestehenden (bereits seit Längerem auch über Fusionen strukturierten) Theaterlandschaft aus. Die Sparpotenziale in der Kultur seien ohnehin gering. "Man zerstört viel mehr, als man spart."
Rhetorisch geht es gewohnt kantig zu. Latchinian: "Dass man meint, bei der Kultur am schmerzfreiesten kürzen zu können, deute ich als Ausdruck einer gewissen geistigen Verwahrlosung, die leider in unserer Gesellschaft passiert. Der Stellenwert von Theater und von anderen Künsten ist nicht mehr so hoch wie vor 30, 100, 200 Jahren, als viele Theater gebaut wurden. Es ist eine moderne Barbarei, die ich nicht gut finde und vor der wir alle aufpassen müssen."
Gegen Ende des Gesprächs gibt es Grußadressen an die Thüringer Theaterleiter: "Ich denke, es gehört zum Ehrenkodex eines jeden Intendanten, dass er die Struktur, für die er an ein Theater geholt worden ist, auch erhält. Denn was man jetzt aufgibt, wird nie wieder geöffnet." Zusammenhalt unter den Theatermachern ist für Latchinian das Gebot der Stunde. Angesprochen auf die Hinterzimmerpolitik seiner Thüringischen Kollegen (die seit Monaten mit der Politik verhandelten ohne Mitarbeiter in Kenntnis zu setzen) sagt Latchinian: "Ja, das ist überhaupt kein guter Stil, und das ist auch nicht wirklich demokratisch zu nennen. Diese Angelegenheiten betreffen schließlich die Öffentlichkeit. Klar kann es informelle Gespräche hinter Kulissen geben, aber nicht über Monate hinweg."
(Thüringer Landeszeitung / chr)
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