Presseschau vom 5. Juli 2017 – taz und Spiegel online über das Kinderstück "Ein Känguru wie du", das in Baden-Baden Diskussionen ausgelöst hat

Theater um ein schwules Känguru

Theater um ein schwules Känguru

5. Juli 2017. Das Kinderstück Ein Känguru wie du am Theater Baden-Baden, in dem es um ein schwules Känguru geht, wird nach zwölf Vorstellungen nicht in den neuen Spielplan übernommen, offenbar wegen fehlender Zuschauer, berichten taz und Spiegel online.

Grund dafür seien offenbar Eltern, die ihre Kinder vor vermeintlich verfrühter Sexualisierung bewahren wollen, berichtet die taz (5.7.2017). "Wenn an der Kasse jemand anruft und hört, dass das Stück von einem schwulen Känguru handelt, kommt derjenige lieber nicht“, zitiert der Text die Intendantin des Theaters, Nicola May.

Das Stück "Ein Känguru wie du" nach dem Kinderbuch des Schriftstellers und Regisseurs Ulrich Hub handele von zwei Raubkatzen, die ihren Dompteur für schwul halten, weil er nicht verheiratet ist und viel Parfüm benutzt. Sie lernen das boxende Känguru Django kennen. Bald stelle sich jedoch heraus, dass ihr neuer bester Freund Django – und nicht der Dompteur – schwul sei.

Auf Spiegel online (4.7.2017) heißt es, dass die Lehrer Gegenwind von Eltern bekamen, wenn sie die Schüler in das Stück mitnahmen. "Auch beim Theater habe man die 'vermehrt gespaltenen Meinungen zum Stück bei einigen Lehrern und Eltern' mitbekommen." In der taz erklärt ein Vater, der das Stück zwar nicht gesehen, sich aber in einem Leserbrief im Badischen Tagblatt wütend dazu geäußert habe: "Wenn man Toleranz fordert, muss man auch die tolerieren, die ihre Kinder nicht in so ein Stück schicken wollen."

Weiter heißt es: "Nicola May versteht die Proteste und den faktischen Boykott nicht: 'In dem Stück geht es eigentlich nicht um Sexualität, sondern um Freundschaft, Toleranz und Vorurteile. Das Schwul-Sein ist nur ein Beispiel, an dem das Thema abgehandelt wird.' Von der Presse und den wenigen Zuschauern, die es gesehen hätten, sei das Stück sehr gelobt worden. Nur blieben eben die Reihen oft leer."

(sik)

 

Kommentare  
Presseschau "Ein Känguru wie du": schwach umgesetzt
Wenn das Stück wirklich wegen des Themas nicht besucht wurde ist das natürlich ein Armutszeugnis für Lehrer und Eltern in Baden-Baden. Habe die Inszenierung jetzt allerding in Ulm gesehen und fand die Umsetzung tatsächlich nicht gut - mit Abstand das schwächste was ich in den vergangenen Tagen während der Baden-Württembergischen Theatertage gesehen habe und zwar ganz ausdrücklich nicht wegen des Themas
Presseschau "Ein Känguru wie du": Verliebte Prinzen laufen gut
Im Jungen Theater Heilbronn läuft das Stück "König und König" für Kinder ab 5 Jahren mit großem Erfolg. Darin verliebt sich der Prinz, der auf Wunsch seiner Mutter heiraten soll, nicht in eine Prinzessin, sondern in deren Bruder, den schönen Prinzen Herrlich. Die beiden heiraten am Ende und alle sind glücklich. Die Kinder lieben dieses Märchen, das Dirk Schirdewahn nach dem gleichnamigen Bilderbuch von Linda de Haan und Stern Nijland für die Bühne bearbeitet und auch inszeniert hat. Auch die meisten Eltern und Pädagogen, die mit Kindern kommen, sind sehr angetan. Weil die Liebe zwischen zwei Männern einfach so selbstverständlich dargestellt wird, dass weder in der Geschichte selbst, noch im Zuschauerraum jemand auf die Idee kommt, diese in Frage zu stellen. Kritische Bemerkungen kommen von Leuten, die das Stück nicht gesehen haben. Und es gab auch den Fall, dass Eltern ihr Kind für den Tag des Theaterbesuchs aus der Klasse herausgenommen haben. Aber sonst ... Ob zu Schulvorstellungen oder zu Familienvorstellungen am Wochenende: Die beiden ineinander verliebten Könige haben jede Menge Zuschauer und viele kleine Fans und werden deshalb auch in der nächsten Spielzeit zu sehen sein.
Presseschau "Ein Känguru wie du": Hass ohne Kenntnis
Ich habe das Stück in Baden-Baden mit begeisterten Kindern und Lehrern im Publikum gesehen. Es gehört unter den KiJu Theaterstücken die ich gesehen habe (locker über 150...) nicht zu den besten, aber auch sicher nicht zu den schlechtesten. Auch die Kritiken in der Presse waren durchweg positiv.
Wie schon Frau Zschäckel schreibt: Das Problem liegt davor. So gut wie alle, die sich in BB beschwert haben, haben das Stück weder gelesen noch gesehen. Und dass das kein Baden-Baden spezifisches Problem ist kann man sehr gut an den über 1000 Kommentaren bei Tagesschau.de etc. ablesen. Was da an Hass auf die pure Idee, ein solches Stück zu schreiben oder zu zeigen hochkommt - aus ganz Deutschland ! - spricht für sich.
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