Presseschau vom 6. Oktober 2015 – Die Berliner Zeitung interviewt die Regisseurin und Brecht-Erbin Johanna Schall

"Ein Anruf, und das Ding wäre gerettet…"

"Ein Anruf, und das Ding wäre gerettet…"

6. Oktober 2015. Für die Berliner Zeitung hat Ulrich Seidler ein ebenso aufschlussreiches wie berührendes Interview mit Johanna Schall geführt – über ihre jüngst verstorbene Mutter Barbara Brecht-Schall und das Erbe der Aufführungsrechte von Bertolt-Brecht-Werken.

Ihre Mutter sei "keine Verhinderin", sagt sie etwa zu den Nachrufen: "Brecht war jahrelang der meistgespielte Autor auf deutschsprachigen Bühnen. Da muss also auch viel erlaubt worden sein. Und ich weiß die Zahl nicht, aber ich glaube, die sogenannten Skandale, also dass meine Mutter Nein gesagt hat, die kann man an einer Hand abzählen."

Frank Castorfs verbotene Baal-Inszenierung am Münchner Residenztheater habe sie "großartig" gefunden, weil er über das Private hinausgegangen sei. "Aber ich kann die Last der Schuld nicht meiner Mutter auf die Füße knallen. Das wäre unfair. Ein Vertrag wurde geschlossen, die Rechtslage war allen bekannt. (...) Hätten sie sie angerufen! Ich glaube immer noch: ein Anruf, und das Ding wäre gerettet…"

Dass sie jetzt selbst Mit-Erbin ist, werde "eine Umstellung für mich. Ich war als Regisseurin bisher eher auf der anderen Seite." Dennoch sollte das Residenztheater jetzt nicht anrufen, um wegen einer Wiederaufnahme nachzufragen, "nach der Nummer".

Außerdem gibt es herrliche Familienanekdoten und kluge Bemerkungen über die politische Linke und Geld.

(geka)

Kommentare  
Presseschau Johanna Schall: Nachfrage
Johanna Schall erzählt von nur 3 bis 4 Vorfällen, in denen ihre Mutter Inszenierungen verboten habe.
Aber was ist mit den vielen Produktionen, die im Wissen um die strengen Regeln gar nicht erst entstanden sind?
Presseschau Johanna Schall: trotzdem wirksam
Die sind nicht entstanden, aber die Regeln und also das Wissen um ihren Sinn undoder Unsinn, haben sich fester gesetzt, als wenn sie entstanden wären!
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