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Köln will Kulturetat um 22 Prozent kürzen

Der Anfang ist gemacht

Köln, 20. August 2009. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat auch Folgen für die aus der öffentlichen Hand geförderte Kultur in Deutschland. Das wurde allgemein befürchtet, mit konkreten Zahlen rechnete man allerdings erst nach den Bundestagswahlen am 27. September 2009. Der Kölner Stadtkämmerer Norbert Walter Borjans (SPD) hat als Erster schon jetzt eine Zahl genannt: die freiwilligen städtischen Ausgaben sollen um insgesamt 30 Prozent gekürzt werden, entnehmen wir dem Kölner Stadtanzeiger.

In einem Schreiben an die Dezernenten hat er auf nötige Einsparungen für das kommende Jahr hingewiesen und vorgeschlagen, ressortübergreifend die freiwilligen städtischen Ausgaben zu senken. Für den Kulturbereich sei eine Kürzung um 22 Prozent errechnet worden. Laut Walter-Borjans werden 2010 zusätzlich zu einem bereits eingeplanten Einnahmedefizit der Stadt von 124 Millionen Euro weitere 226 Millionen Euro im städtischen Budget fehlen.

Der Deutsche Kulturrat spricht laut Kölner Stadtanzeiger von einem grotesken Vorhaben. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, sagte im Interview mit der Zeitung: "Köln zeigt bei diesem unsäglichen Thema, dass es Avantgarde ist – nämlich Avantgarde beim Einsparen. Ich fürchte, dass Köln Vorreiter ist für eine Situation, die wir leider in vielen anderen Städten auch bekommen werden. Dass sich das hier so schnell und so massiv, mit so einem horrenden Betrag wie 30 Prozent zeigt, ist erschreckend. Köln hat ja sowieso einen niedrigen Kulturetat. Ich bedauere daher sehr, dass es als erste große Stadt gerade Köln trifft. Ein verheerendes Signal."

Der Deutsche Städtetag erklärte auf Anfrage des Blattes, dass es "ein einmaliger Vorgang" sei. Raimund Bartella, dem Kulturreferenten beim Deutschen Städtetag, ist keine deutsche Kommune bekannt, die so rigoros ihre Kultur zusammenstreichen will. Die Kulturetats seien bundesweit bis 2001 gestiegen, dann bis 2005 gesunken und hätten seitdem wieder zugelegt. Nach Ansicht des Deutschen Städtetages dürften jetzt keine überproportionalen Kürzungen erfolgen und keine Strukturen zerstört werden. Aber "einen Schutzschirm für die Kultur" könne es nicht geben.

Auch die Landesregierung zeigte sich den Informationen des Blattes zufolge verblüfft. "Die Pläne in der Stadt Köln, den Kulturetat um 30 Prozent zu kürzen, halte ich für völlig unverantwortlich", sagte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) während seiner Pressekonferenz zum Abschluss. Die Landesregierung werde  bis 2010 wie versprochen ihren Kulturetat verdoppelt haben. "Es kann nicht sein, dass die Mittel dann auf kommunaler gekürzt werden", betont der Ministerpräsident.

Mit deutlichen Worten reagierte Norbert Walter-Borjans auf die Kritik: "Mein finanzieller Handlungsspielraum wird von Adam Riese auf der einen und dem Regierungspräsidenten Hans-Peter Lindlar bestimmt." Man müsse das Einsparvolumen, das von der Kultur erwartet werde, allerdings relativieren. "Die Kulturverwaltung hat sich natürlich gleich den Extremfall herausgegriffen und nur auf den Teil des Budgets verwiesen, bei dem die Kürzungen am Ende bei 30 Prozent liegen." Dabei sei völlig klar, dass beispielsweise bei den Personalkosten und bei den Abschreibungen im Kulturetat gar nichts gespart werden könne. So liege die Vorgabe bei 22 Prozent. Das sei "natürlich immer noch viel", so Walter-Borjans.

(dip)

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Kommentare  
Kürzung Kulturetat Köln: Arm und Alaaf
Armes Köln! Jetzt bleibt nur noch der Karneval.
Alaaf!
Kürzung Kulturetat Köln: weg mit dem Volk!
Genau, es sollte nicht nur im Bereich Bildung, Kinder, Altenpflege, Klinikpersonal und Sozialwesen einschneidend gespart werden, sondern auch im kulturellen und künstlerischen Sektor.
Es muss wieder mehr Geld in die Beamten-Pensionskassen, Rücklagen für Manager(versagen), Pleite-Banken und für verbrecherische Steuerhinterziehung und Investmentgeschäfte fließen!
Wo kämen wir hin, wenn in Zeiten, in denen ein Großanleger schon um den Jahreszinssatz bangen muss, was für ihn zigtausende Euro weniger Geldgeschenke bedeuten kann (!), mir nichts dir nichts Geld für Theater, Musik und Kunst ausgegeben würde.
Da müssen wir jetzt zusammenhalten und mit zusammengebissenen Zähnen weiter Geld zusammenkratzen!
Rettet die Banken, rettet die Wirtschaft, rettet das Kapital. Weg mit dem störenden nichtsnutzigen Fußvolk, den Studenten, den arbeitslosen Akademikern, den kreativen Künstlern, dem fahrenden Volk.
Überhaupt: weg mit dem Volk! Alles Gute, Karl
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