Leipziger Theaterwissenschaft droht Schließung - Proteste angekündigt
Keine Theaterwissenschaft mehr in Leipzig?
22. Januar 2014. Die Universität Leipzig hat bekanntgegeben, dass sie 24 Stellen einsparen will – fünf davon in der Theaterwissenschaft. Das meldet das Leipziger Stadtmagazin Kreuzer.
Die Theaterwissenschaften sollen dem "Kreuzer" zufolge auf drei Professoren und zwei weitere Mitarbeiter verzichten, so dass nur eine Professur über bleibt. Noch schlimmer sehe es bei der Klassischen Archäologie aus, wo die einzige Professur und alle Mitarbeiter gestrichen werden sollten. Bei der Physikalischen Chemie solle ein ganzer Lehrstuhl mit einer Professorenstelle und drei Mitarbeitern verschwinden.
"Bei den Archäologen und Theaterwissenschaftlern stehen just die Stelleninhaber kurz vor der Verrentung, deren Stellen gestrichen werden", gibt der "Kreuzer" als Hintergrund an.
Einer Vereinbarung mit dem Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zufolge muss die Uni Leipzig bis 2015 jährlich 24 Stellen streichen, obwohl die Studierendenzahlen kontinuierlich steigen. Bereits in den letzten Jahren hätte die Universität kürzen müssen, schreibt der "Kreuzer". "So sind etwa das Bauingenieurwesen oder die Komparatistik an der Uni Leipzig geschlossen worden oder befinden sich im Prozess der Schließung." Auch die Zukunft der Pharmazie sei nach wie vor unklar.
Günther Heeg, geschäftsführender Direktor des Leipziger Instituts für Theaterwissenschaft, wies gegenüber nachtkritik.de darauf hin, das Rektorat habe diesen Schritt "überfallartig bekannt gegeben". Die vorgesehenen Stellenkürzungen liefen auf eine Schließung des Instituts hinaus. Im Vorfeld habe es kein Gespräch des Rektorats mit den Betroffenen gegeben. Es seien auch keine Gründe für diesen Entschluss genannt worden, die Kriterien für die Entscheidung wurden zudem nicht offengelegt.
"Das unbegründete Vorgehen des Rektorats nach dem Zufallsprinzip trifft ein Institut, das nach den allseits anerkannten Bewertungskriterien wie Drittmitteleinwerbung und internationale Vernetzung hervorragend aufgestellt ist", so Heeg. Man werde, betonte er, die drohende Schließung nicht kampflos hinnehmen.
Inzwischen äußern mehrere Institutionen ihren Protest. So schreibt das Schauspiel Leipzig: "Ein Land, das sich selbst amputiert, ohne dass der betroffene Bereich krank ist, muss sich fragen, ob es sich nicht längst selbst auf einem höchst ungesunden Weg befindet. Leipzigs jahrhundertealte, stolze Theatertradition ist auch künftig ohne eine kontinuierliche öffentliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung nicht denkbar. Die gegenwärtige finanzielle Situation lässt sich nicht durch ein Weniger an Geistesleben beilegen, sondern braucht – im Gegenteil – neues Denken." Und das Leipziger Lofft sekundiert: "Als das freie Theater in Leipzig ist das LOFFT angewiesen auf ein universitäres Theaterwissenschaftsinstitut, das aktuelle Theaterentwicklungen reflektiert und historisch verortet, das auch Chronist von Tendenzen dieser Stadt ist und sie in Beziehung zu nationalen und internationalen Entwicklungen setzt."
(Kreuzer / sd / dip)
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Statt Geisteswissenschaften würde ich lieber Humanwissenschaften (Humanities) oder Wissenschaft vom Menschen sagen.
Auf der einen Seite wird über die Verrohung der Gesellschaft geklagt, die nicht mehr schreiben, keinen gelesenen Text mehr verstehen, sich nicht mehr in Andere einfühlen und divergierende Meinungen aushalten kann, andererseits werden genau die Disziplinen abgebaut, die solche Fähigkeiten kultivieren. Und sei es nur, um die Erinnerung, dass es solche Kompetenzen mal gegeben hat, aufrecht zu erhalten.
Offenbar sind die Wirtschaftsprüfer jetzt völlig in ihrem Denksystem gefangen. Herzlich Willkommen zurück im Neandertal.
Man hat auch schon von diversen bösen Zungen gehört, daß die Leipziger TWler die sind, welche es in anderen besagten Studiengang nicht geschafft haben.
Das ist jetzt nur eine auf die Stadt bezogene Meinung. Andererseits ist diese Art von Umgang mit einem Institut und seiner Leitung ein Absolutes Unding - Verwaltungstechnisch, als auch bildungspolitisch gesehn. Und das haben die Herrschaften um Herrn Heeg, und er natürlich auch, nicht verdient.
Aber ich bin zuversichtlich, dass auch die "Wirtschaftsprüfer" ihr 1789 erleben werden.
Ja ja, an der HU hat man die TW auch gestrichen, die konnten aber argumentieren, dass ja die FU noch ein Institut hat. Nun macht die TW der FU aber etwas völlig anderes. Sie hat einen anderen Theaterbegriff und eine ziemlich leidige aber Drittmittelstarke E. Fischer-Lichte als Kopf. Die Leipziger sind anders aufgestellt und vermitteln einen viel breiteren Theaterbegriff, der vor allem auch bei der Art und Weise des Denkens ansetzt. Klar, man kann sie schließen. Verloren gehen dabei nur einige Außenseiter, in einer Gleichmachergesellschaft vielleicht nicht so schlimm, in einer pluralen Gesellschaft schon. Jedes Forschungsrichtung hat ihren Sinn und Zweck, weil sie dazu beiträgt, unsere Gesellschaft am Laufen zu halten und die Absolventen der TW arbeiten heute beim Fernsehen, im Theater, an der Uni und sonst wo und können sich trotz allem auf eine gute Ausbildung berufen, genauso wie sie sich darauf berufen können, in interessante Forschungsgebiete eingeführt worden zu sein.
In diesem Sinne lieber Guttenberg ist ein wirtschaftliche Argumentation wahrscheinlich die einzig mögliche, um einer offensichtlich wirtschaftlichen Entscheidung etwas entgegen zu setzen.
Auch studieren die Leute nicht TW, die irgendwo anders nicht genommen wurden. Das mag für einige Erstsemester zustimmen, die das als Überbrückung nutzen, oder naturgemäß mit 19 Jahren einfach noch nicht wissen, was auf sie zukommt. Das gros hingegen weiß genau, was es da studiert!
Seit ca. 2000 restauriert die zu tiefst bürgerliche Schicht ihre Auffassung von Gesellschaft als Angstreaktion auf die Krise. Aber damit wird alles unterwandert, was in den 1970er bis 1990er Jahren an Demokratischem und demokratisch Emanzipiertem geschaffen wurde.
Es wird immer gruseliger, weil das Denken und somit das Handeln verbreitet immer enger und kurzsichtiger wird. Sehr traurig für selbständig und unabhängig denkende Menschen!
Statt billige, von Ahnung ungetrübte Häme auszuschütten sollten alle, die sich für das Theater und seine Theorie interessieren, jetzt den Leipziger Theaterwissenschaftlern in ihrem Kampf gegen die neoliberalen Streichbürokraten den Rücken stärken. Hier steht nicht nur ein Institut zur Debatte, sondern hier geht es ganz allgemein darum, ob es unsere Gesellschaft hinnehmen will, dass man dort streicht, wo es um die Zukunft dieser Gesellschaft geht: Bei Wissenschaft und Bildung. Und ganz konkret geht es darum, dass wir auf Dauer nur eine lebendige Theaterlandschaft erhalten können, wenn ihr eine kritische, informierte und mit Kenntnissen ausgestattete Öffentlichkeit gegenübersteht. Diese Öffentlichkeit braucht die Theaterwissenschaft.
Sehr geehrter Herr Stillner, sie inszenieren sich als Menschenfreund ("es geht dabei schlicht und einfach darum, Nachwuchswissenschaftlern eine Möglichkeit zum Forschen zu verschaffen.") und spielen im gleichen Satz den Wadenbeißer, der seine Mitmenschen "Schnauze halten" ankläfft: "Drittmittel einwerben mag für Provinzkommentatoren wie Sie drei irgendwie anrüchig erscheinen."
Ihre Begründung: Wir hätten die Bücher von Heeg nicht gelesen. Das stimmt. Wer hat nicht irgendein Buch von irgendjemandem nicht gelesen.
Ein Gespräch - und ein Blog ist ein Salon - dient aber auch dazu, sich zu informieren. D.h. im Unterschied zu Wissenschaft in ein Gespräch auch einzutreten, wenn man sich nicht vollumfänglich informiert hat, sondern diese Information erst erlangen möchte.
Im übrigen könnte der Eine oder die Andere - mit Verlaub - auch ihre Argumentation "naiv" finden, Theater würde sterben, wenn sein Publikum nicht Theaterwissenschaft studiert hätte.
Als ob Theater von Theaterwissenschaftlern für Theaterwissenschaftler gemacht würde.
Ich habe nichts gegen Naivität. Nur sollten die Elche nicht aufeinander eindreschen.
Liebe Inga,
die "Kastration" ist wohl metaphorisch zu verstehen. Läuffer, die sehr sensible Hauptfigur des Hofmeisters, ist er Symbolträger. Nr. 7 leuchtet mir ein: In so heiklen Dingen muss man die Sprache sprechen, die von den Angreifern verstanden wird. Die dialektische Gefahr ist nur, dass man, wenn man das zu gewohnheitsmäßig tut, irgendwann selbst dran glaubt. Und das wäre für die Theaterwissenschaft eine großer Verlust. Ihr Sinn ist nicht die Einwerbung von Drittmitteln, Symposions-Tourismus, Publikationismus und Starkult.
Im übrigen gebe ich zu: ja, ich habe einen naiven Blick auf die Welt. Ich bin der "Arme Mann im Tockenburg", ich bin das Kind aus "Des Kaisers neuen Kleidern".
Ein großer Verdienst neben durchaus richtungsweisenden Publikationen und dem ganz und gar nicht unnützen sondern fruchtbaren "Symposions-Tourismus" in der TW Leipzig ist genau das, was in dem kurzen Zitat von Wallace beschrieben wird. Im Laufe des Studiums hat man ja immer wieder die Möglichkeit auch anderen Fächern zeitweise beizuwohnen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Autonomie des Denkenden nirgends soviel/so klug gefördert wurde. Und auf unabhängig Denkende, und seien es "nur" die paar TWler können wir nicht verzichten.
@Guttenberg: das die TW universitär und NICHT vornehmlich theaterpraktisch zeichnet sie aus! Das ist wirklich wichtig für diese Art von Lehre! Das sind zwei sehr unterschiedliche Disziplinen und es mag auch Menschen geben, die davon ausgehen, dass ein Dramaturgie-Ausbildung nicht der richtige Weg für sie sein mag um sich mit Theater(/Philosophie/Geschichte) zu beschäftigen. Ich selber bin im Theater tätig und ich kann sagen, dass das TW Studium dafür richtungsweisend war und die Arbeit enorm belebt und bereichert!
die im Verdacht steht im Niedergang zu sein, und immer mehr Platz macht und machen muss einer Welt der Technik und der Wissenschaft:
Fortschritt in der Zivilisation und wirtschaftliche Erfolge -
von welcher Kultur reden wir? Reden wir von einer Kultur des Niedergangs, Übergangs, oder neuen Aufstiegs?
Auch wenn Ihre Fragen bereits mehrfach in den anderen Beiträgen beantwortet und auch erläutert wurden, hier gerne nochmals:
1. Warum muss in Leipzig ein TW-Institut gegründet werden? Die Frage lässt sich bei jedem Studiengang stellen. Ich würde sie gerne umdrehen: warum nicht gerade in Leipzig? In einer Stadt, die seit Jahren über ein enorm großes kulturelles Angebot verfügt? Einer Stadt, die immer für ihren kulturellen Austausch, für Musik, Philosophie und Theater bekannt war? Eine Stadt, in der es - im Verhältnis zu ihrer Größe - eine enorm große und vielfältige Theaterlandschaft gibt? Und nicht zuletzt in einer Stadt, die immer bekannt war für ihren Fokus auf die geisteswissenschaftlichen Studiengänge? Warum sollte es in einer solchen Stadt nicht einen Studiengang geben dürfen, der sich auf einer wissenschaftlichen Weise, konkreter noch auf einer historischen, anthropologischen, intermedialen sowie auf einer kritisch reflektierenden Weise mit ebendiesen Feldern auseinandersetzt? Warum darf es das nicht, wenn der Nährboden mehr als geschaffen dafür ist?
Das leitet direkt über zu ihrer zweiten Frage: Die Ausbildung an der HMT ist - wie es der Name schon sagt - eine Ausbildungssstätte. Dort werden konkret Schauspieler, Dramturgen, Regisseure etc. für ihr Berufsfeld ausgebildet, in dem sie später konkret arbeiten werden. Theaterwissenschaft aber bedeutet - auch wie der Name 'Wissenschaft' schon sagt - neben Ausbildung auch Forschung. Gerade dieser Forschungszweig, die Möglichkeit einer verstärkt wissenschaftlich-theoretischen Auseinandersetzung (die immer auch eine kritische Reflektion der Praxis einschließt!) unterscheidet diese beiden Studiengänge enorm. Damit möche ich nicht sagen, dass das eine wichtiger ist, als das andere, beides sind hochqualifizierte Studiengänge und für beide sollte Platz sein!
Zuletzt zu der dritten Frage: warum 4 Professuren? Durch die vier Professuren ist ein enorm vielfältiges Lehrangebot gewährleistet: unterschiedliche Schwerpunkte, unterschiedliche Pespektiven und unterschiedliche methodische Herangehensweisen, die gerade in ihrer Verbindung das Theater als kulturelle und gesellschaftliche Praxis deckenfächend beleuchten! Und dabei werden ganz nebenbei Forschungsschwerpunkte angeboten, die es deutschlandweit nur hier gibt. Ein Gegenargument für diese Vielfältigkeit würde dementsprechend auch gegen die Perpektive eines jeden vielfältigen Studiums sprechen. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Argumentation mehr als erschreckend wäre...
Ganz nebenbei stellt sich aber im Moment auch nicht die Frage, warum das Institut für TW vier Professoren braucht. Das ist momentan nicht der Punkt. Es geht im Moment nicht darum, eine oder zwei Professoren-/Mitarbeiterstellen zu kürzen, sondern darum, das gesamte Institut (unbegründet!) zu schließen! Und damit ein Insitut, das nach den allgemeinen Bewertungkriterien hervorragend aufgestellt ist, enorm gefragt ist und letztlich alles andere als ein Orchideenfach darstellt. Das ist der zentrale Punkt, um den es gerade geht. Und genau der ist unfassbar.
Ich erachte Ihre Fragen hiermit als ausreichend beantwortet.
- "Warum musste an der Uni Leipzig unbedingt ein TW-Institut gegründet werden, das müsste zuerst einmal geklärt werden;"
Die Theaterwissenschaft gehörte in den vergangenen Jahrzehnten zu den Fachdisziplinen, von denen besonders viele fächerübergreifende Impulse ausgingen, weshalb an vielen Universitäten eine große Zahl neuer Professuren auf diesem Gebiet eingerichtet wurden. Der Theaterbetrieb hat sich rapide verändert, so dass ganz allgemein das "Meisterschüler"-Prinzip, das noch an Theater-Hochschulen wie der Leipziger gepflegt wird, als überholt erscheinen muss, zumindest, wenn es um den Nachwuchs für den Bereich der Dramaturgie, der Kulturvermittlung und der Reflexion geht. Die Theaterhochschule in Leipzig hat daraus ja selbst schon die Konsequenzen gezogen mit dem Beschluß, Carl Hegemanns Stelle nach seiner Pensionierung nicht neuerlich mit einem Professor für Dramaturgie zu besetzen.
"zweitens worin liegen wirklich die Unterschiede der Ausbildung an der HMT und der Uni"
Ganz einfach: Die HMT schreibt sich wie alle entsprechenden Hochschulen "Ausbildung" auf die Fahnen. Sie ist am bestehenden Betrieb ausgerichtet. Dagegen geht es in der Uni um "Bildung", d.h. um die Vermittlung von Fähigkeiten, die über den bestehenden Betrieb mit seinen Einschränkungen hinaus auch auf ein Theater vorbereiten, "das wir heute noch nicht kennen" (Heiner Goebbels).
"und drittens braucht es wirklich vier Professuren"
Solange die Theaterwissenschaft zu den meistgefragten Studiengängen gehört - und zwar in der ganzen Bundesrepublik - mit Quoten, die im Schnitt bei Zehn bis zwanzig Bewerbern auf einen Studienplatz liegen, solange erscheinen mir vier Professuren in Leipzig nicht sehr viel zu sein. Aber bedenken Sie: Es gibt im deutschsprachigen Bereich insgesamt nur ungefähr 30 Professuren auf diesem Gebiet. Werden in Leipzig 3 Professuren gestrichen, dann heißt das, dass ein Zehntel der Professuren dieses kleinen Orchideenfachs gestrichen werden. Übertragen Sie das mal auf große geisteswissenschaftliche Fächer wie die Germanistik. Da würden dann hunderte Professuren gestrichen.
"- das sind die Fragen. Und die können durchaus freundlichen Tons beantwortet werden, oder aber in ihrer Berechtigung bestritten, aber zur Kennnis genommen werden sollten sie schon."
Es gibt aber noch viele weitere Fragen: Warum trifft der Leipziger Kahlschlag mit dieser Wucht dieses eine, sehr erfolgreiche Institut? Warum jetzt? Mit welchen Gründen? Mit welchen Betroffenen wurde zuvor gesprochen? Was bedeutet dies für längerfristige Projekte und Kooperationen? Was bedeutet es, wenn die einzige Theaterwissenschaft in den neuen Ländern damit faktisch abgewickelt wird? ...
von Ihren pauschalen Vorwürfen und Unterstellungen gegenüber Theaterwissenschaftlern einmal abgesehen, möchte ich zu Ihrer Frage "Warum musste an der Uni Leipzig unbedingt ein TW-Institut gegründet werden, das müsste zuerst einmal geklärt werden; zweitens worin liegen wirklich die Unterschiede der Ausbildung an der HMT und der Uni und drittens braucht es wirklich vier Professuren" kurz einwerfen: Nach dem Ende der DDR wurde 1992 die Theaterhochschule "Hans Otto", die sowohl die wissenschaftlich-theoretische wie die praktische Ausbildung verbunden hatte, aufgelöst. Grundlage dafür war das Sächsische Hochschulstrukturgesetz. Das Institut für Theaterwissenschaft wurde zur Fortführung der wissenschaftlich-theoretischen Forschung und Lehre innerhalb der Fakultät GKO der Universität Leipzig etabliert, während die Studiengänge Schauspiel und Dramaturgie der Hochschule für Musik angegliedert wurden, die in Hochschule für Musik und Theater umbenannt wurde.
Mit diesem historischen Abriss ist auch schon klar, wo der Unterschied liegt: Ein Schauspieler oder ein Dramaturg sind Praktiker, keine wissenschaftlich-theoretisch und schon gar nicht forschend Tätigen. Theaterwissenschaft studiert, wer etwas über Theater, Tanz, Performance und die verbundenen Künste wissen will. Die Motivationen dafür sind unterschiedlich, ebenso wie die anschliessenden Berufwege in Theater, Film, Fernsehen, Journalismus und der sonstigen Medien- und Kommunikationsbranche. Zur Frage der Anzahl der Professuren hat Herr Stillner bereits alles geschrieben.