Radetzkymarsch - Johan Simons inszeniert Joseph Roths K.u.k.-Zerfall am Burgtheater Wien
Die Reibungselektrizität bunter Luftballons
Ein Volksfeind - Am Wiener Burgtheater zeigt Jette Steckel eine starbesetzte Neufassung des Umweltsündenklassikers von Henrik Ibsen
Mitten in der irren Gegenwart
von Eva Biringer
Wien, 18. November 2017. Was wollen uns diese Zwerge mit dem FDP-gelben Bart und den kruppstahlblauen Augen sagen? Etwa, dass in der neo-kapitalistischen Vorgartenhölle niemand eine weiße Weste trägt? Erst stehen sie still, wandern dann über die Bühne, wie von einem unsichtbaren Spieler gelenkte Schachfiguren. Ausgedacht hat sich dieses herrlich obskure Bühnenbild Florian Lösche. Dazu gehört auch ein Eisbecken, aus dem Joachim Meyerhoff als Doktor Stockmann zu Beginn des Stücks in aller Frische auftaucht (Mens sana in corpore sano, Sie wissen schon). Vor allem aber ist dieses Bühnenbild eine Eislaufbahn. Alle Darsteller, mit Ausnahme des Ehepaars Stockmann, gleiten mehr oder weniger talentiert auf Schlittschuhen durch ihre Bühnenexistenz. Gespielt wird Henrik Ibsens "Volksfeind", geschrieben 1882, uraufgeführt ein Jahr später, nun aufs Entschiedenste modernisiert von Frank-Patrick Steckel. Seine Tochter Jette Steckel führt Regie, zum Glück.
Ein Sommernachtstraum - von Leander Haußmann am Burgtheater Wien, mit Wunderwald
Der Boden ist los
von Gabi Hift
Wien, 10. September 2017. Nach vier Tagen Aufschub (die Premiere sollte usprünglich am 6. September stattfinden) geht der Lappen doch noch hoch – und wir sehen "Pyramus und Thisbe". Leander Haußmann hat die Szene zu einem hochkomischen, tieftraurigen Juwel gemacht. Jeder kennt die Geschichte: Eine Laientheatertruppe bestehend aus reifen Herren probt im Wald ein Stück für eine Hochzeit – mit Liebe, Tod, Mond und einem Löwen. Mitten im Dialog wird Zettel, der Hauptdarsteller, von einem Waldgeist entführt, in einen Esel verwandelt und beglückt die Elfenkönigin mit seinem Eselsschlong. Am nächsten Morgen hält er's für den seltsamsten Traum seit Menschengedenken.
Liebesgeschichten und Heiratssachen - Nestroy as Nestroy can mit Georg Schmiedleitner und den All-Stars des Burgtheaters Wien
Die Falschen und die Richtigen
von Martin Pesl
Wien, 13. April 2017. Alle paar Spielzeiten muss ein Nestroy her, in jedem großen Sprechtheater in Österreich. Schließlich will man Publikum, und fürs heimische Publikum en gros sind die Possen aus der Zeit des Vormärz das Non plus ultra: weise und witzig, ohne in die Tiefe zu gehen, immer jugendfrei und mit diesem Tonfall zwischen "tiafem" Slang und poliertem Bühnendeutsch. Österreichische Schauspieler (kaum *innen), die in Nestroy-Hauptrollen glänzen, verteidigen so das Terrain gegen die Deutschen, derer es ja im Theater eh viel zu viele gebe. Die Plots, in denen gierige wie gütige Menschen ihr Lebensglück suchen, halten jedem Regiekonzept stand – zumindest will das Wiener Publikum das gewusst haben. Wehe, jemand lässt sich zu viel einfallen! Als der deutsche Regisseur David Bösch textliche Eingriffe in den "Talisman" des großen Johann Nepomuk wagte, jagte ihn der Großteil der Kritik, wie man in Wien sagt, mit einem nassen Fetzen davon.
Regie: Barabara Frey
Regie: Árpád Schilling
Regie: Claus Peymann
Regie: Antú Romero Nunes
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