Der gute Mensch von Sezuan - Leander Haußmann wagt sich am Berliner Ensemble wider besseres Wissen an Bertolt Brecht
Auf zum Himmelfahrtskommando!
von Christian Rakow
Berlin, 12. September 2015. Tuschelei im Parkett, Reihe 14: "Ich glaube, ich geh, das ist jetzt über zwei Stunden, ich werd' langsam bekloppt." – "Nach zwei Stunden sollte eigentlich Pause sein." – "Das ist hier Warten auf Godot." Wenn die besten Pointen eines Abends im Zuschauerraum fallen, dann muss oben auf der Bühne etwas gehörig schief laufen. Oben, wo sie gerade eine Hochzeit mit Büchsenbier feiern und Karla Sengteller als Vorstadtgirlie in gedämpfter Feierlaune wie aufs Stichwort sagt: "Man geduldet sich gern, solange es Bier gibt." Kein Satz von Brecht. Schade eigentlich.
Machen wir es kurz, schon weil der Abend nach der dann doch gewährten Pause noch satte zwei Stunden weiterging: Regisseur Leander Haußmann ist zurück am Theater, was eigentlich ein Segen ist. Viele Jahre hatte er die deutsche Kinokomödie erlöst und zuletzt mit dem Trashjuwel Haialarm am Müggelsee den Beweis angetreten, dass auch im knietiefen deutschen Binnensee ein trockener britischer Humor zu fischen ist. Das Berliner Ensemble hat Haußmann in den letzten zwei Spielzeiten mit seinen choreographisch furiosen, spielwitzigen Klassikerdeutungen Hamlet und Woyzeck aus seinem Dornröschenschlaf geküsst.
Ersehnter Befreier
Fehlte nur noch, dass er nun mit "Der gute Mensch von Sezuan" den Hausgeist Bertolt Brecht aus seiner Untotenunruhe befreite, zu der Veteranenabende wie Furcht und Elend des Dritten Reiches (Regie: Manfred Karge) ihn letzthin verdammt hatten. Dass Haußmann dafür allemal das Herz am rechten Regierüpelfleck hat, bezeugte er im Februar, als er im "Baal"-Urheberrechtsstreit wacker Partei für seinen alten Weggefährten Frank Castorf gegen die Werktreue-Ansprüche der Brecht-Erben ergriff: "Warum darf der Autor nicht tot sein, da auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, und warum darf er auf der Bühne nicht leben, indem er sich ständig erneuern und befragen lässt?", schrieb er damals in der Tageszeitung Die Welt. Er schrieb auch, dass Brecht "zu inszenieren einem Himmelfahrtskommando gleichkommt". Oh düstere Vorahnung! Jetzt also Himmelfahrtskommando, Kamikazeflug, nicht in den Theatertod, aber doch zur Bruchlandung.
Weisheit perdu
Dem Abend fehlt praktisch alles, was Haußmann auszeichnet. Schnoddriger Witz (ausgenommen Norbert Stöß als abgerissener Wasserträger Wang und Traute Hoess als kantige Frau von Nebenan), freie Improvisation, Tempo, tänzerische Leichtigkeit. Stattdessen klappert man die längliche Parabel ab, deren Quintessenz locker in ein paar Faustformeln aufgehen würde: "Gib Leuten den kleinen Finger und sie nehmen die ganze Hand", lernt "die gute" Shen Te, als sie vom Geld der Götter einen Tabakladen erwirbt, der sogleich die Nachbarschaft wie Schmeißfliegen anzieht. "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht" wäre das Credo, mit dem sich Shen Te bald in der Verkleidung als "böser" Vetter Shui Ta den Armen und Gierigen erwehrt. Dass man sich besser nicht in einen Hallodri verlieben sollte, der als Flieger in den Himmel aufsteigen will, erfährt sie auch noch auf dem Lehrpfad. "Drum prüfe, wer sich ewig bindet...". Wahrlich, es steckt Weisheit in dem Werk.
Es ist die Weisheit einer Zeit, als sittliche und ökonomische Werte irgendwie konträr gesehen wurden. Wenn Vetter Shui Ta eine Fabrik aufmacht, muss er sogleich den herzlosen Ausbeuter geben. Dabei hat, historisch gesehen, die Schaffung von Arbeitsplätzen ethischen Fortschritt nun wirklich ermöglicht. Haußmann interessiert sich für das Unzeitgemäße des Brechtschen Gefüges ebenso wenig wie seine Akteure. Antonia Bill gluckst anfangs noch ironisch das Gutherzige ihrer Shen Te heraus, ehe sie sich bald forsch ins schwarzweiß schematisierte Rollenbild hineinspielt: mit beherztem Griff in den Schritt (vulgo "Sackkraulen") als Vetter Shui Ta, mit weinerlicher Weichheit als verzückte Shen Te. Matthias Mosbach gockelt ihren geliebten Flieger so wacker auf die Bretter, dass man meint, Sezuan müsse für ihn auf Capri liegen. Gern greift er zur Klampfe; mitunter erspart auch chinesische Popmusik das Gesäusel oder den Paul Dessau.
Bankrott ausgeschlossen
Um die Helden herum hat Haußmann eine bunte Vorstadt-Nachbarschaft im Lichtkegel von Grenzlaternen angelegt, wie in seinem Brussig-Film Sonnenallee. Aber anders als der Film hat Brecht leider nicht genug Futter für kauzige Typen. Da wären Fremdtexte oder Probenimprovisationen vonnöten gewesen. Mal zwängen sich die Schmarotzer um die baumlange Anke Engelsmann in einen winzigen Glas-Bungalow, der als Tabakladen fungiert (Bühne von Künstler Via Lewandowski). Dann kugelt sich Michael Kinkel als wonniger Polizist herein. Mehr "Sonnenallee"-Feeling ist nicht.
Ginge es in all dem wie für die Heldin Shen Te wirklich um Mitgefühl und Mitleid, dann müsste die Brecht Erben GmbH (jetzt unter neuer Leitung) erlauben, dass Haußmann wenigstens 90 Minuten aus diesem Abend rauskürzt. Überhaupt gehört dieses Parabelstück für die gymnasiale Oberstufe dringend auf den Prüfstand beziehungsweise in die ungebundene Hand eigenmächtiger Regiekünstler*innen. Begnadete Köpfe wie Friederike Heller vor einigen Jahren an der Schaubühne sind mit "Sezuan" schon mächtig gestrandet. An den Regisseur*innen liegt es am allerwenigsten.
"Wir können es uns leider nicht verhehlen: Wir sind bankrott, wenn Sie uns nicht empfehlen!", heißt es im legendären Epilog ans Publikum. Einzige gute Nachricht aus dem Berliner Ensemble: Der Bankrott dieser Unternehmung ist praktisch ausgeschlossen. Schon der auch heute wie stets am BE vehemente Schlussapplaus lässt erahnen: Ein Brecht am Schiffbauerdamm, das ist wie "Dinner for one" am Neujahrsabend, oder das Vaterunser in der Kirche. Muss einfach.
Der gute Mensch von Sezuan
Parabelstück von Bertolt Brecht
Musik: Paul Dessau
Regie: Leander Haußmann, Bühne: Via Lewandowsky, Kostüme: Janina Brinkmann, Musikalische Leitung: Tobias Schwencke, Dramaturgie: Steffen Sünkel, Licht: Ulrich Eh.
Mit: Antonia Bill, Norbert Stöß, Traute Hoess, Swetlana Schönfeld, Ursula Höpfner-Tabori, Matthias Mosbach, Anke Engelsmann, Detlef Lutz, Luca Schaub, Marko Schmidt, Karla Sengteller, Roman Kaminski, Peter Luppa, Felix Tittel, Michael Kinkel, Axel Werner, Claudia Burckhardt, Boris Jacoby, Gerd Kunath, Marvin Schulze und Oliver Gabbert, Marcus Hahn, Raik Hampel, Franz Jarkowski.
Dauer: 3 Stunden 50 Minuten, eine Pause
www.berliner-ensemble.de
Kritikenrundschau
Ein schwer enttäuschter Bernhard Doppler schreibt auf der Website von Deutschlandradio Kultur (12.9.2015), zwar gelinge es Haußmann, "viel Spiellust bei seinen Schauspielern herauszulocken", doch "das Stück" ziehe sich "fast schon qualvoll". Haußmann lasse Brechts Werk "ungeschoren", mache aber eine "rührselig-sentimentale Berlin-Operette" daraus. Die sehr theaterwirksame Titelrolle meistere Antonia Bill "bewunderswert", am "berührendsten" wenn sie singe. Doch würden "Kalauer und Pointen" bis zum Überdruss wiederholt, die saloppe Wendungen ermüdeten. Trotz der eindrucksvollen Bühnenbildinstallation von Via Lewandowsky stellten sich "poetische naive Momente" nur selten ein.
Es werde viel Bier getrunken, geraucht, gestolpert, gesungen, "es ist, als wäre die Welt nichts als eine Farce, als gäbe es nichts zu entscheiden, nichts zu lernen, nichts zu tun", so Dirk Pilz in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau (14.9.2015). Herausgekommen sei eine Inszenierung ohne jeden politischen Biss. Dialektik lebe hier nicht hoch, "sie ist abgeschafft". Haußmanns "Sezuan" wirke, als wolle er den Spaßerfolg von "Sonnenallee" wiederholen. "Es ist ein einziger Krampf. Zäh, langweilig."
In dem Ausmaß hätte man nicht damit gerechnet, dass Haußmann zum "Guten Menschen" einfach gar nichts einfalle, schreibt Christine Wahl im Tagesspiegel (14.9.2015). "In überraschender Biederkeit zieht sich die bühnenbildlich vom Künstler Via Lewandowsky illustrierte Story über knappe vier Stunden dahin." Und weiter kritisch: "Dass sich der Regisseur nicht entscheiden kann, ob er den Plot karikieren oder auf ein rührseliges Girl-meets-Boy- und-wird-verarscht- Melodram herunterbrechen soll, ist da im Grunde auch egal: So oder so entstammen die Inszenierungsmittel dem tiefen Griff in die Mottenkiste."
"Der Aufwand einer sich mühsam über vier Stunden ziehenden Inszenierung wäre nicht unbedingt nötig gewesen", findet Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (14.9.2015). Biedere Witze wollen den Abend so fürchterlich bemüht wie vergeblich auflockern und so erst recht seine schwerfällige Kitsch-Seligkeit vorführen. "Ehrlicherweise baut Haußmann irgendwann nur noch Operetten-Tableaus mit einem vor buntem Himmel schwebendem Flieger, einem possierlich choreografierten Chor der Armen und Entrechteten, tanzenden Straßenlaternen und einer überdimensionalen, stoisch ins Publikum winkenden, goldenen chinesischen Glückskatze wie aus dem China-Restaurant."
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Lieber Herr Rakow - in welcher Welt leben Sie? Wieviele Arbeitslose, Niedriglohnempfänger, Aufstocker, arme, hungernde, abhängige Menschen muß es noch geben, bevor auch Sie einsehen, daß "die Schaffung von Arbeitsplätzen" für diejenigen, die auf den Arbeitsplätzen schaffen, alles andere als "ethischen Fortschritt" bedeutet? Brechts Stück ist hochaktuell. Im Übrigen verweise ich auf meinen kleinen Nachruf zum Tod von Barbara Brecht-Schall.
Gucken Sie sich vieleicht mal ein wenig außerhalb Ihrer Schreibtischwelt um. Sie werden aus dem staunen nicht herauskommen, Herr Rakow. Befragen Sie dazu vielleicht mal eine Näherin in Bangladesh, einen Fließbandarbeiter im heutigen China oder auch nur den Fleischzerteiler in deutscher Leiharbeit um die Ecke. Der reinste Ethikerlebnispark!
Brechts Stück unterstellen Sie mäßigen Erkenntnisgewinn? Dann erstmal vielen Dank für Ihre tiefen und differenzierten Einsichten in die Ursachen der Lebensverhältnisse auf dieser Welt!
Durch das hineininterpretieren englischen Humors in die schlichte Typenkomödie "Haialram am Müggelsee" beleidigen Sie zudem ein ganzes Inselvolk (dem ich angehöre, btw). Konzilliant formuliert: Da hat der Kollege Haußmann schon weitaus bessere Filme gemacht!
Er hat gestern jedoch eines grandios bis genial geschafft: Er hat dieses hochaktuelle Stück auf die Höhe der Zeit gebracht, ohne es zu verfälschen, zu verbiegen oder textlich aufpeppen zu müssen. Chapeau! Mehr Haußmann am Theater bitte! Er hat fantastische Hauptdarsteller zu bisher nicht gesehenen Höhen getragen und Luft in diesen sperrigen Klassiker der Moderne gelassen.
Davon vielleicht etwas zu viel - da stimme ich mit Ihnen überein. Eine Stunde weniger wäre auch genug gewesen.
Nicht nur misslungene Inszenierungen schwächen das Theatersystem, auch diese Art von Theater-Diskurs. Wenn der thüringische Kultur-Minister und der Präsident des thüringischen Rechnungshofes solche Kritiken lesen, bestätigt sie das nur in ihren Schließungsphantasien und Streichungsorgien. Ich wage mal den Gedanken, dass auch einmal das Berliner Ensemble geschlossen werden könnte, wenn solch ein Schicksal schon der Oper in Weimar droht. Wenn das Theater und die Autoren Ihnen als Kritiker und Ihnen nahestehenden Regisseuren nichts mehr zu sagen haben - lassen Sie es doch hinter sich. Aber achten Sie mehr auf Ihre Worte. Vielleicht sind sie dabei, etwas zu zerstören, was sie möglicherweise zu heiß lieben. Übrigens schadt es auch Jugendlichen am Gymnasium nicht, sich mit der Dialektik der Güte auseinanderzusetzen, gerade in unseren Tagen. I
das Bedenkliche ist, daß Sie den Brecht in die eigens dazu mitgebrachte Pfanne hauen wollen, indem Sie sein Stück als „unzeitgemäß“ bezeichnen, und das zu einer Zeit, in der die im Stück entwickelten Widerspruchszusammenhänge (spätestens seit 1989) klarer vor Augen stehen als je zuvor. „Der Feind wird zum zahlenden Kunden. Die gesamte Europäische Union, die als Wirtschaftsgemeinschaft demokratischer Staaten begann, ist auf diesem Gedanken aufgebaut...“ sagt Prof. Pinker in einem Interview (SPIEGEL 42/2011). Na, großartig! Und wenn der Kunde nicht zahlen kann, dann ist er eben wieder der Feind, Demokratie hin oder her, wie das Beispiel Hellas zeigt. Dieses Beispiel belegt doch mehr als deutlich, daß von einem “ethischen Fortschritt“ als direkter Folge wirtschaftlicher Entwicklung keine Rede sein kann, solange diese Entwicklung selbst von allen nur denkbaren Symptomen nackter Gewalt durchsetzt ist. Das wirtschaftlich entwickeltste Land Europas führt sich auf wie ein Straßengangster. Der Gutmensch A.M., Deckname "Mutti", hat derzeit reichlich Armeleutebesuch in seinem bundesdeutschen Tabakladen, kündigt aber schon mal vorsorglich an, daß „Wirtschaftsflüchtlinge“ nicht bleiben könnten - da tritt wer gleichzeitig als Gut- wie als Bösmensch an! Das ist natürlich auch eine Variante... da können dann die zu 60% arbeitslosen Jugendlichen Griechenlands, trotz ihres Visums, die Badehosen gleich anbehalten! Kurz, wie man es auch dreht und wendet, es ist dem Brecht seine Aktualität immer noch nicht auszutreiben, leider, leider, easy rider. Sie sind aber mit Ihren diesbezüglichen Bemühungen nicht allein, lieber Herr Rakow. In der zweiten Brechtrezension des Wochenendes (DREIGROSCHENOPER, Hamburg) lesen wir: "...einen Satz wie "Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" beispielsweise zur Analyse der Finanzkrise zu nutzen, ist auf eine so läppische Weise naheliegend, dass es erfrischt, wie deutungsfrei (der Regisseur) sich auf die Räuberpistole, die der "Dreigroschenoper" zu Grunde liegt, einlässt“, und wir lesen: „...dass die Brecht-Moral zutiefst verbraucht sei.“ Die Banker haben einfach keine, da ist folglich nichts zu verbrauchen! Die Logik hinter diesem abschätzigen Oberflächengequassel lautet: Macht wer eine kritische Bemerkung, die nicht zur Folge hat, daß der oder das Kritisierte sich prompt zum Schöneren wendet, steht die Kritik ab wie altes Bier. Aber: „Laßt uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind.“ (Brecht, 1952) Und was die „Räuberpistole“ angeht: ein kleiner Gangster, über den abenteuerliche Gerüchte kursieren (zündet Kinderheime an!) vergreift sich heimlich und mit deren Zustimmung an der Tochter eines betrügerischen Großunternehmers und hofft dabei, absurderweise, auf die Unterstützung des korrupten Polizeichefs, weil der ein ehemaliger Kriegskamerad ist. Woraufhin er erfährt, wo der Hammer hängt. „Erzählen Sie das mal deutungsfrei, Spitta!“ möchte man mit Direktor Hassenreuter rufen.
Da Sie ja seine Analysen für überholt halten, steht es Ihnen frei, Ihre "Binsenweisheiten" mit den Realitäten in Ländern mit exorbitanten Wachstumsraten wie etwa Mexico, Somalia oder der Republik Kongo abzugleichen. Wenn Ihnen das zu weit hergeholt erscheint, empfehle ich das Herkunftsland Ihres empfohlenen Autors: die USA.
nicht ALL-zuviel - warum wohl? Schlecht ist er ja nicht, würde man sagen
aber - im Vergleich zu Horvath zum Beispiel...liegt uns dieser näher?
(eben Geschichten aus dem Wienerwald)- Nein, Brecht ist nicht - unser
Vater-unser in der (Theater)Kirche, wenn ich da nicht falsch gehe...
Bei uns muss man Brecht einfach nicht - Horvath schon mehr. Und -
außerdem Leander Haußmann muss man auch nicht unbedingt (vielleicht aber
doch Filme, die ich nicht kenne) . . .
Deutsches Nationaltheater 1988 (Verfilmung) - sehr gut, ausgezeichnet:
da kommt einem das Brechtstück nahe, näher . . .
Und moderner, zeitgemäßer inszeniert? - warum sollte man mit dem Stück nicht ex-peri-ment-tieren? - es sollte aber auch gelingen!
Auf das Gute geduldet man sich gerne, wenns nach der Vorstellung
A-gutes Bier giebt!
Und zu #16: Glauben Sie, die Befreiungsgeschichte des Menschen verliefe weniger verknäult als seine Unterdrückungsgeschichte? Als die DDR noch realexistierte, lautete die der Ihren entsprechende Empfehlung "Geht doch rüber!" Wir hätten ihr vielleicht massenhaft folgen sollen...
der Menschenfluss folgt dem Geldfluss. Ihnen muss ich nicht sagen, woher dieser Satz stammen könnte.
Warum wehren sie sich so sehr gegen die Erkenntnis von Herrn Rakow?
Ohne Zweifel kommen viele Menschen hierher, weil sie sich „hier“ ein besseres Leben erwarten dürfen und das hat etwas mit einer prosperierenden Wirtschaft zu tun, die mehr Bildung, mehr Erfolg im Anerkennungstransfer versprechen kann, als viele andere Gesellschaften. Natürlich kommen sie auch aus Gebieten, die durch amerikanische und europäische Politik destabilisiert wurden. Unter dem Balken aber bleibt der Fakt, dass ihre Chancen auf ein menschlicheres Leben hier momentan höher sind. Wirtschaftlicher Reichtum produziert heute nicht allein Unsittlichkeit, auch wenn der Zustrom der Flüchtenden ein neues Heer an Berufsarbeitssöldner werden könnte oder wird. Ihrer Wahrheit steht eventuell auf der anderen Seite eine andere große Wahrheit gegenüber.
Können sie damit nicht leben?
Noch ist die neue Wirtschaftsordnung, die, welche die Jetzige ablösen könnte nicht erfunden. Oder wollen sie tatsächlich in selektiv zusammengesetzten Nationen Gesinnungsbürger homogen zusammenfassen, die dann eine neue DDR und eine neue BRD gründen?
So, und jetzt nehme ich eine Pille gegen die Kommentarschreiberitis. Wenn Sie wollen, Herr Baucks, gebe ich Ihnen eine ab!
(...)
P.s.: Lieber Stefan, ich betrachte die Debatte über den „rechten Krieger“ als beendet. Wenn sie sie fortsetzen wollen, dann an geeigneter Stelle. Hier einfach mal so nach treten, finde ich etwas unfein und auch missverständlich, den hier befinden wir uns in einem neuen Zusammenhang.
Das mit den Leichen haben sie wohl gründlich missverstehen wollen, um an mein Gewissen zu rühren. Schade. Ich wollte eigentlich nur verstehen, warum Herr Steckel den Kritiker so barsch anging, das wollte mir nicht ganz einleuchten.
Aber sie halten die Lösung ja in ihrer Hand. Teilen sie ihre Erkenntnisse mit uns, ruhig ellenlang, denn nichts wäre mir lieber, als zu wissen, wie man sich von den Widersprüchen in der Weltwirtschaft befreien könnte.
nun fängt das Gespräch an spannend zu werden. Lassen mich, der ich vielleicht ja wirklich ein lakonischer Fatalist geworden bin, ich hoffe nicht, einen Augenblick träumen. Nur für einen Moment, dann dürfen sie wieder auf mich einschlagen.
Seitdem ich mich von einer sozialistischen Revolution verabschiedet habe und mich den Möglichkeiten einer evolutionären Entwicklung zuwandte, träume ich nicht mehr von einer Dialektik. Ich träume von einem dualen System, einem Dualismus, der zwei Gedankenwelten zusammen bringen möchte.
Mit dem Ende revolutionärer Ideen waren ja die Probleme, die sie lösen wollten nicht beseitigt, im Gegenteil, sie lebten zu neuer Form auf. Ich wünschte und wünsche mir immer noch, und das klingt einfach, und ist so schwer zu machen, dass bestimmte Produkte vom kapitalistischen Kreislauf ausgenommen werden. Eben alle Produkte zur Grundversorgung eines humanen Daseins. Grundnahrungsmittel zum Beispiel. Ich verstehe den kapitalistischen Handel mit Wasser, Reis oder auch Zucker nicht. Er ist mir zu wider.
Trotzdem erkannte ich für mich, dass es immer einen konkurrierenden Handel mit Produkten geben wird, bei denen eine Gesellschaft ihre technische Leistungsfähigkeit demonstrieren möchte. Dieser Handel erschien mir plausibel, weil es nicht nur um konkurrierende Produkte, sondern auch um eine Konkurrenz der Erkenntnisse geht, die sich hinter diesen Produkten verbergen und die erheblich zum Fortschritt einer Gesellschaft beitragen. Diese Produkte einem kapitalistischen Handel zu überlassen erachtete ich als gut.
Demzufolge, wäre ich ein reicher Mann, würde ich mir sofort ein Auto von Tesla kaufen. Aber meinen Reis möchte ich nicht bei Monsanto erwerben.
Wenn ich mich recht schlicht ausdrücke, so bitte ich das zu entschuldigen. Meine Zeit ist leider gerade sehr knapp. Aber ein duales Wirtschaftssystem erschien mir und erscheint mir immer noch ein erstrebenswertes und erreichbares Ziel.
Naiv? Mag sein. Aber die Demokratien wurden unter anderem erfunden den Markt zu bändigen und hier will ich sie auch weiterhin in die Pflicht nehmen. Wie weit sie es auch schaffen „besorgte Bürger“ zu integrieren, wird entscheidend davon abhängen, wie sie ihre Bürger versorgen kann. Das die Opfer unserer Politik die Zäune überwinden wollen, erscheint mir in dem Zusammenhang nur als gerecht.
in aller Kürze, ich bin ja beeindruckt von den Flüchtlingen, die einfach den Zug von München nach Berlin zweimal mit der Notbremse stoppen, weil sie sagen, wir wollen gar nicht nach Berlin. Deshalb sag ich, es braucht keinen starken Staat, es braucht starke Bürger. Die muss man stärken und ihnen Mut machen, den Satz, alle Macht geht vom Volk aus umzusetzen.
natürlich machen nur starke Bürger einen Staat erst stark. Etwas anderes meine ich ja auch nicht mit dem Satz vom starken Staat. Ein Staat für die Bürger von mündigen Bürgern (auch mit einer entsprechend starken "Gesinnung", um das Wort nochmal zu bemühen). Die Notbremse ziehen ist in diesem Zusammenhang auch eine schöne Metapher. Allerdings meine ich damit natürlich nicht die "besorgten Bürger" von Heidenau.
was wollen sie denn mit den „besorgten Bürgern“ von Heidenau machen? Sie ausbürgern?! Man kann sich seine Mitmenschen eben nicht aussuchen und eine Regierung kann sich seine Bevölkerung nicht aussuchen und nach gut dünken zusammen sammeln.
Was haben sie vor?
Unter dem Druck der Ereignisse lagert Shen Te, die unter dem göttlichen Zwang steht „gut zu sein“, ihre scheinbar schlechten Eigenschaften auf den Vetter Shui Ta aus, um überleben zu können. Mindestens so heterogen wie dieser Bühnencharakter ist auch eine heutige Bevölkerung. (Das Volk gibt es ja nicht mehr, das lernen wir bei Agamben.)
Stellen sie sich die Bevölkerung nur einmal als einen Organismus vor, dann lagern „wir“ doch all unsere Bedenken gegen „Fremde“ auf die „besorgten Bürger“ aus. Sie sind nun unser böser Vetter. Aber wohin führt das. Im Sinne der Unschärferelation können Shen Te und Shui Ta nicht zugleich auftreten, so dass zum Schluss natürlich der böse Vetter angeklagt wird und unter erneutem Druck seinen guten Kern offenbart.
Glauben sie denn tatsächlich, es gibt diese saubere Verteilung zwischen „hell“ und „dunkel“, Dreck, Pack und dem mündigen Bürger? Ich lebe doch nicht in einem Märchen, wo die dunklen Kräfte walten, und lediglich durch eine paar böse Buben vertreten werden, oder eine Hexe. Ich lebe auch nicht vor der französischen Revolution, wo der Adel das Taschentuch zückt vor dem Pöbel, dem Pack, dem Dreck. In Kategorien wie gut und böse zu denken, dass sind doch die Grundpfeiler rechten Denkens und denen möchte ich nicht erliegen.
Deshalb sehe ich, wie in der Dynamik einer Gesellschaft, die immer nur „gut sein“ möchte, die „besorgten Bürger“ in die Shui Ta Ecke gedrängt werden. Dort sind sie auf dem besten Weg kriminalisiert zu werden und vor Gericht zu Enden oder ausgebürgert zu werden, wie sie wollen.
Ich wähle diese einfache Beschreibung, um einmal zum Stück zurückzukehren. Steckel hat vollkommen recht, die schönen Tage der Shen Te von Frau Merkel waren ziemlich schnell vorbei.
Und nun?
Manchmal denke ich, ich lebe in einem Asterix und Obelix Heft. Da kommt jemandIn daher und sagt: Jeden Tag ein neues Dorf bauen, das schaffen wir!
Achthundearttausend Flüchtende pro Jahr, dass heiß fast 1200 Zuwanderer pro Tag. Ein kleines, bis mittleres Dorf. Wer soll diese 365 Dörfer pro Jahr bauen. Und dann können wir ja die Flüchtlinge dort nicht zwangsansiedeln.
„Außerdem geht es nicht um Ausgrenzung, sondern um klare Abgrenzung gegenüber rassistischem, nationalistischem und chauvinistischem Gedankengut.“ sagen sie. Träumen sie denn?
Wann wollen sie endlich verstehen, dass unter den Flüchtenden genau soviel Rassisten, Nationalisten und Chauvinisten sein könnten? Es ist eine wohlfeile Hoffnung, Flüchtende seien a priori „gute Menschen“.
Und, dass das Knäuel zwischen Sein und Bewusstsein nicht so einfach gestrickt ist, wem sagen sie das. Aber vielleicht räumen sie ihrem Bewusstsein ja mal ein, dass diese Zuwanderung die BRD verändern wird, und das über solche Veränderungen die Bürger entscheiden sollten, und nicht eine schadhafte Kanzlerin, die tatsächlich sagt, wenn ich mich für ein freundliches Gesicht entschuldigen muss, dann ist dies nicht mehr mein Land.
Erinnern sie sich daran, wie Hitler sein Volk aufgab?
Die Kanzlerin trägt doch nicht die Veränderungen fort. - Aber sie fordert für sich die Definitionshoheit, was Deutschland ist. Den Rest überlässt sie Shui Ta.
Jeder Mensch sollte das Recht haben, dort zu leben, wo er Leben möchte.
Ich komme auch nicht aus Deutschland. Aber das ist nicht relevant. Du würdest nicht einmal mehr meinen Akzent hören. Nur weil Du das Glück hattest, hier groß zu werden, darfst Du es niemandem verwehren.
Wenn jeden Tag tausende kommen, sollten wir sie empfangen, und ihnen neue Häuser, Schulen und Theater bauen.
Nun noch etwas zur Asylpolitik von Angela Merkel, wenn man das überhaupt so nennen kann. Ich würde es eher ein spontanes Wohlwollen nennen. Die Laune einer Monarchin, die ihre Gnade im nächsten Moment von ihren Untertanen auch wieder abziehen kann. Man muss die Gunst der Stunde nutzen, bevor die Grenzen wieder geschlossen werden. Ihr Vergleich mit Hitler, Herr Baucks, ist da gar nicht so provokativ, wie Sie vielleicht denken. Tatsächlich habe ich die Beiden heute auf der „Berliner Liste“ als Kunstwerke einträchtig nebeneinander hängen gesehen. Queen Angela in einem Strahlenkranz aus Messern als Krone und Adolf Hitler in einer Korona aus Blüten mit der Umschrift „Arschloch“. Auf die Frage, was das bedeute, sagte der Künstler: „Früher haben die Deutschen Adolf Hitler geliebt. Heute nennen sie ihn ein Arschloch.“ Wie wird es Angela Merkel ergehen? Die Rufe aus Heidenau kennen wir. Damit soll es dann auch gut sein mit meinen Ausführungen.
aus Zürich
Lieber Stefan B. - ich habe an keiner Stelle behauptet, dass das alles Unwissende, verlorene "Gesinnnungsschäfchen"?, seien. Sondern räume die Möglichkeit ein, dass es unter denen, die wir so selbstgewiss für Rassisten, Chauvinisten usw. halten, sehr viele gibt, die eben nicht selbstreflexiv zu denken gewöhnt sind. Die halten wir nicht dazu an, ihr Denken zu reflektieren mit seinen Auswirkungen auf ihr und anderer Handeln, wenn wir ihnen unterstellen, sie seien alle sehr bewusst auf ihren konkreten Argumentationswegen - Und: Ja! Denken ist schwer! Es ist eine Lust, aber eine, die nicht so einfach als Lust zu erkennen und erfahren ist. Das Einfache halt, das schwer zu - naSiewissenschon... Zu denken, da gebe ich Martin Baucks recht, unter den Flüchtlingen gäbe es keine Nationalisten, Rassisten, Chauvinisten ist doch vielleicht extrem nationalistisch??? - Ich selbst habe Sie allerdings nie so verstanden - der Martin Baucks antwortet mitunter wie eine noch nicht hinreichend geschulte App - Und der weiß das ja.
Nochmal ein schöner Kommentar zur Mitschuld des Westens an den derzeitigen Flüchtlingsströmen von Byung-Chul Han im Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/kultur/fluechtlinge-und-die-schuld-des-westens-woher-kommen-die-fluechtlinge/12329466.html
"Der Wohlstand des Westens beruht auf dem Elend der anderen, eine für den globalen Kapitalismus konstitutive Asymmetrie. Gewalt und Ungerechtigkeit sind systemimmanent. Globaler Wohlstand würde der Logik des Kapitals widersprechen."
Und weiter zur Willkommenskultur in Europa: "Die gefeierte Willkommenskultur, das applaudierende Mitgefühl oder der Vorwurf fehlender Solidarität an manche EU-Staaten lösen das eigentliche Problem nicht. Und Gefühle sind kurzsichtig und ebben schnell ab. Weitsicht hat nur die Vernunft, gefragt ist nun die politische Vernunft. Die endlose Quoten-Diskussion ist nur ein Alibi für die fehlende Politik. Und Grenzzäune zu errichten, ist eine Politik als Polizeiaktion, die Flüchtlinge zu Verbrechern erklärt. Nur ein entschlossenes, vernunftgeleitetes Handeln kann den Stellvertreterkrieg in Syrien und das unsägliche Elend der Flüchtlinge beenden. Europa sollte in diesem Sinne selbstbewusster werden und aus seiner Geschichte heraus mehr politische Verantwortung für die Welt übernehmen. Sonst gibt es irgendwann ein böses Erwachen."
Das muss man nicht alles für bare Münze halten, bezahlt werden muss aber trotzdem. Wenn nicht im Voraus, dann eben später. Und indem ich nun den Flüchtling zum bösen Menschen erkläre, verweigere ich nicht nur zum wiederholten male die Zeche, sondern spiele dem Kapital in die Hände und züchte weiter den "Mob", der sich in seinen Ressentiments bestätigt fühlt. So gelingt kein Umdenken, Herr Baucks.
Ich zitiere Sie hier, sie meinen also, lieber Stefan, lediglich die Gedanken sein falsch, die Menschen aber "richtig"? Nein, das meinen sie nicht. Zumindestens könnte man annehmen, dass sie denken, auch die Träger der Gedanken seien falsch und passten nicht in eine demokratische Gesellschaft. Wie dem auch immer sei, sie weichen der Frage aus, was sie konkret mit den Trägern dieser falschen Gedanken als Bürger machen wollen. Sie fragen sich nicht, wie die Gedanken in die Köpfe gekommen sind, im Gegenteil, sie äußern die Überzeugung, dies sei eine freiwillige, freie Leistung der Gedankenträger.
Ich gehe da mehr mit Stritter und halte ein konstruktives Misstrauen den eigenen Gedanken gegenüber für angebracht, denn der Übergang von Abgrenzung zur Ausgrenzung dürfte fließend sein.
Grundsätzlich werde ich mich keinen Gedankenmustern hingeben, die mit hell und dunkel, oder gut und böse, oder auch falsche und richtige Menschen arbeiten, denn diese Muster sind Grundlage einer rechten und rassistischen Gedankenstrutur und Denkweise. Für mich gibt es keine "falschen Menschen", sondern nur Menschen, das schließt auch die "besorgten Bürger" von Heidenau ein, so unlieb sie mir sind und so kritisch ich sie auch sehe, denn erst indem ich sie als Menschen behandele, kann ich sie auch zum Umdenken bewegen.
Auch erkläre ich Flüchtlinge nicht zu schlechten Menschen, sondern anerkenne für mich, dass sie genauso gut oder schlecht oder beides sind, wie wir auch.
Lieber Simon Alertes, sie machen mich wirklich traurig, denn sie haben Recht, ich habe nicht nur nicht das Recht jemanden zu verweigern hier zu leben, ich habe auch nicht die Möglichkeit und den Willen dazu, denn ich bin nur ein einfacher Bürger und sie überschätzen meine Möglichkeiten. Ob es ein Glück war für mich hier geboren worden zu sein, dass sehe ich kritisch. Alles worauf ich aufmerksam mache, ist, dass die Feinde des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit ähnliche oder vergleichbare Denkweisen auf ihre Feinde anwenden. Dass diese Denkweisen tief in uns verwurzelt sind und das wir sie im Sinne Stritters überprüfen sollten. Ansonsten würde ich mir wünschen, sie hätten gegenüber der Realität etwas mehr Respekt und würden anerkennen, dass eben Menschen nicht frei entscheiden können, wo sie leben, und das der Weg dort hin lang ist, und das man für ihn werben muss, und das die jährliche Integration von vielleicht einer Million Menschen auch scheitern kann.
Gestern sagte Frau Göring Eckhardt völlig euphorisch: Die Kanzlerin denke dieses Land neu und es werde sich durch die Zuwanderung verändern, sogar drastisch verändern. Und sie zeigte sich begeistert über diese zukünftige Veränderung. Ich aber gebe zu bedenken, dass es nicht ausreicht, wenn ein Mensch, die Kanzlerin dieses Land neu denkt, sondern, dass dies das Ergebnis einer politischen Willensbildung in einer Demokratie sein sollte, und stelle fest, dass sich in dieser taumelnden Euphorie von Frau Göring Eckhardt, Anne Will musste sie erst einmal in die Realität der Sendung zurückholen, eine ebenso monarchische Denkweise verbirgt, die sehr kritisch zu sehen ist.
Erst wenn wir unsere Denkweisen kritisch überprüfen, sind wir wirklich zu einem Umdenken und Überschreiten der alten Strukturen in der Lage. Euphorie und Jubel sind in diesem Zusammenhang schlechte Ratgeber.
wenn sie meine Einlassungen zum "rechten Krieger" tatsächlich gelesen hätten, wüßten sie, dass ich nicht schwimme. Sie werden übergriffig, mein Lieber, und dafür bin ich an sich dankbar. Da kann man deutlich ihre Methodik erkennen. Nun, ich habe nicht vor "braune Soße" zu armen.
Aber ich bedanke mich für ihren Verdacht. Zeigt er doch deutlich, dass sie zu einer differenzierten Auseinandersetzung nicht fähig sind. Vorbildfunktionen, wie sie sie vorschlagen, funktionieren nur bedingt, sonst gebe es das Problem schon lange nicht mehr. Auch meine Herangehensweise, die "besorgten Bürger" wie Menschen zu behandeln, was ja auch Christoph Schlingensief in Zürich versuchte, ist nur vorsichtig positiv zu beurteilen. Um es mit Hegemann zu sagen, man darf sich nicht der Illusion hingeben, man könne Rechtsradikale tatsächlich bekehren. Aber die besorgten Bürger aus Heidenau sind nicht zwingend rechtsradikal. Und sie sind nur die Spitze des Eisberges. Denn auf Europa hochgerechnet, müssten sie fast ganz Osteuropa von seinen Sorgen befreien, Flüchtende aufzunehmen, und dort beginnt das eigentliche Problem, nicht in Sachsen.
Orban ist ein sehr kritisch zu sehender Rechtspopulist. Ich gehöre nicht zu seinen Anhängern. Im Gegenteil. Meine Einlassungen damals bezogen sich auf die ungarische Bevölkerung, der ich gerne, und damit stehe ich nicht allein, eine Chance geben würde, sich zu Europa und zur Demokratie zu bekennen.
In Sachsen, genauer in Dresden habe ich zweimal inszeniert. Ich kenne mich dort ein wenig aus. Mich zieht es dort nicht mehr hin. Übrigens habe ich auch zweimal in Rumänien gearbeitet und kenne mich ebenso ein wenig mit der Mentalität auf dem Balkan, und auch in Ungarn aus.
Ich weiß nicht, was sie ermächtigt mich nach Sachsen als Sozialarbeiter zu verdammen, noch weiß ich nicht, welches "wir" den die Zeche für die Verfehlungen der Wirtschaft zahlen soll. Wenden sie sich doch bitte in dem Zusammenhang an die verantwortlichen Konzerne. Und auch Sachsen dürfen sie gerne besuchen und dort wirken. ich stelle mich ihnen da nicht in den Weg
Das Gespräch mit ihnen bekommt leider einen etwas unangenehmen Zug, deshalb erlauben sie mir bitte mich zurückzuziehen, denn ich bin nicht verantwortlich, für die "Scheiße in den Köpfen" , wie sie es nennen, und ihren ebenso rabiaten Methoden die Scheiße wieder aus den Köpfen zu "prügeln", mochte ich mich nicht anschließen, denn ich vertarue ihnen nicht, dass sie dort nur als Vorbild agieren wollen, dafür zeigen sie sich etwas zu aggressiv. Ich nehme weiterhin an, dass sie Menschen mit Scheiße im Hirn gerne aus dem Land jagen würden. Nur zu. Da kommt dann ordentlich Arbeit auf sie zu in Osteuropa, aber auch in Frankreich, den Niederlanden usw.. Ich werde sie dann an ihrer Methodik messen, nehme aber an, dass sie schnell aufgeben werden, da wahrscheinlich auch dies auf Dauer schnell für sie langweilig werden dürfte.
Ach so, Schampus in Sachsen vielleicht nicht, aber einen guten sächsischen Weißwein habe ich dort hin und wieder gerne getrunken.
Viele Grüße
Ihr
Martin Baucks
Herzliche Grüße
Aber ich werfe ihnen einmal einen anderen Ball hinter her.
Von was werden die Menschen eigentlich verfolgt? Sind es wirklich nur Regierungen, die ihnen politisch nachstellen? Nur Regierungen, die ihnen, aus religiösen oder anderen Gründen, den Zugang zur Verwirklichung ihrer persönlichen Ziele verweigern?
Werden die Menschen nicht ebenso von der Omnipräsenz einer Gruppe von Konzernen verfolgt? Wer regiert uns wirklich? Ist eine Verfolgung durch eine Wirtschaftsform denkbar? Und ist ein Asyl zum Schutz vor Verfolgung von wirtschaftlichen Systemen denkbar?
Und wenn ja, haben die sogenannten „besorgten Bürger“ nicht auch schon eine Flucht angetreten? Eine Flucht nach innen?
„Innere Emigration“ nannten wir das früher. Kurzzeitig brechen sie diese innere Zelle auf und rebellieren, aber dann müssen sie sich wieder unter die wirtschaftlichen Verhältnisse beugen, die auch die Zuwanderer verwerten wollen. Der nach außen sichtbaren Flucht steht eine Flucht nach innen gegenüber.
Eine Ikone dieser Flucht nach innen, dieser inneren Emigration ist Beate Zschäpe. Sie ist die schweigende Ulrike Meinhof der Rechten. Sie bildet das Stumme dieser Verkapselung perfekt ab.
Fast man den Begriff „Flüchtende“ etwas weiter, versteht man vielleicht die Wanderung von Menschen in Europa und nach Europa hinein, aber auch die Flucht europäischer Bürger in die eigene Person hinein, etwas besser.
Nun scheinen alle gleichzeitig temporär in einen Zustand der Rebellion zu verfallen. Das ist nachvollziehbar. Denn der Druck auf das erzwungene Prekariat steigt überall, aber auch innerhalb Europas. Die, welche schon längst in einer prekären Situation leben, wissen, dass sie demnächst mit Flüchtenden, um ein und die selben Wohnungen und Jobs kämpfen werden, das ist unstreitbar, sagt zumindest Herr Oppermann von der SPD. Und niemand kann in dieser Situation seine Flucht noch weiter optimieren. Weder diejenigen, die nach innen fliehen und nun rebellieren, noch diejenigen, die tatsächlich wirtschaftliche Grenzen überwinden wollen, in dem sie nach Europa einreisen.
Diese Flucht nach innen erlebt Shen Te und kann sich davon nur als Shui Ta befreien. Wobei die Gender Verteilung hierbei fragwürdig ist. Aber soweit war Brecht noch nicht.
aber gestern befand sich glaube ich an dieser Stelle noch ein hochinteressanter Kommentar von Herrn Baucks mit völlig neuen Ansätzen zur "Flucht nach Innen" im Zusammenhang mit dem Komplex Meinhof/Zschäpe beziehungsweise Shen Te/Shui Ta, Schlingensief hätte seine wahre Freude gehabt, und ich finde ihn nicht mehr. Wo ist er hin? Hat das Internet ihn verschluckt oder sie ihn gelöscht?
Ich würde ihn gerne noch einmal lesen, wenn sie erlauben. Bräuchte ihn zur Weiterentwicklung meiner Arbeit.
viele Grüße
Philippa Huch
P.s.: Stattdessen überall dieser Unfug aus Dortmund. Ich versenke ja auch nicht meinen Hamster im Klo um das Morden in Syrien zu beenden.
(Anm. Redaktion. Die Absätze, die Sie interessieren, sind wieder freigeschaltet.)
(...)
Zähe vier Stunden lang, die nicht nur Deutschlandradio Kultur „fast qualvoll“ fand, schleppte sich die Inszenierung dahin.
An diesem matten Abend war nichts von dem Drive übrig, mit dem Haußmann und sein "Woyzeck"-Soldatenchor vor einem Jahr die Bühne erzittern ließen. Kaum zu glauben, dass diese ideen- und farblose Brecht-Nacherzählung vom selben Regisseur stammt, der zur letzten Spielzeiteröffnung gezeigt hat, wie ein fulminanter Theaterabend aussehen kann.
Den "Guten Menschen von Sezuan" kann man nach den einhelligen Verrissen getrost schnell abhaken und lieber noch mal Haußmanns Repertoire-Inszenierungen am BE besuchen, seinen Woyzeck (2014) oder seinen Hamlet (2013).
(...)
http://kulturblog.e-politik.de/archives/25926-25926.html
Ja, knapp vier Stunden waren lang, doch der lange, begeisterte Applaus der 80% die nach der Pause (in der dritten Vorstellung) blieben, sprach dafür, dass eine Menge "rüber gekommen" ist!
Komplette Kritik: https://stagescreen.wordpress.com/2015/09/30/klamauk-und-dosenbier/#more-4739
Es ist uns absolut schleierhaft, welches Stück die sogenannten Kritiker gesehen haben wollen.
Wir haben einen kurzweiligen, spannenden, lehrreichen Theaterabend erlebt. Die großartige Antonia Bill spielt atemberaubend, ein überzeugendes Ensemble trägt das Stück, das in den letzen Wochen noch mehr an Aktualität gewonnen hat, und die originelle, sinnreiche Inszenierung.
Wohlverdienter, minutenlanger frenetischer Beifall!
Leute, überzeugt Euch selbst und seht Euch das empfehlenswerte Stück an, vergesst die Kritiker ...
aufführung vom 11.10. gesehen, und schwer enttäuscht gewesen. nachdem ich die diskussionen hier verfolgt habe, wollte ich mir doch eine eigene meinung bilden. einige schauspielerische leistungen unbenommen, ist das regiekonzept doch sehr dünn. es gibt zwei wichtige grundregeln beim regieführen. liebe deine schauspieler, und liebe den stoff, an dem du arbeitest. vor allem letzteres konnte ich nicht sehen. lange weile.