Neue Schauspieldirektion und festes Ensemble an der Volksbühne Berlin
Hurtige Heuer
12. April 2019. Thorleifur Örn Arnarsson wird ab der Spielzeit 2019/20 Schauspieldirektor an der Volksbühne Berlin, Lucia Bihler wird Hausregisseurin. Die Neubesetzung bislang offener Posten, u.a. auch im Ensemble, gab die Volksbühne Berlin heute auf einer Pressekonferenz sowie via Presseaussendung bekannt.
Engagiert werden ab 2019/20 zudem vorerst 15 neue Schauspieler*innen: Sólveig Arnasdòttir, Malick Bauer, Manolo Bertling, Sarah Franke, Katja Gaudard, Sebastian Grünewald, Jella Haase, Paula Kober, Robert Kuchenbuch, Vanessa Loibl, Daniel Nerlich, Emma Rönnebeck, Sarah Maria Sander, Sylvana Seddig und Theo Trebs. Silvia Rieger und Sir Henry (John Henry Nijenhuis), die schon unter Intendant Frank Castorf zum Ensemble gehörten, bleiben weiterhin am Haus. Nicht mehr im Ensemble sind Anne Tismer und Frank Willens, die unter Chris Dercon an die Volksbühne verpflichtet worden waren. Verstärkt wird unter dem Intendanten und Mitglied der Schauspieldirektion Klaus Dörr außerdem die Dramaturgie, mit Ulf Frötzschner, Degna Martens und Hannah Schünemann.
Als Eröffnung für die Saison 2019/20 sind Inszenierungen von Thorleifur Örn Arnarsson, Kay Voges und Claudia Bauer geplant. Insgesamt soll es laut Presseaussendung in der kommenden Spielzeit 14 Neuproduktionen geben, davon neun Uraufführungen. Neben den drei vorgenannten Regisseur*innen werden Lucia Bihler, Alexander Eisenach, Pınar Karabulut, Susanne Kennedy, Hans-Werner Kroesinger, Constanza Macras, David Marton, Ari Benjamin Meyers, Stefan Pucher, Marius Schötz sowie ein Regieteam von der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch an der Volksbühne inszenieren. Hinzu kommen sechs Premieren des Jugendtheaters P14.
(Volksbühne Berlin / eph)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 18. März 2024 Nora Mansmann erhält Kathrin-Türks-Preis 2024
- 17. März 2024 Adeline Rüss erhält Marburger Kinder- und Jugendtheaterpreis
- 15. März 2024 Hanna Schygulla: Ehrenpreis der Deutschen Filmakademie
- 15. März 2024 Westwind Festival 2024 in Essen gibt Auswahl bekannt
- 14. März 2024 Komponist Aribert Reimann verstorben
- 12. März 2024 Schauspielerin Gabriele Möller-Lukasz gestorben
- 12. März 2024 Regisseur und Dramaturg Reiner Flath gestorben
- 11. März 2024 Neuköllner Oper: Rainer Simon wird Künstlerischer Leiter
neueste kommentare >
-
Medienschau Volksbühne Ranking
-
Preis für Nora Mansmann Glückwunsch
-
Medienschau Volksbühne Schaurig
-
Geht es dir gut, Berlin Verneigung
-
Medienschau Volksbühne Basler Schauspieltruppe
-
Medienschau Volksbühne Junge Generationen Vorschläge
-
Medienschau Volksbühne Ein Linksozialisierter
-
Medienschau Volksbühne Bochum unter Haußmann
-
Don Carlos, Frankfurt Kalte Realität des Mordens
-
Geht es dir gut, Berlin Bruchstückhafter Abend
Wow! Einfach nur Wow!
NICHT!
Thanks for nothing!
#8 "erprobt und für angesagt befunden": Das beschreibt gut das Theater Frank Castorfs, war aber wohl nicht so gemeint.
Es ist schön, dass nach dem Ende der Intendanz Walburgs in Hannover einige Schauspielerinnen und Schauspieler ein neues Engagement antreten. Bedauerlich ist aber, dass sie dann nicht mehr in Hannover spielen, denn sie sind wirklich gut.
Ansonsten sollte man sich "berlina" anschließen und abwarten und sehen, was kommnt. Meckern kann man dann immer noch.
Dass so viele Leute aus Hannover kommen, hat für mich zwar ein Geschmäckle, denn es wirkt wie des Verantwortung nicht so recht abgeben wollenden "Papis" Spätversorgung für das Staaatsschauspiel Hannover unter der Ägide des DBV... Aber wenn sie nun mal da sind und Lust haben, da zu arbeiten unter all diesen Regie-Leuten, solln se doch tun- Hauptsache, es bleibt noch eine kleine Stellen-Reserve, wenn mal so ein richtiger Überraschungsknaller in das Haus einfliegt-
Dass Tissmer weg ist find ich ziemlich sehr schade...
Was soll denn hier das Gerede von Neuanfang an der Volksbühne? Der ist doch bekanntlich auf Sommer 2021 verschoben. Hier geht es doch um die vorletzte Saison des Notstands- und Auslaufmodells Klaus Dörr. Und da ist es natürlich sinnvoll ein paar Schauspielabsolventen schon mal 2 Jahre Ensembleluft schnuppern zu lassen, bevor sie dann "richtige" Engagements in Westdeutschland oder anderswo antreten. Vielleicht kriegt Kay Voges bis dahin ja auch noch eine neue Intendanz in Kiel oder Ingolstadt und kann einige Ensemblemitglieder der aktuellen Zwischenlösung dann an sein neues Haus mitgenehmen. Aber dem Trugschluss es gehe hier um einen Neuanfang, wo doch nur temporäres Satyrspiel gemeint sein kann, sollte man auch in den Kommentarspalten von Nachtkritik keinen Vorschub leisten.
Und dieses ewige Kay Voges-Bashing von den Nachtkritik-Kommentar-Trollen nervt und ist symptomatisch für die Provinz in den Berliner Köpfen - ganz unabhängig davon, was man von seinen Inszenierungen hält, eine*n gute*n Intendant*n zeichnet doch vor allem aus, auch andere Regiesprachen locken zu können .. und spannende Konstellationen zu bauen .. und Neues auszuprobieren .. und für und mit einem Ensemble denken zu können ... und das alles hat in Dortmund verdammt gut geklappt.
Bodenlose Berlin-Arroganz scheint tatsächlich nicht angebracht. Man sollte sich daran erinnern, dass Peter Steins Schaubühnenensemble damals aus Bremen in die Stadt gekommen ist. Frank Castorf mit Zwischenstationen aus Anklam. Und Schlingensief war der Apothekerssohn aus Oberhausen /NRW. Dass der Interims-schauspieldirektor von Klaus Dörr jetzt aus Island kommt, ist geographisch also kaum zu bemäkeln.
Die entscheidende Frage ist aber, was bringen diese Männer und Frauen aus der Provinz mit? Und haben sie in der Volksbühne etwas vor, was sie am Deutschen Theater oder am Berliner Ensemble nicht machen könnten, weil diese Theater noch zuviele Zuschauer in ihren Reihen haben, die ihre "Klassiker wiedererkennen" wollen.
Die Dörr-Intendanz war künstlerisch bislang deshalb ein Flop, weil mit Haußmann, Sasha Waltz und Karin Beiers Houellebecq-Inszenierung Sachen auf die Bühne am Rosa-Luxembourg-Platz geholt wurden, die man - ohne Buhrufe fürchten zu müssen - als Gastspiele auch nach Rostock, Halle/Saale, Köln, Konstanz oder sonstige Hochburgen provinzieller Theaterpublikumspiefigkeit hätte verfrachten können. Anders gesagt: Die einmaligen Möglichkeiten eines Stammpublikums, dass an der Volksbühne ein anderes Theater sehen will, als jenes, dass sich die Chefeinkäufer Khuon und Reese bei den jeweiligen Regisseurs-Agenturen bestellen. Nach dem Motto: "Sagt mal wir haben noch Kapazität im Februar 2021. Ist da der Ersan Mondtag noch frei??"
Meine Hoffnung ist, der nächste Volksbühnenintendant schließt sich diesem blöden Zirkus nicht an. Der Noch-Intendant Klaus Dörr tut es.
Es soll doch nach meinem Verständnis aber NEU sein und dabei von einer Castorf adäquaten Wirkungsmächtigkeit.
Das lässt sich ja nicht mit dem schon Bekannten aus dem Boden stampfen. Ließe es, wäre ja Castorf nicht so wirkungsmächtig von der VB aus gewesen... Da kann man als von der Verwaltungs angestellter Interims-Intendant das Beste tun, wenn man den Platz freihält, bis das neue Potential gesichtet und gefunden wurde. Weil es sonst nämlich für die nächsten Jahre auch nur wieder dadurch blockiert ist, dass überall das Alte und das gewohnte Wirkungsniveau etabliert ist.
In der Hinsicht haben Dörr/Lohrisch bisher ausgezeichnet gearbeitet! Auch mit dieser neuen Schauspielleitung. Denn diese kann eine Brücken-Funktion in Neues hinein erfüllen. Andere, die auch hier inszeniert haben und dankenswerter Weise das Zwischen-Repertoire mit-gestalteten können das wegen ihrer Etabliertheit so nicht! Aber: Sie HABEN sich als Zwischenlösung zur Verfügung gestellt. Und damit ALLE ebenfalls als Platz-Halter für etwas vages Neues an der Volks-Bühne fungiert und es - wenn es denn gelingt - als notwendigen Bruch mitbefördert! Auch wer seine eigenen Fach-Grenzen kennt, kann konkret davon träumen, wie sie unter Umständen gesprengt werden könnten.
zu begrüßen, vor allem die letzten Sätze aus #23 geben gewiß zu denken.
Die Berliner Bühnen hatten gewiß, als die Volksbühne in Blüte war, allesamt schon ein stärkeres "Hausprofil", währenddessen nunmehr, vor allem im Zuge Oliver Reeses Gang an den Schiffbauerdamm, den ich kritischer sehe als das Dörr-Interim, und Ulrich Khouns Intendanz am DT, wo doch ziemlich viel Routine den Gang der Dinge bestimmt, zunehmend eine gewisse Beliebigkeit eingetreten ist oder Schwerunterscheidbarkeit, Kunstferne (siehe #24) mithin. Das Wegbröckeln des Berliner Boulevards und der immerwährende Berliner Ruf nach "Weltbedeutendem und Großem" flankieren diese Entwicklung, die teilweise ihr Gift bereits zu saugen begonnen hatte, als das Schillertheater, das sich für einen inneren Reformprozeß rüstete, geschlossen wurde (die Frage nach den Nutznießern der damaligen Entwicklung schwelt, glaube ich, irgendwie immernoch im Hintergrund und mag zu Zynismen gegenüber der "Castorf-Bühne" einladen noch immer). Wenn #24 allerdings etwas von der "unvereinbaren Natur der Akteure" (klingt gut, aber, was gibt den konkreten Anlaß dazu, Personen, die der eine fast schon unter Schauspielabsolventen (unzutreffend) subsummiert und der andere dann unter "versierte Stadttheatermenschen" (müßte man fast sagen, auch unzutreffend, es sind ja auch "Schauspielabsolventen" dabei) pauschal wie eine entwicklungsunfähige und allenthalben mediokre Masse zu taxieren, ich sehe diesen einfach nicht) schreibt, dann muß auch herausgehoben werden, daß das Motto aus # 23 ebenso für Frank Castorf gilt :"Sagt mal, wir haben noch Kapazität im Februar 2021. Ist da der Frank Castorf noch frei ?" Und da ist der Abstand dann nicht so sonderlich groß, nicht, wie es in #24 heißt, unüberwindbar zu allem anderen, sondern in diesen , von #23 monierten Wanderzirkus-Bestellbetrieb, integriert sich Frank Castorf seitdem doch selbst nicht übel, und er kann seine Ästhetiken und Arbeitsweisen ganz offenbar auch einem Publikum in Hamburg oder Köln, jetzt gerade tau- und druckfrisch in der Schweiz, zumuten obendrein (und er hat einen guten Anteil daran, daß man auch in Kiel, Rostock oder Ingolstadt bei einer Castorf-Arbeit nie und nimmer schlichte Werktreue erwarten würde, ja, daß man auch bei einer Frau Bihler oder einem Herrn Voges darauf gefaßt sein darf, schlicht überrascht zu werden), und so geht es gleichsam mit Fritsch, Pollesch und Marthaler (wer, wenn nicht sie, eben auch finanziell, könnten sich einem "Wanderanimierbetrieb" zugunsten des behaupteten unüberwindbaren Abstandes zu wirklicher Kunst (so fasse ich jetzt das in #24 Gesagte), denn verweigern, indem sie selbst diesem kein Vorschub leisten ??; fast müßte man das eine oder andere eigenwillige Projekt Peter Steins dagegen in Kontrast setzen).
(Anm. Redaktion, ein persönlicher Anwurf wurde aus diesem Kommentar nachträglich entfernt. Zu den Kommentarregeln: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=102#kommentarkodex)
Was ist Ihr Vorschlag?
Regie , Dramaturgie, Intendanz ?
Sie haben doch bestimmt eine bessere Idee !
Und bitte , falls das geht , etwas konstruktiver ! Alles andere verurteilen und keine Gegenvorschläge machen ist sehr feige .
Gruß
Und wenn ein Intendant ein Vierteljahrhundert im Amt ist, gibt's in dem Vierteljahrhundert, wenn's so ausgesprochen ungewöhnlich gut läuft, wie bei Castorf, vielleicht drei oder sogar vier so Phasen voller Grossartigkeit (und in der verklärten Rückwärtsperspektive vergisst man dann, dass das am Anfang ziemlich unrund lief; dass neben den grossen Namen, an die man sich erinnert, immer auch viele Aufführungen und Künstler dabei waren, die überhaupt gar nicht ankamen und überhaupt gar nicht ins Idealbild passen; und in der Rückwärtsperspektive kann man die ganze Geschichte als tief durchdachtes und durchweg schlüssiges Konzept darstellen, statt als die Mischung aus Zufall, Glück, Pech, _und_ rigorosem Denken, die Theater halt immer auszeichnet, und vielleicht besonders in einem System wie dem Castorfschen). Castorf damals ernannt zu haben, war sicher ein grosser, gewagter Wurf. Besson war vielleicht eine ähnlich inspirierte Wahl. Das war's aber so ziemlich, in über 100 Jahren Geschichte. Das heisst jedoch nicht, dass an der Volksbühne in all den Jahrzehnten nicht oft wichtige und grossartige Theaterabende stattfanden. Auch ohne strahlende Intendantenfigur an der Spitze (genau wie unter der Leitung dieser Figuren auch viel Mist über die Bühne ging: so ist das halt).
Ich habe keinerlei Ahnung, was sich mit dieser Übergangstruppe in den nächsten zwei Jahren so tun wird. Hauptsächlich, weil ich die meisten der Leute nicht kenne: und das ist erstmal spannend. Eines aber ist klar: die werden Theater machen. Das, ganz grundsätzlich, ist schon mal gut -- weil bei allem Geraune über das, was dieser Raum braucht (etc.), immer irgendwie vergessen wird, was er gibt: den vielleicht allerfantastischsten Theaterraum Europas. Der wird jetzt wieder von Schauspielern und Regisseuren benutzt, und ich zumindest atme bei dem Gedanken auf. Dann sind das auch noch recht junge Menschen, und eine zumindest einigermassen diverse Truppe, und das ist auch schön. Als Übergangslösung allemal ein viel interessanterer Ansatz, als ich gehofft hatte.
Aber mal ernsthaft: wen genau haben eigentlich die Menschen, die sich hier so über die angebliche Provinzialität und den Krämergeist dieser Interimsvolksbühne echauffieren als Alternative im Sinn? Wer sind denn die grossen, radikalen Theatermacher, die heute die Volksbühne übernehmen könnten und das Theater als solches neu erfinden würden (und dann auch noch erstmal nur für 18 Monate oder so)? Wo stecken denn diese Theaterutopisten? Könnte da jemand mal ein paar Namen nennen? In der Vergangenheit ging es bei dem Volksbühnenwehgeschrei zumindest meistens um konkrete Personen, die das Haus nicht oder nicht mehr bespielen durften. Wer ist das denn heute genau? Oder ist es jetzt soweit, dass die Klage eine reine Nostalgiearie ist?
Herr Potthoff hat schon nicht geantwortet, aber jetzt vielleicht Sie ! Wer sind Die namhaften Leute , die Ihrer Meinung nach die Volksbühne übernehmen sollten ? Und gleich mehrere ?
Da bin ich gespannt ! Also : Wer ?
Gruß
in der Volksbühne geht es nicht um die Frage "Provinz" oder nicht, sondern um das Recht eines anderen Stammpublikums ein "anderes" Theater zu sehen. Frau Piekenbrock, die Chefdramaturgin des geschassten Dercon, hätte vermutlich noch immer ihren Job, wenn sie sich unter den vielen deutschsprachigen Theatern eine andere Wirkungsstätte ausgesucht hätte als das Haus am Luxemburg-Platz. Denn natürlich gibt es nicht nur in der Provinz, sondern auch in Berlin zahlreiche Orte, in denen man mit vertanzten Brandenburger Konzerten ein Publikum erfreuen kann.
Die geräumten Besetzer der Volksbühne mit ihren "Tschüss Chris"-Aktionen sind vielleicht am besten mit einem alten Stücktitel von Pollesch als "Pablos in den Pluszentralen" beschrieben. Also als das künstlerische Prekariat Berlins; in früheren Jahrhunderten "Boheme" genannt. Und diese Menschen hatten das nicht unberechtigte Gefühl, dass man ihnen "ihr" Theater wegnehmen will zugunsten einer Zielgruppe, bei der es letztendlich gleichbleibt, ob man diese als Hipster, Provinz, Besserverdiener, Spießer, Rentner, Abo-Publikum oder sonstwas bezeichnet. Die Frage ist tatsächlich, ob Berlin mit seinen zahlreichen Sprechbühnen bereit ist, einer Klientel, die den typischen FAZ-Leser sonst eher mit Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen nervt, ein hochsubventioniertes Theater zu reservieren. In dem Sinne, dass dort etwas stattfindet, was Identität stiftet und was die Plusfilialen-Pablos sehen wollen, während die "Anderen", falls sie neugierig sind, als geduldetes Publikum touristisch nur "reinschnuppern" dürfen. Und da sieht es leider so aus, dass die augenblickliche Interimsintendanz eine andere Strategie verfolgt, Nämlich, ihre Plus-Filiale - um im Bild zu bleiben - auf Augenhöhe mit dem benachbarten EDEKA-BE und Khuons Deutschem REWE-Theater zu bringen. Also zum dritten Supermarkt am Platz: "Was wollt ihr? Ist doch für alle was dabei". - Und das ist von "Die Linke"-Kultursenator Lederer verwaltend und nicht gestaltend, also typisch sozialdemokratisch. Geheimrat Goethes Motto folgend: "Das wird sich schon alles nach und nach herüberbegeben"
(aus: DIE GESCHWISTER - 1776)
Bei Arnasson könnte sich noch etwas bewegen, das vom Inhalt/Stoff bestimmt ist und nicht von der eigenen Handschrift- das ist doch erfreulich! - Hannover hin oder her!
Grundsätzlich fehlt mir in Ensemble und Regie bei aller Begrüßung der Jugendlichkeit eine Altersstruktur, die durch die Reifegruppen von P14 bis ins hohe Alter geht.
Ich hätte übrigens gern - neben einiges ganz grundsätzlich anderen Programmatikstruktur-Eigenheiten - Moritz Riesewieck statt Kay Voges. Weil ich denke, dass der die Digital-Wirklichkeit mit all ihren Vor- und Nachteilen und damit mit ihren äußeren und inneren Harausforderungern für unsere zeitgenössischen Gesellschaften tiefer durchdrungen hat und die entsprechenden Problemkreise kernnäher erfasst, beschreibt und darstellt als das bei Kay Voges oder anderen, die sich dem Thema immer wieder widmen, der Fall ist.
Um es einmal überspitzt zu sagen: Bei Kay Voges sehe ich immer ein eher esoterisches Verhältnis zum Digitalen und das haben ja sowieso noch so gut wie alle und da ist das dann als Theater Mode. Mode ist ja was Schönes - aber wenn ich Mode will, geh zumindest ich nicht ins Theater... Das ist nur ein Beispiel und natürlich überhaupt nicht von Belang. Weil ich ja keine Ahnung habe. Ich bin ja auch aus der Provinz und dann noch aus einer, die sogar als Provinz schon gar nicht mehr existiert - das sagt doch schon alles...
Grüßen Sie bitte übrigens Ihre ehemalige Dramaturgin und Stückeschreiberin Anna Gmeyner recht freundlich, man hätte sie nicht erinnert, hätte nicht Sasha Marianna Salzmann jüngst in der FAZ an sie erinnern gedurft.
Nicht von "Hannover" sprechen hier viele, sondern von einem solchen Raum des Anfangen-Könnens, einen Raum für SPIELWUT..
spätestens seit Tim Renners Idee, das Volksbühnenlogo zur Gentrifizierung des Bezirks Tempelhof zu nutzen, wissen wir, dass es naiv ist, Theater nur als Theater zu betrachten. Die Intendanz Dercon scheiterte nicht an seinen seltsamen Vorstellungen von Schauspiel, sondern am Ausbleiben fest eingeplanter Sponsorengelder. Diese wiederum hatten sich nach dem Volksentscheid gegen die Bebauung der Tempelhofer Flughafens erledigt. Die Sponsoren wußten nicht mehr, wofür sie sponsorn sollten, wenn die eingepreiste Imageaufwertung für die geplanten Neubauwohnungen entfiel.
So ist das Volksbühnen-Trademark als Muster ohne Wert nebst Räuberrad nach Berlin-Mitte zurückgekehrt. Wenn im Sommer die in der Volksbühne von Schorsch Kamerun ausstaffierte BAUHAUS-Beerdigung abgewickelt ist, wird vermutlich bald Klaus Dörrs frisch engagierter Gospelchor mit den Proben zur "Ode an die Freude" beginnen müssen. Denn nächstes Jahr ist das BAUHAUS-Jubiläum passé und stattdessen bekanntlich Beethovenjahr. Da liegt "Wellingtons Sieg" bestimmt ganz oben auf den Dramaturgenschreibtischen am Luxemburgplatz. Denn die Anträge für Fördermittel der Bundeskulturstiftung müssen ja geschrieben werden, sofern sie es nicht längst schon sind. Also: Wo der Mensch - wie sie richtig schreiben - nicht auf den Supermarkt reduzierbar ist, da geht er ins Museum. Nur Andy Warhol war der Meinung, dass das eine und das andere Dasselbe sei.
Beantworten kann ich leider gar nichts , dafür fehlt mir in Berlin der Durchblick. Geht der Kultursenator ins Theater ? Geht er nicht ? Lässt er gehen ? Läuft das wie in Köln ? Wie viel ist politische , wieviel künstlerische Entscheidung? Selbst wenn , es ist immer eine politische , denn mit jeder künstlerischen Entscheidung muss sich der Senator politisch rechtfertigen . Und - ganz ehrlich , das ist ein Pralinenamt . Wer ist gern Kultursenator, wenn er nicht auch im Bereich Finanzen oder Verkehr tätig sein könnte ? Theaterleute verlieren den Blick für das Ganze ,weil sie sich und ihr Metier zu wichtig nehmen . Das tun Künstler alle , sonst kann man den Job nicht machen .
Also Sie würden Andersson , Voges , Bauer , Pucher etc . die Leitung für 4-5 Jahre übertragen ? Verstehe ich das richtig?
Gruß
@Martin: Ich habe bis in die - wie gesagt gar nicht mehr vorandene - provinzielle Provinz gehört, dass dieser Kultursenator geht oder zumindest gehen lässt. Und zwar in die größeren UND auch die ganz kleinen - er scheint ein offenes Ohr UND einen offenen Verstand für Kunst und Künstler - nicht nur Theaterkünstler - zu haben, vielleicht kann er da auch solche eher unguten Sponsoren-Zusammenhänge denken wie der Held beschreibt? Kunst ist Luxus. Und DESHALB lebensnotwendig. Viele Sponsoren denken aber, ihr persönlicher Luxus ist nur mehr durch Kunst finanzierbar. Das ist allerdings nur Marketingstrategie für geistig Arme und emotional Verödete.
Vielleicht schauen wir mal auf die aktuellen Nachtkritikcharts, um der "klaren inhaltlichen Setzung" nachzuspüren. Für alle zum Mitmachen suchen bei den anderen nach dem neuen Exclusiv-Leitmotiv der Volksbühne. Da steht auf Platz 1 Castorfs Justiz-Inszenierung von Dürrenmatt. Waffenschieberroman. Also volles Rohr "Geschichtsmaschine". Platz zwei der Charts: Woyzeck aus Wien. Ist hier irgendjemand der Büchners geschundener Kreatur,der erbsenfressenden Versuchsperson das Leitmotiv "Geschichtsmaschine" absprechen wollte? Platz 3 der Charts. Macbeth aus Göttingen. Aufstieg und Fall des mörderischen Königspaares. Wenn das nicht "Geschichtsmaschine" ist, ich weiß nicht, was dann. Platz vier dann ein Abend vom Rimini-Protokoll über Menschen mit Tourette-Syndrom. Können einfach nicht aufhören zu reden, diese Leute. Geht irgendwie ganz automatisch. Mithin: "Geschichtsmaschine total." - Also: Wirklich einzigartig ist das eher nicht, was der Herr Dörr da programmatisch vorhat. Sprechblasen sind es. Wenn man das Berliner Publikum für so blöd verkaufen will, wie Herr Dörr das tut, ist der nächste Flyer nicht fern: Nach "Tschüss Chris" folgt dann "Dörr sucks".
ich habe hoffentlich deutlich gemacht, dass es mir nicht ums WER geht, sondern darum, WAS in der Volksbühne gespielt wird. Und da nenne ich Ihnen - nur mal als Beispiel - etwas, wo ich sagen würde: "Alle Achtung. Die haben ja wirklich Mut". Als einer der Schlüsseltexte von dem, was man heutzutage als Gegenkultur bezeichnen kann, gilt der Text: DER KOMMENDE AUFSTAND, verfasst vom UNSICHTBAREN KOMITEE. Es ist immer noch im Netz nachzulesen:
http://www.trend.infopartisan.net/trd1210/insurrection.pdf
Viel beachtet bis weit in die bürgerliche Presse (siehe wikipedia) ist der linksradikale Text - frei nach Dante - in 7 Höllenkreise unterteilt. Einfach mal jetzt als Vergleich zum schalen Motto "Geschichtsmaschine" vom Herrn Dörr: Stellen Sie sich, liebe Inga, einen Intendanten vor, der als Neuanfang einen "Volksbühnenring" in 7 Teilen an 7 Abenden von 7 untersch. RegisseurInnen ankündigen würde. Das Programm der Begleitveranstaltungen zum KOMMENDEN AUFSTAND schriebe sich fast von selbst. Und wenn dann einer der Abende an eine Tanzkompanie gehen würde, wäre selbst das nicht tragisch. Denn ich könnte sagen: Okay. Da will jemand was Anderes als Reeses Abendspäße zwischen Panikherz und Well-made-Play. Da will jemand programmatisch sein, angreifbar politisch sein und nicht nur Illustrierte.
Sprich, eigentlich wären Sie am Liebsten selbst Intendant der Volksbühne, denn Sie wissen genau, was es jetzt braucht und haben sogar schon ein Programm mit im Gepäck. Praktisch.
Nicht, dass ich größer Fan der Entscheidung wäre oder Anhänger des Dörr-Aranarsson-Duos, aber anstatt es selber immer besser zu wissen, wäre es ja vielleicht auch mal eine Möglichkeit, dem neuen Team erstmal eine Chance zu geben, statt den Frust darüber, dass die eigenen Vorstellungen nicht Teil der Entscheidungsfindung geworden sind an ihnen auszulassen.
wie sie im "Inga"-Beitrag #50 nachlesen können, bin ich direkt gefragt worden, was ich denn statt der nebulösen "Geschichtsmaschine" vorschlagen würde. Mit dem verdeckten Vorwurf, da motze einer immer nur dagegen. - Da wollte ich mich vor der Antwort nicht drücken und sie ballern mir prompt den Vorwurf "Besserwisser" hin. Wir haben in der BRD, der DDR und im wiedervereinigten Deutschland hundertfach die Situation erlebt, dass Intendanten von einem Publikum weggemobbt und in die Wüste geschickt wurden, weil diese Intendanten etwas auf die Bühne stellten, was der Mehrzahl der Theatergänger als zu hässlich, zu radikal, zu negativ erschien. Die Anti-Dercon-Resolution empfand ich deshalb als so besonders, weil ein Publikum plötzlich gegen einen Intendanten rebellierte mit der Begründung "zu chic, zu artig, zu museal". Das finde ich spannend. - Völlig unspannend finde ich, wenn in Berlin gerade die neue Zentrale des BND eröffnet wird und die Antwort der einst erstplazierten deutschen Diskursbühne lautet "Haußmanns Staatssicherheitstheater". Das empfinde ich in etwa so dämlich, wie wenn Picator zu Hitlers Machtergreifung die Losung ausgegeben hätte: "Jetzt spielen wir aber sofort den Hauptmann von Köpenick".
https://www.tagesspiegel.de/kultur/favorit-von-klaus-lederer-wird-rene-pollesch-intendant-der-volksbuehne/24362762.html
Pollesch, der einzige, der es kann. Der Dörrs neuen Weg des Mittelmaßes beendet. Der die arbeiten lässt, die nirgendwo sonst arbeiten können oder wollen. Merkwürdig, dass diese sensationelle Meldung von der doch sonst aktuelle Entwicklungen gerne aufnehmenden "nachtkritik"-Redaktion nicht aufgenommen wird.
(Im Tagesspiegel wird nicht vermeldet, sondern gemutmaßt, d.h., da gibt es bislang nichts Sensationelles aufzunehmen. :-) Viele Grüße von der Redaktion)
(Da die SZ heute nachlegt, haben wir eine kleine Presseschau zu dem Thema erstellt. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=16807:presseschau-vom-23-mai-2019-die-berliner-presse-zu-den-mutmasslich-letzten-aussichtsreichen-kandidaten-fuer-die-neubesetzung-der-volksbuehnen-intendanz&catid=242&Itemid=62)
Tatsächlich wird das so sein, bei Pollesch gab und gibt es weit überdurchnschnittlich viele junge Schauspielerinnen, Dramaturginnen, Regisseurinnen, er gibt auch unbekannteren Leuten eine Chance, das war immer so. Oder meinst Du, das Leitungsteam sollte aus "Heranwachsenden" bestehen? Sind viele dieser "Heranwachsenden" nicht bereits mit 30 schon so alt und starr und unlebendig (Mondtag, Kennedy, Bihler und andere) wie Pollesch nie gewesen ist? Warum sollten persönlichkeitsarme opportune Hipster die Volksbühne übernehmen? Wen also meinen Sie mit diesen Heranwachsenden? Was spricht für sie außer ihr zu frühes Gealtertsein? Ihr Insta-Account?
Und dieses junge Heißblut ist jedenfalls förderungswürdig und förderungswürdiger als ein Pollesch, der bei aller Liebe seit Jahren immer gleich klingt und Guru-mäßig seine zweifellos hochinteressante Innenwelt predigt. Ich verehre Pollesch dafür, aber hat er jemals etwas anderes hervorgebracht als sich selbst? Ich sehe ihn nicht als Förderer jungen Theaters. Außer er würde sich dazu erklären, aber ich denke dass will er gar nicht.
Und zu einem jungen Theater gehört übrigens auch, dass es jung ist, also fehlerhaft, größenwahnsinnig, vielleicht auch opportun, aber jedenfalls auf der Suche mit allen Mitteln nach neuen Mitteln. Und diese Suche finde ich sehenswert.
Und dass die Vollsbühne mit Castorf enden musste, hat vor allem mit Castorf selbst zu tun. Offensichtlich wurde da die letzten Jahre nicht gefördert und das Szepter nicht aus der Hand gegeben.