Presseschau vom 2. Oktober 2016 – Tim Renner sorgt mit veröffentlichten SMS für Trubel
SMS für Dich
2. Oktober 2016. Tim Renner sorgt erneut für Furore. Die Berliner Morgenpost (1.10.2016) berichtet über SMS-Nachrichten des amtierenden Kulturstaatssekretär Berlins. In den Nachrichten bittet er Politiker der Berliner CDU, dem Noch-Koalitionsparter der SPD geführten Regierung, u.a. um Unterstützung für ein Projekt des künftigen Volksbühnen-Intendanten Chris Dercon.
In der SMS heißt es: "Lieber Koalitionspartner, mit den Linken werde ich wenig zu lachen haben. Dass ich ihren Sockelheiligen F. Castorf nicht verlängert habe, werden die mir nie verzeihen. Der Zorn trifft aber auch Dercon, der in Zukunft die Volksbühne führen soll. Ein wichtiger Teil seines Plans: Tempelhof bespielen, auch jenseits des Rosa-Luxemburg-Platzes mit der Volksbühne neue Zeichen setzen. Dafür hat er einen Lotto-Antrag (500.000,-) eingereicht, den ich Euch bitte zu unterstützen."
Die Finanzierung der Tempelhofe-Spielstätte, ein erstes großes Projekt Chris Dercons, ist noch nicht geklärt. Sollten die Mittel aus dem Lotto-Topf nicht fließen, könnte das Prestigeprojekt platzen, so Peter Zander von der Morgenpost.
Weiter heißt es in der SMS: "Super wäre auch Support bei Berliner Leben. Hier geht es um Residenzen für Street-Art-Künstler bei der Urban Nation. Grütters (Staatsministerin für Kultur und Medien, d. Red.) hat die mit Kaddatz auch schon besucht und war begeistert (885.000,-). Ich danke im Namen der neuen Volksbühne, der Bezirke Tempelhof und Schöneberg und im Namen der alten Koalition. Euer Tim."
Wie die Nachricht an die Öffentlichkeit gelangen konnte, ist unklar. Dass es geschehen ist, komme laut Zander "zur Unzeit für die Koalitionsverhandlungen". Renners Vorgehensweise sei "zumindest ungewöhnlich". Sich an einen Noch-Partner zu wenden, sei umso seltsamer, da der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) "mit ziemlicher Sicherheit" keine weitere Koalition mehr mit der CDU eingehen werde. Auch Renner selbst, so prognostiziert es Zander, werde vermutlich nicht mehr Teil der neuen Regierung sein, weil der wahrscheinliche Koalitionspartner "Die Linke" den Posten des Kultursenators für sich beanspruchen könnte.
(miwo)
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Ich meine - die Causa Castorf ist so ein heißes Eisen, würde er da wirklich so unklug sein, so offenkundige despektierliche Formulierungen zu nutzen - selbst bei einer sms, die für den internen Gebrauch bestimmt war? Bei der "Heiße" des Falles Volksbühne kann doch ein Berufspolitiker nicht so naiv sein, einfach blind darauf zu vertrauen, dass niemand die sms weitergibt?
Oder ist das also eher ein geplanter leak, um nochmal all seinen Kritikern insgeheim vor die Füße zu kotzen?
Ich bin wirklich ratlos.
@carsten_erdmann @dielinkeberlin @MarioCzaja @klauslederer peinlich SMS weiterzuleiten, aber die Linke sitzt noch gar nicht im Lottobeirat."
"Tim Renner @rennersen
@carsten_erdmann @dielinkeberlin @spdberlin @klauslederer @RamonaPop dass ein Dissens in Sachen Volksbühne besteht ist der MoPo neu? Staun"
https://twitter.com/carsten_erdmann/status/782261197269676032
Natürlich muss sich Renner an die aktuellen Mitglieder des Lotto-Ausschusses wenden, an wen denn sonst?
Absurd ist der Gedanke er könne das deswegen nicht tun, weil er mit der CDU nicht mehr in einer Koalition sitzt. Das Argument würde ja grade unterstellen, daß die Entscheidungen im Lotto-Ausschuss nur entlang von Parteilinien laufen würden. Aber das die Mitglieder für Projekte werden, die Ihnen wichtig sind ist doch normal. Und was soll gegen Werbung für "Berliner Leben" einzuwenden sein?
Ziemlich heuchlerische Berichterstattung der MoPo. Geleakt hats die CDU, wer sonst. Kleiner Arschtritt zum Abschied aus der Koalition.
Dass die Linke über den Intendantenwechsel nicht happy ist, ist wohl klar. Kein Theater in Berlin hat politischen Vertretern der LINKEN so viele Plattformen geboten. Das ein Intendant von aussen - egal wer, diese offensichtliche Parteinahme nicht wird fortsetzen können ist ja klar.
Das nervt die Linke. Wer allerdings denkt, daß sich Klaus Lederer deswegen entschließt Kultursenator zu werden und das Rad zurückzudrehen, liegt falsch. Mark my words. Im innersten wissen alle: Mit dem Job kriegst du nur in die Fresse gehauen, egal wie du performst. Der letzte Linke, der mit dem Job kokettiert hat, war Gregor Gysi. War aber nur ein Flirt. Weil es einfach gemütlicher ist z.B. in der Volksbühne auf dem Podium Forderungen an die Berliner Kulturpolitik zu stellen, statt sie selbst zu verantworten.
Apropos Parteilinien: Ramona Pop ist ebenfalls im Beirat. Aber Tim Renner hat sie nach eigenem Bekunden nicht mit adressiert. https://twitter.com/rennersen/status/782946580324290561
Das kann er ja nur mit Billigung des Regierenden Bürgermeisters so gehandhabt haben. Dann wäre Müller mit in der politischen Haftung. So eine Kommunikation unmittelbar nach einer (Ab-)Wahl, während laufender Koalitionsverhandlungen. Wie bizarr.
Herr Renner redete außerdem großspurig vom (eben nur absoluten, aber nicht relativen somit) vermeintlich Wachstum des Kulturhaushaltes (400 Millionen!), ist sich aber gleichzeitig nicht zu schade, eine im Vergleich dazu Peanut (0.5 Millionen) für seinen Adlatus Dercon zu bewerben anstatt die selbst bereitzustellen. Autsch. Drittmittel statt Eigenengangement. Tja, da muss man halt nicht durchs Abgeordnetenhaus, sondern nur den Lotto-Beirat zusimsen.
Die anderen Bewerber auf die Lotto-Mittel sind bestimmt begeistert: Jemand (Dercon), der schon sehr großzügig ausgestattet ist und auch mit dem Mantra des Sponsorengeldereinwerbens antritt, wird staatssekretärseitig für Lotto-Gelder besonders gepusht.
Und Dercon, freut der sich auch über die neuerliche PR durch seinen Dienstherrn? Auweia.
Wieder so ein Fall mangelnder Professionalität und offenkundinger Verkennung der Situation.
Herr Renner, Butter bei die Fische: Was läuft noch so? Was planen Sie noch? Noch irgendeine Umbesetzung auf den letzten Metern? Ostermeier ist ja auch schon "ganz schön lange im Amt". Oder Herr Barenboim. Der sogar länger als Frank Castorf.