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Unsere auswahl ist subjektiv

Presseschau vom 1. Juni 2011 – zur Berufung von Annemie Vanackere in die Intendanz des HAU

Klingt kühn!

Berlin, 1. Juni 2011. Gestern wurde, wie gemeldet, Annemie Vanackere offiziell vorgestellt als Nachfolgerin von Matthias Lilienthal in der Leitung der Berliner Off-Theaterhochburg HAU. Heute begrüßt die Berliner Journaille die gebürtige Belgierin und derzeitige Leiterin der Rotterdamse Schowburg und zeigt sich voller Vorfreude auf ihre Intendanz ab September 2012:

Presseschau vom 31. Mai 2011 – Der Freitag sucht nach den Tränen im Theater

Glotzt nicht so unromantisch!

31. Mai 2011. Früher war alles besser? So ganz will das Ekkehart Krippendorff nicht unterschreiben, aber am heutigen Theater vermisst er doch vehement eines: Tränen. In dem Essay "Abgeschaltete Gefühle" in der Wochenzeitung Freitag von morgen schreibt er: "Das deutsche Theater hat sich in den vergangenen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten (das gehört auch in die Behauptung der nicht genauen Feststellbarkeit) systematisch die Emotionen ausgetrieben und damit eine entsprechende Publikumserwartung und -haltung."

Presseschau vom 26. Mai 2011 – Die Zeit porträtiert Herbert Fritsch

Man muss den Sturz wollen

Hamburg, 26. Mai 2011. In der Wochenzeitung Die Zeit (26.5.2011) porträtiert Peter Kümmel, anlässlich der Schweriner Premiere von Der Diener zweier Herren (und im Zuge diverser Würdigungen in diesen Tagen), den Schauspieler und Regisseur Herbert Fritsch: "ein heiterer, sensibler, hellwacher Herr auf der Höhe seines Erfolges".

Presseschau vom 25. Mai 2011 − Eva Behrendt schreibt in der taz über Frauen am Theater

alt

Frauen im Männerreich

In der taz (25.5.2011) schreibt Eva Behrendt anlässlich einer Diskussion beim Theatertreffen und einer Ausstellung über Regie führende Frauen in der Berliner Akademie der Künste über die Rolle der Regiefrauen im deutschsprachigen Theater.

In diesem Jahr habe erstmals die Zahl der zum Theatertreffen geladenen Regisseurinnen mit Karin Beier, Karin Henkel und dem überwiegend weiblichen Kollektiv She She Pop 30 Prozent erreicht. Von den 472 Inszenierungen beim Theatertreffen zwischen 1964 und 2010 waren gerade mal 34 von Frauen. "Die erste kam 1980, nach 26 frauenfreien Jahrgängen." Dass es auch schon vor 1980 jede Menge interessanter, eigensinniger und erfolgreicher Regisseurinnen gab, zeige Christina Haberliks Ausstellung "Regie-Frauen. Ein Männerberuf in Frauenhand", die im Rahmen des Theatertreffens in der Berliner Akademie der Künste eröffnet wurde.

Einer von ihnen, der späteren Koblenzer Intendantin Annegret Ritzel, habe August Everding Mitte der 60er Jahre bei ihrer Hospitanz noch vorausgesagt: "Weibliche Regisseure gibt es nicht - das werden Sie nie schaffen." Und nach wie vor, schreibt Behrendt, seien Familie und Künstlertum nur schwer zu vereinbaren. Obwohl mindestens ebenso viele Frauen wie Männer die Regieklassen der Schauspielschulen absolvierten seien "immer noch nur 29 Prozent aller Regieführenden weiblich" und Frauen in "Theaterführungspositionen mit 15 Prozent Intendantinnen immer noch stark unterrepräsentiert". In Dramaturgien und auf Regieassistenzstellen seien Frauen dagegen mit 48,5 Prozent und 50,6 Prozent vertreten.

Auf der Theatertreffen-Diskussion "Feminismus - heute ein Unwort?", berichtet Behrendt, habe Marlene Streeruwitz die unterschiedlichen Erwartungshaltungen aufgespießt: "Ich werde immer nur zu Feminismus angefragt, dabei bin ich auch in ganz anderen Wissensbereichen kompetent." Zusammengezuckt seien die teilnehmenden Frauen, neben Streeruwitz noch Kathrin Röggla, Stefanie Lohaus und die Moderatorin Thea Dorn, als Karin Beier die These aufgestellt habe, dass "Männer weniger Multitasking-Talent als Frauen" hätten, sei anscheinend "ein biologischer Unterschied".

Beier habe durch die Ablehnung einer Frauen-Quote am faktisch gleichgestellten Schauspiel Köln provoziert: "Nur künstlerische Kriterien zählen." - "Die Erzählung von der Einzelfrau, die sich einfach nimmt, was sie haben will", sei, so Behrendt weiter "symptomatisch". Weibliche Erfolgsgeschichten lägen allein in jederfraus Verantwortung, "könnte das postfeministisch-neoliberale Credo lauten". Die Kehrseite dieser Sichtweise sei, dass dann "auch das Scheitern nur individuelle Ursachen hat - zu wenig Härte, Mut, Talent -, vor allem aber, dass strukturelle Veränderungen weniger dringlich erscheinen".

(jnm)

Presseschau vom 18. Mai 2011 – die NZZ berichtet über Martin Kusejs Pläne für München

Klangvolle Namen

18. Mai 2011: Silvia Stammen schaut in der Neuen Zürcher Zeitung (18.5.2011) noch einmal auf die 35-jährige Zeit, in der Dieter Dorn in München Theater gemacht habe, zuletzt als Intendant am Bayerischen Staatsschauspiel: "Geprägt hat er es vor allem in den 1980er und 1990er Jahren mit seiner 'gemischten Raubtiergruppe', dem berühmten, großartig miteinander reagierenden All-Star-Ensemble".

Presseschau vom 14. Mai 2011 – Die Berliner Zeitung über die 2011-Auswahl des tt-Stückemarkt

Wer erwartet denn noch Stücke für die Ewigkeit?

14. Mai 2011. Ehrenwert, aber fast durchwegs verzagt und daher auch nicht sonderlich spannend findet Doris Meierhenrich in der Berliner Zeitung die Auswahl für den diesjährigen Stückemarkt. Dessen (vermutetes) Hauptkriterium bringt sie mit dem Begriff "das neue Vorteilskriterium der Anspruchslosigkeit" für sich auf den Punkt.

Presseschau vom 14. Mai 2011 – ein Porträt von Herbert Fritsch in der taz

Von den Verhältnissen zugerichtet

14. Mai 2011. Während beim Theatertreffen sein Biberpelz noch läuft und seine Nora morgen kommt, schreibt Esther Slevogt in der taz über den Doppel-Nominierten Herbert Fritsch. Sein Theater bekenne sich in seiner "ins Radikale, oft ins Groteske verzerrten Künstlichkeit" stets zu seinem Gemachtsein, empfinde alle Mimesis als verlogen. "Die Wahrheit des Mediums Theater kann sich für Fritsch nur im Bekenntnis zur Lüge und zur Täuschung zeigen, in einem grundsätzlichen Bekenntnis zum Medium selbst, dessen Mittel er ausstellt, transparent macht und an seine Grenzen treibt."

Presseschau vom 6. Mai 2011 – gesammelte Berliner Pressestimmen am Starttag des Theatertreffens

Vorrauschen im Blätterwald

6. Mai 2011. Heute beginnt es nun endlich, das Theatertreffen, und zum Start verkündet Katrin Bettina Müller in der taz so etwas wie die ersten beiden Gewinner. Im Tagesspiegel porträtiert Patrick Wildermann den Regisseur Roger Vontobel, der mit seinem Gespür für Menschen und ihr Innerstes aus der Mode falle, Andreas Schäfer beschreibt, das die lebendigsten Impulse heute aus dem Dokumentartheater kommen, und Theatertreffen-Jurorin Christine Wahl erzählt, wie man bei diesem Job das Leben genießt in überfüllten Zügen und billigen Hotels. In der Berliner Zeitung schreibt Dirk Pilz zum einen über die beiden Auftaktinszenierungen und zum anderen das Theater der Vielfalt. Außerdem in der Berliner Zeitung: ein langes Interview mit Aino Laberenz, der Witwe von Christoph Schlingensief, über Trauer und Theater, Schlingensiefs Erbe, den Pavillon in Venedig und das Operndorf in Burkina Faso.

 

Die Theatertreffen-Übersicht von nachtkritik.de: Ausführliche Kritiken zu den zehn eingeladenen Inszenierungen, Kritikenrundschauen, die zum Stückemarkt gebetenen Stücke und alles rund um das Theatertreffen finden Sie hier.

Presseschau vom 5. Mai 2011 – Peter Kümmel glossiert in der Zeit das Berliner Theatertreffen

Die geborene Theaterkritikerin

5. Mai 2011. Einen bemerkenswerten Text veröffentlicht Peter Kümmel in der heutigen Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit: Zwitterhaft schillernd zwischen Glosse und Kommentar, zwischen stichelnder Kritik und freundlicher Zustimmung, zwischen altbekannten Thesen und frischen Formulierungen nimmt er die Institution wie die diesjährige Auswahl des Berliner Theatertreffens auseinander.

Presseschau vom 3. Mai 2011 – Die Frankfurter Rundschau über das postmigrantische Theater in Berlin

Was bedeutet Integration?

3. Mai 2011: "Ein Gespenst geht durch Berlin", schreibt Jürgen Otten (Frankfurter Rundschau, 3.5.2011). Und dieses Gespenst "mit dem etwas verunglückten, weil nach soziologischem Grundkurs und Political Correctness riechenden Namen 'Postmigrantisches Theater' hat es zu etwas gebracht. (...) Kaum zu glauben, aber wahr: Seit Monaten schon richten sich alle Augen darauf, und so begierig, als seien die anderen Theater im Grunde kaum mehr als Spielwiesen, an denen die Realität spur- und grußlos vorbeischlendert."

Presseschau vom 1. Mai 2011 – Peter Kern schreibt in der FAS über die "Lulu"-Proben und darüber, wie sich das Theater selbst abschafft

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Das Privileg der Kunst, Leben zu erschaffen

1. Mai 2011. Das Burgtheater hat keine "Lulu" mehr, und auf den Bühnen stirbt die Phantasie, so kündigt die Unterzeile in der FAZ Sonntagszeitung einen Text des Schauspielers Peter Kern an (in einer Kurzversion vor Ostern bereits in der "Presse" erschienen), der drei Wochen lang am Burgtheater unter der Regie von Jan Bosse den Dr. Goll, Lulus ersten Ehemann, geprobt hat. Aber, Überraschung, dann geht es erstmal gar nicht um "Lulu", sondern um das Theatertreffen, um Franz Wille, Luc Bondy, um die Hymne an Birgit Minichmayr und noch viel mehr.

Presseschau vom 21./23./26. April/12.Mai 2011: "Lulu" an der Wiener Burg abgesagt

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Mutmaßungen über Minichmayr

21. April 2011. Birgit Minichmayr hat die Premiere von Frank Wedekinds "Lulu" am Wiener Burgtheater platzen lassen – Regie sollte Jan Bosse führen. Besonders spekulativ geht darauf die österreichische Gratis-Zeitung heute ein. Obwohl sie nicht gerade als Hort journalistischer Seriosität gilt, fassen wir sie an dieser Stelle zusammen, weil sich die anderen Zeitungen auf sie beziehen.

Presseschau vom 18. April 2011 – die FAZ schreibt über den Fall Olivier Py und die französische Kulturpolitik

Improvisierter Trostpreis

18. April 2011. Anlässlich der Nichtverlängerung Olivier Pys am Pariser Théâtre de l'Odéon beschreibt Joseph Hanimann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (17.4.2011) die Vergabe der Leitungsposten an den sechs Staatsbühnen Frankreichs als "ein kompliziertes Pokerspiel in der hohen Sphäre der Politik", bei dem der Kulturminister Namen nennt, der Staatspräsident entscheidet. Dabei steche "politische Opportunität" bisweilen die Kompetenz aus.

Presseschau vom 12. April 2011 – Die taz porträtiert den Regisseur Robert Borgmann

Die Arbeit an einer Skulptur

12. April 2011. Torben Ibs porträtiert für die taz (12. April 2011) den Regisseur Robert Borgmann, der mit seiner Leipziger Inszenierung von Arnolt Bronnens Vatermord in diesem Jahr zum Münchner Festival radikal jung eingeladen ist. "Theater ist im Grunde wie die Arbeit an einer Skulptur. Man hat am Anfang eine Idee, wie es sich anfühlen soll, dann sucht man das Material und beginnt damit zu arbeiten." So erkläre Robert Borgmann seine Theaterkonzeption.

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