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Autor und Kreml-Kritiker Lew Rubinstein gestorben

15. Januar 2024. Der russische Autor, Journalist und Kreml-Kritiker Lew Rubinstein ist tot. Das melden verschiedene Medien, u. a. der Spiegel und die FAZ, unter Berufung auf die Nachrichtenagenturen AFP und Reuters.

Demnach verstarb Rubinstein am 14. Januar 2024 im Alter von 76 Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls in einem Moskauer Krankenhaus, nachdem er bereits mehrere Tage im Koma gelegen hatte: Er war am 8. Januar beim Überqueren einer Straße auf einem Zebrastreifen von einem Auto angefahren und in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Der 1947 in Moskau geborene Künstler und Intellektuelle arbeitete nach seinem Studium der Philologie als Bibliothekar und kam durch die Arbeit mit den Katalogkarten auf seine zentrale künstlerische Idee: die "Karteikarten-Poesie". Dieses von ihm erfundene Genre unterlief die staatsdoktrinäre Geschichtserzählung der Sowjetdiktatur: Rubinstein las auf der Bühne Textminiaturen aus seiner Sammlung vor – kurze Sätze, die auf besagten Kärtchen notiert waren – und erzeugte dabei der FAZ zufolge "vielsagende Leerstellen und Subtexte". Der Autor gehörte zu den prägenden Figuren der sowjetischen Untergrund-Literaturszene der 1970er und 1980er Jahre und galt als Mitbegründer des Moskauer Konzeptionalismus. 

Zudem trat Rubinstein als entschiedener Putin-Kritiker in Erscheinung und nahm an oppositionellen Demonstrationen teil. Bereits 2014 hatte er sich gegen Russlands militärische Interventionen in der Ukraine ausgesprochen und im März 2022 schließlich gemeinsam mit anderen Schriftstellerinnen und Schriftstellern einen offenen Brief unterzeichnet, der den russischen Angriff als "kriminellen Krieg" bezeichnete. Die FAZ-Redakteurin Kerstin Holm nennt ihn in ihrem Nachruf den "vielleicht letzten freien öffentlichen Intellektuellen in Russland".

(Spiegel / FAZ / Wikipedia / cwa)

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