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Gagensteigerung für künstlerische Bühnen-Mitarbeiter

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Köln / Berlin / Hamburg, 18. Mai 2016. Der Deutsche Bühnenverein als Arbeitgeberverband der Theater und Orchester hat sich am vergangenen Wochenende mit den Künstlergewerkschaften GDBA (Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger), VdO (Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer) sowie DOV (Deutsche Orchestervereinigung) auf eine Gagensteigerung für die an den Stadttheatern, Staatstheatern und Landesbühnen beschäftigten künstlerischen Mitarbeiter verständigt.

Wie der Deutsche Bühnenverein meldet, werden die Gagen zum 1. März 2016 für die Theater und Orchester in der Trägerschaft eines Landes um 2,3 Prozent, mindestens aber um 75,- Euro erhöht, für die Theater und Orchester in kommunaler Trägerschaft um 2,4 Prozent.

Der Abschluss entspricht den Lohnerhöhungen des öffentlichen Dienstes. Dieser Lohnabschluss gilt für etwa 24.000 künstlerische Mitarbeiter der Theater und Orchester, vor allem Schauspieler, Sänger, Tänzer, Musiker, aber auch Dramaturgen, Inspizienten sowie Bühnentechniker mit überwiegend künstlerischen Aufgaben.

(Deutscher Bühnenverein / geka)

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Kommentare  
Gagensteigerung: ungerechtes System
Gagen-"Steigergung" ist schön. Wäre schön.

Allerdings wird diese "Steigerung" durch exorbitante Mieterhöhungen in den Ballungsräumen längst aufgefressen. Es ist also nur eine Inflationsanpassung.

Die STRUKTUR allerdings der Gagen, die stimmt einfach nicht mehr. Wenn diejenigen, die für das Publikum am erkennbarsten sind am Ende der Gagenlisten rangieren, dann ist schon längst der Karren in den Dreck gefahren.

Früher hatte ein Stadttheater 24 und mehr Solisten, die sich auch gegenseitig aushelfen konnten. Daher gab es allerdings für den einzelnen Solisten nicht ganz so viel Geld, war er doch auch längst nicht in jeder Produktion vertreten, konnte gut gastieren. Und wurde auch beschäftigt, wenn er nicht mehr dreißig war.

Heute bestehen "Ensembles" teils aus 8 Sängern. Die schlechte Bezahlung (bei vollem Beschäftigungsrisiko!) ist geblieben, die Arbeitsbelastung allerdings hat sich vervielfacht. Das ist Raubbau, das ist ein krankes System.

Lächerlich, wenn der Chorist oder Orchestermusiker mehr verdient als die Solisten am Haus! Oder wenn der Techniker mehr verdient als der Schauspieler! (beides ist in der Regel der Fall)

Wie gesagt - ein krankes, durch und durch ungerechtes System.
Gagensteigerung: Notwendig!
Eine Gagensteigerung für künstlerische Mitarbeiter ist notwendig und begrüßenswert. Aber welche Logik spricht dafür, dass ein Techniker weniger verdienen soll als ein Schauspieler (oder ein Müllmann weniger als ein Universitätsprofessor, eine Putzfrau weniger als eine Managerin)? Michael Scharang begründete kürzlich seine Ablehnung des Goldenen Verdienstzeichens der Stadt Wien so: "Von Kindheit an habe ich als ungerecht empfunden, dass körperliche Arbeit weniger geschätzt wird als geistige. Für mich ist eine gute Straßenbeleuchtung ebenso wertvoll wie ein guter literarischer Text." Respekt! Wer die Künstler gegen die Techniker ausspielt, betreibt das Geschäft der Arbeitgeber.
Gagensteigerung: Bühne/ Kostüme?
Bühnen- und KostümbildnerInnen kommen als Berufsgruppe gleich gar nicht mehr vor.
Gagensteigerung: Krank?
Die Mindestgage im NV-Bühne verharrt weiterhin bei lächerlichen 1.765 Euro brutto - und damit genau auf 8,50 Euro Mindestlohn bei einer 48-Stunden-Woche. Sie wurde nicht um 2,3% erhöht. Somit profitiert nur das "bestehende" Personal, nicht die "Neuen". Auch gibt es weiterhin im Gastvertragsrecht keinerlei Mindest-Regelungen.

Diese "Steigerungen" kosten mich als Intendanten also keinen Cent mehr. Ich kann sie geschmeidig durch Neu-Einstellungen umgehen (sind ja alles Zeitverträge). Oder ich engagiere Gäste.

Ja, ein krankes System. Wir brauchen eine Strukturveränderung. Und die Gewerkschaften sind scheinbar so schwach, dass diese vom Bühnenverein ausgehen muss. Da kann man ja nur auf die "Nach-Bolwin-Ära" hoffen.
Gagensteigerung: Tarifsteigerung?
@#3
die tarifsteigerung gilt natürlch für alles personal, das auf nv bühne beschäftigt ist - also auch für fest angestellte bühnen- und kostümbildner. sie gilt natürlich nicht für freischaffende bühnen- und kostümbildner, die selbständig auf werkvertrag eine produktion betreuen.
Gagensteigerung: GDBA, wach auf, tu was!
#2 Starkult

Lieber Starkult,
ich kenne keinen Techniker, der für 1.765 Euro die Bühne betreten, geschweige denn einen Handschlag machen würde. Der Unterschied der gemittelten Gehälter und Gagen beträgt im Schnitt 20 % zwischen
Schauspielern, Tänzern, Sängern und
Technikern, Verwaltung, Chor und nochmals zu
Orchester.

Erst wenn die Gehälter der Gruppe ganz unten und ganz oben an die der Technik und der Verwaltung angeglichen worden sind, können Sie von einem gegenseitigen Ausspielen schwafeln. Wenn Sie Techniker sind, können Sie Ihre Kollegen in der Sonntagsschicht (plus 25% Zuschläge, die ein Schauspieler nicht bekommt), doch bitten, jeden Monat 300 Euro in eine Solidaritätskasse zu stecken, um Gerechtigkeit herzustellen.

Und ja, es ist eine Sauerei, dass die Mindestgage nicht erhöht worden ist. Wir hatten mit einer Geste gerechnet, damit, dass die Gage auf 2000 erhöht wird. Aber hier wird noch einmal klar, wie wenig das die Intendanten und Funktionäre des Bühnenvereins-ZK interessiert. Aber wenn ein Schauspieler schnell einspringen und eine Vorstellung retten soll, dann wird gesäuselt davon, dass wir nicht auf Dich verzichten können, liebe X, lieber Y.
Mensch, GDBA, wach auf, tu was! Diese Verhandlungen sind ein Armutszeugnis. Der Bühnenverein nimmt euch doch gar nicht ernst.
Geht mit 5 oder 6% ins Rennen und knallt eine Pressemitteilung raus. Dann steht das in der Luft, damit wir ein Gefühl bekommen, Ihr tut etwas für uns. Und Bühnenverein, schämt Euch!
Gagensteigerung: Mindestgage
@4

Die Mindestgage ist mit dem Passus "mindestens 75 EUR" gedeckt. Sie erhöht sich also auf 1.840 EUR. Jedenfalls dann wenn es hier so ist, wie in allen anderen Tarifrunden aller anderen Branchen. Ich sehe in der Pressemitteilung der GDBA allerdings gar keinen Hinweis auf ein anderes Vorgehen.
Gagensteigerung: keine Power
@Klaus M.

Nein, das stimmt nicht. Die Mindestgage bleibt bei 1.765 Euro. Die Tarif"erhöhung" gilt nur für Leute, die JETZT SCHON einen Vertrag haben. Für alle Neu-Einstellungen bleibt die Untergrenze bei 1.765 Euro.

Die Dynamisierung der Mindestgage parallel zu den Tariferhöhungen ist eine jahrzehnte-alte Forderung von sozial eingestellten Kolleg*innen (ich sage ausdrücklich nicht: "der Gewerkschaften"). Wenn wir diese Dynamisierung in den letzten 20 Jahren gehabt hätten, läge die Mindestgage längst schon über 2.500 Euro. Aber der Bühnenverein blockt hier ab. Und die GDBA hat weder Interesse noch Power, solche Forderungen duchzusetzen. Die schwadronieren lieber über den Untergang des Stadttheatersystems und machen sich dann in den einzelnen (Ost-)Theatern als "Retter" wichtig, indem sie einen Haustarifvertrag nach dem anderen verhandeln, anstatt klare Kante zu zeigen wie z.B. die DOV.
Gagensteigerung: fehlende Solidarisierung
Ja. So Zeichen der Solidarisierung. Das vermisse ich ungeheuer in diesem ganzen Theaterbetrieb, obwohl ich eine ganze Reihe von Menschen darin kennengelernt hatte, die ich zum solidarischen Verhalten willig und fähig fand. Bis in die jüngste Zeit hinein! Wer unspektakulär sich um die unhaltbaren Zustände sorgt, denen Asylsuchende in Berliner Warteschlangen ausgesetzt sind, so wie Ulrich Khuon das in einem offenen Brief vor nicht allzu langer Zeit angemahnt hatte zu ändern. Und dafür sogar logistische Hilfe anbot, wird ganz gewiss in der Lage zu sein: "Leute, wie ihr wisst, wird die Volksbühnen-Mannschaft mit einiger Gewissheit nicht mehr gebraucht demnächst und niemand von staatlicher Seite fühlt sich gemüßigt, da irgendwelche verbindliche Zusagen für den Erhalt ihrer theaterspezifischen Kompetenzen zu machen. Deshalb schlage ich vor, dass wir uns gemeinsam leisten, einen, sagen wir: Tischlermeister, zu übernehmen und dass dafür jeder Mitarbeiter unseres Hauses 10,-€ monatlich verbindlich in dessen Vergütung gibt und den Rest versuche ich anderweitig einzuklagen. Und ich werde mit meinem gewachsenen Anrecht auf Medienpräsenz, beispielsweise im Zusammenhang mit den bevorstehenden Autorentheatertagen, das auch öffentlich machen, zu welchen Mitteln wir uns hier gezwungen sehen, greifen zu müssen, um unseren schützenswerten Theater-Betrieb am Laufen zu halten..." So etwas zu sagen und öffentlich zu machen, traue ich dem Ulrich Khuon, so wie ich ihn vor langer Zeit kennenlernte, ohne Weiteres zu! Und mir fallen spontan auch noch zwei andere Berliner Intendanten ein, denen ich so etwas zutraue! Wenn ich hingegen unspontan gezielt über solche Sachen nachdenke, fallen mir gewiss noch mehr Intendanten ein, denen so etwas zuzutrauen wäre!!
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