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Hans Werner Henze gestorben

Das versprochene Land

27. Oktober 2012. Wie mehrere Medien melden, ist der Komponist Hans Werner Henze im Alter von 86 Jahren heute in Dresden gestorben. Dort war am 13. September in der Semperoper die dem Komponisten gewidmete Spielzeit mit Henzes 1976 uraufgeführter Antikriegsoper "Wir erreichen den Fluss - We come to the river" in seiner Anwesenheit eröffnet worden. Das Libretto stammt von dem britischen Dramatiker Edward Bond.

Henze war einer der bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts. 1926 wurde er in Gütersloh geboren, und hat die größte Zeit seines Lebens (seit 1953) in Italien gelebt. Auf seinem Landsitz bei Rom nahm er 1968 Rudi Dutschke und dessen Familie auf, der hier nach dem Attentat Wochen der Rehabilitation verbrachte. Hier lebte teilweise auch die Dichterin Ingeborg Bachmann, die mit Henze eng befreundet war und unter anderem die Libretti für seine Opern "Der Prinz von Homburg" und "Der junge Lord" schrieb, 1965 Henzes Durchbruch.

Henze gehörte zu den europäischen Komponisten, deren Arbeit von einem ausgeprägten politischen Denken geleitet war. Zeitweise gehörte er der Kommunistischen Partei Italiens an. Linke Dogmatiker feindeten ihn dabei lange ebenso an wie das bürgerliche Establishment. 1968 platzte die Hamburger Uraufführung seines Oratoriums "Das Floß der Medusa", da sich der RIAS-Chor weigerte, das Che Guevara gewidmete Werk unter einer roten Fahne zu singen. (Hier ein zeitgenössischer Kommentar Rudolf Augsteins). In seinem Leben hat Hans Werner Henze mehr als 130 musikalische Werke geschrieben, wie FR-Online gezählt hat, darunter nicht nur Opern, sondern auch Symphonien, Konzerte, Lieder und Filmmusik. Musik sei für ihn "das Gegenteil von Sünde – sie ist Erlösung, das versprochene Land", zitiert die Deutsche Welle den Komponisten.

(Schott Music / sle)

 

 

 

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Kommentare  
Hans Werner Henze: wegweisend
Ein großartiger Komponist unserer Zeit. Wegweißend!
Hans Werner Henze: Opernmuseum
Sorry g.g., den einzigen Weg, den Henze für mein analytisches Empfinden gewiesen hat, war der, ins sozialistische Opernmuseum. Er hat die Synthese von Bourgeoisie und Sozialismus realisiert. Helmut Lachenmann hat dafür im Henze-Streit die treffende Formel gefunden: Man wurzelt nicht in der Tradition, wenn man darin wurstelt. Hermann Scherchen, der große Uraufführungsdirigent von "König Hirsch", hat Henze sämtliche Arien rausgestrichen. Henzes 9. Sinfonie ist musikalisch nichts weiter, als ein zäher, langstieseliger Aufguss des "Wozzeck"-Expressionismus, der Betroffenheit aus Anna Seghers literarischer Vorlage erpresst. Ich finde diese Art von ästhetischer Leichenfledderei oder höherem künstlerischem Spekulantentum widerlich.
Hans Werner Henze: sozialistische Deutschlehrerin
@ guttenberg
Gut dass sie sich mit ihrem "analytischen Empfinden" selbst das Bein stellen. Was soll das sein? "Hat ihm die Arien rausgestrichen" - lächerlich! Klingt wie die Tat einer sozialistischen Deutschlehrerin!
Hans Werner Henze: Lessings Analytik
@3:
Den Begriff, der "mir ein Bein stellt" und Ihnen nichts sagt, können Sie in Lessings "Hamburgischen Dramaturgie" nachschlagen.

Der heißt dort "zergliedernde Empfindung" und bezeichnet die kritische Methode, die Lessing für ästhetische Urteile empfiehlt, nämlich: einen gewonnenen ästhetischen Eindruck ("Empfindung") "zergliedernd" (griech.: ana-lytisch) an den Quellen auf seine Stichhaltigkeit nachzuprüfen bzw. sich Rechenschaft abzulegen über die Rechtmäßigkeit und die Gründe dieses Eindrucks.

Macht ja nix, Musik von gestern zu mögen.
Hans Werner Henze: die rote Beflaggung
Lieber Guttenberg,
warum bedienen Sie sich hier des einen ehrenwerten Toten um dem anderen noch einmal kräftig nachzutreten? Kommt da nicht doch plötzlich der eigentlich bisher verleugnete Konservative bei Ihnen durch. Ich spekuliere mal, dass ihr ästhetischer Eindruck ("Empfindung") sich doch aus ganz anderen Quellen speist. Ich möchte mit Ihnen keinen Eklektizismusstreit vom Zaune brechen, und zu Ihrer Beruhigung auch Spiegel-Augstein selig hatte einige Probleme mit Henzes Musik und roter Beflaggung an Hamburgs Opern. Hier ein Link zum Spiegel-Archiv, das man schon allein dafür lieben müsste, dass es uns journalistische Stilblüten dieser Art erhalten hat.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45865158.html

Mit gestrigem Gruß, hochachtungsvoll
Ihr Stefan
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