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Reaktionen auf Veröffentlichung von Sparplänen in Thüringen

Kulturabbau mit der Brechstange?

21. August 2015. Die Künstlergewerkschaften GDBA, VdO und DOV verurteilen die jüngst publik gewordenen Neustrukturierungs- bzw. Sparpläne der Thüringischen Staatskanzlei. Dabei soll unter anderem das Deutsche Nationaltheater Weimar seine Opernsparte verlieren, Eisenach die Landeskapelle auflösen und die Thüringen Philharmonie Gotha mit dem Orchester in Erfurt fusionieren.

Protest der Künstlergewerkschaften

In ihrer gemeinsamen Pressemitteilung zitieren GDBA und VdO die Koalitionsvereinbarung der in Thüringen regierenden Linkspartei, SPD und Grünen, die Regierung strebe den "Erhalt aller Thüringer Theater und Orchester in ihrer bestehenden Form, Struktur und Bandbreite an". Mit den Sparplänen stelle sich Thüringen hingegen "in die unselige Tradition des Kulturabbaus mit der Brechstange in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern". Die Gewerkschaften nennen es "fatal, wenn eine Theaterreform über die Köpfe der beteiligten Künstlerinnen und Künstler sowie ihrer Gewerkschaften hinweg durchgedrückt werden sollte" und appellieren an die Staatskanzlei und Minister Benjamin-Immanuel Hoff (Linkspartei), den Dialog mit den Betroffenen zu suchen. Dafür plädiert auch die DOV. Sie nennt den Umgang mit den Künster*innen in ihrer gesonderten Erklärung "unwürdig" und weist darauf hin, dass in den vergangenen 25 Jahren in Thüringen von ehemals über 1000 Musikerstellen bereits über 400 abgebaut worden seien.

Verteidigung des Ministers und Kritik an früher Veröffentlichung

Der Minister Benjamin-Immanuel Hoff hat die Pläne in einem Blogbeitrag in der Community-Sektion auf freitag.de (20.8.2015) verteidigt. Ziel sei es, "langfristig stabile Strukturen zu schaffen sowie Finanzierungssicherheit und Tarifgerechtigkeit herzustellen." Der Umbau solle "behutsam und ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen." Er verteidigt außerdem das Vorgehen, "zunächst in einem nichtöffentlichen Raum unterschiedliche Varianten" zu entwickeln und abzuwiegen und kritisiert die Thüringische Landeszeitung, die "Zwischenstände (...) geleakt" habe und damit nun vor der Zeit "Ängste und Befürchtungen" schüre. Es seien noch keine "abschließenden Festlegungen" getroffen worden, ein "auf politischer Ebene konsentiertes 'Strukturpapier' der Staatskanzlei", wie es die TLZ erwähnt, "existiert nicht." Erst für Oktober sei "der Abschluss des Diskussionsprozesses" geplant, nach Gesprächen mit allen betroffenen Intendanten und Oberbürgermeistern.

Weimars Intendant bittet um Diskretion

Update 22. August 2015. Hasko Weber, der Generalintendant von Nationaltheater und Staatskapelle Weimar, übt in einer am 20. August verbreiteten Erklärung ebenfalls Kritik an der frühen Veröffentlichung "separater Aspekte langfristiger Perspektiven", die fälschlicherweise bereits als "reale Fakten" in die "öffentliche Debatte überführt" worden seien. "Das ständige Ringen um die Finanzierbarkeit kultureller Einrichtungen (...) verpflichtet alle Beteiligten zum Nachdenken und zur genauen Prüfung. Erst dann ist eine Diskussion in den Ensembles und im öffentlichen Raum sinnvoll zu führen. Es muss darum gehen, weiterhin vertrauensvoll im Gespräch zu bleiben und dafür bedarf es des Respektes und immer auch der Diskretion." Deshalb wolle er die Darstellungen in der TLZ "bewusst nicht kommentieren".

Proteste in den Kommunen

Update 23. August 2015. Nach den Protesten der Künstlergewerkschaften kündigten auch Politiker in den betroffenen Kommunen und Landkreisen Widerstand an. Laut der Thüringischen Landeszeitung (21.8.2015) sagte der Gothaer Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD): "Eine Lösung gegen Gotha wird es mit uns nicht geben. Stadt und Landkreis werden bei einem Zusammenschluss mit Erfurt das Orchester nur unterstützen, wenn der Sitz in Gotha verbleibt."
Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) findet, "besonders vor dem Hintergrund des Lutherjahres 2017 mit den vielen auch internationalen Gästen in der Stadt wäre eine Spartenschließung das falsche Signal."

Nur der Generalintendant des von den Plänen der Staatskanzlei begünstigten Theaters Erfurt hält sich bedeckt. Guy Montavon wollte lediglich "Gespräche in der Staatskanzlei" bestätigen, eine Stellungnahme dazu werde es jedoch vom Theater Erfurt derzeit nicht geben, da es sich noch in den Theaterferien befinde.

Intendant Theater & Philharmonie Thüringen: fertiges Konzept liegt noch nicht vor

Update 25. August 2015. Heute zeigt sich auch Kay Kuntze, der Generalintendant von Theater & Philharmonie Thüringen "überrascht und irritiert, in der öffentlichen Diskussion Teile gedanklicher Gesprächszwischenstände zur Zukunft der Thüringer Theater- und Orchesterlandschaft vorzufinden. Ansatz der Gespräche in diskretem Rahmen war, verschiedene Modelle für eine langfristige, gerechte, künstlerisch sinnvolle und sozial verträgliche Gestaltung der Zukunft für die Thüringer Theater und Orchester unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten der Kommunen zu diskutieren und zu bewerten. In diesem Zusammenhang ist über unterschiedlichste Modelle und Überlegungen gesprochen worden, die der Prüfung und Ausgestaltung bedürfen. Meines Wissens ist dieser Prozess weder abgeschlossen, noch liegt ein konkretes, abschließend diskutiertes und bewertetes  Konzept vor. Wir haben ein leistungsstarkes Team bei Theater und Philharmonie Thüringen mit Entwicklungspotential und ich gehe davon aus, dass alles dafür getan wir, diese Leistungskraft zu erhalten und weiterzuentwickeln."

Christian Thielemann fürchtet Versagen des Kulturbürgertums

Update 31. August 2015. Der Widerstand gegen die vorab bekannt gewordenen Pläne des thüringischen Staatskanzleiministers Benjamin-Immanuel Hoff zur Umstrukturierung der thüringischen Theaterlandschaft gehen weiter.

Inzwischen hat sich auch Maestro Christian Thielemann, musikalischer Vormann in Bayreuth und Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, zu Wort gemeldet. Das Kulturbürgertum müsse "Rabatz machen, aber fundiert!" zitiert ihn die Thüringischen Landeszeitung (27.8.2015). "Die vermeintlich kleinen Orchester" wie in Eisenach, Gotha und Altenburg/Gera seien als Talentschmieden unverzichtbar. Kommende Stars kämen fast immer aus der sogenannten Provinz.

Auch der ehemalige thüringische Kulturminister Christoph Matschie (SPD), inzwischen einfacher Landtagsabgeordneter, hält die bekannt gewordenen Pläne aus der Staatskanzlei für "grundfalsch" und verlangt, laut Thüringischer Landeszeitung, die "Theater- und Orchesterstruktur als Standortvorteil sinnvoll weiterzuentwickeln".

Genauso wie der frühere Intendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, Stephan Märki, mittlerweile Intendant in Bern, protestiert auch sein ehemaliger Antipode, der Weimarer Oberbürgermeister Stefan Wolf (SPD) gegen die Pläne der Staatskanzlei. Laut Thüringischer Landezeitung fordert Wolf, genauso wie Märki, die Oper in Weimar zu erhalten.


(GDBA / VdB / DOV / freitag.de / Nationaltheater Weimar / Theater & Philharmonie Thüringen / Thüringische Landeszeitung / ape / jnm)

 

Kommentare  
Protest gegen Sparpläne Thüringen: für einen Einheitstarifvertrag
Die Notwendigkeit eines Einheitstarifvertrages
Es ist wichtig, gegen die Kürzungen und Strukturvorschläge zu demonstrieren, aber in einer solchen Situation sollte ergänzend noch einmal darüber nachgedacht werden, ob es richtig und gerecht ist, dass in einem Theater Mitarbeiter in drei verschiedenen Tarifverträgen angestellt werden - Schauspieler, Sänger und Assistenten im Normalvertrag Bühne, Mitarbeiter der Verwaltungen und der Technik im Vertrag des öffentlichen Dienstes und Musiker im Sondervertrag des TVK. Der Unterschied zwischen jährlich kündbaren, jungen Schauspielern, die 1700 Euro brutto verdienen und dafür 100 Abende im Jahr auf der Bühne stehen und die restlichen Zeit in schwierigen Proben mit meist ungeregelten Dienstzeiten stecken auf der einen, und unkündbaren Musikern mit Spitzengehältern die bis zu drei Mal so hoch sind wie die eines Schauspielers und geregelten Dienstzeiten ist in einer nach Gerechtigkeit strebenden Gesellschaft dringend angezeigt.
Es ist an der Zeit, über einen Einheitstarifvertrag für alle Mitarbeiter der Theater nachzudenken, wie ihn die Enquetekommission vor einigen Jahren vorschlug. Dann werden viele finanzielle Probleme besser gelöst.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Angstschürung ohne Presse
Das ist sehr rücksichtsvoll, dass die Presse einen Rüffel dafür bekommt, dass sie zur Unzeit Ängste und Befürchtungen schürt. Wo das die Politik doch etwas später ganz allein und ohne Presse schafft!
Protest gegen Sparpläne Thüringen: wie soll das gehen?
Zitat A. Cotard: "Es ist an der Zeit, über einen Einheitstarifvertrag für alle Mitarbeiter der Theater nachzudenken, wie ihn die Enquetekommission vor einigen Jahren vorschlug. Dann werden viele finanzielle Probleme besser gelöst."
Wie soll das gehen? Wie die Vertraglichen Interessen von z.B. Schreinern, Schauspielern und Pförtnern unter einen Hut bringen, vorallem so, dass noch jemand durchblickt?
Aber bitte mich jetzt nicht missverstehen. Das Leistungs-/Vergütungsgefälle ist unerträglich.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Einheitstarif zweigeteilt
Eventuell könnte man zweigeteilte Einheitstarife denken. Einen einheitlichen Ausgangstarif für künstlerisches und betriebspraktisches Personal, an die Orchester-Tarife halbwegs gerecht angepasst. Und dazu einen Aufbautarif, einen ebenso vereinheitlichten. Getrennt einmal für die künstlerischen und einmal für die betriebspraktisch tätigen Angestellten in den Orchestern und Theatern???
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Ausarbeitung Einheitstarifvertrag
Das Modell eines Einheitstarifvertrages

Ein Einheitstarifvertrag würde alle Mitarbeiter gleich behandeln. Die Umstellung auf einen neuen Vertrag für alle müsste sehr behutsam erfolgen. Er würde zu Anfang für alle Neueinsteiger in Kraft treten und könnte dann sukzessive auf den gesamten Personalstamm ausgeweitet werden.

Wichtig ist es dabei, dass in einem einfachen Grundvertrag alle wichtigen Aspekte so geregelt werden, dass sie für alle Berufsgruppen gelten können - so einfach wie möglich:
Beruf/ Funktion, Gehalt, Zeitraum der Beschäftigung und Grunddienstzeiten nebst Diensteregelung.
Damit werden alle Mitglieder des Theaters gleich gestellt.

Es gilt:
ein einheitliches Entlohnungsschema, nach Leistung kombiniert mit Senioritöt und abhängig von der finanziellen Kraft des Theaters, dabei gibt es Untergrenzen, die den jetzigen Bruttomindestlohn für Schauspieler nicht unterschreiten dürfte,
eine klare, vereinheitlichte Diensteregelung, mit einheitlichen Zusatzpauschalen für Zusatzdienste, Überstunden, Sonn- und Feiertagsdienste,
und eine klare Kündigungsregelung zum Ende der jeweiligen Spielzeit, wie es der NV-Bühne festlegt.
Nicht nur bei Gehältern und Diensten, besonders bei den Kündigungsfristen muß der Gleichheitsgrundsatz für alle Beschäftigten gelten.
In Besonderen Vereinbarungen könnten dann die Besonderheiten der Berufsgruppen berücksichtigt werden.
Mehr ist im Prinzip für die Vereinheitlichung der Vertragssysteme nicht nötig.

All das setzt voraus, dass das Theater als künstlerischer Betrieb verstanden wird, von allen Mitarbeitern, auch von den Gewerkschaften. Es würde zudem voraussetzen, dass sich die Politiker mit den Gewerkschaften an einen Tisch setzen. Thüringen könnte ein Modellland für einen solchen Vertrag werden.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: transparente Gagen
# 4
Auch eine Zweiteilung, wie Sie sie vorschlagen, wäre auf lange Sicht hin umsetzbar. Ich denke an eine Staffelung, mit Grundgagen und Leistungszuschlägen - für herausragende künstlerische und betriebliche Leistungen. Für Städte, in denen die Mieten unerschwinglich sind, München, Berlin, etc., könnten die Grundgagen erhöht werden.
Für Leitungspersonal gibt es abweichend davon Verträge, die an die Vertragslaufzeit des Intendanten gebunden sind, und transparent vergütet werden.
All das geht schon ins Detail, wichtig wäre es, den Gedanken bei den Entscheidungsträgern zu verankern.
Wichtig wäre mir dabei der Begriff der Gage. Alle Mitarbeiter sind künstlerisch beschäftigt und werden engagiert, natürlich auch der Musiker, der kein Beamter ist.
Gerechtigkeit und Transparente Gagen!

Dies würde die Verwaltungen der Theater entlasten, die Juristen und Personalabteilungen, die Tarifverhandlungen, all die vielen Verhandlungen über Gagen. Ein positiver Nebeneffekt wäre, dass die exorbitanten Gagen für Gastsänger und z.T. für Gastschauspieler eingedampft werden könnten, weil die Agenturen den Preis oft auch an den Obergrenzen der fest engagierten Solisten anlehnen, plus einem entsprechend hohen Aufschlag.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: für besseres Laienverständnis
Sehr geehrter Herr oder sehr geehrte Frau Cotard - es sieht so aus, als hätten Sie sich schon lange sehr konkret mit diesen Dingen beschäftigt, bei mir hingegen ist das gegen Ungerechtigkeit allgemein aufbegehrender Protest, was meine Vorschlag so einfach und naiv daherkommen lässt. Ich fände es für ein besseres Laienverständnis hilfreich, wenn Sie einmal drei konkrete Fallbeispiele hier brächten zum Nachvollzug. Einen konkreten Entwurf für einen Tischler oder Bühnentechniker, einen Schauspieler und einen Mitarbeiter z.B. Künstlerisches Betriebsbüro mit unterschiedlichen Dienstjahren. Wichtig finde ich jeden Falls eine Orientierung auch bei den Bruttomindestlöhnen für Schauspieler an den Bruttomindestlöhnen der Musiker in den Kulturorchestern, damit die Spirale der betriebsbedingten Kündigungen und deren Folgen für die Theater- und Orchesterlandschaft gestoppt werden kann.
Freundlichst - d.o.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: ein gerechteres Gagensystem
Für ein gerechtes Gagensystem am Theater

Sehr gerne.
Wir müssen nicht wirklich zwischen diesen drei Gruppen differenzieren.
Das Mindesteinstiegsgehalt liegt für alle bei 2000,- Euro brutto, das ist über der Mindestgage für Schauspieler und Assistenten beim NV-Bühne Vertrag, aber ein ungefähres Einstiegsgehalt für fast alle künstlerischen Gruppen, Assistenten, Inspizienten, Mitarbeiter des Betriebsbüros.
Es gibt Aufschläge für nachweisbare Beschäftigungs- oder Dienstjahre, für jeweils 2 Jahre 100 Euro, so dass ein Mitarbeiter nach zwanzig Dienstjahren bei 3000 Euro Gage liegt. Dort setzt die Kappung ein. Mehr als 3000 Euro Grundgehalt gibt es nicht.
Nun gibt es nur noch Zulagen für besondere Leistungen, wie ich sie schon ansprach: herausragende solistische oder betriebliche Leistungen, die von den Leitern der Sparten und Abteilungen vorgeschlagen und von der Theaterleitung vergeben werden. Ein Beispiel: Eine Sängerin singt statt der üblichen 2 sogar 3 oder 4 Premieren in einer Spielzeit mit dauerhaft hoher Qualität, ein Schauspieler spielt in 5 neuen Produktionen pro Spielzeit, ein Tischler arbeitet ein ganzes Jahr konzentriert, innovativ und nahezu fehlerfrei, die Regieassistentin arbeitet in allen Produktionen konzentriert und engagiert.
Ständige Zulagen gibt es auch für Protagonisten und Solisten im Orchester, Sängerinnen, die ständige große Partien singen, Vorarbeiter in Werkstätten und Technik, leitende DramaturgInnen, Konzertmeister, erste Pulte und SolistInnen im Orchester, je nach Wirtschaftskraft des Theaters zwischen 200 und 500 Euro, für alle in gleicher Höhe und - wichtig - immer transparent.
So haben wir ein Gehaltsgefüge, das einheitlich und transparent ist, und vor allem nicht mehr diese riesigen Unterschiede zwischen NV Bühne und TVK (Orchestertarife) hat.

Nun zu den Beispielen:
Eine junge Schauspielerin kommt direkt von der Ausbildung und erhält die Anfangsgage von 2000 Euro. Nach zwei Jahren stellt sich heraus, dass sie alle großen Rollen spielen wird, weil sie sich so hervorragend entwickelt hat. Sie bekommt zusätzlich zu den 2000, 100 Zulage für die ersten beiden Berufsjahre (Seniorität), 300 Zulage für ihre Protagonistenrolle und 200 Extrazulage für besondere Leistungen und landet bei 2.600.

Ein Tischler ist 10 Jahre am Haus und im Beruf, ist Vorarbeiter in der Werkstatt.
Zu den 2000 Euro Grundgehalt kommen 500 Euro für die 10 Berufsjahre und 300 für seine Funktion als Vorarbeiter. Er bekommt 2.800 Euro.

Ein Musiker ist 20 Jahre am Haus, er sitzt am ersten Pult der Celli.
Zu den 2000 Euro kommen 1000 Euro für die Berufsjahre und 300 Euro für die Solostelle = 3.300 Euro.

Eine Mitarbeiterin des Betriebsbüros ist sieben Jahre im Haus, zu den 2000 Euro kommen 300 Euro Zulage für die Berufsjahre und 200 Zulage für engagierte Arbeit, das sind 2.500 Euro.

(Die Vergabe von Zulagen für gute und engagierte Arbeit setzt natürlich voraus, dass in den Theatern kontinuierlich Mitarbeitergespräche stattfinden, auf deren Basis die Chefs dann die Leistungszulage festlegen. Das wird nicht jedem schmecken, ist aber auch wieder sehr transparent.)

Ich denke, das wäre ein sehr gerechtes und sehr transparentes System. Eine Kombination aus Festgehalt, senioritäts- und leistungsbezogenen Elementen für alle gleichermaßen, und für alle vom gleichen Startpunkt.
Ist das nachvollziehbar?

Dank an nachtkritik, dass wir ein Forum zum Austausch haben!
Proteste Sparpläne Thüringen: das bißchen Trällern
Das heist als Beispiel das was jetzt die Theaterbetriebszulage ist, welches ein Schreiner ja nicht bekommt, geht z.B. in der Zulage für engagierte Arbeit auf?
Wo es auch hakelig wird, ist die subjektive Einschätzung und deren Vergleichbarkeit von engagierter Arbeit. Ein Schreiner kann doch sagen "Das bischen Trällern ist doch keine besondere Leistung aber ich schleppe hier meine Knochen kaputt."
Ich weis, etwas zusehr Überspitz, aber ich Glaube, es wird deutlich, wo ich die Probleme sehe.
Proteste Sparpläne Thüringen: Gerechtigkeit statt Pyrrhussiegen
Gerechtigkeit

Danke für den Hinweis. Natürlich ist die Vergabe von Leistungszulagen immer auch mit einer hohen Subjektivität in der Einschätzung verbunden, aber es gibt Leistungen, die sind sichtbar, eine Sängerin, die immer wieder mit großer Brillanz ihre Partien singt, der Schreiner, der seine Arbeit ordentlich erledigt, die Dramaturgin, die ihren Anteil daran hat, dass die Probenprozesse gut verlaufen.
Wenn die Spartenchefs und Abteilungsleiter ein wenig darin geschult werden, mit ihren Mitarbeitern umzugehen, zu arbeiten, sie gerecht einzuschätzen, dann läßt sich das einfach umsetzen. Es ist ja nun auch keine Erfindung, sondern funktioniert in anderen Bereichen seit mehr als 30 Jahren.
( A propos: Ich kenne keinen Theaterschreiner der sagt, das bisschen Trällern, jeder in der Werkstatt weiß, wenn dort oben auf der Bühne nichts mehr geht, ist das Theater in Gefahr. Aber richtig, ein wenig mehr Solidarität unter den drei großen Gruppen, Künstler, Verwaltung/Technik, Orchester, würde vielen Theatern gut tun. Was kann man dagegen tun?)

Warum wehrt sich "das Theater" - damit meine ich einen Teil der Mitarbeiter, niemals alle - gegen vieles, das neu von außen kommt. Der Spruch "Das haben wir immer so gemacht", den viele neue KollegInnen an Häusern hören, auch Gastregisseure, Gäste überhaupt, ist auf Dauer nicht aushaltbar. Und so können eben auch keine gerechten Vertragssysteme eingeführt werden, weil es immer schon so gemacht wurde.

Die Theater müssen sich stärker wandeln - und damit meine ich nicht, sich im Wind drehen, in jede Mode hinein (siehe das Thema Öffnung), sonst verlieren sie ihre gesellschaftliche Bedeutung und ihren Anschluß, zumindest in der Provinz. Für alle die in Berlin, München, Hamburg, Hannover, Stuttgart oder Düsseldorf und Köln sitzen, ist das vielleicht nicht sichtbar, aber das Theater in den Provinzen und Ländern verliert an Bedeutung, am schlimmsten betroffen davon, die Länder des Ostens, Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Alle drei bis fünf Jahre rollt zyklisch und vorhersehbar eine neue Welle an Kürzungen heran und läßt die Substanz weiter zusammen schrumpfen, bis nur noch ein Staatstheater und ein Karussel an Bespieltheater übrig bleiben.
Während einige geschickte Theatermacher es schaffen, die Aufmerksamkeit auf ihr Haus zu lenken, lenken sie zugleich ab von der Problematik in den anderen Städten des Bundeslandes. Was nützt es, wenn in Rostock der ohnehin bescheidene Status Quo erhalten bleibt, wenn Anklam, Greifswald, Stralsund, und vielleicht sogar Schwerin zur Debatte stehen? Das sind Pyrrhussiege!

Mehr Gerechtigkeit denken in den Theatern, aber auch in den Theatersystemen der Länder. Ich würde es begrüßen, wenn man sich auf einer der nächsten Sitzungen des Deutschen Bühnenvereins damit beschäftigen würde. Vielleicht gelingt dies ja mit der neuen Präsidentin.
Es ist mir noch immer ein Rätsel, wie Intendanten aus gesicherten Theatern ihren Kollegen auf dieser Veranstaltung in die Augen schauen können, deren Theater zur Disposition stehen, ohne sofort Solidarität zu bekunden.
Ich werde mich dazu bei anderer Gelegenheit äußern.
Proteste Sparpläne Thüringen: Leistungsanforderungen beschreiben
Sehr geehrte/r A. Cotard - danke, das war sehr anschaulich und beweist mir zweierlei Dinge: mehr Transparenz und Gerechtigkeit bei den künstlerisch Beschäftigten, Musikern UND Theatermitarbeitern ist sehr wohl machbar!! Weil sie ja denkbar und schon von eher - nehme ich an - weniger diesbezüglich Kompetenten wie Ihnen und mir ziemlich konret beschreibbar ist! Wie leicht muss das erst für Leute sein, die z.B. in der Intendantengruppe des DBV hochkompetent und entsprechend politisch schwergewichtig die Interessen der Bühnenangestellten vertreten!!
Ein bisschen Schwierigkeiten - auch für das dauerhafte Durchhalten einer Transparenz -hätte ich bei Ihrem Vorschlag ebenfalls mit der Leistungsaufstockung nach jeweiligem Leitungsbeschluss. Ich hätte nicht prinzipiell etwas dagegen, hielte sie aber nur für gerecht machbar, wenn in den Stellen"plänen" ziemnlich konkret die normalen Leistungsanforderungen an eine Stelle beschrieben sind. Wenn z.B. für eine Referentenstelle der normale Umfang, die sagen wir Zweisprachigkeit und die Zuständigkeit im selbstständig zu arbeitenden Schriftverkehr festgeschrieben ist und ich habe dann festgestellt, nach einem halben Jahr, dass mir vollkommen selbständig erstellte Schriftstücke zur Unterschrift vorgelegt werden, die in einer Sprache abgefasst wurden, die zunächst gar nicht verlangt wurde für die Stelle und so Kontakte für z.B. den Theaterbetrieb hergestellt wurden, die sonst mit viel größerer Zeitverzögerung und nicht gleich in dieser konstruktiven Qualität hätten hergestellt werden können, dann ist das eine messbare Zusatzleistung! Und wenn dann die Leitung einen Leistungszuschlag beschließt ist das für alle anderen Mitarbeiter nachvollziehbar! Das heißt, für Ihre Vorschläge, die ich sehr realistisch finde, wäre eine zweite Voraussetzung die genaue Beschreibung der Tätigkeitsprofile für Verträge und diese wären dann ebenfalls Bestandteil der neuen, gerechteren tariflichen Festlegungen. Mein zweiter Einwand wäre, dass man immer an die Finanzierbarkeit auch denken muss. Und dafür schiene es mir wichtig, dass in den Orchestern eingesehen würde, dass der Musikerberuf und der Schauspielerberuf ganz viele Gemeinsamkeiten haben sowohl in der Ausbildungsqualität als auch in der Ausübungsintensität. Die einzige Erleichterung in einem Schauspielerleben im Vergleich zum Musikerleben sehe ich hier darin, dass ein Schauspieler beim Textlernen nicht gleich Ärger mit der Wohn-Nachbarschaft bekommt, weil die auch denken kann, da läuft halt der Fernseher... DAS ist bei Musikern, die es mit den täglichen Übungen für den Niveauerhalt ihrer Kunst sehr ernst nehmen wirklich anders. Deshalb bleibt ihnen oft nichts anderes übrig, als Probenräume extra deshalb anzumieten, belastetende Nachbarschaftsstreitigkeit bis vor Gericht auf sich zu nehmen oder sich eben um das Einzelwohnen in Ein-Familienhäusern zu bemühen. Wären aber die Orchestermusiker einsichtig in die Verquicktheit ihrer Arbeit mit den Opern und Theatern, und würden ihre eigene Gefährdung durch die tarfiliche Ungerechtigkeit sehen, könnte man sie vielleicht überzeugen drei Prozent ihrer Gagen durchweg zu verzichten, wenn diese nicht zurück in die staatlichen Verteilungssysteme, sondern ganz konkret zur Herstellung der größeren Gerechtigkeit an die Schauspieler und die anderen Tätigen im künstlerischen Betrieb Theater/Oper gingen. Den es ist völlig klar, dass eine Gleichstellung durch Erhöhung auf das Niveau der DOV-geschützten Musiker in den Kulturorchestern vollkommen unrealistisch ist, wenn man den Staatshaushalt im Ganzen betrachtete...
Auch Ihrem Dank an nachtkritik möchte ich mich anschließen.
Proteste Sparpläne Thüringen: muss alles bleiben wie es ist?
#8
Interessant, es wäre schön, wenn so etwas klappen würde ... (das Grundgehalt müsste aber wohl eher höher als 2.000 EUR liegen). Allerdings werden die Gewerkschaften (DOV vor allem, VdO und Verdi aber auch) einem solchen Tarifvertrag niemals zustimmen. Auch der Bühnenverein als Vertreter der Arbeitgeberseite wird davon nix halten.
Trotzdem wäre der Einheitstarifvertrag für alle Berufsgruppen und alle Theater das richtige Mittel!

Das was die Thüringer Landesregierung zu versuchen scheint, ist jedoch etwas anderes - und das ist genauso wichtig: Die Flächen-Tarifverträge bleiben unangetastet, aber alle Theater und Orchester sollen wieder zu ihnen zurück. Also keine HTV oder NTV mehr.
Damit würden für alle Beschäftigten in Thüringen wieder gleiche Bedingungen geschaffen. Das ist doch was. Und das bei einer Bestandsgarantie für alle Standorte und ohne betriebsbedingte Kündigungen.
Und anscheinend spricht das Land mit den Städten, Kreisen und mit den Theaterleitungen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Insgesamt, würde ich sagen, versucht Thüringen gerade die Quadratur des Kreises. Ich denke, man sollte das Ende dieses Prozesses abwarten ...

Doch natürlich gibt es sofort die üblichen Reflexe: Kulturabbau ... schlimme Politik ... Kulturfeinde .. Gleichmacherei. (Es fehlt noch der IS-Vergleich).

Gibt es eigentlich eine konservativere Gruppe als Theaterschaffende? Gibt es eine andere Haltung als: Alles muss so bleiben wie es ist! Veränderungen sind der Tod! Ganz egal, was in der Welt passiert, Finger weg von den Theatern!
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Erdrutsch im Osten
Aber es ist ganz wichtig, dass die interessierte Öffentlichkeit genau verfolgt und kommentiert, was derzeit in Thüringen passiert. Im Osten Deutschlands sind in drei Bundesländern erdrutschartig ganze Theaterlandschaften zerstört worden, um Bruchteile von Länderhaushalten einzusparen, die an anderer Stelle weit weniger weh getan hätten. (Insofern ist die Öffentlichkeit, die Nachtkritik auch für das Kulturpolitische schafft so wichtig.)

In Mecklenburg, in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg, sind generalstabmäßig ganze Standorte geschlossen oder in Bespielorte umgewandelt worden, es wurden Theater unüberlegt in Fusionen gezwungen und Kooperationen angestiftet, die weder künstlerisch, noch wirtschaftlich Sinn machen.
Im Osten Deutschlands sind seit der Wende aus Gründen struktureller Bereinigung mehr als zehn Theater fusioniert worden, angefangen beim Nordharzer Städtebundtheater (91), über Gera/ Altenburg (94), Greifswald/Stralsund (94, dann wieder aufgelöst, und wieder seit 2006), Neubrandenburg/neustrelitz, bis Meiningen Eisenach (2010).(in dieser Zeit im Westen Deutschlands nur eine Fusion, Hildesheim/Hannover).
In jedem dieser Theatergebilde, von Beratern vorbereitet, am grünen Tisch geplant und vom Bühnenverein gebilligt, gibt es noch heute erhebliche Nachwehen. Und künstlerisch hat sich keines davon erholt.
Inzwischen hat sich selbst der Bühnenverein davon distanziert und eine Abkehr von der Förderung von Fusionen öffentlich verkündet (12/13).

Auch Kooperationen, Verschiebungen von Akzenten und Strukturveränderungen machen nur dann Sinn, wenn dadurch etwas Neues entsteht (ein großes Thüringer Tanztheater als Joint Venture aller Bühnen?) oder die künstlerische Qualität dauerhaft verbessert wird. Was bis jetzt durchsickert, klingt nicht danach. Warum Weimar mit der besten Oper in Thüringen gerade seine Sparte opfern und an das eine Liga tiefer spielende Erfurt überreichen sollte, entbehrt jeglicher Logik.

Vielleicht sollte die Thüringer Landesregierung mit ihrem reflektierten und die Themen klug sondierenden Kulturminister einfach einen Schritt zurücktreten und überlegen, wie man die Theaterstruktur erhalten und weiterentwickeln, und die Bürgermeister dafür gewinnen kann, auch ihre Beteiligungen in den nächsten Jahren zu Schultern. Die Theater sind vielerorts die größten Arbeitgeber im Osten, auch das muß bedacht werden.

Zuletzt noch einmal zu den Tarifen, die m.E. Ein Schlüssel für den finanziellen Frieden sind. Die Rückkehr in die Tarife ist immer zu begrüßen, aber nicht um jeden Preis. Sie darf kein Danaergeschenk sein, verbunden mit Stillhalten beim Abbau von Stellen. Die Stellen in den Personalplänen und die Sparten sind das, um was gekämpft werden muß. Sind sie erst einmal weg, kommen sie niemals wieder. Ich erinnere mich nicht daran, dass in der Bundesrepublik jemals eine geschlossene Sparte nach Jahren wieder eröffnet wurde.
Wenn man jedoch aus dem Flächentarifvertrag aussteigen und einen eigenen Tarifvertrag aufsetzen würde, würde die Thüringische Landesregierung einmal im Jahr mit den Arbeitnehmervertretern der Thüringer Theater verhandeln. Keine Verhandlungen mehr auf drei Ebenen, deren Ergebnisse für beinahe alle undurchschaubar sind. Klare, gut vermittelbare Ergebnisse.
Gerechtigkeit, Transparenz, künstlerische Bestleistungen, and - don't forget - alles für ein gewogenes und wachsendes Publikum.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Problem der Fusionen
Es geht m. A. nach darum, dass man sich keinesfalls im Glauben, dies würde auch nur eine einzige Sparte retten, in den Automatismus hineinbegibt, aus Flächentarifverträgen Haustarifverträge zum machen. Das Bestreben war in den von Ihnen erwähnten Fusionsbestrebungen nach meiner Beobachtung immer der einleitende Anfang vom Ende: 1. der (standesdünkelhafte) Keil, der zwischen Orchester/Bühnenmusiker und den anderen Bühnenangestellten getrieben wurde 2. die Auflösung der festen Ensemble-Struktur hier und die Spirale von Verzicht auf ZulagenWeihnachtsgeld13.Monatsgage usw. dort 3.die angestrebte/empfohlene GmbH-Gründung zur vermeintlichen Orchester/Theater-Rettung, die selbstredend mit der Schaffung eines Haustarifvertrages einhergehen müsse. Der dann für die Theater durchgesetzt wurde und für die Orchester gegen die DOV nicht. Was dann entweder in die Theater-Abschaffung oder in die Orchesterabwicklung auf der Grundlage möglich gewordener betriebsbedingter Kündigungen führte sowie in der Folge zu Fusionen auf niedrigerem künstlerischen Niveau und Neu(aus)gründungen von Kammermusik-Ensembles, die dann nur noch projektbezogen und als Vereinigung von Freiberuflern tätig waren. Die Orchester-Fusionen waren mittelfristig erneut durch das gleiche Prozedere gefährdet und nunmehr noch leichter abwickelbar. Weil nicht mehr durch Opern-Aufgaben oder Theater-Anbindung an einen Gebäudekomplex gebunden. Und die Theater waren inzwischen ohnehin inhaltlich, bis ins Formale ragend, auf BeschränkungVerkleinerungAbschaffung festgelegt. An u.a. die Übernahmen von durch Schauspieler geplante und durchgeführte Repertoire-Matinee-Veranstaltungen als Ersatz für vorgestellte Stücke. Gehören Inszenierungen mit erzwungen geringster Darstellerzahl, die durch Video- und Filmeinsatz Inhalte zunehmend nicht-darstellerisch kompensieren. Gehören zunehmende, Kreativität und Könnens-Erhalt verschleißende Theater- und Konzerttätigkeit in Bussen und Fliegern… Nach den hier vorgestellten Modellen, kombiniert, sollte es möglich sein, dass ausgewählte 10 Intendanten beispielhaft für ihre konkreten Häuser einmal – und zwar ebenso schnell wie gründlich - den neuen finanziellen Bedarf/die neu strukturierten Tarifgestaltungsvorschlage auf der Grundlage konkreter, einheitlich festgelegter Stellen-Leistungsprofile vorlegen, von denen dann hochgerechnet werden kann auf Landes(Länder)bedarf. Nach meiner Erfahrung braucht die Politik als Arbeitsgrundlage konkrete finanzielle Bedarfsforderungen, um arbeitsfähig zu sein. Ich kann als Minister nicht sagen, ich brauche mehr Geld, weil Kultur sein muss und mich dann wundern, wenn ich zur Antwort bekomme, mehr Geld haben wir nicht im Staatsetat. Auch wenn wir als Regierung wissen, dass Kulturerhalt lebensnotwendig für unsere Gesellschaft, die wir zu verwalten haben, ist. Nein, ich muss vorher mit Augenmaß sehen, wie ich in meinem, mit meinen fachlichen Kompetenzen überschaubaren Feld auf vergleichbarem Leistungsniveau tariflich umstrukturieren kann. Und dann einen im Sinne des sozialen Friedens gerechter verteilten, konkret genauen Mehrbedarf ermitteln und den dann weiterreichen. Und dann kann der auch beschieden weil konkret als Ausgabe eingeplant werden. Es geht um ordentliche Kassenführung. Und die ist mit vagem Gejammere nach mehr Geld für Kultur etc. NICHT möglich. Den besten Politikern nicht möglich. … Die Arbeitgeberseite, die der DBV bildet, ist eine besondere Arbeitgeberseite. Denn es ist im Wesentlichen ein verfassungsgewollter, staatsfinanzierter und –finanzierender Arbeitgeber. Hoffen wir also, die neue Präsidentin weiß das. Und erinnern wir sie, wenn wir den Eindruck bekommen, dass nicht. Und wenn Sie, A. Cotard, schon hier so schnell mit Zahlen hantieren können, dann sollte das doch ein Intendant auch neben seinen alltäglichen Verantwortlichkeiten im anstehenden Sonderfall der tariflichen Neuordnungen erst recht können!!! – Oje – ich hoffe Sie sind keiner!!! – dann hab ich mich ziemlich blamiert…
Protest gegen Sparpläne Thüringen: systematische Reform?
Danke, werter Rechner, dass Sie so tief in die Materie einsteigen und uns so anschaulich darstellen, was für strukturelle Fehlervpassiert sind.
Wir sind uns nicht ganz einig, was den Tarifvertrag betrifft, also lassen wir das Thema im Moment ruhen. Mich bewegt etwas anderes.
Ist es möglich, die Reform eines Theatersystems, wie hier in Thüringen, systemischer anzugehen?
Man sollte bedenken, dass dies nun der vierte Versuch innerhalb von zwanzig Jahren ist, das Thüringer Theatersystem einzudampfen, und bereits jeder dieser Versuche trug schon den Keim des nächstfolgenden Kürzungsbeschlusses in sich.
Die letzten Versuche: 1995 Fusion der Theater Gera/Altenburg, noch immer in Haustarifen, immense Fusionskosten bis hin zur beinahe Insolvenz Mitte der ersten Dekade 2000,
2002/03 mit der geplatzten Fusion Erfurt Weimar und der über Nacht Schließung des Schauspiels,
und der nächste Entwurf einige Jahre später Mut der Fusion Meinigen/Eisenach (bitte auf Google Maps die Entfernungen betrachten!).
Bevor man überlegt, welche Standorte man schließt, und welche man verstärkt, zu überlegen, wie ein neues Theatersystem in Thüringen über viele Jahre nachhaltig und mit höchster künstlerischer Qualität Arbeiten könnte.
Vielleicht kann man das Thüringer Theatersystem völlig neu denken, mit Schwerpunkten und Vernetzungen arbeiten, und dabei danach schauen, was von den Besuchern wo am besten angenommen wird.
Unter Schwerpunkten könnte man sich vorstellen, dass Thüringen
3 Opernschwerpunkte (Weimar, Gera, Meinigen)
2 Operetten- und Musicalschwerpunkte (Erfurt, Nordhausen)
3 Schauspielschwerpunkte (Weimar, Rudolstadt, Jena)
2 Ballettschwerpunkte (Gera, Erfurt)
3 Konzertschwrrpunkte (Weimar, Erfurt, Gotha)
1 Kinder - und Jugendtheaterzentrum (Eisenach)
1 Tanzzentrum (Weimar, als Joint Venture mit anderen)
Unterhält.
Das heißt, in diesen Theatern könnte man so (oder anders) Schwerpunkte entwickeln, und diese so miteinander vernetzen, dass alle Städte auch etwas von den Produktionen haben, die nicht im eigenen Haus produziert werden.
Erst danach überlegt man sich, wie man das institutionell fasst,
Form follows Function.
Jedes Theater bliebe als Produktionsort erhalten, für einige würde die Funktion als Bespielorte hinzukommen.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Zusammenfassung Vorschläge
Sehr geehrter A. Cotard und Mit-Überlegende, ich fasse noch einmal unsere Ideen grob zusammen, damit sie auch kompakt aufzunehmen sind für jene, denen wir empfehlen möchten und die wir höflich bitten, damit im Sinne des Erhalts des noch immer beispielhaft wirkenden Weltkulturerbe-Restes einer vielfältigen Orchester- und Theaterlandschaft mit einer wertvollen Ensemblekultur in Deutschland umzugehen:
1. Für alle Bühnenangestellten und Orchestermitglieder jeglicher Leistungsstufe wird die Brutto-Einstiegsgage in Höhe von 2200,- brutto (hier und alles nach folgende in €) schnellstmöglich und ohne weitere Zwischenstufung tariflich festgelegt.
2. Allen Mitgliedern der Kulturorchester mit einer Einstiegsgage von ab 2300,- wird ihre Grundbruttogage gekappt um 3 % der jeweiligen Gage. Der Kappungsbetrag wird zweckgebunden umgeleitet zur Verwendung der Erhöhung wie unter 1. durch staatliche bzw. mind. 51%staatsanteilige Arbeitgeber.
3. Zuschläge wie Instrumentengeld, Kleidergeld, Stellen-Leistungszuschläge und Repräsentationsleistungszuschläge bleiben von der Kappung unberührt.
4. Allen Angestellten der Bühnen und der Kulturorchester wird gleich eine Zugehörigkeitszulage bei der Grundgage in Höhe von 100,-/2 Jahre Zugehörigkeit tariflich zugesichert.
5. Tariflich gesicherte Stellen-Leistungszuschläge definieren sich über die dauerhaft solistisch zu bewältigenden Arbeitsanteile/funktionelle Führungsanteile (Protagonisten, Stimmführerpositionen etc.)
6. Alle Bühnenangestellten und Mitglieder der Kulturorchester erhalten tariflich zugesichert eine 13. Monatsgage zweigeteilt in Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld, da ihre Aufwendungen durch die begrenzt möglichen Urlaubszeiträume vergleichsweise höher und die Arbeitsmehrbelastungen in den Feiertagszeiten für diese Berufsgruppen äußerst relevant sind.
7. Weitere Leistungszuschläge werden nach jährlicher Beratung durch die jeweiligen Betriebsleitungen zuerkannt (Aberkennungen gibt es dann nicht mehr).
8. Für die Transparenz der Entscheidungen wird durch jederzeit von jedem einsehbaren genau definierten Anforderungsprofilen für die vertraglich vereinbarten Stellen gesorgt, die bei Entlassung undoder Neueinstellung NICHT geändert werden.
9. Bühnenangestellte, die für Monate aus der Betriebsplanung herausfallen und nicht im Spielplan zur Verfügung stehen, büßen für die entsprechenden Zeiträume alle tariflich gesicherten Leistungszuschläge zur Grundgage ein. Die so einbehaltenen Leistungszuschläge werden genutzt, um Gäste und Ersatzeinkäufe mit zu finanzieren.
10. Gästen stehen für die vertraglich gesicherten Zeiträume die gleichen Vergütungen zu wie den Festangestellten. Sie erhalten zusätzlich Unterbringungskostenzuschläge und Reisekostenbeteiligungen in planbarer Größenordnung.
11. Die regelmäßig erstellte Statistik des Bühnenvereins wird einem betriebsunabhängigen Controlling unterzogen, aus dem sich geänderte, sinnvollere Fragestellungen und allgemein schnelleren Überblick erzeugende Darstellung der Ergebnisse ergeben.
Wäre das soweit korrekt, A. Cotard??
Proteste gegen Sparpläne in Thüringen. erst Schwerpunkt, dann Standort
Werter Rechner,

das haben Sie exzellent zusammen geführt. Ich würde in den Details noch nicht allem zustimmen, aber die Linie und die einzelnen Punkte sind richtig.
nur noch zu 10., das wäre erstrebenswert, wird in bestimmten Bereichen nicht durchsetzbar sein, der Hunger nach Fernsehstars im Schauspiel kommt dem nicht entgegen. In der Oper müssen wir bedenken, dass Agenturen für bestimmte, schwere Partien (dramatischer Sopran, etc.) sehr hohe Gagen einfordern. Das muss später gelöst werden.

Wichtig: ein Vertragstyp für jeden am Theater am Beschäftigten.

Ich möchte meinen letzten Beitrag an einer Stelle noch vertiefen.
Ich würde mir bei den Überlegungen für eine neue Struktur der Theaterlandschaft in Thüringen wünschen, dass der Aspekt der institutionellen Verortung erst dann kommt, wenn die Schwerpunkte gesetzt, die Inhalte besprochen sind. (siehe oben) Sieben Schwerpunkte auf zehn Städte, das dürfte doch eigentlich zu realisieren sein.
Den Aspekt der Vernetzung habe ich bereits angesprochen. Vernetzung würde ich gerne als Begriff einsetzen, um das, was wir uns von gelungenen Kooperationen wünschen, zu realisieren:
Gemeinsame Planungsinstrumente (ein großer, unsichtbarer Spielplan für das ganze Land, gemeinsames Marketing und Ticketing, Austausch von Künstlern/Musikern, Kapazitäten im Bereich der Werkstätten, der Technik allgemein).

Wir müssen aufpassen, dass wir den Begriff der Kooperation richtig einsetzen, es gibt verschiedene Stufen mit differierenden Voraussetzungen, die Kooperation im Sinne der Vernetzung, der Austausch von Stücken (eigentlich Gastspiele), die gemeinsamen Inszenierungen, und dann schon in Richtung Fusion tendierend, der gemeinsame Betrieb einer Sparte, eines Orchesters, eines Festivals - all das institutionelle Modelle, die besprochen werden sollten, wenn die Schwerpunkte klar definiert und verortet worden sind.
Proteste gegen Sparpläne in Thüringen: hier viel radikalere Pläne
@ A. Cotard
@ Rechner

Danke für die Polemikfreie Sachdebatte ... so etwas ist selten zu finden.
Wenn ich die mittlerweile ziemlich umfangreiche Berichterstattung über die Thüringer Pläne richtig zusammengegoogelt habe, scheint die Landesregierung ähnliches vorzuhaben wie es der "Strukturvorschlag" in #16 skizziert. Der Minister deutet das jedenfalls in seinem Blog-Beitrag auf freitag.de an. Wobei es noch regionale Schwerpunktsetzungen geben könnte. Die Intendanten, die sich bislang geäußert haben widersprechen auch nicht direkt ... Aber: es scheint sich um einen Zwischenstand der Diskussion zu handeln, oder aber um eine von mehreren Varianten. Wir werden sicher den ganzen September noch eine Menge hören und lesen.

Zum Strukturvorschlag von A. Contard muss ich anmerken, dass er die Orchester in Rudolstadt, Jena, Greiz und Eisenach schließt. Das Schauspiel in Gera, Meiningen und Eisenach, das Ballett in Meiningen und Eisenach und die Puppentheater in Erfurt und Gera abwickelt. Das geht nun allerdings weiter als alle Pläne aus der Politik (aktuell oder früher). Oder würde "Schwerpunktsetzung" bedeuten, dass diese Sparten als "Rumpfensembles" bestehen bleiben - in welcher Größe? Was sollen ihr Auftrag sein?
Nur eines erschließt sich mir nicht: Warum bei den Orchestern ein Gotha bestehen soll (51 Musiker) und Jena nicht (85 Musiker - Angaben jeweils lt. DOV) - oder eben auch nur unter regionalen Gesichtspunkten.
Im Kulturpolitikersprech heißen Schwerpunkte zumeist Leuchttürme - wie zum Beispiel in MV. Die entsprechenden Konzepte (ich möchte ihre Substanz hier nicht bewerten) wurden gerade von Latschinian mit dem Terrorismus des IS verglichen - unter dem Beifall vieler Kommentatoren hier.
Proteste gegen Sparpläne in Thüringen: Korrektur Schwerpunkte
Werter Klaus M.,

danke für Ihren Hinweis, dann habe ich mich mißverständlich ausgedrückt.
Schwerpunktförderung schließt keinesfalls aus, dass in den anderen Städten nicht auch Ensembles erhalten bleiben, das sollten sie unbedingt.
Für mich bedeutet dies, dass die Schwerpunkte stärker gefördert werden und zu einer überregionalen Sichtbarkeit beitragen. Ich bin unbedingt nicht für die Schließung auch nur einer Sparte oder eines Orchesters in Thüringen.
(Im Vergleich die Olympiastützpunkte zur Schwerpunktförderung im Sport, dennoch werden viele andere Trainingszentren als regionale Standorte unterhalten).

Danke für den Hinweis auf Jena als Konzertstandort, natürlich, Jena hat das zweitbeste Orchester in Thüringen, das ist ausbaufähig. Und danke auch für den Hinweis auf Erfurt und Gera als Puppentheaterstandorte, diese müssen auf jeden Fall weiter gefördert werden, denn diese Sparte ist ohnehin gefährdet.

Folgende Korrektur unter Berücksichtigung Ihrer Hinweise:
Unter Schwerpunkten könnte man sich vorstellen, dass Thüringen
3 Opernschwerpunkte (Weimar, Gera, Meinigen)
2 Operetten- und Musicalschwerpunkte (Erfurt, Nordhausen)
3 Schauspielschwerpunkte (Weimar, Rudolstadt, Jena)
3 Ballettschwerpunkte (Gera, Erfurt, Meiningen)
4 Konzertschwerpunkte (Weimar, Erfurt, Gotha, Jena)
1 Kinder - und Jugendtheaterzentrum (Eisenach)
1 Tanzzentrum (Weimar/Eisenach, als Joint Venture mit anderen)
2 Puppentheater Zentren (Erfurt, Gera)
Unterhält.

Mir geht es darum, dass tatsächlich die Schwerpunkte gefördert werden, die sich unter zwei Kriterien entwickeln, eine hohe künstlerische Qualität und eine große regionale und weitergehende Nachfrage.
Es ist ein variables System, ähnlich dem Go-Spiel. Entwickeln sich bestimmte Schwerpunkte nicht so gut, kann man andere an anderer Stelle eröffnen. Die Ensembles, die nicht schwerpunktmäßig gefördert werden, bleiben erhalten, für das lokale Publikum, sollten diese sich besonders gut entwickeln, können Sie nach Evaluierung natürlich ins Schwerpunktsystem aufgenommen werden. Das System ist nicht statisch.

Und in der ganzen Diskussion darf auch nicht die Freie Szene vergessen werden, die auch in Thüringen deutlich besser gefördert werden müsste.

Ich halte nichts von "Leuchtturmförderung", das bedeutet ja, ein distinguiertes Publikum unter dem Label der "Hochkultur" (Unwort) zu bedienen, wie das in Bayreuth, Salzburg, Wien geschieht - schade, dass sich unsere Politiker immer wieder dazu hinreißen lassen, dort mit großer Präsenz aufzutreten, während im "Hinterland" die Kultureinrichtungen ausgedünnt werden. Warum gibt es keine kritische Berichterstattung darüber? Mehr Demut!
Proteste gegen Sparpläne in Thüringen: Vernetzung und Kooperation?
Danke, werter A. Cotard – Das kann man ja vorerst gern zurückstellen, die genauere Besprechung in Pkt. 10. Sind die anderen geklärt, wird dieser sich nicht als das Gesamtpaket zerschlagend herausstellen. Für eine systemische Reform fände ich es im Sinne eines Spartenerhaltes in vollem Umfange zuvorderst wichtig, dass ERST die allgemein zutreffenden Tarife wie ausgeführt neu geregelt werden. Nur wenn für alle eine zunächst finanzielle Gerechtigkeit hergestellt ist, ist es überhaupt möglich, kulturpolitisch handelnd das auch hier sich selbstverständlich durchsetzen wollende Primat des finanzpolitischen Handelns zu verlassen. Möglich, Inhalte, künstlerische Entwicklungen und Perspektiven unabhängiger zu betrachten. Verloren gegangene wie sich neubildende Schwerpunkte zu bedauern bzw. zu erkennen, die man dann fördern bzw. wieder fördern kann. Da Thüringen ein ostdeutsches Land, mit demzufolge ehemaliger DDR-Kulturgeschichte, ist, geht das alles nicht, ohne dafür einen Vor der Wende – Nach der Wende – Entwicklungsvergleich anzustellen. Und es geht – weder im Osten noch im Westen bei vergleichbarer Reformierung – ohne die Theater- und Musikhistorische Entwicklung der Häuser und Ensembles ebenfalls mit zu betrachten für einen verantwortungsvollen Umgang mit einem Standort. Dafür kann man statistische Instrumente entwickeln. So kann man sich die konkreten Spielpläne/Jahresprogramm der Bühnen und Orchester jeweils für die Zeiträume 1983/84 und 1984/85, 1993/94 u. 1994/95, 2003/04 und 2004/05 sowie 2013/14 und 2014/15 ansehen. Das sind pro künstlerischer Betriebseinrichtung in Thüringen 8 Jahresüberblicke, die man sich verschaffen müsste und miteinander vergleichen. Das ist ja von Fachleuten zu leisten. Wenn sich niemand dafür fände, nehme ich an, wenigsten Sie und ich wären dazu bereit, eine solche inhaltlich zu bewertende statistische Arbeit zu übernehmen. Und in der Lage, das relativ zeitnah zu tun. Also werden das ja wohl auch andere können. Fachleute, vermutlich besser geeignete als uns, gibt es ja genug. Ein bisschen Unbehagen bereitet mir Ihr gefundener Begriff der „Vernetzung“. Zwar steht mit ihm ein dritter und leicht eingängiger Begriff für ein sinnvolles Reformergebnis zur Verfügung. Doch erinnert er sehr an das rein Digitale und könnte in dieser sensiblen, nachhaltig wirksamen kulturpolitischen Planung zu der Verbreitung der Illusion beitragen, man könne solche Dinge, die ganz lebendige Menschen betreffen, vom Rechner aus erledigen. Und über Datensysteme einfach durchsetzen. Vernetzung ist für mich irgendwie mit „Netz“ besetzt. In einem momentan noch nicht allgemein positiv belegbaren Sinnzusammenhang. Der Kooperations-Begriff ist mir wiederum zu dicht an diesen Modellen, die in Brandenburg durchgedrückt wurden und Ungutes bewirkten. Dort redete man, so den Rückbau verharmlosend, von einem „Verbundsystem“, das geschaffen worden wäre. Und das vermeintlich bestens funktioniere.
Am besten gefällt mir immer noch der Begriff „Zusammenarbeit“. Weil er nicht gestattet, ihn auf einfach zusammengeredete Praxis anzuwenden, wenn man nicht gerade bereit ist zu lügen… Bei dem Wortgebrauch „Kooperation“ kann man auch mit Nicht-Arbeit kooperativ umgehen. Und sich schneller selbst eine Zusammenarbeit vortäuschen, wo eigentlich nur vereinbartes Management zur möglichst widerstandslosen Abschaffung von Arbeitsplätzen gemeint ist… Wenn wir den vereinheitlichten, zwischen Schauspiel/Bühne und Orchester gerechteren Tarifvertrag haben, bin ich gern bereit, mir auch sehr konkrete Gedanken zu der von Ihnen vorgeschlagenen Schwerpunktsuche und –findung zu machen. Dank der Redaktion für den Platz!
Protest gegen Sparpläne Thüringen: verschiedene Gewerkschaften
@Rechner
Die Überlegungen einen Einheitstarifvertrag für die Beschäftigten der Theater zu erarbeiten sind so sinnvoll wie nötig.
Und jetzt kommt ein ganz großes "aber"...
Die Arbeitnehmer der Theater haben genau wie alle anderen Arbeitnehmer das grundgesetzlich verankerte Recht sich in Gewerkschaften zu organisieren, die ihre Interesse gegenüber den Arbeitgebern vertreten. Das ist geschehen und zwar leider nach Berufsgruppen unterschiedlich. Die Kollegen von Technik und Verwaltung werden von ver.di, die Orchestermusiker von der DOV, die Mitglieder der Opernchöre von der VdO und die Solisten und sonstigen künstlerischen Beschäftigten von der GDBA vertreten.
Das Ergebnis sind dann die drei Tarifverträge: TVöD/TVL für Technik und Verwaltung - TVK für die Orchestermusiker - NV-Bühne für Chor und Kunst.
Die Probleme, die aus dieser Dreiteilung erwachsen sind bekannt, und mitverantwortlich für die zum Teil prekäre Situation der Häuser und für Spannungen innerhalb der Belegschaft.
Weiterhin gilt für alle Beschäftigten innerhalb eines Tarifvertrags ein Vertrauensschutz (Verbot der Schlechterstellung). Der Abschluss von Haustarifverträgen oder Notlagentarifverträgen ist deshalb immer nur für eine festgelegte Zeit möglich (und gleichzeitig erhalten die Beschäftigten einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen). Nach Ablauf der vereinbarten Frist tritt wieder der Flächentarifvertrag in Kraft.
Das was sie vorschlagen, wird also in jedem Fall nur für neueingestellte Kolleginnen und Kollegen gelten.
Aber wie ausgeführt, die Hauptschwierigkeit wird darin bestehen die vier beteiligten Gewerkschaften davon zu überzeugen, einen gemeinsamen Tarifvertrag zu verhandeln, der für drei von ihnen bedeutet, dass ihre Mitglieder bisherige Errungenschaften (Geld, Arbeitszeit, Kündigungsschutz) verlieren.
Auch ich halte das für sinnvoll, wie gesagt, aber die Aufgaben einer Gewrkschaft sind andere.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Vereinigung der Gewerkschaften
Sehr geehrte/r Klaus M., das haben Sie sehr übersichtlich dargelegt. Selbstverständlich muss es vor einem sinnvollen Einheitstarifvertrag eine Vereinigung der Gewerkschaften geben, die die Zersplitterung jener Berufsgruppen, die auf den Bühnen und an theatralen Orten erwerbstätig sind. Da könnte die DOV mit ihrer Stärke doch besonders viel Erfahrung in eine zusammenschließende Neuordnung einbringen. Dass die technischen Bühnenangestellten zu Ver.di gehören, ist inhaltlich von deren Aufgaben- und besonderem Leistungsspekrtrum genauso absurd wie die Zugehörigkeit des Schriftstellerverbandes zu Ver.di.
Fragend einwenden möchte ich, ob Sie das geprüft haben, ob ein gültiger Haus- undoder Nottarifvertrag in der Tat nach Fristablauf wieder in den ehemaligen Flächentarifvertrag selbstredend rückverwiesen worden war und ob ein solcher Beschäftigte der betroffenen Einrichtungen in der Tat vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt hat?? Es wäre überaus wünschenswert, wenn sich hier Beschäftigte oder ehemals Beschäftigte mit ihren persönlichen Erfahrungen konkret einbrächten...
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Gewerkschaften, Bühnenverein, bitte melden!
Verehrte KollegInnen, Sie haben es richtigerweise angesprochen. Es wäre jetzt an der Zeit, dass der Deutsche Bühnenverein die drei Gewerkschaften an einen Tisch bringt, um einen solchen Vertrag zu besprechen und den Weg dorthin. Das ist ein auf Jahre angelegtes Projekt, bei dem Etappen und Zwischenziele festgelegt werden müssen. Natürlich gibt es Bestandsschutz, aber nicht bis in alle Ewigkeit.
Es kann nicht sein, dass mit Subventionen Gehaltsdifferenzen von bis zu 300% gutgeheißen und salonfähig gemacht werden, wenn der junge Assistent oder Schauspieler 60-80 Stunden in der Woche für 1800 Brutto und sein Kollege im Orchester mit Geregelten Diensten und max. 30Stunden in der Woche das Dreifache verdient!
Es darf nicht immer nur auf das schon Bestehende, Unverrückbare verwiesen werden, sonst bleiben wir stehen.
Warum äußert sich nicht einmal eine der drei oben genannten Parteien in diesem Gremium? Gewerkschaften, Bühnenverein, bitte melden!
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Regelungen bei Haustarifverträgen
@Stritter
Ich habe auf Ihre Frage die Berichterstattungen über verschiedene HTV gesucht, und jedenfalls in allen von mir gefundenen Fällen sind die Haustarivverträge zeitlich befristet und nach deren Auslaufen sollen die Flächentarifverträge wieder gelten.
Ich schreibe deshalb "sollen", weil es nicht unüblich ist, dass sich ein neuer HTV an der vorhergehenden anschließt.
Und auch ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen und eine Garantie für den Erhalt einzelner Sparten ist Standard.
Und natürlich ist es wie immer, eine Nichtverlängerung aus künstlerischen Gründen, gemäß NV-Bühne ist natürlich auch in bei einem Haustarifvertrag möglich. Das bedeutet dann: Das Gehalt wird gekürzt, der Ausgleich durch Freizeit wird wahrscheinlich nicht gewährt, weil die Arbeitszeit der Solisten nur unzureichend erfasst wird. (Jedenfalls bei Assistenten / Dramaturgen / Souffleusen / Darstellern im Erstengagement ist eine 40-Stunden-Woche eher die Ausnahme.) Und der vereinbarte Kündigungsschutz hat keine Bedeutung, weil eine Nichtverlängerung sehr leicht zu begründen ist.

Im übrigen, der Tarifvertrag, die oben beschriebenen Forderungen augenblicklich am ehesten erfüllt, ist der TVöD (bzw. TVL). Einziger Unterschied: es wird eine Eingruppierung nach Qualifikation bzw. Stelle vorgenommen. Aber alles andere: Senioritätsprinzip, Kappung des maximal erreichbaren Gehalts, Leistungsentgelt etc. sind dort enthalten.

Noch eine Bemerkung zur vorgeschlagenen Mindestgage von 2100 EUR.
Im TVöD entspricht das E4 - der höchsten möglichen Entgeltgruppe für AN- und UNGELERNTE Mitarbeiter. (Definition: "Tätigkeiten, die spezifischer nicht in die Tiefe gehender Fachkenntnisse bedürfen.") - Das macht keiner mit ... und zwar zurecht.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: neue Gewerkschaft gründen
Ja, verehrte/r A. Cotard - dies ist auch aus meiner Sicht der einzige gangbare Weg, der sinnvolles künstlerisches Arbeiten bis in die Inhalte und neue formale Freiheiten hinein wieder ermöglichen könnte. Aber das sollte kein Weg sein, dem längere Zeit als drei Jahre eingeräumt werden sollten - sonst sitzt sich das aus, zerfasert in den Forderungen bis die Motive auf dem Weg in Vergessenheit geraten. Ich halte das organisatorisch für möglich zu gestalten sowie rechtlich abzusichern und keinesfalls für unrealistisch. Und wenn das die vorhandenen Gewerkschaften nicht bereit sind anzugehen, sind eventuell nicht die passenden. Es muss dann eine passendere gegründet werden. Parteien gründen sich ja auch. Warum sollte sich nicht eine neue Gewerkschaft für Beschäftigte in theatralen Räumen und auf Bühnen gründen??? Diese hätte gewiss einen guten Zulauf auch von Musikern, denn vom hochhqualifizierten Musikernachwuchs, der die begehrten Orchesterstellen erst gar nicht mehr einnehmen kann, ist bereits ebenfalls ein großer Teil ins persönliche Prekariat gezwungen. Diese Gewerkschaft kann wiederum sich beim Bühnenverein melden, wenn der sich von sich aus nicht veranlasst sieht, sich für ein gerechteres Tarifsystem zum Erhalt der schützenswürdigen Theater- und Orchesterlandschaft einzusetzen. Wir erörterten bereits, dass dies aufgrund der besonderen Arbeitgeberfuktion in unserem Staatsgefüge eigentlich verfassungsmäßige Pflicht des DBV wäre.
Protest gegen Sparpläne Thüringen: Panik vor dem HTV
zu #24:Sehr geehrte/r A. Cotard und andere Mit-Überlegende – das hieße nach Ihrem Querlese-Bericht und ihrer gewiss relativ flüchtigen Prüfung – da wir hier keine gemeinsam agierende ordentliche Arbeitsgruppe von Reformern sind, wird das bei aller Genauigkeit eines Einzelnen leider so sein - dass die Not- und Haustarifverträge in der Tat ein Verunsicherung bis Angst verbreitendes Instrument der Arbeitnehmerseite geworden sind. Welches nachhaltige Kulturplanungen und gesichertes, verfassungsgerechtes künstlerisches Handeln behindert und Beschäftigte der Bühnen und theatralen Orte schleichend dauerhaft schlechterstellt. Die HTV erfüllen also mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, was sie nach den papiernen Bekenntnissen erfüllen sollen! Nach meinen praktischen Erfahrungen lösen sie nahezu Panik aus bei Beschäftigten, an die arbeitsgeberseitig die nothafte Einrichtung eines HTV wie ein Druckmittel zur eigenverantwortlich getragenen Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen herangetragen wird. D.h. die Beschäftigten sollen sich nicht nur einsichtig in ihre tarifliche Schlechterstellung und kürzere Absicherungsdauern schicken. Sondern auch in ihre Rolle, diese in JEDEM Fall schuldhaft verantwortlich zu übernehmen! Das allein ist, völlig unabhängig von der verbliebenen Einträglichkeit der Vergütung für die Berufsausübung in künstlerischen Bereichen, ein massives Motivations-Hemmnis, das in eine Qualitätsverschlechterung führen muss!: In einen erhöhten Krankenstand, in eine menschliche Ent-Solidarisierung, die das genaue Gegenteil ist von der Notwendigkeit menschlichen Verhaltens bei künstlerischen Kollektivarbeiten wie Konzerttätigkeit oder Ensemble-Arbeit…
Desweiteren: Ich verstehe Ihren Einwand, niemand würde sich auf einen Diskussion der Anhebung auf 2100,- € als Einstiegs-Brutto-Gage einlassen wollen. Auch hier muss man aber die gesamtgesellschaftliche Lebenswirklichkeit betrachten. Eine Stellenbeschreibung, wie Sie zitieren, wird heute in anderen Berufszweigen ganz real mit Niedrig(st)löhnen beantwortet, die mitunter weit unter 1700,- € liegen! Auch deshalb muss es m.E. unbedingt neue und langfristig gültige Stellenbeschreibungen geben als Teil des FTV. Ein neuer Einheitstarifvertrag für Orchester UND Bühnenbeschäftigte muss sich den Lebenswirklichkeiten stellen. Oder wird zum Papiertiger. Damit ist niemandem geholfen! Unsere Lebenswirklichkeit ist im Moment so, dass es aktuell festgestellt eine Zunahme der Einkommen im niedrigen und allerniedrigsten Einkommenssektor sowie eine Zunahme bei den hohen Einkommen gibt. Und eindeutig der Sektor der mittleren Einkommen in rasantem Tempo verschwindet. Es geht praktisch darum, auch in unserem ausgewählten Berufsgruppenkreis diesen Trend zu stoppen und die Bühnenberufe nicht teilen zu lassen in hohe Einkommen der Spitzenorchester und niedrigste/niedrige Einkommen bei den kleineren freiberuflichen geförderten Orchestern, Theaterorchestern sowie bei den Theater- und Bühnenangestellten gänzlich. Es ist müßig, sich darüber heiß zu reden, wie es so weit herunter kommen konnte im professionellen Kunst- und Kulturbereich! Wir alle wissen, dass das Kapital und also die Unternehmen eine rein gewinnorientierte Eigendynamik entwickeln (nach Marx sogar müssen!) und dass wir in unseren Gesellschaften auf deren Willen zum eigeninitiativ wahrgenommenen unternehmerischen Beitrag zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und eines im Wesentlichen gerechten Verteilungsgefüges vorschriftslos setzen!!! Das heißt aber nicht, dass wir widerstandslos zusehen und ausbaden müssen, wenn diese unternehmerische gesamtgesellschaftliche Verantwortung aus dem Blick der – erst recht der staatlichen!! - Unternehmen gerät und deren Fehlen von der Politik darüber hinaus gehätschelt wird! Seit Jahren und im Moment den sozialen Frieden ernstlich gefährdend, ist dies jedoch der Fall. Sie haben einen konkreten TV gefunden, der am besten als Ausgangsmodell dienen könnte.?
Protest gegen Sparpläne Thüringen: musterhafte Strategie
Werte Kollegen,
Es geht darum, diesen Blog als einen Ort zu nutzen, das Mögliche zu denken, und uns nicht darin zu beschränken, dass bestimmte Aspekte dieser krisenhaften Wirklichkeit, wie Haustarifverträge oder der TVK (Tarifverträge für Orchester), Schranken bis in alle Ewigkeit sind. Tatsächlich sind diese Hilfskonstrukte Bestandteil der Krise, die sie als Instrumente gerne beseitigen würden.
Also bleibt uns doch nichts anderes übrig, als nach neuen Instrumenten zu suchen.
Wenn ich beim Stabhochsprung die Qualifikationshöhe nicht mehr schaffe, nehme ich eine härteren Stab und verkürze den Anlauf, aber es bleibt Stabhochsprung.
Wir wollen doch mit einem Einheitsvertrages und mehr Gerechtigkeit keine Revolution anzetteln. Wenn wir das wöllten, dann würden wir vorschlagen, die Hierarchie im Theater abzuflachen und mehr Teamarbeit einzuführen, und und und.
Und was wir in Thüringen Wollen, ist eine musterhafte Strategie für eine verantwortungsbewusste Reform in einem Theaterland. Mecklenburg, Brandenburg und Sachsen Anhält sind Krisenländer des Theaters geworden durch falsche Reformen und schlechte Berater.
Deshalb ist es so wichtig, auf Thüringen zu schauen, weil es auch ein Masstab sein könnte für das was noch kommt.
Protest Sparpläne Thüringen: schauen reicht nicht
Stimme Ihnen in allem zu, außer: bin überzeugt, dass "schauen" nicht reicht. Eben weil das ganz gewiss ein Maßstab sein wird, was dort passiert für alles weitere, was -auch in den altwestdeutschen Bundesländern und Theaterlandschaften - kommen wird. Geschaut wurde lange. Vielleicht schon zu lange? Mir fallen gerade außer dem nötig gewordenen Einheitsvertrag noch ein, zwei Instrumente ein, die wohl eher "unmöglich" und daher auch nicht für dieses Blog geeignet wären-
Protest Sparpläne Thüringen: Ideen entwickeln
#28
Werter Rechner,
bitte die weiteren Instrumente nennen, wir sollten hier mit allen, die Muße dazu haben, Ideen entwickeln. Nur so kommen wir weiter. Die Kraft unserer Gedanken ist das Potential unserer Zukunft.
Protest Sparpläne Thüringen: Maßnahmen
@26
Nur ein ein kleiner Einwand.
Solange die Theater öffentlich gefördert sind, und zum allergrößten Teil in öffentlicher Trägerschaft sind, finde ich einen vergleich mit "Niedrigst"-Löhnen im marktradikalen Teil der Gesellschaft für verfehlt. Das große Rechtfertigungsproblem der Theater besteht ja gerade darin, dass die Beschäftigten im NV-Bereich (traditionell) genauso behandelt werden, als ob die Theater die neoliberale Personalpolitik erfunden hätten. (niedriges Einstiegsgehalt, kein automatischer Gagenaufstieg nach Dienstalter, Kettenverträge).
Ein alleinsteher Solist am Theater ohne Kinder, der die Mindestgage erhält, hat einen Monatsnettoverdienst von 1090 EUR. In Deutschland gilt man als armutsgefährdet, wenn das Monatsnetto 1067 EUR unterschreitet. WOW - 23 EUR über der Armutsgrenze.

@29
Im übrigen bin ich der Meinung, dass ein Einheitstarifvertrag für alle Bühnenbeschäftigten unverzichtbar ist.

Es gäbe ein paar Maßnahmen, die wenigstens ergriffen werden könnten, um vor Abschluss eines solchen Vertrages schon einmal ein paar Weichenstellungen vorzunehmen:
1. "Staatsziel Kultur" - auch wenn das erstmal wie Ideologie klingt, könnte man dieses Werkzeug nutzen, um eine direkte Bundesförderung der Theater zu ermöglichen. Bisher ist sie ausgeschlossen (bzw. nur in äußersten Ausnahmefällen zulässig) - vgl. Kooperationsverbot GG. Bei den Hochschulen hat das im letzten Jahr geklappt.
Die Große Kolalition hätte die notwendige BT-Mehrheit. BR muss man schauen.

Für Thüringen.
2. Wenn ich die veröffentlichten Zahlen richtig deute, fördert der Freistaat Thüringen die Theater und Orchester mit unterschiedlichen Anteilen. Wenn die Landesregierung nun diese Anteile vereinheitlichte (70% 80% ??) würden die Städte und Landkreise entlastet - und wahrscheinlich würde ein großer Teil des Einspardrucks auf die Theater entfallen.

3. In die Förderverträge mit dem Freistaat müssten vernünftige Mindeststandards festgelegt werden, um sie Situation der NV-Beschäftigten zu verbessern. Auch für abhängig beschäftigte Gäste und Honorarkräfte.
Diese Mindeststandards könnten als Grundlage für die Verhandlung eines Einheitstarifvertrags gelten.

4. Die Zuwendungen an die Theater müstten von Landesseite und von Kommunaler Seite dynamisiert werden. (Ausgleich für Tariferhöhungen und Inflation) -

Das würde im Landeshaushalt allerdings zu steigenden Ausgaben führen ...
Protest Sparpläne Thüringen: Schauspieler-Lobby?
Ausgezeichnete Ideen.
Ich notiere mehr dazu in Kürze.
Nur ein Gedanke:

Wo ist die Lobby der Bühnenkünstler und Assistenten? Wieso ist die GDBA, die sie vertretende Gewerkschaft so schwach, dass sich der Bühnenverein mit seiner Mindestgagenpolitik immer durchsetzen kann.
Warum setzen die Intendanten in den Tarifkommissionen kein Zeichen, und setzen sich für ihre SchauspielerInnen ein, denen sie ihre Karriere verdanken.
Die Mindestgage muss auf 2000 Euro angehoben werden, und nach zwei Jahren noch mal einen tüchtigen Schritt nach oben gehen.
Selbst das sind bei wöchentlich 48 Stunden offizieller, und deutlich mehr inoffizieller Arbeit (Kritik, Besprechungen, Recherchen, Fototermine für Programmhefte, endprobenwochen) bei durchschnittlich 60 Wochenstunden nur 8,30 in der Stunde.
Bei höchstqualifizierter Arbeit nach einem langen Hochschulstudium!
Jeder Musiker läßt sich selbst fünf Minuten Überzeit durch einen Extradienst vergüten.
Protest Sparpläne Thüringen: Zu den konkreten Vorschlägen
Werter Klaus M.,

Zu Ihren Punkten

1) staatsziel Kultur, und zwar für Bund und alle Länder,
Mit dem Zusatz, wieviel Prozent der Staatshaushalte für Kultur ausgegeben werden müssen.

Zudem, wie Sie richtig schreiben, Lockerung des Gebotes, nicht in die Theaterfinanzierung einzugreifen,
Neu: Möglichkeit und Pflicht des Bundes, in Krisensituationen Stabilisierungshilfe in den Ländern zu leisten, die in Theater-Strukturkrisen stecken.

2)

Ihr Vorschlag würde bedeuten, dass Land würde die mehrheitlich kommunalen Theaterbetriebe verstaatlichen. Die große Gefahr, die dann besteht, dass die Kommunen aus der Pflicht entlassen werden. Und das darf nicht passieren.

Ich würde ihren Gedanken aber gerne aufnehmen, die Landeshilfe insgesamt von im Schnitt 50 auf 70% hochzufahren! und zwar! indem das Land seine Beträge, sagen wir in vier Jahren jedes Jahr um 5% steigert! und - wie die Kommunen - natürlich auch dynamisiert.

Erweiterte Dynamisierung heißt: Kommunen und Land erhöhen jedes Jahr die Subventionen um einen Betrag x + y + z = Tn
Y = die Tariferhöhungen
Y = die Erhöhungen im Öffentlichen Dienst, Chor und Orchester durch Jahre der Betriebszugehörigkeit
Z = durchschnittliche Gegaltserhöhungen für die Bühnenkünstler, die in jeder Kalkulation vergessen werden.

3. eine hervorragende Idee.

Basis könnte eine Art Pilotvertrag sein, indem diese Mindeststandards fixiert werden.
Wenn Chor und Orchester alle zwei Jahre bis zu einer bestimmten Kappung steigen müssen Sänger und Schauspieler dies auch.

Es gilt nämlich auch noch diese strukturelle Ungerechtigkeit abzubauen. Die junge Sängerin verdient im Schnitt 500 - 1000 Euro weniger als ihre Kollegin im Chor.

Mein Vorschlag:
Einstieg bei 2.000
Alle zwei Jahre Erhöhung um 200 Euro, das spiegelt die Realität der anderen Tarifverträge wieder/ bis 3.000 Euro, zuzüglich die oben angesprochenen Leistungszulagen, die der TVÖD ja auch hat, und die von fast allen Theatern ja automatisch weitergegeben werden/
Ab dann freie Verhandlung nach Leistung und Engagement für alle.
Das ist eine ganz leichte Modifikation meiner Überlegungen weiter oben, aufgrund der Ergebnisse unserer fruchtbaren Diskussion.


4. siehe 2.
Natürlich müssen die Landeshaushalte die Steigerungen so wie für ihre eigenen Beschäftigten in Ministerien etc, dann auch kalkulieren.

Dank an Rechner, Klaus M. Und Stritter Und nachtkritik.
Lassen Sie uns gemeinsam weiterüberlegen.
Protest Sparpläne Thüringen: gewerkschaftliche Neustrukturierung
Insbesondere Ihr konkreter Vorschlag zur angestrebten prozentualen Verteilung der Länder/Kommunen-Verantwortung mit der Verplfichtung zur Dynamisierung gefällt mir sehr, A. Cotard. Dabei sei aber nicht aus dem Auge zu verlieren, dass die einst als selbstverständlich verankerten Dynamisierungen in anderen Berufsgruppen des Öffentlichen Dienstes ebenfalls bereits seit Jahren nicht mehr funktionieren! Insofern geht es bei der Neuregelung des Tarifgefüges, das wir hier in seiner anstehenden Modellhaftigkeit für Thüringen besprachen auch um ein noch weiter in die Gesellschaft ragendes Modell. Ich denke, es wird ohne eine neustrukturierte Gewerkschaftsarbeit nicht möglich sein, etwas zu bewegen. Um weiterüberlegen zu können, wäre es angebracht, wenn von nk als "Podium" in diesem Fall einmal all unsere Vorschläge zusammengefasst würden zu einem ordentlichen Überblick, hinter den wir dann vorerst nicht wieder zurückdenken müssen. - Ja, auch danke reihum. Nicht zu vergessen Dank an die Lesenden, die ebenfalls weiterdenken und eigene Podien finden werden, die nk dann vielleicht ausfindig machen kann??
Protest Sparpläne Thüringen: wo ist der Bühnenverein?
Werte Kollegen,

noch ein Gedanke hierzu:
Warum hat sich verdi, die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes in diesem Zusammenhang noch nicht in die Debatte um Thüringens Zukunft eingeschaltet, und noch viel fataler, der Bühnenverein schweigt seit Wochen? Inzwischen dürften alle aus den Theaterferien zurück gekommen sein.

Der Bühnenverein muß in einer solchen brennenden Situation eine Meinung haben. Wir haben seit der mehrfach kommentierten Statistik - ihrer letzten Veröffentlichung - nichts mehr von den Damen und Herren des BV gehört. Wir erwarten keine letztgültige Meinung, ein Hinweis, dass Sie inhaltlich und mental in diesen Prozess involviert sind, würde an dieser Stelle schon reichen. Liebe Frau Kisseler, Sie haben so viel Erfahrungen im kulturpolitischen Bereich!
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