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Technischer Direktor der Salzburger Festpiele fristlos entlassen

Verdacht auf Misswirtschaft

Salzburg, 29. Januar 2010. Klaus Kretschmer, seit zwei Jahrzehnten Technischer Direktor der Salzburger Festspiele und eigentlich hoch gelobt, ist vor einigen Tagen fristlos entlassen worden, wie die Wiener Tageszeitung Der Standard (29.1.2010) berichtet. Grund ist seine Arbeit für die Osterfestspiele, die der Leitung der Salzburger Festspiele bisher nicht bekannt gewesen sein soll; Kretschmer hatte dort ein "Nebenbeschäftigungsverbot". Er soll – ohne dass dies bereits letztgültig erwiesen wäre – "ungerechtfertigte Beraterhonorare kassiert haben", so Trenkler. Diese habe Kretschmer für Leistungen erhalten, die die Osterfestspiele, die selbst keine Opern produzieren können, bei den Sommerfestspielen bestellt hatten. Sie sollen also zweimal gezahlt haben: an die Salzburger Festspiele und an Kretschmer.

Man hatte Doppelzahlungen bei einer Sonderprüfung der Osterfestspiel-Kostenstruktur durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungskanzlei bemerkt, die Anfang Dezember 2009 von Gabi Burgstaller, Landeshauptfrau und geschäftsführende Präsidentin der Osterfestspiel-Stiftung, veranlasst worden war. Bereits in einem frühen Stadium der Prüfung habe es, so eine Pressemitteilung von Burgstaller, "Hinweise auf Unregelmäßigkeiten seitens der Geschäftsführung" gegeben, "was die sofortige fristlose Entlassung des bisherigen Geschäftsführers Michael Dewitte und die unverzügliche Bestellung einer interimistischen Geschäftsführung nach sich zog". Am Mittwoch vorgelegte Zwischenergebnisse hätten "den Verdacht auf Misswirtschaft" bei den Osterfespielen weiter verstärkt.

Laut Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele, hat Klaus Kretschmer nicht dementiert.

(derstandard.at / ape)

 

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Kommentare  
Kretschmer entlassen: mal transparent machen
Das ist doch nur geil. Die Kulturschaffenden, die immer so gerne die Politik oder gar "das System" auf die Anklagebank setzen, treiben's selbst kein bißchen besser. Man müßte mal transparent machen, was sich der eine oder andere Intendant als Nebenverdienst ein einsäckelt - natürlich ganz legal, anders als hier der Herr Kretschmer, aber doch unter Vernachlässigung des eigenen Hauses. (...)
Kretschmer in Salzburg entlassen: lesenswertes Interview
Das Interview in den Salzburger Nachrichten "Ich bin das Bauernopfer" ist lesenswert.
Kretschmer in Salzburg entlassen: kein Unrechtsbewußtsein
Drei Zitate aus dem Interview (danke, Frau Peschina): "Ich habe Know-how zur Verfügung gestellt und dafür Honorarnoten geschrieben. Es gab nie einen schriftlichen Vertrag, nur mündliche Vereinbarungen."
"Ich habe den Fehler gemacht, es formell nicht zu melden. Ich hatte den Eindruck, das sei längst bekannt gewesen und werde geduldet."
Frage: "Ist die Entlassung gerechtfertigt?" Kretschmer: "Nein. Ich finde sie nicht gerechtfertigt. Denn was ich getan habe, habe ich seit Mitte der 90er-Jahre getan, ohne dass es je ein Problem gewesen wäre. Es nicht zu melden, war ein Formfehler. Aber deswegen fristlos zu entlassen, ist unverhältnismäßig."
Ich glaube, Kretschmer hat wirklich kein Unrechtsbewusstsein. Es ist hier wie überall: Aus einer Gewohnheit wird ein Recht. Das Schlimme ist, dass die Institutionen diese Verflechtungen fördern, anstatt sie einzudämmen - die Folge ist, dass solche Delikte als Lappalie angesehen werden (was sie nicht sind). Dass es nie einen schriftlichen Vertrag gab, aber trotzdem vermutlich fette Honorare für "Know-How" geflossen sind, ist ein Hammer. Allerdings gehört auch und vor allem der zur Verantwortung gezogen, der das Geld ohne Vertrag so mal eben fließen ließ.
Respekt übrigens trotzdem für Kretschmer, dass er offen über die Dinge redet (wenn auch vermutlich aus der Position der beleidigten Leberwurst heraus). Jetzt muss man halt schauen, wo bei den Osterfestspielen die Verantwortlichkeiten liegen. Es darf nicht nur beim "Bauernopfer" bleiben. Die Institutionen selbst sind zutiefst malade.
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