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Volksbühnen-Intendant Chris Dercon tritt zurück
Der Umstrittene geht
Berlin, 13. April 2018. Chris Dercon, der seit seiner Ernennung heftig umstrittene Intendant der Berliner Volksbühne, tritt zurück. Das meldet der Rundfunk Berlin Brandenburg auf seiner Webseite. Erst zu Beginn der laufenden Saison, im Herbst 2017, hatte Dercon, vormals Direktor der Londoner Tate Modern, die Nachfolge des langjährigen Volksbühnen-Intendanten Frank Castorf angetreten.
In einer Senatsmitteilung heißt es dazu: "Der Senator für Kultur und Europa, Klaus Lederer, und der Intendant der Volksbühne, Chris Dercon, haben sich einvernehmlich darauf verständigt, die Intendanz von Chris Dercon mit sofortiger Wirkung zu beenden. Beide Parteien sind übereingekommen, dass das Konzept von Chris Dercon nicht wie erhofft aufgegangen ist, und die Volksbühne umgehend einen Neuanfang braucht."
Der Senator für Kultur und Europa Klaus Lederer sagt: "Ich habe den designierten Geschäftsführer der Volksbühne, Klaus Dörr, gebeten, in dieser Situation kommissarisch die Geschäfte des Intendanten übernehmen. Im Übrigen ist es mir wichtig zu betonen, dass die persönlichen Angriffe und Schmähungen aus Teilen der Stadt gegen Chris Dercon in der Vergangenheit inakzeptabel waren. Solche Formen der Auseinandersetzung sind unwürdig und entbehren jeder Kultur."
Update 13. April 2018. Im Anschluss an eine Mitarbeiter*innenversammlung an der Volksbühne stellte Kultursenator Klaus Lederer am Mittag vor Journalist*innen die Rückkehr zum Ensemble-und-Repertoirebetrieb an der Volksbühne in Aussicht (siehe Video). Interimsintendant Klaus Dörr beschrieb die Atmosphäre in der Belegschaft als "gelöst". Er werde probieren, noch für diese Spielzeit weitere Produktionen zu verabreden. Stuttgarter Inszenierungen werde er "natürlich nicht" nach Berlin mitnehmen, sagt Dörr am Tag drauf im Interview mit den Stuttgarter Nachrichten. "Sie gehören ja dem Theater." Alle bereits eingegangenen Verabredungen für Produktionen würden eingehalten. Es gebe Verabredungen für den Herbst – "und eine Lücke, die sinnvoll zu füllen ist". Er werde darüber nachdenken, Inszenierungen einzukaufen, zu adaptieren. "Und ich denke auch an ein bis zwei Neuproduktionen." Es werde eine Weile dauern, das Theater in ein gutes Fahrwasser zu bekommen. "Was und welche Inszenierungen wir bringen, hängt von so vielen Faktoren ab, auch von der Verfügbarkeit der Schauspieler, von Geld. Es gibt zurzeit kein Ensemble, man muss für alles Gäste verpflichten", so Dörr: "Ich versuche es zu ermöglichen, dass sich wieder ein Ensemble bilden kann. Schauspielerinnen und Schauspieler kommen wegen guter Regisseure, Stücke, Konzeptionen."
Update 19. April 2018. In einer Gemeinsamen Presseerklärung zur Beendigung der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Land Berlin und Chris Dercon wird ausgeführt, dass Dercon, der ab 12. April 2018 von seiner Tätigkeit als Intendant der Volksbühne freigestellt ist, bis zum 31. Dezember 2018 seinen Dienstvertrag mit der vereinbarten Vergütung behält. Weitere Abfindungen werden nicht erwähnt. Die Vertragsparteien "legen Wert darauf, festzustellen, dass die Beendigung des Vertragsverhältnisses im Wesentlichen der Notwendigkeit eines konzeptionellen Neuanfangs und nicht der aktuellen finanziellen Situation der Volksbühne geschuldet ist", heißt es in der Pressemitteilung.
(rbb.de / Senat für Kultur und Europa / Stuttgarter Nachrichten / ape / chr / sd)
Für nachtkritik.de kommentiert Esther Slevogt den Schlusspunkt der Intendanz von Chris Dercon.
Hier eine Auswahl an Stimmen aus den Medien zum Ende der Dercon-Intendanz.
Mehr zur Debatte um Chris Dercon: nachtkritik.de-Redakteur Christian Rakow fasst den Stand der Dinge in einem einordnenden Text zusammen (September 2017).
Ein Kommentar von Christian Rakow und Anne Peter zur Rolle der Berliner Kulturpolitik, die sich ihrer Verantwortung in der Causa entzog. (Dezember 2017).
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Aber wahrscheinlich wird es dann doch eine politisch-korrekt-konforme Lösung à la SheShePop-GobSquad-Leitungs-Team-Variation...oder Pollesch.
Lilienthal werden sie sich nicht trauen (...).
#11: Zustimmung! - Aber anders so schön wie bei FC darf es auch, ja?
https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2018/04/ruecktritt-dercon-volksbuehne-finanzieller-kollaps.html
Dercon hat sich von Anfang an verkalkuliert in Bezug auf seine Inthronisierung an der Volksbühne. Die interne Reflexion dazu hat er öffentlich nie hinreichend artikuliert. Ich habe das vor Jahren "Ursünde" genannt.
Dass seine Befürworter/innen (#7, #16, #17, etc.; Sascha Krieger twittert "Der Mob hat gewonnen", damit scheint letzter Anstand gewichen) nun vor allem Rückständigkeit der Kritiker/innen als anführen ist schlichtweg ignorant: Die Kritik an Dercon/Renner/... war und ist immer breiter und fundierter als schlichte Schmähung. Es wäre aufrichtig, das anzuerkennen.
Berlin ist groß genug. Mit einem anständigen Programm findet man auch sein Publikum. Das hat bislang fast jede/r Intendant/in geschafft.
Mit dieser Entscheidung wird eine viel zu lange gehaltene Fehlentscheidung korrigiert. Nicht mehr und nicht weniger.
Klaus Dörr ist die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Klug, informiert, erfahren.
Barbara Mundel zum Beispiel.
Wenn es ein Mann sein muss Kay Voges.
Also wenn ich entscheiden dürfte...
Ungeachtet der Tatsache, dass das Volksbühnen-Problem dringend gelöst werden muss, bedürfte es hier wirklich eines größeren Wurfs.
" Auch die Gerüchte um die Chancen eines anderen alten Volksbühnen-Bekannten, des einstigen Chefdramaturgen Castorfs und heutigen Intendanten der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, der in München ähnlich angefeindet wurde und aufhört, dürfte sich als heiße Luft erweisen. Dafür war Lilienthal zu tief in die Berufung und Beratung Dercons verwickelt."
http://www.sueddeutsche.de/kultur/der-fall-chris-dercon-chronik-eines-erwartbaren-scheiterns-1.3942895-2
Dercon war eine komplette Fehlbesetzung für die Volksbühne. Renner halte ich für einen verwirrten, sich selbst überschätzenden Hipster. Und vermute, dass das ganze Thema, auf einer Ebene, banaler ist, als viele denken.
Allerdings fande ich die Parteiigkeit von Lederer teilweise auch echt peinlich, ich habe die Volksbühne geliebt, aber Lederer da auf der Bühne beim Abschied hat sich schrecklich falsch angefühlt.
Frau wär voll in Ordnung, aber mir fällt gerade keine ein? Die Mundel kenn ich nicht.
fritsch for volksbühne
Ich denke, gemeinsam mit einem Vertreter der "alten" Volksbühne,
sei es Pollesch, Fritsch oder Carl Hegemann besäße dieses Trio genug Autorität und Rückhalt im angestammten Volksbühnenpublikum, um geeignete Vorschläge für eine neue Intendanz zu machen. - Politiker wie Lederer (wg. Räumung) und Grütters (wg. Humboldt-Forum) oder gar Funktionäre der Berliner SPD (die Aufzählung ihrer Flops wäre hier zu lang) besitzen dieses Vertrauen längst nicht mehr.
Angefangen mit Castorf selbst. Dann Khuon, Oberender, Ostermeier, Fritsch, Peymann, Hausmann...alle, alle haben mitgemacht bei diesem Mobbing, lange bevor das Programm von Dercon stand. Petras, Shermin Langhoff, Lilienthal, Reese...keiner hat sich wirklich zurück gehalten oder gar konstruktiv geäußert, nicht einmal Flimm, der noch am meisten Anstand zeigte.
Alle, die daran beteiligt waren, kommen nicht mehr in Frage.
man kann es aber natürlich auch so lesen. Alle von Castorf selbst, Khuon, Oberender, Fritsch, Peymann, Haußmann hatten genug Sach- und Ortskenntnisse den Ausgang voraus zu sehen. Nur die diversen politischen Verantwortlichen bzw. Initiatoren hatten dieses nicht.
Die Namen die hier genannt werden bringen doch fast alle nichts Neues. Langweiliges Intendanten-Theater. Gute Regisseure, mäßige Intendanten. Die Volksbühne ist begründet durch den großen Theater-Erneuerer Piscator. Sie ist ein Reform-Theater. Darauf sollte man sich besinnen. In seinem Sinne sollte man versuchen, der Volksbühne ein neues Modell zu geben, das sich vom derzeitigen Intendanten-Despotismus unterscheidet. Ein Team aus vier klugen Theatermacher*innen, das gender- und inter-kulturparitätisch besetzt sein sollte. Davon gerne auch internationale Theatermacher, die etwas frischen Wind in die miefige deutsche Theaterbude bringen.
Und ich würde dringend empfehlen, dass die Kommission transparent arbeitet, und nicht dass Herr Lederer, der seinen Teil hierzu beigetragen hat, den Job freihändig vergibt. Herr Khuon sollte unbedingt in dieser Kommission sein, weil er der einzige ist, der die unzähligen und divergierenden Interessen auseinander halten kann.
Und: Ich danke Herrn Lederer unendlich dafür, dass er dem Millionen verschlingenden, unkreativen Spuk an der Volksbühne beendet hat!
Das theaterinteressierte Europa wird mein Aufatmen nun teilen.
Leider musste Hr. Lederer aufgrund der falschen kulturpolitischen Entscheidungen seiner Vorgänger dieses Scheitern von Dercon erst zulassen.
"Leider musste Hr. Lederer aufgrund der falschen kulturpolitischen Entscheidungen seiner Vorgänger dieses Scheitern von Dercon erst zulassen."
Ja, und ich finde es erstaunlich ignorant, angesichts der nach den diversen Recherchen veröffentlichten Fakten, dass so mancher in Dercon immer noch die verfolgte Unschuld sieht. Wenn man dem Tagesspiegel da trauen darf, erhielt Dercon am Donnerstag die Kündigung, nachdem am Montag die katastrophalen Zahlen zur Sprache kamen. Dercon kommt, auch wenn er perspektivisch nichts mehr in der Hand hat, um Lücken zu füllen, nicht selbst auf den Gedanken, von der Aufgabe zurückzutreten! Ich habe für jemanden, der so uneinsichtig ist, kein Verständnis. Er hat immerhin die Verantwortung für über 200 Angestellte.
Ich widerspreche Ihnen in Bezug auf die Menschen "die berufen werden, und nichts für die Hinterzimmer-Politik können". Herr Dercon hatte schon *vor* seiner Nominierung im April 2015 erheblichen Gegenwind. Diesen hat er nur als Ermutigung genommen, dagegen anzukämpfen. Sich damit auseinanderzusetzen, woher dieser Wind weht, ist wesentlich nicht geschehen. Drei Jahre und unzählige Gelegenheiten lang. Insofern "kann" Chris Dercon sehr wohl etwas für seine Lage. Er war - das ist nicht oft genug zu wiederholen, *wenn* das Gegenteil fortwährend behauptet wird - eben keine rein passive Figur. Er wollte das Label. Er wollte den Vertrag. Er wollte nach Berlin. Er wollte raus aus dem Kapitalkunstzirkus Londons. Er wollte diese Konditionen. Er wollte die Widerstände überwinden. Auf seine Art. Er war aktiv beteiligt an all dem.
Zu scheitern ist kein Malus oder keine Schwäche, sondern ein möglicher Ausgang, wenn man hoch pokert. Das hat Dercon im vollen Bewusstsein seit 2015 getan. Umso mehr Vollgas man gibt, umso weniger sieht man von der Landschaft.
Kommentar wurde mir schon 2fach wegzensiert.
Mein Dreamteam für etwas gänzlich anderes wäre daher - kay voges -
auch dieser Kommentar wurde von Nachtkritik bereits einkassiert.
Ich werde aber nie mehr die Berliner SPD wählen. Deren Anteil am Desaster der Volksbühne, das zeigt sich jetzt, ist von überdimensionalem Versagen, von Realitätsferne und Inkompetenz geprägt. Michael Müller tut jetzt so, als habe er die Sache Volksbühne, für ein merkwürdiges Hobby seines Kultursenatorrs gehalten. Mit seinem Staatssekretär Renner war er aber seinerzeit als Kultursenator verantwortlich für die hybride Kozeptionierung der volksbühnen_berlin. Das schliesst die größenwahnsinnige Finanzierungsplanung ebenso mit ein, wie die Beratungsresistenz gegenüber warnenden Stimmen von Fachleuten. Herr Müller sollte als Regierender Bürgermeister zurücktreten.
Trotzdem bleibt für mich in vielem ein schlechtes Gefühl dabei, wie hier gegen Kunst vorgegangen wurde - wie bereits zu einem Zeitpunkt, als man noch nichts über Dercons Programm wusste, Stimmung und ja, auch Hetze betrieben wurden. Dieser Kunst-Verhinderungs-Gerstus, der auch in der Volksbühnenbesetzung lag, war mir unerträglich. Hätten sich die Besetzer ein anderes (leerstehendes?) Gebäude gesucht und dort eine "neue Volksbühne" proklamiert, so wäre das ein positiver Impuls gewesen, hätte das ein Mehr an künstlerischer, diskursiver, kritischer Auseinandersetzung gebracht.
Solche Aktionen delegitimieren Kritik sicher nicht per se, aber man muss sich doch fragen, welcher kunstfeindlichen Tendenz man da mit seiner Kritik ggf. Argumente liefert.
Man stelle sich nur einen Moment lang vor, der Berliner Senat hätte nicht Castorf sondern beispielsweise Daniel Barenboim per Hinterzimmergemauschel gefeuert. Und dessen Nachfolger hätte dem staunenden Publikum mit strahlendem Lächeln verkündet, man werde an der Staatsoper in der nächsten Zeit auf Mozart, Wagner und Puccini verzichten, denn dergleichen hätten die Berliner in den letzten Jahren unter Barenbboims Dirigaten zu Genüge zu hören bekommen. Statt vom überflüssig gewordenen Orchester würden in den kommenden Spielzeiten die Sänger auf der Bühne als Neuerung von einigen Elektrokeyboards und Drumcomputern begleitet. Ich denke, die "Tschüss Chris"-Aktionen der Dercon-Gegner sind nur ein laues Lüftchen, verglichen mit der "Hetze", die seitens des als wohlerzogen geltenden Staatsoperpublikums gegen ein solches Szenario losgebrochen wäre. Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund für ein "schlechtes Gefühl" zum Umgang mit Chris Dercon in der Stadt.Im Gegenteil: Die Volksbühnenbesetzer waren nach Lage der Dinge ausgesprochen nett zu ihm.
"Bye-bye Berlin, hello Riad und Paris. Chris Dercon bereitet eine Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst aus Saudi Arabien vor, sagte Jack Lang, Präsident des Institut du Mone Arabe in Paris, in Le Monde am Ende September."
https://twitter.com/EberhardSpreng/status/984735389662564352
und die frage stellt sich, wann dies geplant wurde und terminlich perfekt zum vertragsende september 2018 paßt ...
andererseits war die volksbühne am rosa-luxemburg-platz einmalig - bestimmt nicht jede inszenierung - aber ein international gefeiertes ensemble mit hochspezialistieren mitarbeitern in einer tradition von avantgarde und eigener handschrift ... die natürlich gar nicht dafür da war ALLEN zu gefallen - doch deren zerstörung unverzeihlich ist
dieser zerstörungsakt wird unvergessen bleiben, egal, wie es jetzt weitergeht und wenn ein verantwortlicher benannt werden kann, dann müller/renner als völlig ahnungslose auslöser, denen absolute kunstferne und fehlbesetzung in ihrem amt zu bescheinigen ist ...
es war eine rein politische entscheidung, in der möglicherweise persönliche kungelei starken einfluß hatte
zum "glück" ist deren phantasie-rechnung nicht aufgegangen, da sie von einem phantasten geplant wurde - dem jedoch im theaterbereich jede professionelle phantasie und begabung fehlte
das zeigt nur mal wieder etwas über die arbeitsweise des berliner senats ... und deren fokussierung auf langweiligen kommerz für die zukunft der stadt ... als prunk- und touristenmeile für den jetset und gegen die menschen, die hier leben und sich dagegen wehren ... und natürlich auch hört man auch die stimmen ihrer unterstützer, denen die idee einer flaniermeile für die reichen gefällt
beides ist nicht miteinander zu vereinbaren und wird zu einer leblosen kulisse
dieser kampf wird weitergehen, wie auf allen kampfplätzen mit allmachtsphantasien und ohne faire regeln
für mich ist das schlimme, dass es mich symbolisch an die bücherverbrennung erinnert ... jedoch ohne scheiterhaufen, sondern mit politisch-medialem feuer
herr müller, was haben sie sich gedacht und wie wollen sie dies wieder "gut" machen? okay ... herr lederer hat ja jetzt den auftrag dazu ... und dörr ist erst mal ein besserer berater als lilienthal ... vielleicht kann man von den philharmonikern lernen, die sehr glücklich mit ihren SELBST gewählten chef sind >>> genau dahin sollte die reise gehen ... die politik den mund halten und die künstler selbst entscheiden lassen ... eine bessere förderung der kunst gibt es nicht
so fängt eine unterhaltsame kritik zum thema volksbühne in der welt an ...doch jan küveler sorgt nicht nur für unterhaltung, er hat auch gut zugehört:
"Unwürdig, wie Klaus Lederer jetzt als, sagen wir, Banquos Sohn herangeritten kommt, um ein paar versprengten Journalisten, wie sie am Freitagmittag vor Schloss Dunsinane stehen, um Dercons Leiche zu besichtigen, in die Feder zu diktieren, es sei „am Ende nicht um die Auslastungszahlungen gegangen“.
Zwei Minuten später sagte er schon: „Wir kamen am Montag anhand der Zahlen zu dem Ergebnis, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, einen Neustart einzuleiten.“ Als wäre er ein Schauspieler, der einfach seinen Text abliest und gar nicht merkt, dass er in der Zeile verrutscht ist, dass bei so krassen Widersprüchen unmöglich eine überzeugende Figur entstehen kann. Ein Kronjuwel auch dieser Satz, der bei derselben Gelegenheit fiel: „Herr Dercon hat selber eingeschätzt, dass, wenn er jetzt anfangen würde, sich neue konzeptionelle Gedanken zu machen, das sehr, sehr lange dauern würde, bis die sich dann praktisch materialisieren.“
Aber überzeugende Figuren waren sämtlich längst auf der Strecke geblieben.
Dercon hatte in Windeseile die Wandlung vom strahlenden neoliberalen Ritter mit Champagnergläsern voller Charme zum lustlosen Miesepeter vollzogen, der seitenlang der „Zeit“ und anderen, die nicht weghörten, vorheulte, wie spießig, kunstfeindlich und gemein Berlin sei. Das kunstfeindliche Berlin schrieb derweil das Internet mit Petitionen voll, man wolle halt Theater statt Gehopse. Zwar gab es nicht so viele Unterschriften wie bei Chico, dem Killerhund, aber immerhin."
https://www.welt.de/kultur/article175448041/Abgang-Chris-Dercon-geht-Wie-schoen-Und-jetzt.html
"Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Volksbühne diverser, weiblicher, jünger werden soll", sagte Lederer am Rande eines Parteitags in Adlershof. Dieser Herausforderung sei konzeptionell Rechnung zu tragen. Die Volksbühne sei auch immer ein politisches Theater gewesen - auch an diese Tradition müsse angeknüpft werden."
WER ist wohl mit "alle beteiligten" gemeint? und ist "weiblicher und jünger" das wundermittel für die theaterkunst????
wir erinnern uns: bei iphigenie und der besetzung der vb war beides doch im angebot
habe nur ich den eindruck, dass er "POLITISCHES" und nicht theater betont? ... das erinnert an die SED-abnahmekomission als zensor und entscheidungsträger für die theaterkunst auf der bühne und warum setzt er dann nicht - seiner logik folgend - den "alten mann barenboim" ab?
was reden sie da, herr lederer ... ich höre nix von kunstverständnis und theaterliebe und deren förderung und unterstützung ... nur eine "neue, andere" politische idee als ring in der ideologischen kampfarena, nach der es 10 mal im monat "iphigenie" auf dem spielplan im wechsel mit kennedy geben müßte ...
herr khuon, herr dörr, liebe berliner theaterfreunde ... rettet die kunst vor der politik
Ich bin erleichtert und gespannt, was nun passiert. Ich freue mich für die Mitarbeiter, Herausforderungen haben sie immer angenommen, da kommt viel auf sie zu, aber mit sinnvollen Zielrichtungen zu arbeiten, macht es leichter.
* SZ vom Samstag lesen.
* Dercon nicht zum Märtyrer stilisieren, aber auch fair bleiben.
* Merke: Kulturpolitik heisst nicht Kultursachverstand.
* Theaterintendant ist ein Beruf und braucht spezifische Kompetenzen, was plötzlich überraschend scheint?!
* Nachdenken hilft!
Bitte bitte jetzt damit anfangen, jetzt kann man vielleicht noch was retten? Die VB, die Werkstätten, den Ruf, die Kunst. Bitte jetzt Hausaufgaben machen. Bitte, bitte Schluss mit dem Dilettantismus.
Was eben im Kulturausschuss nicht gefragt wurde von den Parlamentariern: Was bedeutet das von Dörr und Lederer mehrfach betonte "Einhalten aller laufenden Verträge" in Bezug auf die Quasi-Intendantin Piepenbrock? Ist vorgesehen, dass sie, als Tandempartnerin von Chris Dercon, unter neuer (kommissarischer) Intendanz ihr Programm fortsetzt wie zuvor? Ändert sie ihre Linie? Ist der Führungswechsel für ihre programmatische Arbeit unerheblich? Welche Rolle spielt sie in Dörrs Tableau?
soviel ich weiß, haben alle einen jahresvertrag von dercon bekommen und wären ja dann im september weg ... um sich jedoch nicht zu früh zu freuen, sollte dies nochmal wasserfest nachrecherchiert werden, bestimmt gibt es auch möglicherweise zusätzliche stück-verträge für z.b. kennedy
vielleicht etwas vorsichtig, nur weil einem uU die jetzigen leute nicht passen müssen wir anheuern und schnell feuern nicht gut finden. das hauptdesaster ist doch, dass renner und müller zu feige waren, öffentlich vorzustellen, dass sie eines der grossen berliner theater vom alten stadttheaterbetrieb auf was anderes umstellen wollten. und dercon und piekenbrock es nicht fertiggebracht haben, diese idee kommunikativ mit leben zu füllen. aber vielleicht ist marietta p. ja jetzt wo der senat mit eingeklempten konzept'schwanz' dasteht durchaus für was anderes zu haben. haltet mal die luft an und wartet, ob die betroffenen von sich aus in die debatte gehen.
Ansonsten wird demnächst Klaus Dörr auch vom Ausschuss eingeladen, um Auskunft zum weiteren Vorgehen zu geben. Das wird eine gänzlich andere Veranstaltung als die Anhörung von Chris Dercon vor einem Jahr, die im Nachhinein noch mehr Märchenstunde war, als damals gedacht.
Enttäuscht war ich heute von fast allen Fraktionen. Lediglich die Grünen sprachen über die Verantwortung der Kulturpolitik eben auch als Verantwortung des Kulturausschusses. Zu oft wurde mir heute der Blick nach vorn beschworen, wenn die Genese dieses Zustandes nicht aufgearbeitet wird.
Wowereit, Müller und Renner gehören vor ein Gericht nach diesen Fehlentscheiden und Versäumnissen. Wowereit und Müller vor allem auch wegen dem Debakel um den BER. Aber in Berlin scheint man ja einfach gern das Geld der Republik zu verprassen. Die VB zahlt jetzt den Preis dafür und wird das auch unter einer neuen künstlerischen Leitung tun.
Es wurde ein eigenartiger Apparat vom neuen "Team" zusammengebaut. Ich bin gespannt mit wieviel, nennen wir es "Liebe zum Detail" nun das auseinandergewuselt wird, was schief lief und auch, ob jemand für dieses "Fehlwirtschaften" verantwortlich gemacht wird. Mich wundert es wirklich, wie schnell die 11 Millionen Euro, die für die Sommerspielzeit 2018 vorgesehen waren, verpulvert worden sind und was hat das mit der Drittmitteleinwerbung von circa 1,2 Millionen Euro zu tun? Hätte dieser Betrag wohl als Puffer für die restliche Spielzeit ausgereicht?? Bei aller Liebe, Toleranz sowie Akzeptanz an jeglicher künstlerischer Freiheit steht die Frage für mich im Raum: Wurde die öffentliche Subvention in grossem Maßstab mißbraucht? Werden solche Themen auch im Zusammenhang mit der Abfindung des ehemaligen Intendanten eine Rolle spielen? Es grenzt ja schon etwas an Realitätsverlust, wenn man vom Team Dercon im Radio hört, wie toll es ist bei den Proben auf der großen Bühne zuzusehn wenn an anderen Bühnen in Kellern wesentlich komplexere Theaterstücke geprobt werden. Wenn im Radio gesagt wird, man sei ein "Organisationsmaniac", es sei anstrengend sich jeden 2. Tag eine Produktion ausserhalb anzusehen und abzuwägen ob der künstlerische Gehalt passt um ins eigene Programm aufgenommen zu werden. Das wurde teuer bezahlt. Und ja,: Ephemeres kann so schön sein, das wurde irgendwie verwechselt mit dem Spruch von Chris Dercon: "Nach mir die Sintflut". Es wurde ja angekündigt, sich mit dem Volk, der Stadt, seinen Sehnsüchten, modischen Medienphänomenen, der neuen künstlerischen Definition in der Gesellschaft usw zu beschäftigen, diese neu zu erörtern, unformulierte Fragen dazu zu stellen, Ebenen die noch nicht wahrnehmbar existieren auszuloten usw. - Was ist passiert: Es wurde durch sich selbst das ganze komplett verwässert! Letztendlich bin ich Teil dieser Stadt und erfreu mich an jeder "Neuen, spannenden Position" und das Resumee der letzten Monate Volksbühne wäre nun für mich: Hättet die alte Volksbühne gelassen wie Sie war - hättet die halbe Million Euro für die eine Veranstaltung "Tanz aufm Tempelhof" hineingeschüttet - hättet die restlichen 4,5 Millionen in Stipendien bildender, darstellender Künstler und Theater und sonstwelchen Projekten gesteckt - dann hätte man sich den ganzen Ärger erspart.
Für Apichatpong Weerasethakuls Installation „Fever“ gilt ähnliches. Albert Serra hat ebenfalls einige Filmprojekte rein für Ausstellungen gemacht. Den Austausch zwischen den Kunstgattungen hat es ja immer gegeben. Das ist nichts Schlimmes. Aber so, wie es von Dercon und seinen Künstlern gedacht ist, ist es eben zum Teil ein ganz anderes Verständnis von Theater und das nicht nur ästhetisch gesehen. Und wenn Susanne Kennedy von „artificial intelligence“ spricht, dann bedeutet das eben, dass sich ihr Stil immer weiter abstrahieren wird, und sich über kurz oder lang der menschliche Körper ganz aus ihren Werken verabschiedet, nicht nur die menschliche Sprache. Das ist natürlich im Moment noch sehr abstrakt und klingt wie Science Fiction, aber so arbeitet man in der bildenden Kunst ja schon sehr lange, da dort zum Beispiel Computer und Internet viel besser nutzbar sind, als auf einer Bühne vor Publikum. Wenn man diese Arbeitsweise auf das herkömmliche Theater überträgt, wird es da aber immer auch Verluste geben. Bisher wurden in den Volksbühnenproduktionen die Ideen ja immer eins zu eins ins Theater oder wieder in die bildende Kunst übersetzt. Daher wirkte das fremd und teilweise auch langweilig für herkömmliches Theaterpublikum. Leute die ebenfalls aus der bildenden Kunst kommen, finden das vermutlich wieder sehr spannend. Noch gibt es aber kaum Publikum für diese Art von Theater und daher war es auch recht vermessen, die Volksbühne als Experimentierfeld zu benutzen. Die Quittung hat man jetzt. Auch die Berliner Festspiele experimentieren ja im Moment in diese Richtung, aber eben nicht nur allein. Man kann diese Experimente nebenher ruhig weiter mitlaufen lassen, und schauen, wie sich das entwickelt. Es bildet einen Weg für Theater ab, allerdings nicht den einzig gangbaren.
https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/kultur/artikel-e608226/
Zwei echte Totengräber, Müller und Renner, und vor allem Müller hält sich immer noch im Amt. Schauderhaft.
wie lächerlich ist es denn, das Scheitern eines Konzepts an einer Absage festzumachen? "Der Pollesch wollte nicht mit mir arbeiten, ich kann nichts dafür, dass ich gescheitert bin, der Pollesch war's!" Wenn das die Verteidigungslinie ist – sorry! Das ist kindisch!
Die Recherche von Laudenbach/Goetz zeigt doch vielmehr glasklar etwas Anderes: Dercon hat sich nie – NIE! – für das Mutterhaus der Volksbühne interessiert, sondern nur für Tempelhof. Think big, think global, think Flughafen! Mit der eigentlichen Bühne konnte er nichts anfangen. Blöd natürlich, dass Tempelhof nichts wurde, und Dercon blieb mit etwas zurück, das ihm im Grunde egal war.
Dass ihm die Volksbühne als Haus wurscht war, haben die Mitarbeiter allerdings früh bemerkt. Kann man ihnen das vorwerfen?
Smart ist dann schon Polleschs Entscheidung, zu der Loyalität Frank Castorf gegenüber, auch zu bemerken, dass er es mit Leuten zu tun hat, die seltsame Pläne haben und mit seinem Metier so gar nichts teilen und ihn im wahrsten Sinne des Wortes benutzen wollen.
Well, laut der SZ-Recherche hat Dercon 5 Pollesch-Stücke gesehen, drei live und drei auf DVD (eins offenbar doppelt), was Polleschs bisher bekannte Aussagen diesbezüglich in ein das zickige Licht einer umgarnten Highschool-Beauty rückt ("Er sagt nur, das er mich toll findet, aber er kennt mich gar nicht wirklich!")
So fucking what?? Grade vor dem Hintergrund des angeblichen Desinteresses Dercons am Schauspiel hätte er doch schalten und walten können wie er will.
@69
Das ist ja grade der interessante Aspekt des Recherche, wie elementar die vorgesehene Rolle Polleschs in dem Konzept war neben dem Tempelhof-Standort, weil dadurch eben idealerweise nicht das Ensemble abgeschafft worden bzw. geflüchtet wäre. Und die späte Erkenntnis Renners, das man an dem Punkt, wo zwei "Säulen" wegfallen (Kontinuität via Pollesch und Tempelhof) das Konzept hätte begraben müssen.
@68 Lokalpolitikern Standortpolitik und Citymarketing vorzuwerfen, ist einigermaßen gaga. Das ist ihr Beruf.
Persönliche Erkenntnis nach 70 quälend langen Minuten Interview mit der Piekenbrock und diversen Dercon-Videos: wir haben ein Humorproblem. Das konnte nichts werden mit Pollesch und den beiden.
wenn sich die VB fortan zumindest im 3.Stock
dem Drama der Zukunft zuwendet
und damit bisher verkannten neutralisierten Dramatikerinnen,
in denen etwas schlummert, was weit über das gegenwärtige
Durchschnittsgeschnuschel hinausreicht.