Eklat bei Verleihung des Ibsen-Preises an Peter Handke
Preisgeld spenden
Oslo, 22. September 2014. Bei der Verleihung des norwegischen Ibsen-Preises an Peter Handke ist es zu Demonstrationen gekommen. Protestierende Bosnier und Albaner bezichtigten Handke am Rande der Veranstaltung des Faschismus. Handke hatte des Öfteren mit seiner Haltung zum Balkan-Konflikt polarisiert, unter anderem als er eine Grabrede auf den jugoslawischen Ex-Diktator Slobodan Milošević hielt.
Preisgeld für Schwimmbadbau im Kosovo
Als Reaktion will Peter Handke den mit gut 300.000 Euro höchstdotierten Dramatikerpreis spenden, wie verschiedene Medien berichten. Mit dem Geld solle ein Schwimmbad im Kosovo gebaut werden, der Rest solle an den Norwegischen Staat zurückgehen. In einem Gespräch mit Peter Kümmel in der Zeit (18.9.2014) hatte Handke die Verwendung des Preisgeldes bereits angekündigt: für ein Schwimmbad im Kosovo, allerdings in "der serbischen Enklave im Kosovo".
Die Jury war für ihre Entscheidung bereits im Vorfeld kritisiert worden. Sie verteidigte jedoch Handkes Meinungsfreiheit. "Die Jury distanziert sich von den Beschuldigungen, er sei ein politischer Extremist", wird Jurymitglied Boye Hansen zitiert. Alle Mitglieder seien der Meinung, dass ihn dies nicht für den Preis disqualifiziere.
Am Sonntag hatte am Schauspiel Bochum Peter Handkes Manager-Stück Die Unvernünftigen sterben aus Premiere, das eine Ur- und Frühgeschichte heutiger Machtstrukturen erzählt.
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Wer glaubt heute noch an den Genozid, mit dem die rot-grüne Bundesregierung die Bombardierung Belgrads gerechtfertigt hat?
Wer glaubt, dass es den Albanern in Serbien, den Sinti und Roma im Kosovo inzwischen besser geht als unter Milosevic?
Handke hat jeden seiner Preise verdient.
Er hat immer so getan, als ob es ihm gerade ausginge, als
Schriftsteller zu leben . . .
@2&3: Wenn man die Unterstützung des größten europäischen Massenmörders seit Ende des 2. Weltkriegs als Mut auslegt, dann fällt mir auch nichts mehr ein. Und wenn man dann noch diesem als Verdienst anrechnet, dass er den PR-Fehler, als den er die Einrichtung von KZW in Bosnien angesehen hat, dadurch revidiert hat, dass er im Kosovo stattdessen auf systematische gewaltsame Vertreibung gesetzt hat, ist das von einer Menschenverachtung geprägt, dass sich jeder weitere Kommentar erübrigt.
Um zum Thema zu kommen: Handke ist ein großer Dramatiker, aber er lebt nicht im luftleeren Raum. Er trifft seine politischen Äußerungen als Dramatiker, wäre er das nicht, würde ihm niemand zuhören. Insofern ist es völlig legitim, beide Sphären nicht zu trennen, das tut er ja auch nicht (bspw. indem er ein Preisgeld für seine Arbeit politisch instrumentalisiert). Das heißt nicht, dass das seine Verdienste als Dramatiker irgendwie entwertet, aber durchaus, dass Protest gegen ihn legitim ist. Genauso wie er das Recht hat, seine Äußerungen zu tätigen, haben andere das Recht, diese zu kritisieren.
Liebe Nachtkritik, bitte werfen Sie doch mal einen kritischen Blick auf die geplante Berufung von Tibor Navracscics zum EU-Kultur-Kommissar?
Das ist doch ein langjähriger Wegbegleiter von Viktor Orbán, und was in dessen Regierung (von der Navracscics Teil war) ausgerechnet bezüglich der Presse- und Kulturfreiheit passiert ist, das wurde ja auch hier auf nachtkritik ausführlich besprochen. Ich würde mich freuen, wenn Sie für ein follow-up hierzu mit dem neuen Europäischen Aspekt eine Möglichkeit sähen!
(Sehr geehrte/r Sorge, wir behalten die Angelegenheit im Blick, auf jeden Fall. Aktuell sind zwei Meldungen auf unserer Seite verfügbar: zur Nominierung von Navracsics und zur Kritik des Deutschen Bühnenvereins. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Links:
www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9956:2014-09-11-10-08-14&catid=126:meldungen-k&Itemid=100089
www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9984:2014-09-17-09-25-36&catid=126:meldungen-k&Itemid=100089