Am Kamin

von Wolfgang Behrens

Berlin, 6. November 2007. "Im traurigen Monat November war’s, die Tage wurden trüber …" So wie Heine einst das winterliche Deutschland bereiste, so reist Falk Richter schon seit vielen Jahren durch den Winter der menschlichen Herzen. In seinen Stücken herrscht klirrende soziale Kälte, die bis in die Stücktitel hineinkriecht: "Unter Eis" hieß 2004 sein bislang größter Erfolg.

Virtuelle Flammen

Doch auch die Behaglichkeit des Kamins gehört zum Winter; in Jan Pappelbaums (irgendwie schon häufiger gesehenem) Wohnzimmer-Bühnenbild zu Richters neuem Stück "Im Ausnahmezustand" – schwarze Resopalwände, hellgraue Sofagarnitur – flackert der Kamin immerhin noch auf einem Monitor. Er ist das Wärmezentrum im strengen Schwarz-Grau-Weiß von Bühne und Kostümen. In ihm – und sei sein virtuelles Feuer noch so kalt – glimmt die alte Hoffnung der Menschheit auf gute, auf beruhigte Zeiten. Auch Heine singt in seinem "Wintermärchen" von dieser Hoffnung:

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Ein neues Lied, ein böses Lied

Falk Richter berichtet in "Im Ausnahmezustand" von dem Versuch nicht aller, sondern einiger weniger Menschen, sich ein Himmelreich auf Erden zu errichten. "Hier gibt es alles, alles, was man für ein schönes Leben braucht", sagt Die Frau einmal, und das meint Sicherheit, Annehmlichkeiten, geregelte Verhältnisse. Denn Die Frau, Der Mann und Der Junge wohnen in einer sogenannten "Gated Community", die sich dem Guten und Schönen verschrieben hat, indem – simpler Trick – das Böse und Hässliche mittels eines Zauns ferngehalten wird.

Was Richter, der bei der Uraufführung seines Stücks an der Berliner Schaubühne auch selbst Regie führte, nun aber vorführt, ist, wie dieses Himmelreich an seinen eigenen Voraussetzungen – gleichsam aus sich selbst heraus – zugrunde geht und zugrunde gehen muss: Die Angst, es zu verlieren, kontaminiert alle Lebensbereiche. Und verloren ist das Himmelreich schnell: Wer nicht, wie von "ihnen" vorgesehen (wer "sie" sind, bleibt offen), reibungslos funktioniert, wer nicht mehr zum Guten und Schönen bedingungslos beitragen kann, der muss die "Gated Community" verlassen.

Auf den Leib geschrieben

Der Mann und Der Junge aber funktionieren nicht oder nicht mehr richtig: Des Mannes Arbeitsleistung lässt – vielleicht nur altersbedingt – nach, seine unbedingte Loyalität wird von "ihnen" in Frage gestellt. Der Junge aber pubertiert, er scheint sich – horribile dictu – für Dinge zu interessieren, die möglicherweise außerhalb des Tores der "Gated Community" liegen. Sie, Die Frau, wird darob zur Inquisitorin der eigenen Privatsphäre: Von Misstrauen und Verlustängsten zerfressen, seziert sie lieblos und unnachgiebig jede Regung, jeden Sprechakt von Mann und Kind. Kalt ist’s in dieser Familie geworden, sie lebt "unter Eis" – und war doch ausgezogen, die Wärme der Geborgenheit zu finden.

Falk Richter hat "Im Ausnahmezustand" zweien seiner Lieblingsschauspieler auf den Leib geschrieben: Bibiana Beglau und Bruno Cathomas (denen sich noch der sehr talentierte 15jährige Vincent Redetzki zugesellt). Natürlich spielen die Beglau und Cathomas großartig: Sie verrät ihre Rolle dankenswerterweise nicht von vornherein an hemmungslose Hysterie, sondern agiert aus einer verhaltenen Ruhe heraus, die sich erst langsam mit Nervosität auflädt und nach und nach in gewaltige (und auch gewaltig komische) Arien der Angst und des verletzten Ehrgeizes hineinsteigert.

Riskante Erwärmung auf Kammerspiel-Niveau

Er ist von Beginn an herrlich fahrig, seine Hände wissen nicht wohin und spielen geistesabwesend am Kugelschreiber, gehetzte Blicke, erbärmlich hängende Schultern. Und auch er bekommt seine Arien: Ausbrüche eines erst gedeckelten und schließlich überschnappenden Zorns, der von dem immer wieder zu Boden plumpsenden Körper Besitz ergreift – wie kein anderer vermag Cathomas aufs Beherrschteste die Unbeherrschtheit zu spielen.

Merkwürdigerweise jedoch überdeckt die psychologistische und komödiantische Brillanz des Spiels der beiden Hauptdarsteller ein wenig die kühle, fast reißbrettartig didaktische Botschaft des Stücks: Die artifizielle Metapher einer gehegten und eingehegten Welt, deren selbstzerstörerische Angst vor einem Außen die zwangsläufige Kehrseite des angestrebten Glücks ist, wird so zu einem Ehe-Kammerspiel erwärmt, wie es gar nicht so weit von der Boulevardbühne oder dem Fernsehdrama entfernt ist. Das mindert nicht die Lust am Zusehen, vielleicht aber die Härte der Erkenntnis. Und zu allem lodert behaglich der Kamin, dessen kalte Hitze wohl doch nicht ins Himmelreich, sondern direkt in die Hölle führt.

 

Im Ausnahmezustand
von Falk Richter
Regie: Falk Richter, Bühne: Jan Pappelbaum, Kostüme: Almut Eppinger,
Musik: Paul Lemp. Mit: Bibiana Beglau, Bruno Cathomas, Vincent Redetzki.

www.schaubuehne.de

Alles über Falk Richter auf nachtkritik.de hier.

 

Kritikenrundschau

Falk Richter, schreibt Gerhard Stadelmaier in der FAZ (8.11.2007), habe "seit Jahren ein Abonnement auf Apokalypsen". Sein Theater müsse man sich als "riesigen Zeigefinger" vorstellen, der "erregt" "nach droben" fuchtele. Dabei bleibe er aber den "Beweis fürs Wichtige" schuldig. Es sei "Angstmachertheater, Alarmismus-Schaugewerbe zum Billigtarif". Als Regisseur habe er seiner Apokalypse nun aber "die Puschen des Familienzickentheaters" angezogen. Das sei – zumal mit Cathomas und Beglau, die nahe an Strindbergs "Totentanz" geraten würden – durchaus "reizend, aber ohne Bedeutung".

Auch Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (8.11.2007) weist darauf hin, dass die "Madigmachung des bürgerlichen Alltags" bei Falk Richter zum "Service" gehöre. In seinem neuen Stück, das er in der Schaubühne selbst zur Uraufführung gebracht hat, gehe es abermals um "die in ihrer Gründlichkeit schon predigerhafte Verhohnepiepelung jeglichen Daseinstrostes im Diesseits, wo alles eitel ist". Trotzdem sei "Im Ausnahmezustand" als "Themenabend" ein "Gewinn", aber das liege allein an Bibiana Beglau und Bruno Carthomas, "den beiden großen Schauspielern".

Ähnlich Matthias Heine in der Welt (8.11.2007). Richter, der "seine heißherzige Kritik am 'System' (so der Titel eines Stückezyklus) auf die Salontemperatur eines Kammerspiels heruntergekühlt" hätte, verdanke es allein den Schauspielern, dass "Im Ausnahmezustand" an der Schaubühne "auf die Höhe einer sehenswerten Aufführung geliftet wird".

Christine Wahl
im Berliner Tagesspiegel (8.11.2007) schließt sich an, gewichtet aber anders: Bibiana Beglau, Bruno Cathomas und der 15-jährige Vincent Redetzki könnten "nicht darüber hinwegtäuschen, dass Richter nicht wirklich etwas zu erzählen hätte, was er dem Publikum nicht schon in früheren Stücken gesagt hätte."

Nicht ganz so schlecht kommt das Stück in Christine Dössels Kritik in der Süddeutschen Zeitung (8.11.2007) weg. Sie nennt Richter einen "soziologischen Polarforscher, der einen "globalisierungskritisch inspirierten, faktenreich recherchierten, mit didaktischem Gestus konstruierten Seelen-Science-Fiction" geschrieben hätte. Immerhin. Die Schauspieler natürlich, "die raubtierhaft geschmeidige, gefährlich lauernde" Bibiana Beglau und "der bärig tapsige, sich verkrampft wegduckende" Bruno Cathomas seien "ganz wunderbar": "Grau ist an der Schaubühne alle Gesellschaftstheorie. Aber rot, gottlob, das Blut, das in den Adern schäumt."

Peter Michalzik
in der Frankfurter Rundschau (8.11.2007) hingegen geht auf schauspielerische Leistungen gar nicht ein. Vielmehr zeigt er sich von dem Stück, das "zwischen rhythmisiertem Gestammel, wohlkalkulierten und gut gesetzten Gags und vorhersehbarer Psychologie banal, klischeehaft und vorhersehbar durchs klar und stimmungsvoll ausgeleuchtete Wohnzimmer" "blubbt", ziemlich deprimiert. Als "Popdramatiker" und "Popkritiker" habe Richter vor zehn Jahren begonnen und stelle inzwischen "die Welt als Ganzes unter Generalverdacht", wobei er sich "im Herzen des bürgerlichen Wohlfühlrealismus immer besser ein(richte)."

Die taz (8.11.2007) und dort Jörg Sundermeier, ist gnädiger. "Im Ausnahmezustand" sei ein "angenehmes Stück" mit einem "sehr schönen Titel", das dank der SchauspielerInnen "befriedige", obwohl Falk Richter als Regisseur seines eigenen Stückes viel zu wenig Striche gemacht und das kleine Ensemble zu unnötiger Überdeutlichkeit genötigt habe.

In der Neuen Züricher Zeitung (8.11.2007) vermisst Dirk Pilz eine "konzeptionelle Klarheit" der Inszenierung. "Gleichsam unter der Hand gerät sie nämlich doch immer wieder ins psychologische Fach und behauptet Charaktere, wo das Stück nur Thesenträger kennt." Richters "politikwissenschaftliches, soziologisches Forschungsinteresse hat (noch) nicht diejenige Bühnensprache, Spielweise, Form gefunden, mit der sich mehr als proseminaristische Erkenntnisse abwerfen ließen".

 

Kommentare  
Falk Richters Bankrotterklärung
die guten schauspielerleistungen seien ausdrücklich ausgenommen, aber richters stück als solches ist wirklich eine schallende ohrfeige für ein theater, das sich zeitnah und zeitkritisch geben will. richter verhandelt hier auf kindergartenniveau, zumal er postman, der aufgrund seiner polemik und seines extremen bildungskonservatismus eine äußerst begrenzte haltbarkeitsdauer als ernstzunehmender medienkritiker genoß, ausweidet wie einen glitzernden zitatenschatz. das ist verdammt armselig, herr richter, eine bankrotterklärung. als einer der letzten überlebenden aus popkreisen beweist ihr text etwas, was man hinter diesen kreisen schon lange vermutet hat: völlige substanzlosigkeit und eine ebensolche überbewertung der eigenen anschauung der welt, die man nur noch aus seiner geräumigen altbauwohnung am prenzlauer berg und aus dem internet wahrnimmt. "ausnahmezustand" sollte qualitativ ein ausnahmezustand bleiben, bitte! hier ist der richter sein eigener henker.
Richters "Ausnahmezustand" ist großartig
Ich fand das Stück grossartig und kann den Schreiber des Kommentars absolut nicht verstehen. Ist das persönlicher Hass auf Falk Richter? Richter zeigt doch in dem Stück hervorragend, wie sich der Westen versucht abzuschirmen gegen alles, was momentan als lebensunwert gesehen wird - alle Nicht-Leistungsträger, die gesamte Humanverschiebemasse des globalen Marktes - und vor allem ist es ein Stück über unsere paranoide Wahrnehmungen, wie diese sich vermischen mit Fakten, Angstvisionen und Fiktionen - und genau diese Wahrnehmung führt zu allen weltpolitischen Fehlentscheidungen im Moment - Richter hat eine ähnlich radikale Schreibe und Weltsicht wie Sarah Kane sie einmal hatte - und deshalb wird er attackiert, von den Kritikern der bürgerlichen Presse lächerlich gemacht - als ginge es darum, dass Anliegen, überhaupt relevante Themen im Theater zu verhandeln, zu diskreditieren - bei Jasmina Reza oder Schimmelpfenning sind dann immer alle total begeistert - weil da eben absolut gar nichts von Bedeutung verhandelt wird. Wenn Stadelmeier über ein Stück schreibt, dass es ohne Belang bleibt, dann kann man davon ausgehen, dass es für Stadelmaier und das System, für das er schreibt, gefährlich ist und deren Inhalte nicht diskutiert werden dürfen. Und das ist interessant.
zu Falk Richter: Tote hängen im Zaun
08.11.2007
Tote hängen im Zaun
Berliner Schaubühne: Falk Richters »Im Ausnahmezustand«
Von Hans-Dieter Schütt,
Auszüge aus Neues Deutschland 8.11.07

Ob alles in Ordnung sei, fragt die Liebe. Ob alles gut sei, fragt das Mitgefühl. Ob man sich Sorgen machen müsse, fragt der Familiensinn. Familiensinn, Mitgefühl, Liebe klingen wie Angestellte einer Firma, und diese Firma überwacht, Tag und Nacht ...

Ob alles in Ordnung sei, ob alles gut sei, ob man sich Sorgen machen müsse – so fragt also die Frau ihren Mann. Und der druckst. Nichts ist in Ordnung. Sie weiß es. Sie hat dem »Team« sogar gemeldet, was er nachts wirr im Traume redet, sie hat ihn im Dunklen draußen herumrennen sehen (oder träumte sie das selber nur?). Sie rechnet ihm die Prozentzahl der Witze vor, die er in letzter Zeit weniger gemacht hat – nachlassende Heiterkeit ist nachlassende Sozialkraft. Sie lag auch spionierend unterm Bett des Sohnes. Wer treibt hier welches Spiel? Woher kommt zum Beispiel die verbrannte Hundeleiche vorm Haus? Im Schnee. Wo es hier doch gar nicht schneit. Realität oder wieder nur Traum? Warum spielt man jetzt wieder den Ton des rauschenden Meeres in die Siedlung ein? Damit man keine Schüsse hört? Und hingen jüngst nicht wieder Leichen im Elektrozaun, in der Nähe des großen Tores, das immer geschlossen bleiben muss?

Nichts ist in Ordnung! Nichts ist gut! Man muss sich Sorgen machen! Die Frau bedrängt den Mann, als sei sie ein entsicherter Revolver. Der vorschießende Arm mit dem gestreckten Zeigefinger möchte ebenfalls Revolver sein. Waffe ist er auf jeden Fall. Der Mann wird ins Bibbern geraten. Eine Geiselnahme daheim.

Denn: Wenn das so weitergeht, wenn der Mann weiter so nachlässt in der Kundenbetreuung, dann müssen sie hier wieder raus, dann müssen sie wieder auf die andere Seite (des Daseins), wo die Räudigen leben, die Verzweifelten, die Staugefangenen, die Hungernden, die Nichtse, die verwirrten Alten, die Kinder mit ihrer Furcht vor dem Schulweg. Die Frau hat Angst. Angst, das ist hier die letzte, aber doch alles entscheidende Weltanschauung. Angst, alles zu verlieren. Der Mann fragt irgendwann zurück, was das eigentlich sei: alles. Da ist aus einem Gespräch schon ein Krieg geworden, ein Beben, ein erschöpftes Maskenreißen in den hart und leer gewordenen Gesichtern.

»Im Ausnahmezustand« heißt das neue Stück von Falk Richter, er hat es selbst an der Schaubühne am Lehniner Platz inszeniert, Bühne: Jan Pappelbaum. Es ist, als sei Richter an jenen Ort gegangen, den die Ausrufer in Botho Strauss’ Stück »Schändung« anpreisen: »Terra secura, exklusives Wohnen in absolut geschützter Lage! Erwerben Sie Anteile an der Stillen Stadt! Sie gehen nach Sonnenuntergang nicht mehr aus dem Haus? Sie hören aus der Nachbarschaft von Diebstahl, Notzucht und Entführung? Terra secura: eingezäunt und abgeschirmt, bewacht von eigener Garde. Keine Krüppel. Keine ansteckenden Krankheiten. Keine unterdurchschnittliche Intelligenz.«

Terra secura heißt hier Gated Community. Die geschlossene Gesellschaft der von realer Welt Befreiten. Festung Wohlstand. Mit sehr kollektiver Feier von Hochzeitstagen und Bonuspunkten fürs Surfen. Noch muss man dazu wegfahren. Noch. Aber ein Meer direkt vor den Häusern soll bald schon angelegt werden. Das Getto derer, die es »geschafft« haben. Doch die wahre Leistung muss jetzt erst vollbracht werden: fit bleiben, dranbleiben, eisern bleiben. Die Überwachungskameras zeigen nach innen.

Mann und Frau sitzen auf einer langgestreckten Couch. Sie ganz links, er ganz rechts. Wieder denke ich an einen Satz von Botho Strauss: »Ich bin der, sie ist die. Nie waren wir mein und dein. Aug in Aug sehen wir uns oft aus großer Ferne an.«
Im Ausnahmezustand: Richters bislang bestes Stück
Ich fand es das bislang beste Richterstück.
Im Ausnahmezustand: extrem verdichtete Komposition
Ging mir ähnlich - ich kenne "Unter Eis" und "Electronic City" und fand "Im Ausnahmezustand" eine extrem verdichtete Komposition um Angstfantasien, Paranoia, Traumbilder - am stärksten finde ich, dass dieses Paar eine Art Arbeitsteam bildet - das Stück benutzt die Form von Virginia Woolf und "Nora", aber zeigt, dass es hier nicht mehr um Emotionen geht, sondern es geht darum, das Eheteam funktionsfähig zu halten, um nicht sozial abzusteigen - bzw. räumt auf mit den romantischen Verklärungen, die im Neoliberalismus um Paarbeziehungen herumgebaut werden - schön auch, wie die Geschlechter images anfangen zu flirren - wer ist hier im klassischen Sinne Mann und wer Frau.
Im Ausnahmezustand: ein heutiger Ibsen
Ein heutiger Ibsen - was ist so falsch daran?? Außerdem ist es ein Schauspielerfest.
Richter = Kane? Autistisches Kopfschütteln
sehr geehrte/r "Hasst Falk Richter und fühlt Euch" autistisches kopfschütteln meinerseits angesichts ihres kommentars. richter = kane? richter = "radikale weltsicht"? richters weltsichten sind schwangere untertertia, aber kein ernstzunehmender diskursbeitrag!!! definitiv - nein. wie naiv kann man sein? stadelmaier & co., so wenig ich sie abkann, würden sich in meinen augen erst verdächtig machen, wenn sie sich mit richters "jugend forscht"-theater ernsthaft auseinandersetzen würden.
zu Ausnahmezustand: setzt sich mit wichtigen Themen auseinand
Interessant, was der Richter für eine Wut auslöst - es ist zunächst einmal ein sehr gut geschriebenes, gut gebautes Stück - setzt sich mit wirklich wichtigen Themen auseinander - das macht momentan kaum ein anderer deutscher Autor (ich kann diese WG Stücke und leicht anpoetisierten Fühldramen nicht mehr ertragen) - "Das System" war ein länsgt überfälliger Beitrag zur Gesellschaftsanalyse, und Im Ausnahmezustand ist die Fortschreibung und radikale Weiterführung dessen - "jugend forscht" etc. ist eben das, was dann die so sagen, die sich mit den Inhalten nicht auseinandersetzen wollen - und da gibt es tatsächlich eine Übereinstimmung mit Kane - die wurde eben genauso wie vom Schreiber über mir nur persönlich diskreditiert, als dummes, nerviges, pubertierendes, frustriertes Mädchen - bis sie dann tot war, dann konnten auch Typen wie Stadelmaier und der Mann hier über mir sich halbwegs fair mit der Arbeit auseinandersetzen.
zu Ausnahmezustand: ein heutiger Ibsen, Beglau der Hammer!
Ein heutiger Ibsen - ein Stück über die Abstiegsangst der Mittelschicht - und über die Angst, alt zu werden und dann keine Chance mehr zu haben, mitzuhalten. Ich fands extrem spannend. Bibiana Beglau ist der Hammer!
Im Ausnahmezustand: beeindruckend
Ich war ziemlich beeindruckt von der Dichte des Textes, diesen paranoiden Zuständen - das kennen wir doch alle. Angst vor dem Abstieg und vor dem Verlust der Sicherheit. Fand es nach UNTER EIS das beste Stück bislang von Richter. Schauspieler an der Schaubühne werden immer besser!
zu Ausnahmezustand: Ist das der Westen?
Heute war Ausnahmezustand an der Schaubühne und anschliessendes Publikumsgespräch: erstmal sehr beeindruckendes Stück, hervorragende Schauspieler, sehr dicht, das war großes Theater - ich verstehe nicht ganz die Vorbehalte der "professionellen" Kritik - geht es darum, dass das Stück als zu krass in seiner politischen Ausrichtung wahrgenommen wird? Es beschreibt doch nun gerade das Leben all der FAZ Leser, der Mitte Topgraphiker und Spitzenpolitiker - man hat das Gefühl, man guckt diesen Managern direkt ins Schlafzimmer, sieht sie bei ihren Zuammenbrüchen, ihren Ängsten, erlebt, wie ihre Frauen sie zu Höchstleistungen antreiben aus Angst vor dem sozialen Abstieg. Ich fand im anschliessenden Gespräch vor allem interessant, dass etwa fünf Leute meinten "Ich lebe in Charlottenburg und das ist genau mein Leben - ich lebe hier in dieser abgesicherten Welt, aber ich habe Angst" - ist das der Westen? Diese Angst vor allem Fremden, vor dem eigenen Abstieg und dem, was dann kommt, Angst vor den eigenen Kindern, die man nicht mehr begreift. Warum sind die Männer heute so schwach und dienen nicht mehr als Vorbilder? Diese Frage konnte dann keiner der zuschauenden Männer beantworten. Das Stück hat mich noch sehr lange beschäftigt.
Ausnahmezustand: Onkel Otto-Theater
die zahnärztin gabriele frere war noch lange beschäftigt. mit dem wie onkel otto-theater.
Ausnahmezustrand: ... aber Cathomas!!
thesen auf zwei beinen. weitestgehend witzlos. aber cathomas ist ein tier.
Ausnahmezustand: weitgehend witzig
wirklichkeit auf zwei beinen, weitgehend extrem witzig. aber beglau ist ein mensch!
Ausnahmezustand: Antwort an klecz.f
der Bionadetrinker klecz.f sollte sich schnell ein paar Pollesch Texte ins Gehirn hauen und ins Cafe Burger stellen und allen sagen, dass die Welt morgens um halb sieben noch total schön und in Ordnung ist - es lebe das Prenzlauerbergspießertum
Falk Richter ist ein Genie
Falk Richter ist ein Genie!
Falk Richter: groß!
Im Ausnahmezustand und UNTER EIS - großes Theater! Große Texte, große Schauspieler!
Im Ausnahmezustand: gigantisch
Gigantisch! ich bin sprachlos.Sowas habe ich noch nie gesehn!!!
Falk Richter: alles nur Behauptung!
Gigantisch? Ich muss schon bitten. Gigantisch? Wenn das gigantisch ist, also dann weiß ich auch nicht mehr weiter.Gigantisch! Ich bin auch sprachlos. Denn eine Szene Tschechow, Shakespeare, Büchner und dann weiß man, was gut ist. Falk Richter ganz bestimmt nicht. Hat der überhaupt ein anderes Interesse als Erfolg haben wollen? Ich glaub dem kein Wort. Denn: es ist alles ausgedacht, behauptet.
Im Ausnahmezustand: weiter so!
Habs auch gesehn. Das beste seid Jahren. Sehr grosses Theater. Tolle Dialoge und hervoragende Schauspieler. Ich würd es mir eigendlich gern nochmal anschaun. Weiter so!
Im Ausnahmezustand: Erhard Künzels Kritik unsinnig
Lieber Erhard Künzel - "Tschechow, Shakespeare, Büchner - dann weiß man, was gut ist" - das ist eine ziemlich unsinnige Haltung, um ein Stück eines zeitgenössischen Autors zu beurteilen - auch die von Ihnen genannten Autoren wollten Erfolg und haben im übrigen ihre Stoffe erst einmal "ausgedacht und behauptet" - ich habe mir auch den Ausnahmezustand angeschaut und finde das ein hervorragendes, dichtes, extrem gut geschriebenes Stück, das dazu noch hervorragend gespielt wurde mit einer schauspielerischen Präsizion, wie ich sie selten im Moment sehe. Sie müssen dann eher Richter vergleichen mit lebenden Autoren - und da ist er einer der interessantesten und inhalts- und sprachgewaltigsten. Im übrigen habe ich Richter beim Publikumsgespräch erlebt und glaube dem, wenn er redet, jedes Wort - der meint das, was er sagt und schreibt - ob man das auch so sieht wie er, ist ja was völlig anderes - dass er eventuell Erfolg haben will - wie Sie vermuten - ist ja wohl eher normal und kein Anlass das Werk in Frage zu stellen - gutes Theater machen und damit Erfolg haben wollen, ist ja nun völlig legitim als Haltung - Pollesch, Castorf, Ostermeier - die wollen doch alle Erfolg haben, das will wohl jeder, der irgend etwas kann.
Im Ausnahmezustand: gutes Stück, falsches Bühnenbild
Ich finde es einen sehr guten Text, habe ihn in Theater der Zeit gerade nachgelesen, aber die Bühne gibt einen Realismus vor, den das Stück nicht hat - das Stück ist so ein paranoider Alptraum über reale Ereignisse - kein realistisches Drama, der Text geht sehr stark über das reale hinaus - das hat mir gefallen - die Bühne hätte die Möglichkeit bieten sollen, dass man diesen Wohnzimmerraum verlässt - man hätte - wie z.B. Richter und Pappelbaum das in ihrem grandiosen Stück "Unter Eis" gemacht haben - den Raum "auflösen" ins Irreale kippen lassen sollen - das Stück dreht für mich irgendwann durch, wird paranoid, lässt die Gedanken in ganz irre Bereiche hinein fliegen - der Raum bleibt immer der gleiche, entwickelt sich nicht - wird nicht irreal, offen, fantastisch - das ist schade. Ansonsten fand ich die Aufführung sehr gut, vor allem den Text und vor allem den Jungen - der ist echt sehenswert, die beiden Stars natürlich allemal!
Im Ausnahmezustand: Hallo, Redakteur!
hallo Redakteur - mein Beitrag (siehe oben) hat von Ihnen die falsche Überschrift bekommen - es ist ein sehr gutes Stück, aber die Bühne habe ich kritisiert - "schlechte Inszenierung" stimmt nicht - die Inszenierung (Schauspielführung, Musik, Licht, Kostüme, Video) finde ich gut, nur bei der Bühne gibt es etwas zu kritisieren.
(schon korrigiert. besser so? die red)
Falk Richter: Was macht er als nächstes?
Bin ein großer Falk Richter Fan - weiß jemand, was der als nächstes macht oder woran der gerade schreibt? Wo lebt der eigentlich? Kann man den mal live sehen?

Hallo Wolf,
am 29.1. hat Falk Richter mit Tschechows "Kirschgarten" an der Berliner Schaubühne Premiere; wir werden darüber berichten. die Red.
Hinweis zu Falk Richters nächster Arbeit
Im Mai 2008 ist die Uraufführung von Falk Richters neuestem Stück "Verletzte Jugend" im Kasino des Burgtheaters Wien geplant, bei der er auch selber Regie führen wird.
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