Arbeit und Struktur

von Stephanie Gräve und Jonas Zipf

Themen: Krisen des Intendantensystems in Trier und Bern | Künstler-Charisma vs. Unternehmensführung | Gegenbewegungen von unten: das Ensemble-Netzwerk et al. | Erfolgreiche Spartenautonomie in Mannheim und DortmundEin zeitgemäßes Alternativmodell: das Direktorium

 

18. Januar 2017. Zu Jahresbeginn geistert wieder ein Gespenst namens Performer durch die Theaterdebatten auf nachtkritik.de und anderswo, es scheint sich um eine Art Dementor zu handeln, der der Schauspielkunst das Leben aussaugt. Dabei kann doch das Theater beides vereinen, Performance und psychologisches Spiel, und tut es längst. Interessant allerdings ist, dass die Debatte häufig an Personen festgemacht wird: Da wird das Castorf-Theater gegen das Dercon-Theater in Stellung gebracht, da steht Kuratorengott Lilienthal gegen die Phalanx der intendierenden Regiegötter, und hie und da wird die Konfliktlinie der Spielstile kurzerhand gleichgesetzt mit den Konfliktlinien einer Strukturdiskussion, mit der Frage: Alleinherrscher oder Team? Eine Verkürzung, denn warum sollte ausgemacht sein, dass ein Kurator weniger Despot ist als ein Regisseur? Solange die Struktur Machtmissbrauch ermöglicht, kann es zu Machtmissbrauch kommen. Dringlich ist deshalb die Strukturfrage, und auch sie wird gestellt, befeuert durch Konflikte und Verwerfungen von Rostock über Trier bis Bern. Es geht zentral um die Rolle des Intendanten, und womöglich sind genau hier die beiden Debatten miteinander verknüpft: als unterschiedliche Ausprägungen desselben Unbehagens an den Machtstrukturen. Eines wachsenden Unbehagens angesichts der Übermachtposition eines Einzelnen, mit allen möglichen Konsequenzen von Angst und Abhängigkeit.

In dubio pro rege

Nehmen wir Trier, zum Beispiel; Karl Sibelius war dort Generalintendant und Geschäftsführer zugleich. Gleich in der ersten Spielzeit gab es Zuschauereinbrüche und Personalquerelen, massive Budgetprobleme zeichneten sich ab  die Stadt hätte handeln können, denn aus formalen Gründen war Sibelius zunächst nur für eine Spielzeit verpflichtet. Doch hielt man das Prinzip des künstlerischen Alleinherrschers für unantastbar, verlängerte den Vertrag und gesellte ihm lediglich einen Geschäftsführer hinzu, in der Hoffnung, der könne es richten. Stattdessen eskalierte die Situation, der fristlos gekündigte Schauspieldirektor klagte sich wieder ein, das Minus belief sich im Kalenderjahr 2016 auf 2,3 Millionen Euro. Nur wenige Monate nach der Verlängerung entließ die Stadt Sibelius gegen eine hohe Abfindung.

Nehmen wir Bern, zum Beispiel. Für die vergangene Spielzeit vermeldet das Theater insgesamt einen hohen Besucherrückgang, nicht überraschend, war doch das große Haus renovierungsbedingt für einige Zeit geschlossen. Das traf besonders die Oper. Bemerkenswert, dass es der Schauspielsparte gelang, die Zuschauerzahlen sogar zu steigern, nur hebt das Theater diesen Erfolg nicht eben hervor in der Medienmitteilung zur Saison. Im Januar 2016 wurde die verantwortliche Schauspieldirektorin (und Co-Autorin dieses Beitrags) auf Antrag des Intendanten freigestellt. Aufgrund "unvereinbarer Wellenlängen", wie der Stiftungsrat Wochen später mitteilte, als die öffentliche Kritik nicht nachlassen wollte. (Anm. Anders als in Deutschland verlangt das Arbeitsrecht der Schweiz nicht nach einer Begründung für eine Freistellung.) Und mit Konsequenzen für viele: Nicht nur haben die Dramaturginnen und die Hälfte des Ensembles das Haus verlassen oder gehen noch (oder müssen gehen), auch ein Großteil der erfolgreichen Regisseure kommt nicht wieder. Dafür sind dem Theater für die Nichtweiterarbeit der Schauspielleiterin Kosten von knapp einer Viertelmillion Euro entstanden.

Das Recht wohnt beim Überwältiger?

Was ist das für ein System, möchte man fragen, in dem ein Chef so losgelöst von objektiven Kriterien agieren kann, nur aufgrund "persönlicher Inkompatibilität"? Die Antwort: Es ist ein Stadttheater im deutschsprachigen Raum, eine dieser in ihrer Struktur merkwürdig anachronistisch anmutenden Einrichtungen, in der ein Intendant (Wikipedia: Aufseher, Verwalter; außer im Theater und in Rundfunkanstalten findet sich die Berufsbezeichnung historisch noch im Militärbereich) eine Zauberformel wie "künstlerische Gesamtverantwortung" im Vertrag verzeichnet hat.

Skyrim Screenshot2 uNur noch in Computerspielen ein Erfolgsmodell: fürstliche Alleinherrschaft.
© Screenshot aus dem Rollenspiel "Skyrim"

In der SZ schrieb Christopher Balme zur historischen Entwicklung des Intendantenberufs, für lange Zeit sei es das künstlerische Charisma gewesen, das die enorme Machtfülle des Intendanten begründete. Diese Idee von Charisma allerdings will 2017 nicht mehr recht greifen, steht sie doch auch in gewissem Widerspruch zu den Anforderungen an einen modernen Theaterchef. Der neben der Kunst so praktische Dinge zu verantworten hat wie: einen mittelständischen Betrieb nach heutigen Standards von Personalführung zu leiten, was nicht unbedingt gut zusammengeht mit der Künstleraura. Warum also noch diese Machtkonzentration in einer einzigen Person? Zeitgemäß erscheint das nicht mehr. Kein Oberbürgermeister kann so selbstherrlich entscheiden wie der ihm untergebene Intendant, er muss sich mit Gremien, Räten und Fraktionen auseinandersetzen; jeder CEO eines Unternehmens muss sich nicht nur vor Aufsichtsräten und Aktionären verantworten, sondern ist in transparente Managementstrukturen mit starken Kontrollmechanismen eingebunden.

Die Theater müssen auf der Höhe der Demokratie ankommen

Die zahlreichen öffentlichen Debatten zu ihrer Legitimation zeigen: Die Theater haben an Aura eingebüßt. Höchstens noch wird die einzelne Aufführung als auratisches Kunstwerk akzeptiert, aber nicht die Institution. Und mit dem Verschwinden der charismatischen Künstler aus den Intendantensesseln schwindet innen wie außen die Bereitschaft, die bestehenden Hierarchien zu akzeptieren. Die Strukturen erscheinen überholt und laufen Gefahr, dem Ruf der Institution zu schaden. Es geht um Glaubwürdigkeit: Wie soll eine Kultureinrichtung, die die Freiheit der Kunst einfordert und auf der Bühne gesellschaftliche und politische Fragen kritisch verhandelt, respektiert werden, wenn sie die propagierten Ideale selbst nicht zu verwirklichen vermag? Auf der Website buehnenjobs.de findet sich die für die Jobsuche sinnige Unterscheidung: auf der Bühne/hinter der Bühne. Weit weniger sinnig ist die Übertragung auf die Realität der Zusammenarbeit, wenn die idealen Forderungen auf der Bühne im Widerspruch zur internen Ordnung stehen.

Was für ein Menschenbild zeigt sich auch hier, gesellschaftlich und politisch? Wir diskutieren besorgt die Schwächung demokratischer Strukturen durch Desinteresse und Wahrheitsverlust, beklagen das Wiedererstarken autoritärer Systeme und von Führerfiguren, die ihren Machtbereich skrupellos ausweiten, thematisieren dies auf unseren Bühnen  und bewegen uns doch in Institutionen, die im Kleinen durchaus Parallelen aufweisen, was Hierarchien und Abhängigkeiten betrifft. "Aber es sind nicht alle Intendanten gleich", ist von Vertretern eben dieses Berufsstands zu hören, wenn man die Strukturfrage anspricht. Das ist wahr, und wir sind optimistisch, dass die, die teamorientiert und fair arbeiten, in der Mehrheit sind. Nur: Was heißt das? Ein System, dem ein Grundgefühl von Unsicherheit und Angst immanent ist, muss grundsätzlich verändert werden, Punkt. In einer Kulturinstitution, zudem öffentlich finanziert, darf es nicht Entscheidung eines Einzelnen sein, wie Macht und Verantwortung verteilt sind, wie viel Mitsprache und Transparenz erwünscht sind. Es wird Zeit, dass die Theater in diesem Punkt auf der Höhe einer Demokratie des 21. Jahrhunderts ankommen.

Das System hat ein Problem

Von einer wachsenden Unsicherheit und Unzufriedenheit mit dem System, die sie in den letzten Jahren unter ihren Absolventen beobachtet, spricht Marion Hirte, Leiterin des Studiengangs Schauspiel an der UdK. Immer mehr von ihnen steigen nach dem ersehnten zweijährigen Anfängerengagement ernüchtert aus. Weil sie den üblichen Stadttheatermix aus Abhängigkeit, Überbeanspruchung und Unterbezahlung nicht mehr akzeptieren wollen und können. Gleichzeitig wächst mit der finanziellen Krise der Kommunen, und in Folge der Theater, mit steigenden Arbeitslosenzahlen unter den Künstlern die Angst, aus dem System zu fallen  so verbleiben andere, gerade ältere Ensemblemitglieder auch unter schwierigen Arbeitsbedingungen in den Engagements. Zunehmende Überlastung bis hin zum Burnout sind die Folge; dem gegenüber stehen wachsender Druck und große Zukunftsangst auf der anderen Seite, bei denen, die frei arbeiten, berichtet Beate Darius von der ZAV.

Ensemble Netzwerk 2 560Die erste bundesweite Ensemble-Versammlung in Bonn 2016 © Thilo Beu / ensemble-netzwerk

Die öffentliche Legitimationskrise, in die die Theater in unserer Gesellschaft geraten sind, trägt zur Infragestellung der Finanzierung bei  und wird verstärkt durch jeden Personaleklat, auch durch ganz normale Intendantenwechsel, wenn zum Unverständnis des Publikums die Mehrheit des von ihm geschätzten Ensembles ausgetauscht wird. Letztlich geht es um Glaubwürdigkeit und Verantwortung. Verantwortung, die die Theaterleiter und ihre Organisationen ebenso haben wie die Politiker der Kommunen und Länder. Verantwortung für die Menschen, die in den Theatern arbeiten, aber auch für den Fortbestand der Institutionen selbst, der ohne Glaubwürdigkeit nicht zu haben ist. Verantwortung übrigens, das sei hier persönlich angemerkt, die schmerzhaft werden kann, wenn wir miterleben müssen, dass sich Künstler, an die wir glauben, denen wir glaubten eine Perspektive bieten zu können, aufgrund interner Verwerfungen oder politischer Entscheidungen plötzlich in einer unsicheren Lebenssituation wiederfinden. Es ist an der Zeit, die Strukturen so zu verändern, dass man ohne Angst arbeiten kann. Und sie müssen von innen verändert werden, bevor es jemand von außen tut. Und womöglich die ultimative Neuerung bringt, die größtmögliche Veränderung, nämlich die, ein Theater in kein Theater zu verwandeln. Zur Berner Angelegenheit schrieb der Journalist Daniel Di Falco: "Das System hat ein Problem." Es sind sicher mehrere, und es gilt, sie zu lösen, damit es nicht irgendwann heißt: Das System ist das Problem.

Kunst braucht angstfreie Menschen

Zum Glück ist viel in Bewegung geraten. Mit dem Ensemble-Netzwerk und dem Jungen Ensemble-Netzwerk, mit Art but fair haben sich neue, kritische Stimmen erhoben, und sie finden erfreulich viel Gehör in der Theaterwelt, in den Medien, in der Politik. Ihre Forderungen lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: mehr Gerechtigkeit. Die sich in Gagen, Arbeitsbedingungen, Sicherheit niederschlägt. Die Initiative "40.000 Theatermitarbeiter treffen ihre Abgeordneten" hat in der politischen Basis der Kommunen und Länder die Sensibilität für die Probleme geschärft; der perfekte Zeitpunkt also, um über Veränderung zu diskutieren. Ansatzpunkte gibt es viele: Die künstlerischen Verträge zum Beispiel, die jährlich gekündigt werden können und so das Ensemble in permanenter Unsicherheit und Abhängigkeit halten; Leitungswechsel als Kündigungsgrund zum Beispiel, eins der verbrieften Intendantenrechte. Was für Härten das für Menschen mit sich bringen kann, bedarf keiner Erläuterung. "Das ist eben so, das weiß man, wenn man ans Theater geht"  ein Satz, den wir lieber nicht mehr hören wollen. Denn Kunst, das wissen wir alle, braucht Freiheit, braucht angstfreie Menschen. Das eben sollte doch (auch) Sinn einer öffentlichen Finanzierung sein: Dass die Künstler für die Sache und das Publikum an ihre Grenzen gehen können und darüber hinaus, ohne um ihre wirtschaftliche Existenz bangen zu müssen. In seinem Buch Theater, Krise und Reform entwirft Thomas Schmidt das Modell eines Ensembletheaters: Die Schauspieler werden zur künstlerischen Konstante, mit langfristigen Verträgen und Mitspracherecht, mit Vorschlagsrecht für die künstlerische Leitung. Er kehrt die Machtverhältnisse kurzerhand um und gibt ihnen eine breitere Basis.

Und zur Freiheit gehört die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf die Bedingungen. Schmidt schlägt für das Ensembletheater eine veränderte Leitungsstruktur vor, die Verteilung der Entscheidungsmacht und Verantwortung auf mehrere Schultern. "Demokratie und Theater, das geht doch nicht zusammen"; auch so ein beliebter Theatersatz für die Entsorgung. Denn warum eigentlich nicht? Als in Mannheim die Generalintendanz zugunsten einer mehrköpfigen Leitung aus Spartenintendanten und Geschäftsführer abgeschafft wurde, gab es warnende Stimmen aus der Szene: Das kann nicht funktionieren! Doch es funktioniert bestens, wie auch in Dortmund  Kay Voges' experimentelles Schauspiel unter einem Generalintendanten? Schwer vorstellbar; von Duellen der Spartenleiter im Morgengrauen hat man jedoch in beiden Städten nicht gehört.

Das Zukunftsmodell: ein Direktorium

Schmidt geht noch einen Schritt weiter, indem er die Intendanz durch ein Direktorium ersetzt, bestehend aus künstlerischem und technischem Direktor, Verwaltungs-, Marketing- und Betriebsdirektor, dazu ist ein gewählter Ensemblevertreter Mitglied. Über die genaue Zusammensetzung des Direktoriums könnte diskutiert werden, wie auch über die Stimmverteilung und wie das Modell auf ein Mehrspartenhaus zu übertragen ist, doch das sind Details. Wichtig ist das Grundkonzept und dass sich die veränderte Struktur an der Spitze in die ganze Institution fortsetzt: Mit flacheren Hierarchien, mit mehr Eigenverantwortung, mit mehr Mitsprache in allen Bereichen. Ein zeitgemäßes Managementsystem mit Checks and Balances eben, wie wir es uns für unsere Gesellschaft wünschen: ein Modell, das, redet man darüber im Jahr 2017 mit Nichttheaterleuten, dem Gegenüber völlig selbstverständlich scheint.

Raeuber 04 560 c Dashuber uMarsch der Führer-Horden in Ulrich Rasches Inszenierung von Schillers "Die Räuber" 2016 am Residenztheater München © Thomas Dashuber

Wesentlich für das Gelingen ist ein professionell besetzter Aufsichtsrat, führt Thomas Schmidt aus, der im Konfliktfall kenntnisreich tätig werden kann professionell in dem Sinne, dass wirtschaftliches, organisatorisches, planerisches, Management- und Marketing-Know How in der personellen Zusammensetzung berücksichtigt werden muss. Es reicht eben nicht, nach parteipolitischen Kriterien Stadträte mit Premierenabo zu entsenden. Und künstlerisches Wissen braucht der Aufsichtsrat ebenso, ein Ensemblevertreter sollte Teil des Gremiums sein warum die Schauspieler nur zu Spielplan- und Regieentscheidungen anhören? Die Beteiligung an strategischen Überlegungen führt zur Identifikation mit den Ideen und Zielen des Theaters. Und letztlich ist das Ensemble Herz und Gesicht des Hauses, vertritt es sichtbar nach außen. Je höher die persönliche Identifikation des einzelnen Künstlers, umso mehr wird sich das Publikum mit "seinem" Theater identifizieren. Weil es sich ohnehin, und das ist das uralte Geheimnis der Theaterkunst, mit diesen Menschen auf der Bühne identifiziert.

Ein feiner, politischer Kopf muss das sein

Für einen Moment möchten wir den Advocatus Diaboli geben: Wozu das alles? Schon immer gab es und noch immer gibt es künstlerisch hervorragende Theater mit großartigen Intendanten die geniale Künstler wie Frank Castorf sind oder klug-visionäre Theaterleiter wie Ulrich Khuon. Ein Erfolgsmodell also? Nicht nur, und immer weniger, wie die Personaleklats der letzten Jahre zeigen. Weil die Institution Theater sich verändert hat. Weil ihre künstlerischen Ausdrucksformen vielfältiger geworden sind, die gesellschaftlichen Aufgaben größer und die Betriebe komplexer. Weil der Legitimations- und Finanzdruck sich erhöht hat. Weil die Welt eine andere geworden ist. Es hat auch gute Könige gegeben, und dennoch sind wir heute ganz einverstanden damit, in einer Demokratie zu leben. Das schmälert ihre, der guten Könige Verdienste nicht. Nur denken wir den feinen, politischen Kopf heute eher vielköpfig.

Auf der Bühne begegnen wir ihm noch mit wohligem Schauder, dem charismatischen Führer. In Schillers "Räubern" zum Beispiel, wie Ulrich Rasche sie zur Spielzeiteröffnung am Residenztheater inszeniert hat. Wenn Rasches Räuber losmarschieren, wähnt man sich in den schwarzen Block geraten, die Sprechoper wird zum Punkkonzert. Diese Horde braucht einen starken Anführer, das ist klar, und es muss der charismatische junge Adlige Karl von Moor sein, zur wütenden Enttäuschung von Spiegelberg, der doch den Räuberplan überhaupt erst aufgebracht hat. Und dann am Ende, wenn Karl der Verzweiflung anheim fällt, spürt man die panische Angst der so martialisch auftretenden Räuber: "Hauptmann. Hauptmann. Bist du wahnsinnig worden?" Sie fürchten, vermutlich zu Recht, dass sie nichts sind ohne ihren charismatischen Führer. Das kann man akzeptieren, für Schiller, das 18. Jahrhundert, für eine Räuberbande. Für ein Theater des 21. Jahrhunderts doch eher nicht.

 

Stephanie Graeve 180 Anna Polke uStephanie Gräve ist Dramaturgin, hat in Oberhausen und als Chefdramaturgin in Moers und Bonn gearbeitet, war von 2012 bis 2015 stellvertretende
künstlerische Direktorin und Kuratorin in Basel, in der Spielzeit 2015/16 Schauspieldirektorin in Bern. Aktuell studiert sie Kulturmanagement und engagiert sich für Art but fair, Ensemble-Netzwerk und ein Theaterprojekt mit Geflüchteten im Nordirak.

Jonas Zipf2 280h Michael Hudler uJonas Zipf studierte Psychologie in Berlin und Paris sowie Regie (Sprech- und Musiktheater) in München. Dramaturgie und Projektleitungen in der freien Szene (u.a. Berlin, Stuttgart), an Stadttheatern (u.a. Basel, Hamburg) und für Festivals (u.a. Darmstadt, München). Künstl. Leitung des Theaterhauses Jena (2011 bis 2014), wo ein Team an der Spitze steht. Schauspieldirektor am Staatstheater Darmstadt (Spielzeit 2014/15); seit 2016 Geschäftsleitung von JenaKultur, städtischer Eigenbetrieb für Kultur, Marketing und Tourismus.


Die im Text zitierte System-Studie Theater, Krise und Reform von Thomas Schmidt bespricht Dorothea Marcus für nachtkritik.de.

mehr debatten

Kommentare  
Debatte Intendantenmodell: alles oder nichts
Ein wichtiger Artikel, der die Themen anspricht, die seit vielen Monaten virulent sind. Eine Reform des öffentlichen Theatersystems in Deutschland geht nur über die Reform der Funktion des Intendanten. Niemand wird auch nur ein Argument dafür finden, dass ein Kulturbetrieb im 21. Jahrhundert einen machiavellistischen Alleinherrscher und Fürsten an der Spitze braucht, wenn es auch im Team geht - wie jede einzelne Theaterproduktion ja hervorragend zeigt.
Der Bühnenverein verändert gerade seine personelle Struktur: Mit dem Wechsel auf einen neuen Geschäftsführer besteht die Möglichkeit, dass endlich ein Zeitalter der Reformen anbricht.
Aber es liegt auch an den Playern der Intendantengruppe, vor allem bei Hasko Weber, der, wie in der Szene gemurmelt wird, seit Monaten mit dem ensemble-netzwerk im Gespräch ist, aber noch immer kein deutliches Angebot gemacht hat. Die Intendanten müssen nun ganz klar formulieren, inwieweit sie bereit sind, Macht abzugeben, die Künstler an wichtigen Entscheidungen zu beteiligen, die Theaterstrukturen zu reformieren.
Anders als in den 70er Jahren in Frankfurt, Berlin, Bochum, Stuttgart oder Mühlheim werden diese Reformen nicht mehr zurückgedreht werden können, denn mit dem ensemble-netzwerk gibt es eine Bewegung oder besser: Organisation, die in den kommenden Wochen und Monaten noch wachsen und an Bedeutung gewinnen wird. Es geht um alles oder nichts: ein weiteres Bröckeln der wichtigen Theatersubstanz, vor allem in den Provinzen, oder besser: eine reformierte Theaterlandschaft, mit Direktorien, flachen Strukturen, mehr Gerechtigkeit zwischen den Vertragsgruppen und vor allem einer breit aufgestellten Mitbestimmung.
Debatte Intendantenmodell: schade
Zipf/Gräve haben die Diskussion der letzten Monate zusammengefasst. Das ist ehrenwert. Leider ist nichts anderes entstanden als ein braves Referat. Das ist schade.
Debatte Intendantenmodell: Zitat
"Wenn ein System ein Problem hat, das es offensichtlich nicht systemimmanent lösen kann, IST (H.v.m.) das System ein Problem." (D. Rust - Kommentare zur Dramaturgie und zum Theater)
Debatte Intendantenmodell: Zeugen der Anklage
Zwei, die sich immer im System bewegt und gut davon gelebt haben, verlieren ihre guten Posten, aus welchen Gründen auch immer, und rechnen mit dem "System" ab. Geht es eigentlich noch billiger? Was soll das, nachtkritik? Solche Zeugen der Anklage sind befangen und unglaubwürdig!

(Sehr geehrter Kurt, was genau ist hier billig? Dass die Kritik an einem System durch Kennerschaft desselben zustande kommt? Würden Sie, um im Geiste dieses Jahres zu fragen, Luther zum Vorwurf machen, dass er die Kirche reformierte, obwohl er höhere Posten in der Institution besetzte? Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Debatte Intendantenmodell: hinkender Vergleich
Die größten Kritiker der Elche... schon klar. Aber Luther wurde nicht vor seiner Kritik aus der Kirche rausgeworfen, insofern hinkt der Vergleich ein wenig, Herr Rakow.

(Sehr geehrter Kurt, das dachte ich mir, dass Sie mir den Luther nicht durchgehen lassen. Und dennoch glaube ich, dass es verheerend wäre, wenn Leute, die ein System von innen heraus in seinen Vor- und Nachteilen kennengelernt haben und dann, aus welchen Gründen auch immer, ausscheiden, hernach von jedweder Kritikmöglichkeit ausgeschlossen wären. So kommt man nicht zu Veränderungen, ja nicht einmal zu gründlichen Betrachtungen. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Debatte Intendantenmodell: Mut haben
Vielleicht sollte eine Stadt endlich mal den Mut haben, ein Theater zu reformieren und die Intendanz durch ein Direktorium ersetzen, die nicht per se die kompletten künstlerischen Verträge auflöst und die Ensemble vernichtet. Einen Versuch ist es doch wert. Es böten sich doch in naher Zukunft einige Häuser an: Stuttgart, Potsdam...
Debatte Intendantenmodell: Theater entkrusten
Ich pflichte Christian Rakow bei: gerade die KollegInnen, die aus einer schmerzhaften Erfahrung heraus, aber bereits mit einem gewissen Abstand auf die Theater reflektieren, können mit Gewinn analysieren und Konzepte entwickeln, die in die Zukunft weisen.
Wer, wenn nicht sie? Wir sollten dankbar dafür sein, und einmal aufhören, mit diesem ständigen Kritisieren. Wenn man bedenkt, was es für Kraft kosten mag, dem Theater trotz einer solchen Erfahrung so verbunden zu bleiben. Und was den beiden widerfahren ist, ist ja ein Exempel dafür, dass Intendanten völlig überfordert sind, beispielhaft an sich selbst scheitern und damit das Amt öffentlich in ein fahles Licht setzen.
Der eine schickt seinen besten Mann samt halbem Ensemble in die Wüste, und schweigt sich, ewig zaudernd, darüber aus. Der andere entlässt seine beste Frau, weil es mit ihr nicht harmonisch genug geht. Nicht harmonisch genug?
Aber genau das, Reibung, Gespräche, Diskussionen, brauchen wir ja, um das Theater weiter voranzubringen und großartige Kunst entstehen zu lassen. Wer das nicht mehr zulässt, wer diese Größe nicht mehr besitzt, und jedes Widerwort als schmerzlichen Eingriff in die eigene psychologische Erzählung begreift, ist für das hohe, verantwortliche Amt des Intendanten nicht geeignet. Wie soll man ihm noch vertrauen, dass er ein Haus mit vielen Künstlern und Mitarbeiter, Konflikten und Meinungen gut und sicher führt? Wenn er bereits an einem Gegenwind alle Segel rafft.
Und genau dort ist ein weiterer Ansatzpunkt: erst einmal prüfen, wer für diese Ämter geeignet ist, und zwar nicht durch lobbyistische Bewerbungsgespräche, dieses verzweifelte Heranrobben an die das Amt vergebenden Kulturpolitiker, vermittelt durch Gespräche des Bühnenvereins, der letztlich überhaupt entscheidet, wer in Frage kommt; sondern durch Eignungs-Tests, wie sie heute längst in jeder größeren Non-Profit-Organisation abgehalten werden.
Wäre das nicht eine wichtige Neuerung, während wir weiter daran arbeiten, Direktorien und mehr Mitbestimmung durchzusetzen?
Und dieses Betuliche: mit der Freiheit der Kunst ist ein solches - viel demokratischeres und weniger hegemoniales - System nicht vereinbar ist völliger Quatsch, salopp gesagt. Ganz im Gegenteil!
Tendenz und Kunst gehen nicht miteinander, sagt der große Stanislawskij. Und der sollte es wissen. Also, Macht und Kunst gehen nicht miteinander. Immer dort, wo sich Strukturen verkrusten und wo Kommunikation nicht mehr stattfindet, verfestigen sich Macht-Handlungen. Das sind unnötige Ersatzhandlungen.
Lassen Sie uns das Theater entkrusten, wieder gelenkiger und geschmeidiger machen, offen für neues, mit mehr als zwei Augen, die wissen, wo es lang geht. Ein Theater, dass sich nicht nur auf die Metropolen konzentriert, sondern auch in den Regionen nicht mehr fürchten muss, Legitimität, Zuschauer und Zuwendung zu verlieren. Ahoj.
Debatte Intendantenmodell: blinde Liebe
@Kurt Diese blinde Liebe zu der Intendanz macht ihre Position noch unglaubwürdiger als sie ohnehin schon ist. Also unglaubwürdig ist ihre Position ja sowieso, weil sie vermutlich nicht mal "Kurt" heissen. Wer heisst heute denn noch Kurt? Solche Pseudonyme gehört auf den Kunstkrempel. Argumentieren sie. Das wäre der Diskussion dienlicher.
Debatte Intendantenmodell: wirklicher Reformator
Luther hat die Kirche, auch wenn er ein ausgewiesener Antisemit war, reformiert. In der Tat.

Aber hier schreibt kein Luther, Herr Rakow! Hier schreiben zwei in eigener Sache!

Können Sie mal jemanden bestellen, der wirklich Reformen durchführen möchte und sie an der Volksbühne an die Tür nagelt. Und ihn oder sie hier schreiben lassen!!!
Debatte Intendantenmodell: mehr Tiefe aus Kenntnis
Natürlich muss die Kritik und die Reform aus dem "System" kommen - woher denn auch sonst. Und jeder konstruktive Beitrag ist zu begrüßen, denn "steter Tropfen" und so weiter. Ich habe auch gar kein Problem damit, dass zwei "Rausgeflogene" uns ihre Einschätzung zur Situation mitteilen, auch wenn sich da zwei zusammengetan haben, die einen sehr unterschiedlichen Erfahrungshorizont besitzen. Aber ich bin weiterhin erschüttert über die fehlende Reflexionstiefe des Artikels, gerade die Kenntnis der Betriebe (über die jedenfalls Frau Gräve verfügt) hätte zu mehr als einer Aufzählung der Argumente anderer führen können/müssen.

Aber sei's drum, wie gesagt, jeder Beitrag ist wichtig.

Der Luther-Vergleich ist aber wirklich verfehlt, denn zum einen hat Luther nicht Zitate von Wyclif und Hus an die Wittenberger Schlosskirchentür genagelt - vor allem aber ist er mit seiner System-Kritik ein Risiko für Leib und Leben eingegangen. Den beiden Autor*innen hier droht maximal ein abfälliger Kommentar.
Debatte Intendantenmodell: was viele Leute an Theatern denken
Das ist echt bitter, jetzt trauen sich zwei zu sagen, was viele Leute an den Theatern denken und werden gedisst. Danke euch beiden, ihr macht euch bestimmt nicht beliebt bei manchen Intendanten, ich würde mich nicht trauen,meinen vollen Namen zu nennen, weil das mein Intendant lesen könnte. Liebe Nachtkritik, macht Bitte die Kommentarspalte zu. (...)
Debatte Intendantenmodell: mit Beigeschmack
Sehr geehrter Herr Rakow, ich gebe ihnen recht, natürlich sind Leute die das System von innen kennengelernt haben, nicht von der Kritik am System ausgeschlossen. Aber zum segensreichen Wirken der beiden Autoren in Darmstadt und Bern gibt es durchaus geteilte Meinungen und zwar nicht nur von den betreffenden Intendanten. Deshalb hat dieser Artikel, der nur alle hier oft ausgewalzten Argumente wiederkäut, einen faden Beigeschmack.

(Sehr geehrter Kurt, wenn es zu Konflikten kommt, gibt es immer geteilte Meinungen, das liegt in der Natur der Sache. Der Artikel hier ist aber nicht angetreten, alte Fälle aufzurollen oder gar "segensreiches" Wirken nachzuweisen, sondern anhand diverser Beispiele aus den letzten Monaten die Notwendigkeit von stärkerer Mitbestimmung im Theater zu erläutern und einige Alternativen für das Leitungssystem vorzuschlagen. Es wäre dienlich, wenn Sie zur Sache, also zu den Argumenten, sprechen könnten. Die Frage nach dem Rederecht für die Autor*innen des Textes lenkt von der Diskussion ab. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Debatte Intendantenmodell: mitaktive Schauspieler
Ich finde es einen guten Artikel,verschiedene Körper -ein Geist ,
Über Strukturen nachzudenken ist wichtig , neue , andere Formen der Leitung zu finden , auszuprobieren, zu denken ist immer hilfreich ,
Die Aufgabe eines Intendanten / Leiters / Verantwortlichen haben sich in der heutigen Zeit geändert,
Starke, mitdenkende, mitaktive Schauspieler sind immer gut und werden auch gewünscht .Wie oft soll ich als Schauspieler mit die Produktion uneterstützen , das Konzept mit entwickeln , dazu mitzusteuern , die Ideen des Regiesseurs mittragen ,das die Aufführung etwas besonderes wird
Ich finde es eine herausfordernde, tolle Aufgabe mit zu entscheiden , auch gefragt zu werden ,
Als Künstler hat man immer einen anderen Blick auf bestimmte Vorgänge ,kann die Dinge auch von einer anderen Seite sehen und unterstützten.
Warum muss es alles immer nur in einer Hand liegen ,wenn die Person eine große Vision hat und menschlich agieren kann , ist es schön ,
Aber wie oft passiert es nicht,wie oft sind es eigene , egoistische, selbstverliebte , ungerechte Interessen ,und viele müssen dann leiden und können sich nicht entfalten ,
Also ich finde es immer einen Versuch wert , es auszuprobieren.
Debatte Intendantenmodell: Hinweis aus der Redaktion
Sehr geehrte Diskutant*innen, über Nacht sind zahlreiche Kommentare zu diesem Text eingegangen, die nicht zur Sache, sondern gegen Personen sprechen (Autor*innen, Kommentator*innen, Theaterschaffende). Sie werden gemäß den Kommentarregeln, die eine inhaltliche Debatte ermöglichen sollen, nicht veröffentlicht. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion
Debatte Intendantenmodell: Übersicht der Diskussionlager
Wenn so etwas passiert, sehr geehrter Herr Rakow, dann ist es selbstverständlich richtig, nach den Kommentarregeln zu handeln. Aber: Dann sollte redaktionell auch überlegt werden, ob solche Artikel wie oben in ihrer Ausführung überhaupt dazu angetan sind, wirklich zu debattieren. Ich denke, dass genau dies viele bemängeln. Man kann ja nicht debattieren, wenn keine eigenen Behauptungen aufgestellt werden, wenn keine originellen Vorschläge gemacht werden und keine Beispiele erörtert werden, die noch nicht alle hinlänglich kennen. Es zeigt, dass Ihrer Redaktion mittlerweile so vertraut wird, dass die Leute gern ausgerechnet hier debattieren möchten. Das erhöht natürlich Ihre Verantwortung, auch wirkliche Debatten zu ermöglichen durch die Qualität der Beiträge, die Sie veröffentlichen.
Der Gräve/Zipf-Beitrag war gewiss eine Zusammenfassung der Lage und Übersicht der Diskussionslager - aber er hatte darüber hinaus nichts Eigenes zu bieten. Ich fand jedoch angenehm, dass vor allem Frau Gräve sich hier im Fachbereich äußern durfte nach dem, was sie kürzlich innerhalb desselben erlebt hat. Vielleicht hätte sie besser einen alleinigen Beitrag über Ihre ureigendsten Visionen von Theaterarbeit geschrieben und darüber, was diesen und deren Verwirklchung betrieblich konkret entgegensteht, das hätte mich wirklich viel mehr interessiert. - Schade.

(Sehr geehrte/r Lau, die Zusammenschau ist uns wichtig, die angerissenen Reformvorschläge geben Raum zum Weiterdenken. Und bitte bedenken Sie, dass unsere Beiträge nicht nur den dramaturgischen Fachzirkel erreichen sollen, wo selbstredend seit Längerem die Debatte läuft, sondern vor allem ein Publikum adressieren, das allgemein an strukturpolitischen Fragen des Theaters interessiert ist. Für dieses Publikum, dem ich mich selbst zugehörig fühle, enthält der Text sehr viel. Mit besten Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
Debatte Intendantenmodell: Demokratie wagen!
Ein großartiger Artikel, eine brillante Zusammenfassung der aktuellen Theatersituation(en). Gute Lösungsansätze werden aufgezeigt, jetzt wird es Zeit zu handeln. Welche Theater gehen mit gutem Beispiel voran und zeigen, dass es auch zeitgemäßer geht, dass sich neue Strukturen lohnen? Theaterdemokratie wagen! Los geht's!
Debatte Intendantenmodell: löschen
Lieber Herr Rakow, keine Ahnung, ob sie diesen Post veröffentlichen wollen. Gleich kommt noch einer inhaltlich von mir. Vorher möchte ich was zum Thread sagen: absolut richtig, dass sie die persönlicben Angriffe nicht mehr veröffentlichen. Aber da stehen schon viele. Sie sollten jetzt konsequent sein und die Posts 4, 9 und 12 entfernen, da stehen keine Argumente zum Inhalt. Sondern persönliche Angriffe: "Haben gut davon gelebt und rechnen ab", "schreiben zwei in eigener Sache", "zum segensreichen Wirken gibt es geteilte Meinungen". Klar. sie reagieren erst, wenn es zu viel wird, dann muss man aber das was vorher war bitte anpassen. Vielen Dank!

(Lieber Alexander, Kritik, auch an der Autorposition dieses Textes, muss erlaubt sein. Erst wenn beharrlich insistiert wird, droht die Überlagerung von Gegenstandsfragen und der Drift in sachfremde Selbstreferenz. An diesem Punkt ist der Dienst heute früh aktiv geworden. Da auf die von Ihnen angesprochenen Kommentare bereits reagiert wurde und sie dazu einluden, redaktionelle Erwägungen zu diesem Beitrag offenzulegen, lassen wir sie veröffentlicht. Mit besten Grüßen, Christian Rakow)
Debatte Intendantenmodell: Anregungen gefolgt
@klaus m @lau
Ich teile eure Kritik überhaupt nicnt. Ich finde das einen wohltuend gut recherchierten und fundierten Artikel. Verschiedene Diskussionssträge werden dargestellt und mit neuen Ansätzen und eigenen Gedanken verbunden. Ich bin vielleicht ein alter Sack (Jahrgang 49), für mich ist das aber seriöser Journalismus, den man in unserer Ex und Hopp Zeit leider nicht mehr oft findet. Ich bin den Bezügen und Anregungen gefolgt und bin auf Artikel gestossen, die ich nicht kannte. Ich finde es toll, wenn Leute in unserer Ich Ich Ich-Zeit uneitel sind und zeigen, dass sie sich in einer größeren Debatte bewegen und Respekt vor Theorien anderer haben. Das zeigt die wissenschaftliche Schulung. So sollte jeder Dramaturg denken. Ich will nicnt nur schnelle Behauptung. Ich ziehe Wissen und Auseinandersetzung vor.
Debatte Intendantenmodell: mutig und in diesem Umfang neu
Fortsetzung
Wer hat denn das Buch von Thomas Schmidt gelesen? Es ist teuer und dick,das hab ich gestern gesehen. Darum wundere ich mich, dass ihr so tut als wüsstet ihr alles schon, was Gräve/Zipf schreiben. Was soll ein "origineller" Vorschlag sein, sollen die ein neues Leitungsmodell vorschlagen, bei dem alle auf dem Kopf stehen? Ich verstehe die Forderung wirklich nicht. Natürlich gab es schon mal Mitbestimmung und wir können davon ausgehen, dass alle denkbaren Leitungsstrukturen schon irgendwo ausprobiert wurden. Die Theater stecken aber seit Jahrzehnten in ihren Hierarchien fest. Dass zwei Dramaturgen das aus ihrer eigenen Erfahrung heraus öffentlich kritisieren und klug begründen, ist mutig und in diesem Umfang neu.
Ich habe viel mitgenommen aus dem Text. Für mich ist "originell" aber auch nicht das Kriterium fur einen Beitrag. Es ist ja klar, dass beinahe alles schon irgendwann irgendwie gedacht wurde.
Debatte Intendantenmodell: würde gern mehr wissen
Also ich bin zwar Schauspielerin am Theater, aber ich kannte das alles nicht. Deshalb finde ich richtig, was Alexander schreibt. Mir hat der Kopf geschwirrt, weil so viele neue Gedanken und Informationen im Text stecken. Ich wünsche mir eher, dass die beiden das alles noch mehr ausführen, denn ich würde gern mehr darüber wissen, wie so eine Mitbestimmung der Schauspieler aussehen könnte.
Debatte Intendantenmodell: Frage nach Dramaturgen
Ich würde außerdem gern noch wissen warum in dem Direktorium keine Dramaturgen sein sollen, wir Schauspieler haben mit denen am meisten zu tun.
Debatte Intendantenmodell: Bitte um konkrete Antwort
#20. Ja, "Sivia" - genau das meine ich auch: ich würde auch gern mehr davon wissen, vor allem von Frau Gräve, wie so eine Mitbestimmung nach ihrer Meinung aussehen könnte.
Mich wundert aber, dass, wenn sie doch Schauspielerin sind, keine Vorstellung davon haben wie eine Mitbestimmung der Schauspieler aussehen könnte und dafür die genaue Ausführung von Gräve und Zipf benötigen. Ihre nächste Verwunderung basiert ja auf Ihrer konkreten Erfahrung und das wäre wirklich interessant, warum also, wenn z.B. Sie als Schauspielerin doch am meisten mit denen zu tun haben, die also nicht in einem Direktorium sein sollten. Ich würde es sehr begrüßen, wenn hier Gräve/Zipf ganz konkret auf diese Frage anworten mit ihrer ganz eigenen Meinung. Das hielte ich dann, "Alexander" für originell. Sie sehen also, ich bin, was Originalität von Texten anlangt, gar nicht anspruchsvoll.
Debatte Intendantenmodell: zur Ensemble-Mitsprache
Liebe Silvia, Ihre Fragen rühren tatsachlich an einen Kern des Problems, ich versuche, sie zu beantworten. Anders als grrr verstehe ich Sie auch gut - denn natürlich werden Sie als Schauspielerin wissen, wo Ihre Mitsprache wertvoll sein könnte, die Frage ist nur: Wie ist sie strukturell und vertraglich zu verankern? Das Ensemblemitspracherecht, wie Schmidt es vorschlägt (ich hoffe ich gebe es im Detail richtig wieder, ich habe das Buch vor sechs Wochen gelesen, es ist wirklich sehr umfänglich), sieht eine gewählte Ensemblevertretung vor, die Teil der Direktion ist. Die Ensemblevertretung hat in allen Direktionssitzungen Mitspracherecht, besonders zu künstlerischen Entscheidungen, also, was Regieentscheidungen, Spielplanstrategien, die Gesamtausrichtung des Hauses angeht. Gemeint sind hier - zumindest von mir, Schmidt führt das nicht weiter aus - die großen Linien. Es ist nicht praktikabel, über jedes Stück, jeden Regisseur in der Gruppe abzustimmen, und es ist ja auch im Wesentlichen die künstlerische Arbeit des Direktors und der Dramaturgen, hier zu gestalten. Das Ensemble bringt Vorschläge ein, begründet, wenn es z.B. mit einem Regisseur überhaupt nicht geht, und diskutiert die künstlerische Gesamtausrichtung mit. Und das Ensemble hat ein Vorschlagsrecht für die künstlerische Direktion, wenn ein Wechsel ansteht. In Schmidts Modell hat der gewählte Ensemblevertreter im fünfköpfigen Direktorium einen Sitz, aber keine Stimme, wenn es in einem strittigen Punkt zu einer Abstimmung kommt - was in einem gut funktionierenden Direktorium hoffentlich nicht oft der Fall sein wird. Der Grund dafür, dass er keine Stimme hat, berührt sich mit der Frage nach der Dramaturgie in der Direktion. Natürlich finde ich als Dramaturgin, wir sollten Teil davon sein. (tbc)
Debatte Intendantenmodell: offene Fragen
@Alexander
Ich wiederhole mich gern "jeder Beitrag ist wichtig".
Und ganz selbstkritisch muss ich eingestehen, dass ich aus meiner eigenen "Filterblase" den Beitrag kritischer bewertete, als es wahrscheinlich angemessen ist. Die Leitungsstruktur-Diskussion dauert nun bereits mehrere Jahre und wird hier auf nk zu ganz unterschiedlichen Anlässen geführt, es ist in meinem Bekanntenkreis das beherrschende Thema und spätestens seit dem Ensemble-Netzwerk-Treffen in Bonn wurde es glücklicherweise noch breiter diskutiert.

Und vielleicht ist es deshalb auch gut, wenn Gräve/Zipf mit ihrer Zusammenfassung einen Haltepunkt setzen, der als Start für die erweiterte Debatte dienen kann. Ihre Kommentare sprechen dafür und auch #16 und #20 deuten dies an.

Also los, eine kleine Auswahl an offenen Fragen:
1. Wieso werden "echte" Direktorien nur als Interim eingeführt (Bremen, Trier)? Die Situationen in Mannheim und Dortmund, sind meines Erachtens nur ein (wichtiger) Zwischenschritt, in dem die erste Leitungsebene eines Mehrspartenhauses aufgeteilt wird, die einzelnen Sparten sind weiterhin hierarchische Einliniensysteme.

2. Wieso werden die bestehenden Möglichkeiten der Mitbestimmung nur unzureichend genutzt bzw. aktiv umgangen oder ausgeschaltet? Ist das Interesse der Theatermitarbeiter*innen eventuell (noch) zu gering, sich über die tägliche Arbeit hinaus für die Belange des "Betriebs" einzusetzen?

3. Wie lässt sich die ungute und oftmals respektlose Spaltung der Theater in "Kunst", "Technik" und "Verwaltung" überwinden? Wie versammelt man die Mitarbeiter*innen eines Theaters hinter einem gemeinsamen Ziel/Leitbild? Was könnte das für ein Ziel/Leitbild sein?

4. Wie lässt sich das Missverständnis überwinden, die Leitung eines Theaters sei eine künstlerische Leistung? Woher kommt das Bedürfnis nach "charismatischen Führungspersönlichkeiten"?

5. Wieso drücken Stadtverwaltungen/Landesregierungen bei den Leitungen der Theater beide Augen zu, obwohl sie für die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung strikte Compliance-Regeln erlassen.

6. Wie lässt sich dem Horror der Kettenbefristungen und der scheinbaren Beliebigkeit von Personalentscheidungen begegnen? Wie lässt sich die Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitvorschriften durchsetzen? Wie lässt sich ein für alle Seiten tragbarer Ausgleich zwischen den Ansprüchen "Freiheit in künstlerischen Entscheidungen", "Arbeitsplatzsicherheit" und "Rechenschaftspflicht" herstellen? Lässt sich das Chaos der unterschiedlichen Tarifverträge auflösen?

7. Wie lässt sich die ideologische Spaltung zwischen "Stadttheater" und "freier Szene" überwinden?

Und so weiter... Diese Fragen umreißen einen Teil der Probleme, die es im "System" gibt. Lasst uns sie diskutieren. Hier und in den Theatern.

Und liebe nk-Redaktion, vielleicht finden Sie ja jemanden, der seine/ihre positiven und negativen Erfahrungen mit kollektiven Leitungsstrukturen berichten mag.
Debatte Intendantenmodell: sinnlose systemische Diskussion
Zu jedem Organigramm eines Theaters fallen mir geglückte und gescheiterte Beispiele ein. Wer in diesem Thread konkrete Beispiele möchte, bitte melden. Die Beispiele aus der näheren Vergangenheit, Trier und Bern, reichen aber schon um die Sinnlosigkeit von systemischen Diskusionen im Theater zu belegen. In Bern war bei Amtsantritt Märki die künstlerische Freiheit der Spartenleiter festgesetzt, durchgesetzt hat sich der damals noch ausschließlich geschäftsführende Direktor. In Trier wollte man die künstlerische Entscheidung auf eine Person konzentrieren, dies ist ebenfalls gescheitert. Etc.
Auf jeder Ebene des Theaters geht es vor allem darum Menschen zusammen zu bringen, die verantwortungsbewusst, kollegial und vor allem inspirierend miteinander "können". Ich glaube nicht, dass hier ein allgemeingültiges Organigramm entwickelt werden kann.
Meine Hoffnung besteht einzig darin, dass in Zukunft in der Auswahl von Führungskräften im Theater, gleich als Team oder Einzelperson, wieder vermehrt auf verbindende Fähigkeiten wie emotionale Intelligenz geachtet wird, und weniger auf mediale Aufmerksamkeit oder vermeintliche Netzwerke.
Debatte Intendantenmodell: größerer Zusammenhang
@Silvia, Teil 2
Es ist wirklich komplex, und Schmidt kann das besser ausführen, aber er hat auch ein ganzes Buch zur Verfügung.
Für mich liegt der Sinn der mehrköpfigen Direktion darin, dass es keine vertragliche Abhängigkeit von einem einzelnen gibt - das heißt, der künstlerische Direktor entscheidet eben nicht, wer technischer Direktor etc. wird. Nur so sind die Direktoren wirklich gleichberechtigt. Und hier wird es - leider - zum Problem, einen Dramaturgen zum Teil des Direktoriums zu machen. Ich halte es für schwer vorstellbar, die Dramaturgie unabhängig vom künstlerischen Direktor zu besetzen. Ist aber der Dramaturg vertraglich vom KD abhängig, gerät die Stimmverteilung in ein Ungleichgewicht. In einer idealen Welt könnte der Dramaturg ständig gegen den KD stimmen und müsste sich keine Sorgen um die weitere Zusammenarbeit machen - allerdings fürchte ich, wir leben nicht in einer idealen Welt. Mit dem Stimmrecht des Ensemblevertreters kommen wir an ein ähnliches Problem - nur würde ich hier, anders als Schmidt sagen: weil der ein Kollektiv vertritt und nicht nur sich als Person, ist die Abhängigkeit nicht so direkt, deshalb sollte er trotzdem ein Stimmrecht haben. Allerdings haben natürlich solche Leitungsmodelle auch Richtlinien, es kann sein, dass es rechtlich gar nicht geht. So etwas ist dann detailliert auszuarbeiten, wenn das Modell feststeht: Handelt es sich um eine Stiftung oder eine GmbH, zum Beispiel. Da geht es aber um betriebsrechtliche Details, die ich (noch) nicht kenne. Ich bin aber überzeugt, dass es im Grundsatz ein ebenso zeitgemäßes wie zukunftsweisendes Modell ist. Ich hoffe, es ist nun klarer geworden - an Originalität ist mir hier tatsächlich nicht gelegen, ich überlasse die konkrete Entwicklung von Betriebsmodellen lieber den Experten... in unserem Text ging es uns darum, aus vielfältiger Erfahrung den größeren inhaltlichen
Zusammenhang zu beschreiben, der uns bewegt, für diese neuen Modelle einzutreten.
Debatte Intendantenmodell: Fragenkatalog
Während ich an Teil 2 meiner Antwort für Silvia schrieb, ist der Fragenkatalog von Klaus M eingegangen - richtige und wichtige Fragen, zu denen sich zum Teil Schmidt detailliert äußert, die aber ganz sicher diesen Thread sprengen. Für einige Punkte könnte Jonas Zipf, der ja im Augenblick Leiter von JenaKultur ist, also auf der Seite der Stadtverwaltung arbeitet, ein guter Ansprechpartner sein. Es steht allerdings zu befürchten, dass es ein Buch (Sammelband) werden muss, die Fragen sind umfangreich und weit gefasst. Oder ein Symposium... Für den Beginn empfehle ich allen, die in Berlinnähe leben, am Sonntag um 17 Uhr zum Symposium in die Akademie der Künste zu kommen.
Debatte Intendantenmodell: nur 2:4 für die Kunst
Ein Direktorium bestehend aus künstlerischem Direktor, technischem Direktor, Marketingleiter, Verwaltungsdirektor und Betriebsdirektor und einem Ensemblevertreter. Lieber Herr Schmidt: wenn jede dieser Personen die Rolle übernimmt, die ihr zugewiesen ist und für die Belange der jeweiligen Abteilung einsteht, dann gibt es von 6 Leuten genau 2, die nur von der Kunst her argumentieren dürfen. Die anderen 4 werden und müssen dafür sorgen, dass die technischen, finanziellen, dispositionellen, personellen und verwaltungstechnischen Kapazitäten nicht überschritten werden und dass sich die Kunst gut verkauft (Marketing). Kommt es zu strittigen Entscheidungen - und die liegen in der Regel immer genau da, wo ein pragmatisches Argument das künstlerische übertrumpft - hat die Kunst keine Chance. Sie hat paradoxerweise manchmal erst dann eine Chance, wenn der Intendant mit einem eigenverantwortlichen Basta die pragmatischen Argumente trotz Plausibilität und Mehrheit dem künstlerischen unterordnen kann. Diese vorgeschlagene Direktoriumsstruktur wird in der Praxis nicht dazu führen, dass künstlerische Überlegungen den Vortritt haben. Sondern ökonomische, verwaltungstechnische, marketingtechnische etc... ist das gewollt?
Debatte Intendantenmodell: soll Lücke schließen
#Ex' Sorry, ich will das hier nicht dominieren, aber die Diskussion ist einfach zu spannend - ganz knapp zwei Dinge: erstens sieht das Modell als Nr.5 einen künstlerischen Betriebsdirektor/Produktionsleiter vor, der letztlich Teil der Kunst ist. Und zweitens, und da kommen wir an eine Frage von Klaus M., soll die Direktion ja gerade die gefühlte Trennung zwischen Kunst und Technik und Verwaltung, die strukturell bedingt ist, aufheben. Denn sie ist eigentlich merkwürdig, man arbeitet gemeinsam an der Kunst. Sie reden vom intendantlichen Basta: ich glaube, dass, wenn von Vornherein alle Bereiche gemeinsam die Verantwortung haben und sich mit der Arbeit identifizieren, es dazu gar nicht kommen muss. Das Bedürfnis, sich vor den "Zumutungen" schützen zu müssen, hängt meines Erachtens mit der Hierarchie zusammen. Aber vielleicht wird Thomas Schmidt sich äußern.
Debatte Intendantenmodell: Macht mit Kontrolle
Liebe Stephanie Gräve, zuerst einen herzlichen Dank für Ihre Posts. Und Sie haben natürlich Recht, mein (nicht abgeschlossener) Fragenkatalog sprengt natürlich den Rahmen dieses Threads. Aber wir werden hoffentlich Gelegenheiten haben, einzelne Punkte an anderen Orten weiter zu diskutieren.

Ich glaube, dass sich die einzelnen Fragen alle von einem Grundproblem ableiten lassen (und in Ihren Artikel weisen Sie natürlich darauf hin): Macht ohne Kontrolle.

Und auch Ophelia hat mit ihrer Einschätzung in #25 Recht, dass jedes denkbare Strukturmodell für ein Theater durch die Beteiligung der "richtigen" Personen erfolgreich (im Sinne dieser Debatte) geführt werden kann. Oder eben nicht. Und genau deshalb möchte ich ihr widersprechen, wenn sie ausführt, dass Problem sei nicht "systemisch". Wir befinden uns in einem "System", das zum Missbrauch der übertragenen Macht einlädt. Selbst das krasseste Fehlverhalten von Intendant*innen wird selten sanktioniert. Außerdem wirkt die traditionelle Fixierung der (Fach-)Öffentlichkeit auf die Intendant*innen wahrscheinlich wie ein Brandbeschleuniger.
Es sind nun Organisationsstrukturen denkbar, die Macht verteilen und kontrollieren, die Entscheidungen transparent machen und evaluieren, die Mitbestimmung ermöglichen. Zur Zeit ist es Glücksspiel, ob ein/e Intendant*in bereit ist, "sein"/"ihr" Haus entsprechend zu führen. Und natürlich sind Direktorien per se kein Allheilmittel, auch bei ihnen ist die zweite und dritte Leitungsebene nicht automatisch an Entscheidungen beteiligt, auch bei ihnen muss die Stellung der Ensembles und der Mitarbeiter*innen definiert werden. (Ausführlich diskutiert bei Schmidt.) Ganz egal ob ein Theater nun von einer, zwei oder fünf Personen geleitet wird (also eine, zwei oder fünf Personen die Arbeitgeberfunktion im Innenverhältnis übernehmen und das Theater im Außenverhältnis vertreten), das Ziel muss m.E. sein, dass diese Leitung partizipativ und nicht autoritär erfolgt.
Debatte Intendantenmodell: Thomas Schmidts Ziele
werte kollegInnen, #28 # 25
kurz vorab: es geht mir um eine reform der theaterarbeit, mit dem ziel, die arbeitsbedingungen für die künstler an den häusern und die qualität der gesamtleistung der theater zu verbessern. ziel ist weiterhin der erhalt und die weiterentwicklung des öffentlichen theaters, das ansonsten gefahr läuft, sich – bis auf wenige inseln in den metropolen – sukzessive aufzureiben. diesen trend belegen die zahlen
die direktorien sind in ihrer zusammensetzung nicht fixiert, in mannheim, zum beispiel, haben wir die spartenchefs plus geschäftsführendem direktor als ein modell für mehrspartenhäuser. in einem einspartenhaus könnte ein direktorium aus künstlerischem leiter, chefdramaturg, leitendem Produktionsleiter (als verantwortlicher Produzent), marketingchef, technischem direktor und ensemblevertreter bestehen. bisher ist die funktion des produktionsleiters noch nicht in allen theatern durchgesetzt. dort wo man diese einsetzt, verlaufen die produktionen oft viel reibungsloser; deshalb plädiere ich sehr dafür einen solchen kreativen Produzenten in das Funktionsbild des theaters einzusetzen.
über mitbestimmung wurde hier schon einiges gesagt; ich schließe mich den forderungen des ensemble-netzwerkes unbedingt an, die ensemble-vertreter zu promovieren, und - zuerst - als gäste in den leitungsrunden, später fest in den direktorien zu verankern. früher war der erste schauspieler intendant, warum soll sie/er nicht leitungsmitglied sein und an den wichtigen entscheidungen, die alle meist das ensemble betreffen aktiv teilhaben, anstatt sie verordnet zu bekommen. die sprecherrolle wandert, oder die/der sprecherIn wird gewählt.
dann hätten wir ein sehr ausgewogenes leitungsteam mit 3 vertretern, die ganz klar eine künstlerische meinung vertreten, und 3 mitgliedern, die aus unterschiedlichen blickwinkeln die produktionen, deren abläufe, die finanziellen und technischen aspekte im auge haben. ich sehe für solche modelle eine großen spielraum zur verbesserung der abläufe in den theatern, der engpässe, aber auch der sicht auf das sensible thema überproduktion. ein/e bühnen-künstlerin in der leitung wird spätestens auf die zweite zusätzliche inszenierung empfindlich reagieren. und genau diese sensitiven systeme benötigen wir, um in zukunft theater machen zu können.
was die rechtlichen details betrifft, sind diese modelle in verein, stiftung, eigenbetrieb und gmbh - dort dann mit sechs geschäftsführern - völlig unproblematisch möglich. es bedarf lediglich einer kleinen änderung in den satzungen, wie die beispiele mannheim, jena oder lübeck sehr gut aufzeigen.
zu ophelia:
auch darauf gehe ich ausführlich ein. die bewerbungsprozesse für die mitglieder der ersten führungsebene müssen durch eine art psychologisches assessment, in dem ihre sozialen und emotionalen fähigkeiten, insbesondere mit konflikten, krisen, divergierenden meinungen umzugehen, aufs genaueste geprüft werden, mit einem ausschlusskritierium für diejenigen bewerber, die hier nicht ein minimum an fähigkeiten vorweisen können. die empfehlungen werden zukünftig nicht mehr vom bühnenverein ausgesprochen, sondern von unabhängigen beratern, die sich genau auf diese fragestellungen konzentrieren: ist die/derjenige in der lage ein großes haus mit vielen problemen, geldsorgen, sinkenden zuschauerzahlen zu leiten und gegen angriffe von außen und innen zu verteidigen, kann sie/er mitarbeitergruppen mit verschiedenen vertragssystemen, gagen und ansichten zu gemeinsamen projekten vereinen. und zwar sicher und ohne risiko. ich erinnere nur an die jüngsten beispiele rostock und trier. erstes mit dem resultat, dass drei sparten unwiderbringlich verloren gehen. ich habe das in erfurt erlebt. dieses modell wiederholt sich zu oft, als dass es zugelassen werden darf.
Debatte Intendantenmodell: Verträge, die Grabenkämpfe verhindern
Schließe mich "Ex" vollinhaltlich an. Danke Frau Gräve für Ihre gesprächsartigen Einlassungen, die ich mir oft für andere Diskussionslinien hier erhoff(t)e. Denke nicht, dass die Fragen von Klaus M. ohne eigenes Buch nicht zu erörtern oder zu beantworten wären. Denke, es wäre schon einmal von Vorteil, wenn es für Kunst-Betriebe wie Theater entweder einheitliche Tarifverträge und Einordnung als "öffentlicher Dienst" gibt oder konsequent für keinen Teil der Belegschaft und damit für ALLE Haustarifvertrag.
Hier wären Länder und Kommunen sowie Gesetzgeber gefragt und man sollte auch von denen verlangen, dass die da eine eindeutige Lösung finden und nicht die Verantwortung in den Betrieb schieben, der sich hier an einer Stelle in Grabenkämpfen aufreibt, die er betriebsintern gar nicht lösen kann.
Denke, dass ein Intendantenmodell nach wie vor funktionieren kann, wenn bei Bewerbungen um Intendantenstellen die Pflicht bestünde, ein Direktorium mit dem der/die Betreffende zu arbeiten gedenkt, verbindlich namentlich zu nennen und dies zu begründen.
Auf die Art und Weise wüsste eine Kommune, dass es diesen konkreten Menschen, für den es sich entscheidet nur im wenigstens Viererpack, in welchem er die Aufgaben sinnvoll verteilt, zu haben gibt. Der Gestaltungswille bis in das Direktoriumspersonal sollte also VOR Postenvergabe eindeutig sichtbar sein und nicht erst hinterher der erste Überraschungseffekt nach erfolgter Berufung. Gleichzeitig sollte es eine eindeutige Begrenzung für einen Ensemble-Austausch bei einem Intendantenwechsel geben, damit das Haus-Ensemble eine Chance zur Weiterentwicklung bis hin zur Neuorientierung bekommt und mitgehende Schauspieler*innen - ich würde die Zahl festgeschrieben auf z.B. drei begrenzen - hätten eine Chance, ihre offenbar herausragenden individuellen Qualitäten in ein neues Ensemble zu tragen und dabei gleichzeitig das rückhaltlose Zusammenspiel auch mit weniger vertrauten Kollegen nicht zu verlernen. Denke weiter, dass Frage 2 von Klaus M. sehr sehr wichtig und drängend ist. Und diese kann wiederum gar nicht durch Länder und Kommunen beantwortet werden. Sondern nur durch diejenigen, die mehr Mitbestimmung wollen, selbst. In diesem Sinne hätte ich ähnlich wie grrr einen Einwand gegenüber Silvia: Warum kannte sie "das alles" nicht? Oder war es nicht so gemeint und sie kannte nur bestimmte Dinge davon nicht? Wenn ja, welche genau?... Bevor mehr Reglement in der Mitbestimmung gefordert werden kann, muss sich jeder erst einmal selbst die Frage beantworten, wieviel Möglichkeiten er denn ohne neues Reglement zur Mitbestimmung er hätte und was genau ihn hindert, die Möglichkeiten, die da sind, zunächst erst einmal voll auszuschöpfen. Hindern ihn nur äußere Gründe? Oder auch innere? Natürlich ist es ein Risiko in einer Probe einer/m Regiesseur*in oder einem Alpha"tier" innerhalb der Produktion zu sagen, was man gerade, auch prinzipiell an dem Konzept, nicht gut findet. Dass etwas für einen "nicht stimmt" und man darauf besteht, dass dieses Gefühl auch dann ernst genommen wird, wenn man keine vernünftige Erklärung dafür sofort parat hat. Ja, es gibt Abhängigkeiten. Aber die gibt es in allen Lebensbereichen. Und wenn ich das Risiko der Mitbestimmung durch prozessuale Kritik nicht eingehe, dann ist das zunächst eine eigene künstlerische Schwäche und nicht ein Fehler im Reglement der Mitbestimmung. Wenn wer denkt, er muss mich dann für meine Äußerung nicht ernstnehmen oder beachten, weil es etwa unbequem ist, weil es mehr Zeit kostet als ermeint zur verfügung zu haben, weil es die Harmonie der Gruppe stört, und das für ihn Gründe sind, mich etwa umzubesetzen oder schlimmstenfalls meinen Vertrag nicht zu verlängern - dann hat der meine ich-ausliefernde Mitarbeit gar nicht verdient. Jedenfalls nicht meine schauspielerische... (Fortsetzung folgt)
Debatte Intendantenmodell: trickle down effect
Lieber Klaus M, ja, das ist der Punkt, und Sie kennen sicher auch den aus gegebenem Anlass im Theater besonders beliebten Spruch: Der Fisch stinkt vom Kopf. Wenn er aber nun nicht mehr stinkt, sondern appetitlich nach Respekt und Transparenz, nach Mitsprache und Gleichberechtigung duftet, erhoffe ich mir davon mit Thomas Schmidt einen "trickle down effect" (falls man diesen Begriff in diesen Bereich übertragen kann, avanti dilettanti;)) - dass eben genau diese Form der Zusammenarbeit sich nach unten fortsetzt. Denn man muss ja sehen: ein technischer Direktor kann mit seinem Team letztlich auch nur sinnvoll auf Augenhöhe arbeiten, wenn er weiß, dass er auch die Position hat, das gemeinsam für richtig Befundene in der Gesamtdirektion durchsetzen kann - wie er auch das dort Entschiedene in seiner Abteilung glaubwürdig vermitteln kann, wenn er, nun ja, daran glaubt. Hier kommen wir auch an die Grundfrage der Mehrspartenhäuser, wenn der Spartendirektor die Verantwortung übernimmt und es auch muss, sonst ist die praktische Arbeit nicht denkbar, aber sie in letzter Konsequenz gar nicht hat. Stattdessen hat sie einer, der wiederum nicht in die konkrete Arbeit mit Künstlern und Publikum eingebunden ist, was eine permanente Unsicherheit für alle Beteiligten schafft - die mdnicht besonders produktiv für die künstlerische Arbeit ist.
Debatte Intendantenmodell: Doppelbegabung gefragt
JEDER wünscht sich bei der Inszenierungsarbeit, eben nicht Probenzeit stehlen zu müssen. Wünscht sich, dass seine Emotionen im Zusammenhang mit der kollektiven Stoffbewältigung ernstgenommen werden als künstlerischer Beitrag, dass er angehört wird, ohne sich extra dafür in Ellenbogenmanier im Kollektiv durchsetzen zu müssen - und genau daher, von diesem Wünschen, kommt, denke ich, Klaus M., die Sehnsucht nach charismatischen Führungspersönlichkeiten. Solchen, die möglichst viel von den immer Intimität berührenden Probenprozessen selbst erfahren und verstanden haben. Mehr von der emotionalen Durchlässigkeit als Grundvoraussetzung dieses Berufes VERSTANDEN haben als man selbst bisher in der Lage war zu verstehen. Diese Sehnsucht wird wohl leider auch von Nicht-Charismatikern gespürt. Und dann gern ausgenutzt. Und das ist die Stelle, an der z.B. der DBV die Theaterkünstler allein lässt und vor den naturgemäß ökonomischen Forderungen der Arbeitgeberseite kapituliert. Was von den Theaterkünstlern durchaus als zu Recht als Verrat empfunden werden kann. Als freiwillige Auslieferung der Kunst an die Ökonomie.
Die Leitung eines Theaters ist gewiss eine logistische Leistung. Aber sie sollte idealerweise wegen der stets präsenten Gefahr der Übervorteilung der Kunst durch die Ökonomie von einem Künstler vollbracht werden. Es sind hier Doppelbegabungen gefragt. Die selten sind.
Zu der Frage des ideologischen Grabens zwischen Freier Szene und Stadttheater: Der wird so lange ein ideologischer Graben bleiben, so lange die Stadttheater intern mit unterschiedlichen Tarifmodellen betrieben werden. Und selbst wenn das gelöst würde in der Art, dass es ein eindeutiges Bekenntnis von Ländern und Kommunen zum Tarif des Öffentlichen Dienstes für ALLE Theaterangestellten gäbe, würde der Dissenz in gewisser Weise unüberwindbar bleiben. Er würde allerdings eine Chance haben, künstlerisch wechselseitig fruchtbar zu werden und nicht unproduktiv und sinnlos die Kunst an der Kunst ideologisch verschleißen. Die auf den unterschiedlichen Produktionsmethoden basierende äathetische Spaltung ist m.E. jedoch nicht zu überwinden, weil sie sinnvoll für alle Beteiligten ist. Die Freie Szene macht sich gerade dadurch frei, dass sie erkannt hat, wie wichtig für sie selbst die eigene Historisierung ist und daran arbeitet, eigene Archive aufzubauen. Das ist überaus wertvoll und wird auch die Theaterwissenschaft voranbringen, weil nur durch Vergleichbarkeit von historischen Entwicklungen neue, ästhetische Aussagen getroffen werden können, die in die Aus- und Weiterbildung der Theaterberufe hineinwirken können. Ich sehe das Stadttheatersystem nicht gefährdet und auch das Theater als solches nicht gefährdet. Ich sehe unsere Demokratie gefährdet. Ich sehe sie gefährdet und mich beruhigt es absolut nicht, dass es ja in der Türkei heuer wirklich wirklich schlimm ist oder erst einmal durch den Herrn Trump in Amerika, schlimmschlimm - nein, ich meine unsere. Und zwar bevor ich auf die andern zu sprechen komme - Ich unsere gefährdet u.a. dadurch, dass die Künste sich dauernd bürokratisch angepasst rechtfertigen müssen dafür, Künste zu sein und berechtigt, zu existieren. Die Kunst rechtfertigt sich durch ihre Existenz selbst. Das ist prinzipiell asozial. Es ist genau die Asozialität, die ein Staat sich leisten muss, wenn er nicht barbarisch sein oder werden will. Hier muss es bei den Kunstfinanzierungen durch Staat vor allem eine veränderte Bürokratie geben. Eine, die sich an die Künste anpasst, nicht umgekehrt eine, die die Künste an die ökonomische Verwaltung anpasst.
Weiß man mehr über das Symposium in der Berliner AdK? Wer sitzt oben (vorne), wer darf unten (davor) staunen und raunen?
Debatte Intendantenmodell: RO als Krise der Theaterfinanzierung, nicht des Theaters
Sehr geehrter Herr Schmidt, bei allem Respekt, in Rostock gehen eben nicht drei Sparten unwiderbringlich verloren (# 31 ). Weder Musiktheater, Chor, Schauspiel, Tanztheater ( Verdienst Latchinians ) noch Schauspiel ( Verdienst von Kümmritz ), Kümmritz ist wohl leider bereit das Tanztheater zu opfern, aber noch ist manches offen.
Ich weiß, die Diskussion hier dreht sich um andere Themen, aber Rostock sollte nicht allgemein und unsachlich und pauschal als Krise herhalten müssen. Rostock ist eine Krise der Theaterfinanzierung, nicht des Theaters.
Debatte Intendantenmodell: kein Fest in Aussicht
Thomas Schmidt: Unabhängige Berater? Gut. Ziel muss also sein, Leute zu finden die "sicher und ohne Risiko", den jeweiligen Laden zusammenhalten? Sie plädieren also entweder für Assessment, das für eine Stelle ungefähr drei Jahre in Anspruch nimmt, an dem der oder die unabhängigen Berater vor allem verdienen oder wahlweise für einen Roboter? In einem Betrieb, in dem Kunst gemacht werden soll? Bei der explizit menschliches Handeln und Irren in bestimmten beispielhaften Verhältnissen ein gewisse Rolle spielen? Ihre Ziele in allen Ehren - ich würde mich lieber mit einem bockigen, halbasozialen, neurotisierten Chef mit einer krassen Shakespeare-Macke und schlechtem Outfit-Geschmack herumstreiten um ein zu produzierendes Stück als mit einem mit hoher Wahrscheinlichkeit wunschangepassten risikofreien, der nachgewiesen nett ist und total sozial, der ausgesucht stets eloquent formuliert, jeden Firmenchef und Kulturresortchef im Umkreis von 3000 Kilometern Theaterentfernung kennt, politisch immer auf dem gerade angesagten Kurs und Foucault wie Lacan oder Adorno beiläufig auswendig zitiert - aber mich ungefähr so inspiriert wie die Börsenkurstabellen der Frankfurter Allgemeinen...
Und ich sags ganz ehrlich: Keine zehn Pferde, kein Posten für den man mir 2HT im Jahr böte und den ich mir sogar zutraute zu wuppen, brächten mich dazu, mich so unabhängigen Berater(n) auszusetzen - und da könnte/n der/die froh sein darüber- ihn/sie zu verarschen, wäre sonst nämlich gewiss das Fest meines Lebens-
Debatte Intendantenmodell: kein trickle down effect
#33: Selbst in der Wirtschaft warten viele schon seit Jahrzehnten darauf, dass sich der sogenannte „trickle down effect“ ganz selbstständig und freiwillig einstellt. Doch trotz zunehmenden Reichtums Einzelner wird dieser Wohlstand einfach nicht automatisch an die Armen weiter gereicht. Im Gegenteil. Und ebenso ist ein Leitungsteam in dem es appetitlich nach Respekt, Transparenz, Mitsprache und Gleichberechtigung duftet und sogar jede Interessengruppe am Theater halbwegs mit einem Stimmrecht ausgestattet ist kein Garant dafür, dass gute Kunst produziert wird, denn viele Künstler und Innen sind in der Ausübung ihrer Kunst extrem respektlos, zeigen keinerlei Interesse an Transparenz, wollen keine Mitsprache an ihrem Werk und schon gar nicht, dass alle Beteiligten in der Technik gleichberechtigt in Entscheidungen einbezogen werden. Das heißt konkret, dass die von Gräve bevorzugten Ideale von der „Kunst“ nicht zwingend geteilt werden und von daher auch nicht mit einem „trickle down effect“ von der Leitung an die „Kunst“ automatisch nach unten weitergereicht werden können. Die Ideale einer solchen Leitungsstruktur sind nicht unbedingt kompatibel mit der eigentlichen Kunstproduktion. Es ist schön, wenn sich ein Leitungsteam eine Struktur gibt, mit der es gut zusammen arbeiten kann und dadurch ein Klima der Gemeinsamkeiten erzeugt. Aber wenn dieses „Klima“ auch zum Inhalt der Kunstproduktion werden soll, wird es sehr schwierig. Zudem glaube ich, dass dies appetitliche Klima an vielen Häusern schon längst gepflegt wird. Bei einem Khuon oder einem Schulz bedarf es solcher Reformen wohl weniger. Sicherlich wäre es sinnvoll, wenn ein solches Arbeitsklima strukturell verbrieft wäre und nicht nur auf gutem Willen beruht, aber es beinhaltet hauptsächlich Reformen auf der Leitungsebene, also dem Arbeitsfeld in dem sich Gräve zuletzt am Theater befand. Auf die eigentliche Kunstproduktion überträgt sich dieses Klima genauso wenig von selbst, wie der „trickle down effect“ in der Wirtschaft, und es bliebe auch die Frage offen, ob dies überhaupt erstrebenswert wäre, ob diese Ideale nicht viel zu sehr in die Inhalte und Ästhetiken und Formen der Kunstproduktion eingreifen.

(…)
Debatte Intendantenmodell: neoliberale Instrumente
Mich wundert, dass der Begriff des 'zeitgemässen Managementsystems' nicht hinterfragt und problematisiert wird. Das bedeutet doch den Einzug des new public managements bzw. der soft governance ins Theater. Genauer: diese neoliberalen Instrumente sind ja schon dort angekommen. Braucht man denn wirklich 'change management' (den Schmierstoff, um unfallfrei Leute zu entlassen), Zielvereinbarungen und Leitbilder am Theater? Ziel und Zweck dieser Methoden ist immer Effizienz (und zwar im marktwirtschaftlichem Sinne). In diese Richtung scheint das Buch von Herrn Schmidt zu gehen. Und die McKinseys, Actori und Co am Theater hatten bislang nur ein Ziel: Geld zu sparen, den letzten Winkel auszuleuchten, in dem man noch günstiger produzieren kann; nicht etwa: Freiräume für die Kunst und Bewegungsfreiheit für die Künstler zu schaffen . Und auch die 'flachen Hierarchien' bleiben ein Begriff aus der soft governance. Wer viel Macht hat, hat auch viel Verantwortung: in dieser Hinsicht geben die Silberrücken als Intendanten nicht immer ein gutes Beispiel. Aber die 'Teamleitung' kann auch den Verschiebebahnhof von Verantwortung und ihr Verschwinden im Nebel bedeuten. Wenn man Schauspieler beispielsweise ins Leitungsgremium holt, macht man sie zu Komplizen auch der unpopulären Sparmassnahmen, die sie dann ihren Ensemblekolleg/inn/en verklickern dürfen.
Debatte Intendantenmodell: Hinweis auf Leitungsmodell Trier
Ein aktueller Beitrag zum Modell in Trier,

(...)

https://www.opus-kulturmagazin.de/theater-trier-rueckwaerts-in-die-zukunft/
Debatte Intendantenmodell: kluge Köpfe
# Fest fürs Leben
Ein Assessment, in dem man ausschließen kann, dass solche Probleme wie einst in Darmstadt und jüngst Trier und anderswo stattfinden, dauert genau einen Tag. Die Stadt Zürich veranstaltet dies für die neuen Leitungskräfte an ihren Theatern unauffällig und mit großem Erfolg. Und keiner wehrt sich. Es kann sein, dass Sie nur noch gar nicht in die Verlegenheit gekommen sind, eingeladen zu werden.
Zudem: natürlich steht es Ihnen frei, mit Ihrem "halbasozialen, bockigen" (so schrieben Sie!) Intendanten Stücke zu machen, aber es geht um die Verantwortung für die 10.000 BühnenkünstlerInnen in diesem Land, die vielleicht noch nicht die Erfahrung und Chuzpe haben, die sich für 1765 oder 2000 Euro engagieren lassen, ohne zu wissen, dass sie damit - bei ø 60 h/Woche - unter dem gesetzlichen Mindestlohn arbeiten und leben. Wollen Sie für diese KollegInnen nicht doch lieber einen gewissen Schutz, damit Sie sich auf Ihre künstlerische Arbeit konzentrieren können, und nicht darauf, in Nebenjobs soviel Geld zusammen zu bekommen, dass Sie Kita, Miete, abendliche Baby-sitter, halbwegs vernünftiges Essen, Training, etc. überhaupt bezahlen können.

En plus: Sie müssen schon sehr ausgekocht sein, um in einem 8 Stunden Assessment tatsächlich das zu machen, was Sie beschrieben haben. Da muss man ganz schön aufpassen, dass der Bumerang nicht zurück kommt. Glück auf!

Hier geht es auch nicht um die Einführung neoliberaler Konzepte, sondern um deren Ausmerzung; der Neoliberalismus ist möglicherweise längst ständiger Gast im Theater. Diese Allzweckvokabel muss sorgfältiger eingesetzt werden, sonst verliert sie ihre Kraft!
Die Konzepte, die wir entwickeln, sind fein abgestimmt mit dem ensemble-netzwerk und im Interesse der SchauspielerInnen und künstlerischen MitarbeiterInnen, die wöchentlich 60 und mehr Stunden - und die Mehrstunden unbezahlt - arbeiten, für Gagen, die niedriger sind als die von unbezahlten Arbeitern in anderen Branchen - das ist die neoliberale Realität der Theater, an der offensichtlich einige der lautesten Kritiker der neuen Konzepte gerne festhalten möchten.
Aber die Uhr wird sich nicht mehr zurückdrehen lassen. Anders als Berlin und Frankfurt 70-78 - Reformen, die nicht hoch genug einzuschätzen sind, und von denen wir sehr viel lernen können, darf es nicht auf zusätzliche Gremien hinauslaufen, während die Strukturen - und damit die Macht - bestehen bleibt, sondern sollen diese Strukturen verändert und verbessert werden. Diese Strukturen, von denen einige schwärmen, sind über 100 Jahre alt, in einer Zeit entwickelt und geboren, in der sich junge Publizisten wie Otto Brahm, daran gemacht haben, dass fürstlich geprägte Theatersystem in Deutschland zu modernisieren und künstlerisch erfolgreich zu machen. Ohne die damaligen Strukturänderungen währen der Naturalismus, das epische Theater, Piscator, Brecht, Müller nicht möglich gewesen. Damals war das gut, heute - 120 Jahre später - reichen diese Strukturen nicht mehr aus.

lieber Gruss aus NRW (oder doch eher aus der Schweiz?)
bitte erst das Buch lesen, dann kommentieren!
Mit Mckinsey, new public management und soft governance (die letzten beiden passen nicht zueinander) - das klingt mir alles sehr nach einem St. Gallener Absolventen - haben die Vorschläge sehr wenig zu tun. Erstere Konzepte sind in den 90er Jahren entwickelt worden, um öffentliche Unternehmen zu privatisieren. Aber das wollen wir gar nicht.
Einen neuen Einheitsvertrag auflegen, heisst ja nicht, sich zu privatisieren, sondern für alle am Theater Arbeitenden einen einheitlichen Vertrag aufzusetzen, der die Gagenungerechtigkeit zwischen Bühne, Technik/Verwaltung und Musikern endlich aufhebt.

Es geht um die Kunst, es geht um die Schauspieler, und es geht darum, Strukturen und Formen zu finden, die das Theater durchaus weniger angreifbar machen, wie zum Beispiel Stiftungen. Und dafür braucht es kluge Köpfe, die gibt es.
Debatte Intendantenmodell: Kunst überstimmen
Eine wirklich erschreckende Bilanz aus Trier. Die Realität braucht keinen Konsens. Das sollte man gelesen haben, bevor man, was Reformen betrifft, einzig und allein auf mehrköpfige Teams setzt. Der Reformkatalog muss wohl bei weitem umfangreicher sein und betrifft nicht nur die Leitungsebene und ihre Gestaltung. Das die Kunst einfach überstimmt werden kann, ist ja schon immer latent vorhanden im Betrieb. Hier tritt es offen zu Tage!
Debatte Intendantenmodell: Arbeitsklima
ich kenne die Situation in Trier ganz gut, das ist kein gutes Beispiel. Nach dem Debakel mit Sibelius ist das Haus kaputt. Natürlich kommt es in Konflikten zu Loyalitätsfragen, steht man zum König oder nicht. Die Leute aus den verschiedenen Lagern sollen jetzt in einer ungeklärten Machtkonstellation das runtergewirtschaftete Haus hochkriegen, das kann nur schiefgehen.
@baucks: verstehe ich den Satz richtig, ob diese Ideale nicht viel zu sehr in die Inhalte und Formen und Ästhetiken der Kunst eingreife? Heißt das, ein gutes, transparentes Arbeitsklima könnte der Kunst schaden? Das wäre ein Armutszeugnis für die Kunst. Klar lassen sich die Modelle nicht auf die Arbeit in den Produktionen übertragen. Klar soll nicht der Bühnenbildner mit der Technik demokratisch über das Bühnenbild abstimmen, das sagt niemand. Klar ist ein gutes Leitungsteam kein Garant für gute Kunst, es kann aber zu weniger Entfremdung in der Arbeit führen und weniger Abhängigkeit und Angst. Das sind alles Voraussetzungen für gute Kunst. Klar gibt es die respektlosen Regisseure, die anders nicht arbeiten können. Ob das so sein muss ist eine andere Frage. Aber ein Haus, indem das Arbeitsklima grundsätzlich stimmt, kann das auffangen. Wenn alle sich grundsätzlich respektiert fühlen, sind sie bereit, extreme Künstlercharaktere zu akzeptieren und zu unterstützen. Ich glaube dass die ständige Vermischung der Ebenen ein Problem ist. Weil das Theater Kunst produziert und Künstler manchmal Despoten sind, muss das Theater auch ein bisschen despotisch sein - das ist eine traurige Sicht auf das Theater, finden sie nicht?
Debatte Intendantenmodell: Lektüre
@gruss aus nrw
Ich habe erst 230 Seiten vom Buch gelesen (Tipp für alle, als Ebook billiger!!) und den guten Artikel von Dorothea Marcus. Ich glaube ihr reagiert auf ein paar Buzzwörter, wie ich das sehe will Schmidt genau das Gegenteil von diesen Actori und Co. Er will die runtergesparten Häuser retten, die überproduzieren und die Künstler kaputt machen. Er will mehr Vertragssicherheit und mehr Schutz für die Mitarbeiter, genau das Gegenteil von neoliberal. Ich finde den Managersprech den er manchmal benutzt auch komisch, aber der Inhalt ist ja wichtig.
Debatte Intendantenmodell: widerstände Kunst
Eine gute Antwort von Schmidt. Bleibt die Frage an Sie Herr Schmidt offen, wie wollen Sie sogenannte "Widerständige" Kunst, für die es vielerorts erst einmal keine Zuschauer gibt vermarkten? Wollen Sie das überhaupt ? Oder bieten Sie nur "Produkte" an für die Sie vorab ein Publikum evaluieren konnten?!
Debatte Intendantenmodell: menschliche Natur
Es scheint mir leider augenfällig, dass diese Diskussion hier mehrheitlich von Leuten geführt wird, die keine tiefgreifende Erfahrung mit Arbeit im Kollektiv haben (und ich meine: Arbeit im Kollektiv, nicht Arbeit unter dem Label Kollektiv). Dasselbe gilt teilweise für den Artikel, deshalb ist es sehr wohl ausschlaggebend aus welchem Kontext die AutorInnen stammen. Leute, z.B. aus der Freien Szene, mit langjähriger Erfahrung im Ausprobieren neuer Formen der Zusammenarbeit, die sich selbst und ihre eigene Teamfähigkeit, Geduld und ihren Willen zum respektvollen Umgang ausgelotet und damit vielleicht auch an ihre Grenzen gestossen sind, wird dieser Lösungskatalog relativ oberflächlich erscheinen, denn er klammert den entscheidenden Aspekt aus, nämlich die menschliche Natur. Ihre Bemühungen in Ehren, aber das hat für mich wirklich etwas absurdes, wenn Leute die fast ausschliesslich in Betrieben gearbeitet haben mir plötzlich erklären wollen, wie man Machtstrukturen aufbrechen muss. Aber warum nicht. Mich persönlich würde da eher die Meinung von Showcase Beat le Mot oder She She Pop zu diesem Thema interessieren. Ansonsten stimme ich FestFürsLeben zu und gratuliere zu dem erfrischenden Beitrag, selten so gelacht!
Debatte Intendantenmodell: altmodisch
@baucks
Sie sehen die Welt düster. Warum soll es kein Publikum für widerständige Kunst geben? es gibt nicht nur angepasste Idioten, die unterhalten werden wollen. Es gibt in jedem Provinzkaff Leute, die über den Tellerrand blicken und kritisch sind. Wo soll das Bedürfnis herkommen, widerständige Kunst zu machen, wenn es keinen normalen Menschen interessiert? Ich glaube, sie haben einen altmodischen Geniebegriff von Ausnahmemensch Künstler, der sich despotisch benehmen muss weil die ignorante Technik nur für ihr Spitzengehalt am Theater ist und Kunst genau so blöd findet wie das Publikum. Wenn das stimmen würde, könnten wir die Theater dichtmachen, dann gibt es keinen Grund, sie zu subventionieren.
Debatte Intendantenmodell: Überheblichkeit
schade. Diese Diskussion ist wichtig und hat gute Beiträge, aber die Überheblichkeit, mit der Leute wie Madame, Baucks und Kurt bestimmen wollen, wer sich zu dem Thema äußern darf, macht mir schlechte Laune. Was für ein komisches Argument: Etwas Neues dürfen nur Leute vorschlagen, wenn sie das Neue jahrelang ausprobiert haben. Da würden wir alle noch in der Höhle sitzen. Bleiben sie in ihren feudalen Strukturen am Stadttheater hocken, Madame, der Name passt ja schon. Ich finde, solche Posts zeigen, wie dringend wir Veränderung und Respekt brauchen. Mir reicht es.
Debatte Intendantenmodell: Unbehagen
Alexander, ich habe überhaupt niemandem verboten sich zu äussern und sich einzubringen. Meine Skepsis, ja auch mein Unbehagen gegenüber diesen Thesen zu äussern, weil meiner Erfahrung nach die Dinge sehr widersprüchlich und komplex sind wenn es um Arbeit im Team geht, muss erlaubt sein. Das ist auch ein Beitrag zu dieser Diskussion. Aber wenn man hier unter sich bleiben möchte, ist das für mich auch okay und das meine ich nicht zynisch.
Debatte Intendantenmodell: Managersprech
@40 Wo genau liegt St. Gallen?
Mich beschleicht bei einem Vorschlag wie 'Ersetzen des Repertoire-Wahnsinns' durch ein Teil-Stagione-Prinzip der Verdacht, dass damit Technikerstellen eingespart und also abgebaut werden sollen. Wozu sonst sollte das dienen? - Eben. Entlassungen. Die ganz schlimme Lage der schwach bezahlten künstlerischen Mitarbeiter am Theater ist sicher auch Folge des Wirkens von Beratern und Beraterfirmen (die die Kommunen richtig Geld kosten und den Kollaps an kleineren Häusern vorbereitet haben, nun sollen auch die größeren Häuser drankommen?). Die smarte, mittelalte Generation von Intendanten, die Managerschulungen durchlaufen hat, wirkt auf mich nicht künstlerischer, sondern eher herzlos und karriereorientiert. Vieles an 'wir reden mit allen Mitarbeitern drüber' und 'Teamwork' bleibt Placebo.
Und, ja, Managersprech ist ein Teil des Problems, auch aktuell an den Theatern, und nicht Teil der Lösung.
Debatte Intendantenmodell: Versuch einige Dinge klarzustellen 1
Hier gehen ein paar Begriffe durcheinander und es werden unnötige Fronten aufgemacht, scheint mir. Zu ein paar Punkten würde ich gern etwas äußern:

Zur Frage Managersprech: Es geht ja (auch) darum, wie ein Betrieb zu organisieren ist, um möglichst gute Arbeitsbedingungen für die Künstler, also viel Freiheit für die Kunst zu schaffen. Und da kommt man heutzutage vielleicht um gewisse Begrifflichkeiten nicht herum - dass sie am Theater noch nicht üblich sind, hat eventuell auch damit zu tun, dass die Theaterstrukturen aus einer Zeit stammen, als es sie noch nicht gab?! Schmidt leitet einen Studiengang für Management, entsprechend benutzt er das Vokabular, es dient der Beschreibung der Strukturen, wie dann später diese Strukturen der Kunst dienen sollen. Nicht mehr und nicht weniger. Das hat nichts mit neoliberal und Actori zu tun.
Gruss aus NRW: Die smarte, mittelalte Generation von Intendanten, die Managerschulungen durchlaufen hat, gibt es die denn wirklich? Die Intendanten, die mir einfallen, haben alle einen Regie- oder Dramaturgiebackground, oder waren Schauspieler. Vielleicht hat der eine oder andere eine Zusatzqualifikation in Theatermanagememt, es schadet auch sicher nicht, sich ein bisschen mit Mitarbeiterführung zu beschäftigen, wenn man Betriebe dieser Größe führt. Aber ein ausgewiesener Manager an einer Theaterspitze fällt mir gerade nicht ein. Es würde mich interessieren, wo es so jemand gibt - und was er/sie anders macht.

(tbc)
Debatte Intendantenmodell: woher kommt das Publikum für die Avantgarde?
Ihr Verdruss in Ehren Alexander , aber ich sehe die Welt alles andere als düster. Ich fragte und frage Herrn Schmidt lediglich, wie er mit Theaterkunstwerken umgehen möchte für die man nicht sofort ein Publikum evaluieren kann, für die man erst ein Publikum aufbauen muss, denn dies ist eine der Hauptaufgaben von Stadttheatern, Publikum für Kunstwerke zu organisieren, die ohne staatliche Finanzierung kaum eine Chance am Markt und vor dem Publikum haben.
Debatte Intendantenmodell: Versuch einige Dinge klarzustellen 2
weiter

Zu dem Wunsch nach Stimmen aus der freien Szene mit Kollektiverfahrung: beim Symposium am Sonntag wird Annemarie Matzke von ihren Erfahrungen berichten. Allerdings, und auch hier sehe ich eine begriffliche Konfusion: ein künstlerisches Kollektiv ist etwas anderes als ein Direktorium zur Leitung eines Betriebs mit hunderten von Mitarbeitern. Gruppen wie SheShePop machen genau das, was hier auch schon kategorisch als unmöglich bezeichnet wurde: sie machen die Kunst im Kollektiv. Ich denke, deshalb meldet sich hier niemand von denen zu Wort: Sie wissen: das ist ein anderes Thema.
Zum "Repertoire-Wahnsinn": auch ich bin Freund des Repertoires. Eigentlich. Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt am Theater arbeiten, oder vielleicht an sehr gut finanzierten Haus, oder im Ausland. In Deutschland jedenfalls gibt es sehr viele Theater, deren Finanzierung an der absoluten Untergrenze des Erträglichen ist. Und denen weitere Kürzungen bevorstehen, wenn auch nur dadurch, dass die Städte die Tariferhöhungen nicht übernehmen. Lange wird das so nicht mehr gehen, irgendwann steckt das ganze Geld in der Aufrechterhaltung des Betriebs und für die Kunst ist nichts mehr da. Es könnte sein, dass eine Umstellung des Spielsystems eine Möglichkeit zur Rettung. Aber heißt nicht gleich: Entlassungen, geht auch in D nicht so ohne weiteres, sind ja städtische Verträge. Und so ein Umbau wird nicht von heut auf morgen stattfinden, es gehen Mitarbeiter in Rente oder haben Interesse an Vorruhestandsregelungen. Die Ensembles wurden in den letzten Jahren schon bis an die Grenze des Zumutbaren verkleinert, da sehe ich keinen Spielraum mehr. Aber auch die technischen Mannschaften sind am Limit: fast jeder, der am Theater arbeitet, hat die Erfahrung gemacht: variable Raumbühnen können nicht variabel genutzt werden, Bühnenbilder müssen vereinfacht werden, weil das Personal zum Umbau im Repertoirebetrieb fehlt, für kleinere Projekte gibt es keine Kapazitäten, die Technik lehnt sie ab, und das nicht aus Desinteresse an der Kunst, sondern weil Personal fehlt. Hier würde ein Mixed Semi Stagione-Betrieb, wie Schmidt vorschlägt, für alle Entlastung bringen - Entlastung, nicht Entlassung, nur eine mittelfristige Reduzierung. Sie sollten sich das Modell anschauen, der Spielplan bleibt recht vielfältig. Tatsache ist: ein nicht unerheblicher Teil der Theater steht mit dem Rücken an der Wand. Und das sind nicht nur die ganz armen, Bonn zum Beispiel muss jetzt auf die Halle Beuel verzichten, eine tolle Spielstätte, das ist ein herber Verlust. Man muss dafür kämpfen, dass die Finanzierung wieder besser wird, aber auch sehen, wie man die knappen Mittel im Sinne der Kunst sinnvoll einsetzt.
Debatte Intendantenmodell: "Theater heißt dienen lernen"?
Au weia.
Glaubt hier wirklich jemand, dass man Theater im künstlerischen Bereich noch neoliberaler aufstellen könnte als es bereits der Fall ist? Thomas Schmidt hat die Arbeitszeit in #40 angesprochen. Dazu kommen die Kettenbefristungen und die Nichtverlängerungen aus "künstlerischen Gründen" oder beim Intendantenwechsel. Dazu kommen Werkverträge für Kolleg*innen, die die Theater abhängig beschäftigen müssten. Dazu kommt eine Spielplangestaltung an vielen Theatern die brutal einen imaginären (Aufmerksamkeits-)Markt vor Augen hat, der ständige Novitäten verlangt, so dass künstlerische Entwicklungsprozesse verhindert werden. Und und und.

Das was hier despektierlich "Managersprech" genannt wird, ist ein Versuch die Verhältnisse der Theater zu analysieren, Probleme zu identifizieren und Verbesserungen vorzuschlagen - und das alles mit dem Ziel die Freiräume für die künstlerische Arbeit zu erhalten und weitere zu eröffnen. Ein Theater als Betrieb muss nämlich genau das leisten. Wenn diese Analyse dazu führt, das Bestehende in Frage zu stellen, dann bitte schön. Wenn sie dazu führt Alternativmodelle vorzuschlagen, ja gern.

Jahrzehntelang hat sich die Systembefragung auf das Jammern über die Verfehlungen der Intendant*innen und Regisseur*innen beim Feierabendbier in den Kantinen beschränkt. Und die meisten von uns waren sich zu fein (ich eingeschlossen) in die GDBA einzutreten. Die Kolleg*innen die es taten, und sich in den Betriebsräten engagierten, haben wir belächelt. Wir waren selbstgenügsam und haben in jeder Spielzeit hunderte unbezahlter Überstunden geschoben, weil wir eine Leidenschaft zum Beruf gemacht hatten und weil wir davon überzeugt waren, Teil von etwas Wertvollem zu sein - manchmal haben wir uns das auch nur eingeredet. Wir haben auf die Kolleg*innen herabgesehen, die es wagten, im KBB anzumerken, dass 22 Tage Arbeit ohne einen freien Tag vielleicht doch ein bisschen viel ist, wir wussten wahrscheinlich gar nicht, dass in unserem Theater eine Betriebsvereinbarung existierte, die so etwas verhindern sollte. Wir haben uns darauf verlassen, dass Schauspieler*innen, Sänger*innen und Tänzer*innen trotz Krankheit, trotz Verletzungen aufgetreten sind, der Lappen musste ja hochgehen. Wir konnten ihnen sicherlich auch einen Arzt empfehlen, der sie gesundspritzt. Wir haben Kolleg*innen die mit Burn-Out ausgefallen sind, besucht, ihnen Blumen gebracht und uns darüber gefreut, dass wir stärker sind. Wir haben uns nicht darüber gewundert, dass Besetzungen per Aushang und ohne Gespräch verkündet wurden. Wir haben akzeptiert, dass private Veranstaltungen von Sponsoren zu Veranstaltungen des Theaters deklariert wurden, da galt dann gemäß §7 des NV eine Mitwirkungspflicht. Wir sind nach Wuppertal gepilgert, um gegen die Schließung des Schauspielhauses zu demonstrieren, und haben nicht wirklich begriffen, dass Kommunen, Länder und Intendanten im Bühnenverein ganz oft gemeinsame Sache machen. Wir haben in den Produktionen die Auswüchse des Turbokapitalismus angeklagt und gleichzeitig unsere eigenen Arbeitsbedingungen verdrängt.

Vor fast fünfundzwanzig Jahren hat mir ein Regisseur bei meiner ersten Hospitanz gesagt: "Theater heißt dienen lernen." Ich dachte damals, er machte einen Witz – heute weiß ich mehr.

Wenn die Begriffe, die wir benutzen der Betriebswirtschaft entspringen, dann deshalb, weil ein Theater ein Betrieb ist, in dem Prozesse und Strukturen beschrieben werden können und beschrieben werden müssen. Viele hier sind sich einig, dass die bisherige Struktur zu Leitungsversagen und Machtmissbrauch einlädt. Das gilt es zu heilen. Es geht darum, die Theater humaner, Prozesse transparenter und Entscheidungen kontrollierbarer zu machen. Es geht darum, eine Struktur vorzuschlagen, die vernünftig ist.
Debatte Intendantenmodell: Voraussetzung für Gleichberechtigung
Mir ist der Unterschied zwischen kollektiver Kunstproduktion und der Leitung eines grossen Betriebs klar, Frau Gräve. Es sind aber nicht die betriebswirtschaftlichen Aspekte die mir fehlen, sondern die Aspekte die das Arbeiten und Entscheiden in einem gleichberechtigten Team angehen und welches die Vorraussetzungen dafür wären, welche Handhabungen es gäbe, wenn sich zum Beispiel jemand als nicht teamfähig erweist etc. An dem Beispiel, wie schnell es in einem solchen Team dazu kommen kann, dass die Kunst von der Technik überstimmt wird, lässt sich etwa ablesen, wo mir was fehlt. Aber gut, irgendwas fehlt immer.
Debatte Intendantenmodell: anspruchsvoll im Team
@Klaus M
Vielen herzlichen Dank. Ihrer scharfen Bestandsaufnahme mit Rückblick ist wirklich nichts hinzuzufügen. Dass man sie in diesem Forum noch einmal machen muss, überrascht mich. Ich dachte, wir seien schon viel weiter als das.
@Madame
Sorry, ich verstehe Sie nicht. Möchten Sie uns erklären, dass Teamarbeit ein komplizierter Vorgang ist, dass es schon allein einer gewissen Anstrengung bedarf, sie zu organisieren? Das wissen wir. Und finden es selbstverständlich. Worauf also zielt Ihre Frage? Dass wir einsehen: es ist zu anspruchsvoll im Team zu arbeiten, und es nicht mehr wünschen? Und welches Beispiel "Technik überstimmt Kunst" meinen Sie?
Debatte Intendantenmodell: Ohnmacht gegenüber dem Künstler
Liebe Stephanie Graeve,
nun haben wir also geklärt, dass eine kollektive Leitung nicht gleichzusetzen ist mit der Produktion eines Kunstwerkes in einem Kollektiv. Fein. Nicht geklärt ist, in wie weit die Ideale und Tugenden des Leitungsteams, wie es ihnen vorschwebt, auch für die eigentliche Kunstproduktion, die Künstler gelten sollen.

Sollen die nun auch möglichst transparent, respektvoll, mit Hang zur Mitsprache über ihr Kunstwerk und zur Gleichberechtigung der Technik und Verwaltung gegenüber der Kunst agieren?!

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Als die Krise am DT im großen Haus zu meiner Zeit dort erheblich zunahm, entschloss man sich, Einar Schleef für eine Regie zu engagieren. Das war ein Schritt, der für die Leitung mit deutlich ablesbarem Unbehagen verbunden war. Dieses Unbehagen blieb auch Einar Schleef nicht verborgen. Und so kam es, dass er zunächst den Autor Lothar Trolle aus seiner Produktion entfernte und die Dramatisierung der „Novemberszenen“ selbst in die Hand nahm. Dann irrt nach zwei Wochen die Chefdramaturgin halbwegs traumatisiert durch die Gänge, weil Schleef ihr ein rigoroses Probenverbot erteilte. Ich beobachtete die Proben heimlich vom Rang aus. Es schien Schleef gelungen zu sein sich das „Arbeitsklima“ des Hauses vom Hals zu schaffen. Doch irgendwann muss dieses „Gift“ wieder in den Probenprozess eingedrungen sein, sie beschreiben ja selbst ganz gut die einengenden Parameter des Betriebes, so dass Einar Schleef die Proben komplett abbrach. Die darauf folgende Leitungssitzung war ein Musterbeispiel für den Kampf zwischen der Kunst und denjenigen, die meinen sie zu „leiten“. Schleef, der mittlerweile seine Zeit unverhohlen mit Freunden an Berliner Seen verbrachte, wurde rundheraus für verrückt erklärt. Zugleich aber telefoniert man eifrig man anderen Häusern und ließ sich versichern, dass dies bei Schleef immer so ablaufe und er wohl zurückkehren würde. Es war ein erholsamer Schock für die gesamte Leitung, der mich sehr amüsierte. Sie bekamen ein Gefühl für ihre komplette Ohnmacht gegenüber einem Künstler, wenn der ihre vorgegebenen Parameter nicht akzeptiert.

Heraus kam der größte Erfolg des Hauses seit langer Zeit „Verratenes Volk.“ Und das nicht wegen der Leitung, sondern trotz der Leitung des Hauses.

Liebe Stephanie Gräve, sie überschätzen bei weitem den Einfluss der Leitung, wie sie auch immer ausgerichtet sein sollte, auf wahre Künstler. Ich könnte ihnen ähnliche Vorgänge auch an Hand von Dimiter Gottscheff oder Matthias Langhoff beschreiben.

Wohl aber hat eine Leitung großen Einfluss auf Künstler, die sich lediglich mit den vorgegeben Parametern arrangieren, egal ob es sich nun um ein Intendanten- oder ein Teammodel handelt, denn solche Künstler stören die vorgegebenen Abläufe nicht und ihre Produkte richten sich einzig nach den schon festgeschriebenen Produktionswegen der Leitung und ihrer Möglichkeiten.

Nun denn! Und dann wäre da noch ein weiterer Punkt: Für ihre Reformen benötigen sie Partner in der Politik, und die, so bleibt zu befürchten, genehmigt ihre Reformen hauptsächlich dann, wenn sie, die Politiker, damit ihre Sparvorgaben im Haushalt erreichen können.

Was nun?!
Debatte um Intendantenmodell: schicken Sie mir Ihr Buch
#54: Wie würden Sie jemanden beschreiben, der nachgewiesen "nicht teamfähig" ist? Das ist eine Frage die ich sehr sehr ernst meine.
#51: Ich gestehe, ich bin vollkommen perplex: Sie können sich so kurz und so geradlinig präzis äußern! - Warum so selten? Bitte mehr davon!

Etwas einlenkender noch einmal in Richtung Thomas Schmidt erstens zum Thema Assessments und zweitens zum Thema Buchproduktionen zum Thema, ich weiß ja, wieviel Arbeit und Herzblut es kostet, ein Buch zu schreiben:
1. Ich habe nichts gegen Personal-Scouts, die eine Auswahl von Leuten suchen, die für einen verantwortungsvollen Job im Kunstbetrieb in Frage kommen. Ich habe gar nichts gegen Einladungen zu Sondierungsgesprächen durch Arbeitgeber im Kulturbereich, gleich worauf diese Einladungen basieren. Aber ich habe etwas gegen Assessments, ob sie nun 2 oder 5 Stunden oder zwei Wochen dauerten. Eine Einladung zu einem Einzelgespräch, das einem Arbeitsgeber zur Sondierung diente, würde ich annehmen. Auch dann, wenn ich dabei einhundert Leuten gleichzeitig Frage und Antwort stehen müsste. Das berührt im Übrigen alles die Frage der Teamfähigkeit. Eventuell ist für mich Teamfähigkeit etwas anderes, als es in Managerstudiengängen gelehrt wird, das könnte man angelegentlich diskutieren. Deshalb interessiert mich die Definition von "nicht teamfähig" von Madame so sehr...

Nun zum Ihrem Buch, - bitte verzeihen Sie mir das und versuchen sie, das nicht persönlich zu nehmen ...
Es ist so: wenn ich auf zwei einhalb Seiten übersichtlich zusammengefasst die Theaterlage der Nation bekommen kann, einschließlich schlagender Zahlennachweise für Budgetverteilungen für Theater in unserem Staatsetat, dann ändert an der Situation, wenn sie schon nach den schlagend beweiskräftigen zweieinhalb Seiten nicht geändert wurde, auch kein größerer Seitenumfang etwas. Es ist, was die Verhältnisse aanlangt, wenn es bereits Jahre vorher eine gute Übersicht gab, ein auf-die-lange-Bank-Schieber. Und ich bin dagegen, dass Dinge auf die lange Bank geschoben werden, besonders wenn es also um das Prekariat von ca. 10.000 BühnenkünstlerInnen in diesem Land geht, die in der Mehrzahl hervorragend ausgebildet wurden. Ich lass mir keinen Beruhigungssand durch neue und bessere und tiefere und sprechgemäßere Publikationen in die Augen streuen, weil es jetzt erfreulicherweise jemand sogar in Managersprache erörtern kann, wie faul das hier in diesem Theaterbetrieb stinkt, weil er - und zwar selbstverständlich einschließlich der steigenden Lohnkostenübernahme - strukturell permanent unterfinanziert ist und ich muss davon ausgehen, weil das also der Fall ist seit Jahren, dass das politisch also so gewollt ist.
Debatte um Intendantenmodell: schöne Theateranekdote, aber ...
Lieber Martin Baucks,
eine schöne Theateranekdote, dergleichen begegnet man immer wieder, wenn man über Struktrurveränderungen spricht; Erzählungen, wie sich das "Ausnahmegenie" gegen das Theater durchsetzt. Nun sind die Beteiligten z.T. nicht mehr befragbar, evt hatten Sie selbst nicht den kompletten Einblick in die Vorgänge? Evt wäre es in einem anders strukturierten Haus, mit einem Direktorium, nicht zum Konflikt gekommen, wer weiß. Wir nicht.
Verstehe ich Ihre Leitungseinfluss-Theorie richtig: Es gibt Großkünstler, die von der Leitung unbeeinflusst Kunst machen - da hätten wir ja kein Problem, wenn wir etwas verändern, es beeinflusst sie nicht. Und dann gibt es "normale" Künstler, die sich mit den Parametern lediglich arrangieren - und die machen in einem Direktoriumsmodell andere Inszenierungen als in einem Intendantenmodell? Selbst wenn es so wäre, wovon ich nicht überzeugt bin: sind die Inszenierungen dann notwendig schlechter?
Und was die Politik betrifft: da bin ich optimistischer, ich denke, die Politiker sind an guten Arbeitsbedingungen für die Theaterleute interessiert. Weils der Qualität der Kunst dient.
Debatte um Intendantenmodell: wohltuend
zu Frau Gräve: Sie schreiben sehr wohltuend beruhigend und vermittelnd, das fehlt hier sonst sehr oft in den Debattensträngen, also hoffen ich, Sie bleiben hier - eine Bermerkung trotzdem zu Ihrem Beispiel mit dem Einfluss der sich verweigernden Technik auf das Bühnenbild: Ästhetisch ist das etwas, was ich nur begrüßen kann. Wenn es nach mir ginge, gäbe es aus ästhetischen Gründen immer nur genau so viel Bühnenbild wie unbedingt nötig und unbedingt so wenig wie irgend möglich - auch wenn das eventuell Bühnenbildner nicht so gern hören und vielleicht froh sind, dass es nach mir nicht geht-
Debatte um Intendantenmodell: Buch gegen die Ohnmacht
# 57
Sie müssen das Buch nicht lesen, keine Bange. Das Buch ist in erster Linie eine wissenschaftliche Studie, die den Status Quote der öffentlichen Theater beschreibt, und aufzeigt, wie mit wenigen Veränderungen Reformen aufgelegt werden können, die zur Folge haben, dass sich etwas positiv verändern kann - und zwar für diejenigen künstlerisch Beschäftigten, die das Theatersystem tragen. Ein Buch gegen die Ohnmacht, des "da läßt sich sowieso nichts verändern, das wird immer so sein und bleiben" und gegen das "das haben wir schon immer so gemacht".
Ich habe mich vor allem als aufmerksamer Sammler verstanden.
Gerade weil ich so sehr auf Reformen dränge, ist es kein Aufschiebe-Projekt, sondern ein konkreter Fahrplan. Bitte erst lesen, dann urteilen!
Dass das Buch so umfangreich geworden ist, hat mit meiner Intention zu tun, die Themenfelder sehr systematisch und sorgfältig abzuhandeln. Nichts ist schlimmer, als an Oberflächlichkeiten zu ersticken.
Zur Sprache. Managersprech kenne ich genauso wenig wie Dramaturgensprech oder Intendantensprech, Begriffe, die immer dort auftauchen, wo man sich gegen ein spezifisches Vokabular sträubt. Natürlich werde ich wirtschaftliche Verhältnisse auch mit einem entsprechenden Vokabular beschreiben, so wie ich soziologische oder organisationstheoretische Aspekte in einer Fachsprache verhandle, die ich allerdings versucht habe soweit als möglich ins Verständliche herunter zu brechen. Nichts anderes.
Natürlich wird es immer fremde oder befremdende Begriffe geben,
die aber mehr mit dem Befremdlich-Sein der Verhältnisse zu tun haben, die sie beschreiben. Aber das hat mit Neoliberalismus nichts zu tun.

Neoliberal sind die Verhältnisse derzeit, wie sie Kollege Baucks zitierfähig beschreibt. Und daran soll und muss endlich etwas geändert werden.
Deshalb kann ein solches Buch auch eine Arbeitsvorlage für die Politik sein, die nun nicht mehr sagen kann, es gibt ja gar keine Analysen und Beschreibungen von Alternativen zum bestehenden paternalistischen, streng hierarchischen System. Also lassen wir doch am besten alles beim Alten. Das wollen Sie doch auch nicht, oder?
Anstatt hier unterschwellig immer unter die Gürtellinie zu boxen (ja, ich weiß, die Welt ist seit gestern Abend kaum harmonischer geworden), formulieren Sie bitte, wie Ihrer Meinung nach das Theatersystem aussehen sollte, damit wir in eine gute Diskussion kommen, falls Ihnen überhaupt daran gelegen ist.

# 56
Partner in der Politik: die Initiative 40.000 Theatermitarbeiter*innen treffen ihre Abgeordnete hat in den meisten Fällen ergeben, dass die Abgeordneten überhaupt nicht bescheid wissen, wie das kommunale oder Landes-Theater agiert, welche Probleme es gibt, wie das Programm entsteht, und welche Finanzsorgen die theater wirklich haben und wozu diese führen. das Gedankenkonstrukt, dass öffentliche Theater zu viel Geld haben, beherrscht das Denken der meisten kultur- und finanzpolitiker. die wenigsten sind so nah am Theater dran, um zu wissen, dass bereits ein paar Tausend euro zu einem deutlichen Abbau führen, weil die tariflichen Reglements so eng gebaut sind, dass eine gerechte Umverteilung der Gehälter im Moment noch nicht möglich ist. Eine Alternative Stoßrichtung ist es, den Normalvertrag Bühne (NV Bühne), nach dem alle künstlerisch Beschäftigten engagiert sind, zu reformieren, um die Mindestgage deutlich anzuheben und die Nichtverlängerungsregeln einzuengen.
wenn bei den Politikern mehr und systematischere, direkte Aufklärungsarbeit geleistet wird dies fruchten. Und immer wieder vergessen wird: die Theater gehören den Menschen der Stadt, und damit auch den Künstlern, die dort leben und arbeiten, und nicht dem Intendanten oder der Politik. Die gewählten Politiker verwalten dieses Eigentum nur, aber sie besitzen es nicht. Die Bürger einer Stadt können sich noch viel stärker einmischen in ihr Theater. (Zum Publikum #51 später)
Debatte um Intendantenmodell: Anforderungsprofil für Künstler?
Liebe Frau Gräve,

sie weichen meinen konkreten Fragen aus. Das ist mehr als betrüblich. Deshalb frage ich sie nochmal: Welches Anforderungsprofil stellen sie an die Künstler, die in ihrem reformierten System arbeiten sollen?

Die Unterscheidung zwischen „Großkünstlern“, „Genie“ und „Normalkünstlern“ ihrerseits ist unprofessionell. Und in dem Sinne vermag ich nicht darauf einzugehen, denn da gäbe es erhebliche Definitionsschwierigkeiten.

Als Mitglied der künstlerischen Leitung hatte ich Einblick in den Vorgang um Einar Schleef, den sie fälschlicherweise in den Bereich der Anekdote abzudrängen wünschen. Ich beschreibe an einem ausgewählten Fall, sehr verkürzt, wie Künstler an sich sich häufig genötigt fühlen sich deutlich vom Einfluss der Leitung abzugrenzen.

Dies zielt auf den zweiten Komplex meiner Fragen, wie Herr Schmidt vor hat mit Theaterkunstwerken umzugehen, für die er zunächst kein Publikum evaluieren kann, die aber aus künstlerischer Sicht gezeigt werden müssen.

Auch dieser Fragenkomplex bleibt weiterhin unbeantwortet. Von „unter der Gürtellinie“ kann ich nichts verspüren, Herr Schmidt. Das sollten sie belegen.

Im Folgenden poste ich extra für sie in zwei Blöcken eine kleine Skizze einer Reform, die natürlich in ihrer Kürze nicht vollständig ist, und auch kein Buch, aber einen Weg aufzeichnet.

Und ja Frau Gräve, vielen Künstlern und Künstlerinnen ist es ziemlich egal, wie die Leitungsebene strukturiert ist. Das wird häufig am Rande klimatisch wahrgenommen. Wie Mitko Gottscheff mal zu recht sagte: Augen zu und durch. Ab in den Probenraum und dort mit seinen Schauspielern arbeiten.

Da der Einfluss auf starke Künstler so gering ist, können sie sich auch als erste eine Leitung, wie auch immer wegdenken, denn eigentlich haben sie keine rechte Verwendung dafür, falls sie andere Möglichkeiten geboten bekämen zu produzieren.
Debatte um Intendantenmodell: Vorschlag
Ich plädiere für eine ganz einfache Reform von Schauspielhäusern, die man in einem Pilotprojekt in einer Stadt als Modell ausprobieren sollte:

Eine Stadt legt fest wie viele Theaterpremieren sie pro Saison produzieren möchte und in welchem Bereich.

Jede einzelne Position wird öffentlich von einer Theater-Stiftung ausgeschrieben und bekommt ein eigenes Budget.

Auf diese Ausschreibung hin können sich Künstler direkt bewerben und erhalten, nach Zuspruch, ihr eigenes Budget, dass sie selber verwalten.

Mit dem Budget engagieren sich die jeweiligen Künstler und Künstlerinnen ihr Team eigenständig, das auch den Bereich Technik, Verwaltung, sowie Vermarktung der Produktion umfasst.

Die bestehende Verwaltung und Technik wird aufgelöst, sowie auch die gesamte künstlerische Leitung und ihre Dramaturgie.

Die jährliche Auswahl wird von einem ständig alternierenden Gremium getroffen.

Ein Gremiumsmitglied darf nur alle fünf Jahre wieder an der Auswahl teilnehmen. Es ist darauf zu achten, dass dort nicht wiederholt das selbe Personal eingesetzt wird, um eine Einengung des künstlerischen Horizonts auf einen festen, bekannten Personenkreis zu vermeiden.

Die Zusammensetzung des Gremiums wird von der Stadt und der Theater-Stiftung vorgenommen und öffentlich begründet und muss durch den Stadtrat genehmigt werden.

Die Stiftung hat gegenüber dem Gremium eine beratende Funktion, jedoch kein Stimmrecht.

Alle Rechte an der Produktion bleiben bei dem/der jeweiligen KünstlerIn. Die Produktion kann an andere Städte weiterverkauft werden. Die jeweiligen städtischen Stiftungen entscheiden darüber, welche Produktionen von außerhalb zugekauft werden.

Die Stadt verpflichtet sich ihr Stadttheater in Stand zu halten und engagiert hierzu ein festes Team von Haustechnikern.

Der Spielplan wird von einem Koordinationsteam, welches ebenfalls von der Stadt fest engagiert wird, in Absprache mit den verschieden Produktionen erstellt. Dieses Team übernimmt zugleich den Kartenverkauf. Die Premierentermine sind bei Vertragsabschluss mit den einzelnen Produktionen festzusetzen.

Für die Lagerung der Produktionsmittel (Bühnenbild, Kostüm ect.) ist die Produktion verantwortlich. Lagermöglichkeiten im Haus können hierbei in Anspruch genommen werden.

Für den Zeitraum der Aufführung im Haus übernimmt die jeweilige Produktion automatisch die Leitung des Hauses und gibt sie an die jeweilig nachfolgende Produktion weiter.

Die jeweiligen Produktionen werden En Suite an mindesten drei aufeinander folgenden Tagen gespielt.

Die Zentrierung auf den/die produzierenden KünstlerInnen ist begründet und erklärt sich darin, dass er/sie der Einzige ist, der/die das Produkt, das Kunstwerk, welches er/sie herstellen möchte genau kennt. Er/sie bestimmt die Planung und den Produktionsweg. Es steht ihm/ihr frei sich hierzu einen Produzenten zur Seite zu stellen.
Das feste Ensemble wird aufgelöst und durch die jeweiligen Besetzungen der einzelnen Produktionen ersetzt.

Die Verträge der Künstler und Techniker, sowie der Verwaltung werden aneinander angeglichen und nach außen gegenüber der Stadt transparent gemacht.
Die Künstlerverträge werden prinzipiell höher dotiert als die aller anderen Bereiche.

Die Verträge werden auf die Produktions- und Aufführungszeit befristet, sind aber nicht unter einem Jahr abzuschließen.

Hierbei wird zwischen Proben- und Aufführungsgagen für die jeweiligen Beteiligten unterschieden.

Die Versteuerung seiner Gage übernehmen der/die jeweilige KünstlerIn, so wie alle Beteiligten eigenständig.

Alle Beteiligten sind von Künstlersozialkasse zu versichern.

Ihr Budget verwaltet die jeweilige Produktion eigenverantwortlich und haftet für eventuelle Defizite.

Es ist jeder Produktion erlaubt Drittmittel auch bei privaten Sponsoren einzuholen. Diese müssen aber gegenüber der Stadt transparent gemacht werden.

Die Einnahmen werden anteilig nach einem Verteilerschlüssel zur Hälfte an alle Beteiligten ausgezahlt. Die Andere Hälfte bleibt zur Gegenfinanzierung der Instandhaltung des Hauses bei der Stadt.

Wohl bemerkt, es handelt sich hierbei um die Beschreibung eines Pilotprojekt, welches singulär in einer Stadt ausprobiert werden sollte. Es muss durchgerechnet und in der Praxis auf seine Machbarkeit hin überprüft werden.

Es ist eine Modell, dass den Künstler oder die Künstlerin wieder in den Mittelpunkt der Produktion stellt.

Wie sich die einzelnen Produktionen aufstellen, ob sie eher hierarchische oder flache Strukturen bevorzugen, ob sie lieber im Kollektiv arbeiten oder sich einem prägenden Künstler oder einer prägenden Künstlerin anvertrauen wollen, bleibt der jeweiligen Produktion selbst überlassen.

So erreicht man auf einfache Weise eine Vielfalt an künstlerischen Ausdrucksformen, aber ebenso auch differenzierte Produktionswege, die den Anforderungen des Werkes entsprechen und nicht den Parametern des Betriebes.

Jede gute Reform sollte sich auf zwei Seiten darstellen können.
Debatte um Intendantenmodell: Spur der Kaffeetassen
@FestfürsLeben
Sie sollten meine Zimmerwände sehen, die Spuren der Kaffeetassen, die ich zunächst an die Wand geschleudert habe, um dann vermittelnd zu antworten... es fällt nicht immer leicht, wenn man sich beleidigt fühlt, nicht beleidigt zu reagieren. Aber das Thema ist zu wichtig, um es Grabenkämpfen zu opfern. Und ich finde den Umgangston hier oft genug traurig, da mag ich nicht mitmachen.
Ja, die Technik und die Bühnenbilder... zunächst finde ich "sich verweigernde Technik" irreführend, es klingt nach Mitarbeitern, die nicht recht wollen. Was Sie ja anscheinend gar nicht meinen!
Natürlich möchte das Künstlerherz der Theaterleitung allen die bestmoglichen Bedingungen verschaffen, auch tolle Bühnenbilder, doch was hilfts, wenn man die Produktion kaum disponieren kann, weil sie einen zusätzlichen Aufbautag braucht; oder die folgenden Produktionen weniger Bühnenproben haben, weil sie schon um 12.30 von der Bühne müssen; oder technische Aushilfen eingestellt werden müssen und das Geld für sie wird irgendwo anders eingespart... Ein Dilemman; es fällt eben alles auf die Unterfinanzierung zurück, wie sie auch schon anmerkten. Da abzuwägen und von Fall zu Fall zu entscheiden, das ist keine leichte Sache für die Leitung - da ist es mehr als hilfreich, wenn nicht einer allein die ganze Verantwortung zu tragen hat;)
Debatte um Intendantenmodell: Über Teamfähigkeit
#57 Als nicht teamfähig würde ich jemanden beschreiben, der nicht zuhören kann (z.B. weil er/sie seine Gedanken besser alleine als im Dialog entwickeln kann). Jemand, der gemeinsam gefasste Beschlüsse unterläuft. Jemand, der seinen eigenen Argumenten Wucht verleiht indem er die Argumente anderer ins Lächerliche zieht oder ihnen unlautere Motivationen unterstellt, der mit unterschwelligen Drohungen arbeitet oder manipulativ operiert. Jemand der nicht Vertrauen schenken kann. Jemanden, der seine Wut nicht einigermassen im Griff hat (wobei es sicher Teams gibt, die auf einem relativ hohen Aggressionsniveau verhandeln, aber in sich gut funktionieren; ich würde einfach nicht dazugehören wollen). Für meinen Geschmack helfen der Teamfähigkeit auch noch Humor, Geduld, Grosszügigkeit und dass sich jemand nicht allzu bierernst nimmt. Es ergibt sich meines Erachtens folgendes organisatorische Problem: Genügend Personal zu finden, um gute Teams zusammen zu stellen aus Leuten die fachlich kompetent, originell, darüberhinaus teamfähig sind und gemeinsam auch noch in etwa dieselben Ziele verfolgen - nein, das ist nicht einfach selbstverständlich. Es gibt nicht massenhaft Leute die das wollen und es auch noch können. Dies klammert die Diskussion aus und dieser Aspekt lässt sich nicht an "das System" delegieren, sei es nun ein "gutes" oder ein "böses". Auch DespotInnen halten sich oft für Teamfähig aber sie werden sich nicht automatisch verwandeln, weil das System ein anderes ist. Ich habe schon sehr gute Erfahrungen gemacht mit Teams und ich habe auch schon ganz gern und gut mit nicht-teamfähigen Leuten gearbeitet - mit letzteren ist die Arbeit im Team allerdings nicht zwangsläufig angenehmer, als innerhalb einer klaren Hirarchie, meiner Erfahrung nach sogar eher im Gegenteil. Aber vielleicht ist das tatsächlich der falsche Ansatz für diesen Rahmen und vom Träumen abhalten will ich ganz bestimmt niemanden!
Debatte um Intendantenmodell: der eigentliche Irrtum
Nach meiner Erfahrung beherrscht die meisten Politiker nicht das Denken, dass die Theater zu viel Geld budgetiert haben, sondern dass man bei Theatern am leichtesten einsparen kann, weil es dort am wenigstens soziale Konsequenzen zeitigt. Was der eigentliche fatale Irrtum ist. Der aber bitte genauso benannt werden sollte. Dass die Reglements für eine gerechte Umverteilung der Gehälter in den Bühnenberufen geändert werden müssen, mindestens aber der NV Bühne so geändert werden muss, dass die Mindestgagen deutlich nach oben korrigiert werden sowie die Nichtverlängerungsregelungen überhaupt erst einmal als vernünftig begrenzte Nicht-Nichtverlängerungsregelungen verbindlich neu festgelegt werden, ist eine Forderung, die hier seit mindestens zwei, eher drei Jahren beständig formuliert, diskutiert und mit konkreten Vorschlägen versehen wurde auf engstem Raum. Das wurde und wird gelesen. Von Ensemble-Netzwerkern, auch wenn die gern diese Kommentare verarschen, auch von Politikern wahrscheinlich und vermutlich sogar von Ihnen. Der Fahrplan existiert also eigentlich länger als Ihr Buch. Politiker systematischer und direkter aufzuklären, schafft ja schon das Theater direkt nicht. Ich bin also skeptisch, ob das ein Buch schafft, das noch anstrengender ist, antizipiert zu werden als eine Theatervorstellung. M.E. müssen Politiker vielmehr darüber aufgeklärt werden, welche Rolle Kunst und Kultur für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt und Austausch spielen. Oder umgekehrt. Dafür kann so eine Initiative wie von Holtzhauer und der Dramaturgischen Gesellschaft gut sein. Aber sie muss es nicht zwangsläufig. Es ist ein ehrenwerter Versuch. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Warum meinen Sie, ich boxe permanent unter die Gürtellinie? Weil ich Assessment ablehne? Weil ich sage, wir brauchen keine neuen Bücher für übersichtliche Schritte, die unternommen werden müssen, sondern wir brauchen einfach nur Leute im z.B. Deutschen Bühnenverein, die die bisher geforderten Schritte tun und das Kreuz haben, das gegenüber der Politik zu verteidigen. Weil sie nicht nur Arbeitgeber sind, sondern auch noch besondere Arbeitgeber. Solche die einen Arbeitsbereich vertreten, in dem es um ethische Werte geht, ohne die eine Gesellschaft als Demokratie nicht existieren kann. Das ist nicht unter der Gürtellinie, sondern eine ganz klare Position. Früher hat man für Forderungen, die nicht mehr aufschiebbar waren Flugblätter verfasst und verteilt, die Dringlichkeit der Forderungen hat sie so übersichtlich gemacht. Und auch allgemein verständlich. Wenn Sie mir Ihren Fahrplan vorab auf ein Blatt schreiben können und eine Seite Tabellenanalyse hinzufügen, werde ich mit Freuden auch Ihr Buch als Erörterung dazu lesen. Möglicherweise schneller und gleichzeitig gründlicher als Sie es sich vorstellen können. Irgendwer wird es mir schon zukommen lassen. Auch werde ich meinen Kommentatorennamen ändern - der Einstieg über den ersten Assessment-Kommentar hatte ihn zum Gebrauch angeregt, aber denken Sie bitte nicht, meine Einwände hier wären mir ein Fest fürs Leben, wir sind ja hier nicht im Assessment. Ich nehme Sie und alle anderen Kommentatoren hier sehr ernst. Und mir diesem Ernst wiederhole ich:
Die Politik kann schon seit längerem nicht sagen, dass es keine Analysen zur Theaterfinanzierung und den daraus erwachsenen Problemen von Theaterfachleuten erstellt gebe. Sie hätte längst sich diese Analysen dienstbar und für weitere Arbeits- und Finanzierungsentscheidungen passend erweitern und zurechtlegen können. Hoffen wir also, dass Ihr Buch jetzt der ultimative Weckruf für sie sein wird, sich im Deutschen Bühnenverein die Leute das gegenseitig aus der Hand reißen werden und dass so richtig wütende Schauspieler*innen, die von der nächsten Sparten- oder Hausschließung bedroht sind, damit nach den Köpfen der Politiker in ihren Kommunalparlamenten werfen, wenn lustiges Basteln von youtube-Videos für sie nicht mehr hilft...
Debatte um Intendantenmodell: nicht von ungefähr
Stephanie Gräve: Die Kunst der "normalen" Künstler, die sich also mit den Gegebenheiten arrangieren muss nicht per se schlechter sein. In einem Punkt wird sie es nun aber einmal sein: Sie wird nicht so nachhaltig wirken in die Zeit und den Raum jenseits des Theaters und der Vorstellung, wie es die Kunst von "Groß"künstlern in den meisten Fällen ihrer Produktion tut. Es ist besser, das einzusehen, dass es auch unter Künstlern Unterschiede in der künstlerischen Potenz gibt. Sieht man es nicht ein, hat man schnell entweder ein Kunstverständnis, das ausschließlich große Kunst als Kunst akzeptiert - oder eines, das alle Kunst akzeptiert- außer große von lebenden Künstlern. Insofern ist Herrn Baucks zu danken für seine Anekdote, die er ja sicher nicht von ungefähr gewählt hat, er wird, wie wir alle, zig andere Theateranekdoten und Anekdötchen auf Lager haben. Schade, dass ich damals nicht am DT war; ich schätze, er hätte dann noch jemanden neben sich gehabt, der heimlich die Schleef-Probe aus dem Versteck beobachtet hätte- Neidneidneid:)
Debatte um Intendantenmodell: individuelle Prozesse
Danke, Madame, für Ihre Definition. Was mir an solchen Begriffen teamfähig, nicht teamfähig nicht gefällt, ist, dass sie Menschen mit individuell verlaufenden Denk- und Kommunikationsprozessen abstempeln. Zu sagen, jemand sei nicht teamfähig bedeutet für ihn emotional: du bist nicht gesellschaftsfähig. Warum und WIE genau hört einer, der aber gute Einzelergebnisse vorlegen kann, schlecht zu? Ist er vielleicht schneller oder komplexer verstehend als andere? Ist er deshalb nicht teamfähig? Kann er prinzipiell nicht seine Gedanken im Dialog entwickeln? Oder nur in bestimmten Situationen nicht? Vielleicht hört er nicht gut zu, weil man ihn nie ausreden lässt? Vielleicht hört er sehr viel besser zu als andere zunächst vermuten?
Gemeinsam gefasste Beschlüsse unterlaufen, würde ich schon eher als eindeutig nicht teamgeeignet einordnen. Wenn aber gefasste Beschlüsse deutlich spürbar nicht zu dem gewünschten und gemeinsam ins Auge gefassten Ziel führen, muss jemand auch die Beschlüsse noch einmal anzweifeln dürfen, modifizieren wollen. Wenn es jemand ist, dem man nicht zuhört, weil man sich keine Zeit dafür nimmt oder ihm keine gelegenheit dafür einräumen will, ist nicht unbedingt er, sondern das Team team-unfähig...
Will sagen: ehrlich gesagt, glaube ich, dass es überall den Kasper, den Querulanten, den Mustopfbewohner, den Nerd (immer weiblich oder männlich, ja, als Typus des Menschlichen), den Pessimisten und den Zwangsoptimisten, den immer im Weg stehenden Schwätzer und den schweigenden Wegschaffer gibt - und dass die wundervoll zusammenarbeiten können, weil die sogar einander brauchen. Und dass jeder auch mal die Rolle des anderen in einem Team übernimmt, das sind ganz automatisch ablaufende kommunikative Vorgänge - Ich würde gern den Begriff "teamunfähig" aus der Personalpolitik verbannen. Für Theaterleute sollte er eigentlich auch nicht existieren, weil das Schauspiel vom personellen Agieren und Reagieren lebt. Natürlich ist es schwer, einen Schlechtzuhörer als ebenso wertvolles Teammitglied wie jedes andere den andern zu vermitteln und diese auch für ihn zu öffnen. Dazu gehört eine hohe Motivation in Richtung Ergebnis. Es ist aber eine lohnende Aufgabe und beglückend, wenn es gelingt.
Debatte um Intendantenmodell: 3 Fragen
#62: Ja. Auf zwei Seiten. - Und das rücken Sie jetzt erst raus, Sie Turnbeutelvergesser Sie? - Unverschämtheit! -

Drei Fragen:
1. Wer sollte die Theater-Stiftung stiften?
2. Wären auch andere Kassen als KSK denkbar?
3. Was ist, wenn ein Künstler eine Idee hat, die nur produktionsübergreifend realisiert werden könnte und konkret damit etwas tun wollen würde, was inszenatorisch bisher noch nie gemacht worden ist im Theater?

Ansonsten: Freiwillige Häuser vor.
Debatte Intendantenmodell: mitträumen
#67 Bin ich absolut einverstanden. Ich hatte viele dieser beglückenden Erlebnisse, mehr als nicht, und innerhalb verschiedenster Kontexte und Strukturen, aber vielleicht bin ich da ein Glückspilz. Ich glaube bloss nicht daran, dass mit der Abschaffung der IntendantInnen automatisch alles besser wird. Gerade in grösseren Betrieben halte ich diesen Job auch für eine ziemliche Arschkarte, selbst wenn sie gut bezahlt wird, und ich bin ehrlich gesagt froh, wenn sich das jemand antut, sofern diese Person ihre Verantwortung wahrnimmt und trotzdem offen bleibt für das Risiko (was natürlich bedeutet, dass auch immer wieder mal etwas schiefgehen kann). Ich persönlich möchte diese Verantwortung gar nicht, oder nur in einem Team das sich organisch zusammenfindet. Ausgangspunkt meiner Beiträge war, dass mir als Team- und Nicht-Team-geprüfte Mitarbeiterin einiges nicht zu Ende gedacht erschien. Ich halte die Diskussion über Veränderungen der Strukturen auch für dringend und ich fände es grossartig eine gemeinsame Kraft zu entwickeln, die sich nicht in Grabenkämpfen erschöpft, sondern die Position der Kunst in der Gesellschaft stärkt. Insofern träume ich absolut mit.
Debatte Intendantenmodell: Widerspruch
Lieber Martin Baucks,
nein, ich weiche Ihrer Frage nicht aus, ich verstehe sie nicht. Vermutlich, weil ich kein "Anforderungsprofil" für Künstler habe, außer, dass sie Kunst machen sollen, und das möglichst gut. Und natürlich gibt es bessere und schlechtere, @onlinesymposium, aber ich würde sie nicht kategorisch in zwei Gruppen einteilen, wie Sie, Martin Baucks in 56, wenn Sie sich auch nicht erinnern.
Ich verstehe aber auch Ihren Künstlerbegriff nicht; mir scheint, Sie meinen nur Regisseure, wenn Sie sagen, dass für die Künstler egal ist, wie die Leitung strukturiert ist?! Schon das teile ich nicht, aber für das Ensemble, gilt das überhaupt nicht. Und das sind doch auch Künstler und für mich der Kern des Hauses. Darum überzeugt mich auch Ihr Modell nicht, ich glaube an das Ensemble, an gemeinsame Entwicklung, Kontinuität und Identifikation. Ich hätte noch ein paar andere Einwände, wie die permanente Abhängigkeit der Kunst von irgendwelchen städtischen Gremien, die prekäre Lebenssituation der Künstler... Sie schreiben zwar, dass alle Verträge für mindestens ein Jahr abgeschlossen werden - aber das geht nicht wirklich zusammen mit dem Grundkonzept, dass man sich um einzelne Produktionen bewirbt und die jeweiligen Teams dafür zusammen stellt.
Debatte Intendantenmodell: selbst überlassen
Liebes OnlineSymposium,

jede Stadt oder Kommune kann über einen rechtskräftigen Verein eine Stiftung gründen in die sie einzahlt. Städte wie beispielsweise Lübeck oder Bielefeld haben bereits Theaterstiftungen. Natürlich bleibt es jedem Freiberufler selbst überlassen bei welcher Kasse er sich wie versichert. Und mit einem eigenen Budget kann jede/r KünstlerIn spartenübergreifend Schauspieler, Tänzer oder auch Musiker engagieren. Ein Orchester wird man in einem solchen Modell wohl schwerlich finanzieren können. Ein kleines vielleicht. Deshalb beschreibt dieses Pilotprojekt auch lediglich eine Reform für Schauspielhäuser.
Debatte Intendantenmodell: Glaube ans Ensemble
Dass Sie einem Modell nicht entsprechen wollen, in dem ihre Position so gar nicht mehr vor kommt, versteht sich von selbst Frau Gräve. Woran Sie glauben und was Ihnen so oder so erscheint, ist zunächst einmal nicht so relevant. Und natürlich spreche, wenn ich von Künstlern und Innen rede auch von Schauspielern.

Ihr glaube an das Ensemble in Ehren, aber was soll das in Wuppertal, dort sind noch acht Schauspieler im Gegensatz zu fast dreißig in den Neunzigern, oder in Hildesheim, dort gibt es noch zwölf Schauspieler, sein?

Sehen Sie nicht, dass dies nur noch Rumpfensemble sind!?

Wenn in meinem Modell acht Positionen ausgeschrieben werden, an denen im Schnitt sechs Schauspieler teilnehmen, dann werden 48zig Schauspieler in einer Stadt beschäftigt. Geht man davon aus, dass alle Schauspieler in zwei Produktionen spielen, sind es immer noch 24zig Schauspieler in Arbeit. Zweimal mehr wie in Hildesheim und sogar dreimal so viele wie in Wuppertal.

Da sehe ich eine neue Gerechtigkeit für Künstler. Acht Schauspieler können doch in Wuppertal nicht einen ganzen Berufsstand repräsentieren!

Und zudem, wieso sollte in einem solchen Modell keine gemeinsame Entwicklung, Kontinuität und Identifikation entstehen? Dafür gibt es keinen Grund, der seine Ursache in dem Modell hätte. Das liegt eben sehr an den Künstlern selber. Zur Identifikation mit einer Produktion und einem Haus braucht man keine traditionelle Intendanz. Das geht auch anders.

Zudem könnte in in einem solchen Modell nie mehr eine solche Machtfülle entstehen, wie wir sie gerade an der Volksbühne erleben, wo dem Nachfolger nur Zugang zum Haus über den jetzigen Anwalt von Frank Castorf gewährt wird und das auch nur selten. Wo ein Haus am letzten Amtstag besenrein übergeben wird und es dem Nachfolger unmöglich gemacht wird auch nur eine alte Produktion in seinen Spielplan zu übernehmen.

Es käme erst gar nicht zu solchen Brüchen und einige Künstler würden nach einem Wechsel im Entscheidungsgremium oder der Stiftung einfach weiter dort produzieren können. So wäre eine fließende Kontinuität mit Wechseln ständig gewährleistet.

Und was Sie so leichtfertig Identifikation nennen, ist heute zum großen teil einfach nur noch Abhängigkeit.

Das Sie meine Frage nicht verstehen wollen, tut mir nicht weh. Das ist ihre Sache.

Das Sie vorgeben kein Anforderungsprofil an Künstler zu haben, ist unglaubwürdig. Zumindestens muss er doch die Parameter, die der Betrieb vorgibt, bedienen können, egal ob als Schauspieler oder Regisseur und er hat keine Möglichkeit diese Parameter selber zu bestimmen.
Debatte Intendantenmodell: gefährlich
62
Das ist ein total gefährliches Modell. Es gibt den Städten und der Politik direkte Kontrolle über die Kunst. Die Errungenschaft des Stadttheaters mt festgelegter und längerer Subventionierung ist die relative Freiheit der Kunst von politischer Einflußnahme. Sie fordern widerständige Kunst, Herr Baucks. Glauben Sie im Ernst die städtischen Entscheider werden am liebsten widerständige Projekte fördern? Die freie Szene klagt mit gutem Recht, dass sie zu wenig regelmäßige Förderung bekommt und abhängig von den Moden der Förderrichtlinien ist. Sie wollen das auf die Stadttheater ausweiten. Das ist ein Modell für Stadtkämmerer, die werden das ganz bestimmt gern durchrechnen. Dann werden sie die Gewichtung ein bisschen verschieben zu den eingekauften Produktionen die sie auch vorschlagen und haben ein günstiges Bespielhaus mit zwei oder drei Eigenproduktionen als Feigenblatt. Das Tourneetheater Landgraf kann sich freuen.
Debatte Intendantenmodell: gefährlich II
62
die Arbeitsbedingungen für die Künstler, die verbessert werden sollen, werden viel viel schlechter in dem Modell, kommt dazu. Die Verhältnisse sind unsicherer und die Abhängigkeit ist größer. Man ist nur nicht mehr vom Intendant abhängig, sondern von den einzelnen Regisseuren. Es wird auch niemand für circa drei Monate Arbeit (Proben und ensuite spielen) ein Jahresgehalt bekommen. Praktisch ist eine Menge unklar, zum Beispile sagen sie: für die Dauer der Produktion leitet die Produktion das Haus. Welche denn, die die probt oder die die spielt? Mir fallen noch mehr praktische Einwände ein, ist aber nicht so wichtig. Ein Modell, das das Ensemble auflöst und die Kunst unter direkte politische Kontrolle stellt muss ich nicht prüfen. Ich habe aber Angst, dass es bei Politikern Interesse findet, weil sie damit die Theater billiger und stromlinienförmig machen können
Debatte Intendantenmodell: wer wie unter Druck setzbar
Lieber Alexander,
wie kommen Sie nur auf die Idee, dass man einen Stiftungsrat und ein alternierendes Entscheidungsgremium leichter durch die Politik kontrollieren könnte, als eine traditionelle Intendanz.
Das ist leider Unfug. Das Gegenteil ist der Fall. Man kann als Stadtrat vielleichter einen einzelnen Intendanten politisch unter Druck setzen, als ein in seiner Entscheidung unabhängiges Geflecht aus Stiftung und Gremium.
Debatte Intendantenmodell: Zwänge des Betriebs
Und zudem, lieber Alexander, das Berufsbild Schauspieler hat sich, wie hier schon mehrfach dargestellt wurde, stark verändert. Viele gute Schauspieler wollen gar nicht mehr in ein festes Engagement. Oder glauben sie, es wäre ein Zuckerschlecken, jetzt, mit nur noch der Hälfte oder einem Drittel der Schauspieler noch mehr Premieren zu stemmen, bei einer häufig prekären Bezahlung, noch eine vierte, fünfte Rolle annehmen zu müssen, weil es die Leitung und der Spielplan so will?!

In meinem Model kann sie niemand einfach mehr besetzen, weil die Zwänge des Betriebes es so wollen und der Lappen hoch gehen muss. Sie entscheiden selber wie viele und in welcher Produktion, unter welchen Bedingungen sie eine Rolle annehmen wollen.
Debatte Intendantenmodell: in jedem Fall
#74: Ich habe Angst, dass ständig irgendwelche immer umfangreicheren überprüfbaren Sachen herausgebracht werden, die gar nicht geprüft und ausprobiert werden - schon wegen des Umfanges - und dann relativ rasant alles auch immer noch schlechter wird. Wenn die Politker etwas abschaffen wollen, schaffen die das nämlich in JEDEM Fall. Am liebsten wäre es ihnen natürlich, wenn die Theaterleute auch noch selbst schuld daran sein sollen, weil sie keine Vorschläge gemacht haben.

#69: Hört sich gut an. Könnten wir uns schon mal unbekannterweise gemeinsam um ein Haus bewerben, noch zwei Leute dazu und wir wären als ein Intendant komplett angebotsfähig.

#70: Auch ich, Frau Gräve, bevorzuge relativ umfangreiche Kernensembles, und zwar konkret durch alle Altersgruppen von 18 bis Ultimo. Und zwar, weil für mich Schauspieler nicht "auch" Künstler sind. Für mich besteht der Kern des Theaters aus ganz genau zwei Dingen: Aus Schauspielern und aus Texten. Und sonst aus gar nichts.
Auch ich halte das Bauckssche Modell für nicht umsetzbar, aber als Modell tauglich um einen Modellversuch damit zu starten. Es könnte zu neuen, brauchbareren Strukturen innerhalb der Freien Szene führen.
Für gefährlich halte ich einen Modellversuch nicht. Ich halte ihn nicht für gefährlicher für das mimetische Theater und das Stadttheatersystem, als immer neuere und dickere Publikationen, die nichts bewirken und immer neuere und dickere Texte, die keine privaten Handlungsimpulse bei Schauspielern auslösen. Ich stelle mir das vor wie folgt:

*71
Herr Baucks geht mit seinem 62er Flugblatt zu Frau Grütters und sagt, er brauche mal eben 20 T€ und die von der Unverschämtheit verdatterte Frau Grütters greift in die Portokasse (ich weiß, dass in Ministerien für sofortigen Handlungsbedarf solche sogenannten Kassen existieren). Dann nimmt er die Kohle und marschiert damit zur TU und zwar zum Lehrstuhlinhaber für Informatik oder wahlweise etwa zur HU zum Projekt Humanonotgenetik, das sich irgendwo zwischen den Sportwissenschaften oder jedenfalls an der Philosophischen Fakultät versteckt als ehemaliges Institut für Interdisziplinäre Wissenschaftsphilosophie und Humanontogenetik versteckt und Interdisziplinarität zu organisieren weiß, ohne gleich ein fachlich unterbeschäftigtes Institut zu bilden, das nicht einmal seine Website pflegen kann, aber Kohle für eine stattliche Anzahl von Wissenschaftlern abgreift und sich dabei tapfer einreden, dass ihr Projekt exzellent sei, weil es bei ihrem Projekt um Forschung nach formatierter Darstellbarkeit von interdisziplinären Prozessen geht... (das machen wir doch hier auf nk schon ganz gut, warum kriegen wir dann nicht die Kohle?)
Debatte Intendantenmodell: makroökonomisch gesehen
Weshalb hangelt sich die Diskussion so sehr entlang einer betriebswirtschaftlichen Binnenperspektive?
Volkswirtschaftlich gesehen könnte die Rede auch kommen auf Begriffe wie Austerity oder Kreativität, Governance oder Stakeholder.
Angenommen Trump macht ernst mit dem Abbau des Außenhandelsdefizit mit Deutschland (60Mrd)link: https://makroskop.eu/2017/01/deutschland-droht-ein-waehrungskrieg/
welche Waren würden eingelassen? Die waren der KKI? - Theater ist einer ihrer 11 Teilmärkte!
Das ist ein Sachverhalt, der makrostrukturell zu betrachen interessant wäre, oder?
Debatte Intendantenmodell: Laborbedingung
(...)
Schaun Sie, Alexander, es gäbe auch die Möglichkeit, unter bestimmten einzurichtenden Voraussetzungen, bessere Möglichkeiten einer Umwelt und Menschen schonenden Atomendlagerung in Computersimulationen darzustellen. Das ist ja nun auch so ein Gebiet, wo wir nicht frohen Herzens ohne Rücksicht auf Menschenleben einfach Laborbedingungen schaffen können... Diese Möglichkeit gibt es, wie ich hörte - ich will nicht übertreiben - seit ungefähr 20 Jahren. Da haben auch immer irgendwelche Leute Angst, was bei diesen Simulationen herauskommen könnte, weshalb ersteinmal gar nicht so richtig daran gearbeitet wird, bessere Voraussetzungen für die Möglichkeit der Computersimulation einer möglicherweise schonenderen Endlagerung einzurichten... Immer wenn gerade eine Partei dafür ist und das eventuell ankurbeln möchte, ist huups, schon wieder Wahl gewesen und allesalles anders - Ist das nicht toll?
Debatte Intendantenmodell: mäandern ums Modell
@Martin Baucks,
Es stimmt, ständige Brüche und Wechsel sind nicht gut für die Stadttheater sind, dem wirkt das Direktionsmodell, wie Schmidt es beschreibt, entgegen. Sie übertragen in Ihrem Modell letztlich wesentliche Funktionen eines Direktoriums an städtische Gremien, das Auswahlgremium, die Rumpfleitung, die die Planung macht etc. Das halte ich für bedenklich in Hinblick auf die Freiheit der Kunst. Ihr jüngster Post unterscheidet sich vom Originalentwurf, der betont, dass nicht permanent die gleichen Künstler produzieren; jetzt wünschen Sie Kontinuität und gemeinsame Entwicklung. Das ursprüngliche Modell scheint eine Art freies Produktionshaus, nur hat die künstlerische Leitung ein städtisches Gremium inne. Das zweite Modell klingt, als sei eine überschaubare Anzahl freier Teams phasenweise beschäftigt. Das könnte für finanziell klamme Städte eine Idee sein: Man löst die Struktur der Theater auf, bindet die Künstler weiterhin, indem man ihnen zwei Produktionen im Jahr garantiert, zwischendurch können sie andere Jobs machen. Und im Falle weiterer Kürzungen oder einer Schließung gäbe es keine Belastung durch Festverträge. Das ist sicher in Zeiten von Sparzwängen realistisch, aber in meinen Augen nicht wünschenswert.
Gerade sehe ich Ihre neuen Posts: Die Stadt muss das Gremium nicht unter Druck setzen, sie setzt es ja zusammen. Sie muss nur entsprechend auswählen. Natürlich setzt die Stadt auch Direktion/Intendant ein, nur greift sie idR nicht in die konkrete Planung ein, sie gibt mit Vertrag und Finanzierung auf mehrere Jahre eine gewisse Freiheit. Und: genau, die schlechten Arbeitsbedingungen in den Betrieben waren Ausgangspunkt dieser Debatte. Die wollen wir verbessern, aber sicher nicht, indem wir die Theater in dieser Form abschaffen - denn ich bin überzeugt, und die Situation im größeren Teil der Freien Szene beweist es auf traurige Weise, dass die Arbeitsbedingungen nur schlechter werden.
Debatte Intendantenmodell: Gremiumswahl
Ich bitte Sie Frau Gräve, können Sie denn nicht lesen:

"Die Zusammensetzung des Gremiums wird von der Stadt und der Theater-Stiftung vorgenommen und öffentlich begründet und muss durch den Stadtrat genehmigt werden."

Da ist nicht die Rede von einem städtischem Gremium, sondern die Rede von einem Gremium, das von zwei Parteien, der Stiftung und der Stadt ausgewählt wird und die Wahl muss öffentlich dargestellt werden. Säßen Sie in einem solchem Gremium, würden Sie dann anders agieren, als in einer Dramaturgie.

Die traditionelle Intendanz ist genauso anfällig für Einflussnahme.

Sie können ja das Modell gerne dahingehend korrigieren, dass Sie fordern, die Stiftung solle das Gremium im Alleingang bestimmen, wenn Sie es bei einer Stadt durchsetzen können, warum nicht.

Den Rest Ihrer Kritik könnte man unter "allgemeine, diffuse Sorgen" zusammenfassen, Ängste, wie sie immer auftauchen bei Änderungen.

Einen echten Reformwillen kann ich leider nicht ausmachen.

Sie wollen lediglich, in einer Situation, wo die meißten Ensemble halbiert wurden, die Leitungsebene noch breiter aufstellen.
Debatte Intendantenmodell: mit gutem Konzept vors Gremium
Außerdem verwechseln Sie etwas Frau Gräve, es können sehr wohl immer wieder die gleichen Künstler produzieren, wenn sie vom Gremium gewählt werden. Das Gremium wechselt jährlich, damit nicht die immer gleiche Intendanz über 25zig Jahre die immer selben Künstler aus Gewohnheit und falscher Loyalität wählt. Mit einem guten Konzept kann man sich auch mehrfach vor einem wechselnden Gremium behaupten. Während einige Künstler von einer endlosen Intendanz häufig geradezu chronisch übergangen werden.
Debatte Intendantenmodell: noch einmal
Zudem Frau Gräve, sie sorgen sich um die Freiheit der Kunst, wenn Künstler, ohne Aufsicht einer Intendanz, mit einem eigenen Budget frei arbeiten?!
Das ist redikular und paradox.
Debatte Intendantenmodell: übergreifende Idee
#71: meine Frage ging nicht nach einer spartenübergreifenden Idee, sondern einer Produktionen übergreifenden inszenatorischen Idee. - Und eine Bitte: vergraulen Sie Frau Gräve nicht, weil Sie sich so angegriffen fühlen von deren Ihre Modell-Idee ablehnenden Argumenten; ihre ruhige Art Für und Wider einzubringen tut dieser Debatte sehr gut.
Debatte Intendantenmodell: Reform mit wenigen Handgriffen
Ich freue mich, dass sich Stephanie Gräve wieder so aktiv einmischt und so viele spannende konzeptionelle Vorschläge macht, Schmidt ist hier auch zu nennen, dessen Buch wir in kleinen Portionen lesen und studieren. (...)
Mitnichten, Kollege Baucks, werden beim Direktorium mehr Ressourcn für die Leitung verbraucht. Ganz im Gegnteil: Der Intendant geht, die erste Leitungsebene wird gekappt, und zwischen 150 TEure und 300 TEuro werden frei, für die Aufbesserung der Gehälter. Wir glauben an dies Modell. Herr Baucks Vorschlag, wiederum, würde das komplette Stadttheatersystem kaputt machen. Das wollen wir nicht. Ensemble, Repertoire, Nähe zum Zuschauer, gerechtere Gagen und flachere Hierarchien. Mit wenigen Handgriffen wird eine Reform möglich.
Debatte Intendantenmodell: eingeschränkte Perspektive
Lieber Martin Baucks,
das Modell, dass Sie vorschlagen, entspricht weitgehend der von Matthias von Hartz propagierten Idee, ein Stadttheater in ein Produktionshaus umzuwandeln. Sie weisen weise darauf hin, dass das eine Möglichkeit für ein reines Schauspielhaus ist, eventuell lässt sich sogar auf diese Weise ermöglichen, einen zweite und dritte Sparte (Tanz / Kinder- u. Jugendtheater) regelmäßig an diesem Ort produzieren zu lassen und so das Angebot für das Publikum zu erweitern. Ich finde das weder blöd, noch unmöglich - vielleicht hätte mit der Umsetzung dieses Modells die Umwandlung von produzierenden Theatern in reine Bespieltheater verhindert werden können. Vielleicht gibt es Kommunen, die dieses Modell ausprobieren wollen...
Allerdings verschiebt ihr Vorschlag den Fokus dieser Diskussion von einer Reform des bestehenden Systems hin zu einer Revolution. Und zwar zu einer, an deren Ende mehrere 10.000de Theatermitarbeiter*innen ihren Job verlorenen haben - und schließlich von einer wenigstens temporären Beschäftigungssicherheit im Bereich des NV-Bühne und einer ziemlich großen Beschäftigungssicherheit im Bereich des TvÖD in die ständige Abhängigkeit von Gast- und Werkverträgen gezwungen werden. Abgesehen davon, dass es so etwas wie Vertrauensschutz gibt (übrigens auch ein fetter Hinderungsgrund für einen einheitlichen Tarifvertrag für alle Theatermitarbeiter*innen) – Ihre Ideen stehen absolut quer zu allen Forderungen des Ensemble-Netzwerks. Ihr Vorschlag mag für den einen oder anderen Ort bedenkenswert sein, aber er hat mit der Idee ein Leitungsmodell zu entwickeln, dass die Arbeitsbedingungen der jetzt und in Zukunft an Theatern abhängig beschäftigten Kolleg*innen nichts zu tun. Nebenbei würde er die Ungerechtigkeiten innerhalb der darstellenden Künste noch verschärfen, denn Ihr Modell ist für Musiktheater und Orchester, wie Sie selbst einräumen, eher ungeeignet.

Außerdem vergessen Sie, dass es zu einem schwerwiegenden Verlust an Fähigkeiten und Wissen innerhalb der Theater kommen kann/wird, wenn die Häuser ihre Werkstätten und Gewerke verlieren. Mir ist die eingeschränkte Perspektive von Regisseur*innen, Dramaturg*innen, Schauspieler*innen und auch Autor*innen extrem unverständlich, die ausblendet, dass ihnen nur durch die Arbeit der Kolleg*innen in den Abteilungen Möglichkeiten geboten werden, die sie sonst niemals hätten (oder die niemals finanzierbar wären). Es ist ein Gewinn für die Kunst, dass in Theatern Schuhmacher*innen, Gewandmeister*innen, Requisiteur*innen, Bühnenmaler*innen, Pyrothechniker*innen, Putzmacher*innen, Maskenbildner*innen, Schreiner*innen, Schlosser*innen, Requisiteur*innen, Beleuchter*innen, Tontechniker*innen, Bühnentechniker*innen etc. etc. etc. arbeiten. Sicherlich, die Arbeit innerhalb der Stadt/Staatstheater schränkt die "Kunst" ein, es müssen Abgabetermine eingehalten werden, es müssen/sollen Probenzeiten eingehalten werden, es müssen von Theater zu Theater unterschiedlichen Abläufe eingehalten werden, es müssen Kompromisse ausgehandelt werden ... aber im Gegenzug erhalten die Produktionsteams Gegenleistungen, die für einen freie Produktion nicht zu realisieren wären.

Und noch vier (unfaire?) Fragen. Lieber Herr Baucks, haben Sie schon einmal versucht eine Theaterproduktion zu kalkulieren? Im Stadttheater, in der freien Szene? Wissen Sie welche Tagessätze Veranstaltungstechniker aufrufen (müssen/können)? Und im Vergleich dazu Meister?
Debatte Intendantenmodell: mit dem Betrieb konfrontiert
Lieber Klaus M., ich habe an einem Dutzend verschiedener Theater gearbeitet, darunter sehr namhafte, und das in vier verschiedenen Funktionen als Regisseur, Dramaturg, Autor und künstlerischer Leiter. Allein in meinem Studium wurde ich von vier verschiedenen Intendanten unterrichtet, darunter Kurt Hübner. Ein Jahr lang unterrichtet mich wöchentlich der damalige technische Leiter des Essener Schauspiels in Bühnentechnik und Beleuchtung und alles was den Betrieb betrifft. Vom ersten Moment meines Regie- und Schaupielstudiums wurde ich mit dem Betrieb konfrontiert. Ja, ich kenne das deutsche Stadttheatersystem und ich habe auch schon einmal eine Produktion kalkuliert und vieles mehr. Das ließ sich bei so umfangreichen Tätigkeiten nicht vermeiden.

Und nein, es werden nicht zehntausende Arbeitsplätze verloren gehen, denn die Mitarbeiter der Gewerke werden weiterhin gebraucht, sie müssen sich nur den einzelnen Produktionen in einem anderen Verhältnis zuordnen.

Gar nichts wird zerstört. Es wird lediglich etwas Neues aufgebaut.

Ps.: Darüberhinaus habe ich am DT in Berlin in einem Leitungsdirektorium gearbeitet und kenne die Problematik solcher Konstelattionen. Sie kann heimtückisch sein, wie man Trier auch gerade erleben kann.
Debatte Intendantenmodell: Vorschläge wie 1918
Bis 1918 verpachteten viele Städte ihre Theaterbauten an Direktoren.
Die hatten Kautionen in Höhe mehrerer tausend Reichsmark zu hinterlegen.
Sie engagierten auf eigenes Risiko die künstlerischen Ensembles, teilten
sich den Gewinn, wenn es ihn denn gab, mit der Stadt. Diese kam zumeist für den Unterhalt des Theatergebäudes und für den Lohn der technischen Mitarbeiter auf. Gab es ein städtisches Orchester, spielte dieses in Opern- und Operettenaufführungen. Oft musste der Direktor das Orchester bezahlen, in Ausnahmefällen nicht. Eine Direktion konnte, wenn es die Stadtoberen wollten, bereits nach einem Jahr beendet werden und das mit allen Konsequenzen für alle Beteiligten. Verträge für Künstler wurden für acht, höchstens für zehn Monate geschlossen. Für die übrigen Zeit mussten sie sich Arbeit suchen (Sommertheater etc.). Warum ich daran erinnere? Es liegt wohl auf der Hand, wenn Vorschläge wie die von Herrn Baucks realisiert würden, es wieder zu vergleichbaren Zuständen wie in der "guten alten Zeit" käme. Auch frage ich, wie und von wem die Gremien demokratisch besetzt werden sollen, die über das Theater entscheiden. Durch Wahlen, durch Entscheide der Bürger der jeweiligen Stadt? Wir sollten uns hier besser auf realistische Vorschläge konzentrieren.
Debatte Intendantenmodell: Furcht vor Pilotprojekt
Lieber Exmecklenburger,

wir haben aber nicht 1918. Heute setzt man so ein Modell mit einem ganz anderen Wissen im Management um.

Und was haben sie gegen ein zwei Kammersystem zwischen einer Theaterstiftung und seinem auf vielleicht fünf Jahren gewähltem Stiftungsrat, die stabile Komponente in dem Modell, und einem jährlich gewähltem Gremium. Solche zwei Kammersysteme haben sich bei demokratischen Entscheidungsprozessen schon lange bewährt.

Die Bilder, die sie herauf beschwören, zeugen von den Ängsten eines starren Systems, dass schon seit Jahrzehnten keine praktische Forschung mehr betreibt.

Sie fürchten sich sogar vor der Beschreibung eines Pilotprojektes und seiner eventuellen Umsetzung in einer Stadt, die ja bei einem Modellversuch zeitlich begrenzt wäre.

So ein Pilotprojekt probiert man vier Jahre aus und dann wertet man es aus. Erst danach, mit der Erkenntnis der Praxis, setzt man es weiter um. So funktioniert das heute.

Da besteht keine Chance ins Jahr 1918 zurückzufallen. Solche Bilder sind reiner Defaitismus.
Debatte Intendantenmodell: Modell-Modell
#89 Nun hatten wir bis 1918 keine Demokratie. Wenn Sie ausgerechnet diesen Vergleich als Argument gegen Baucks Vorschlag eines immerhin: Modell-Modells! bemühen, scheinen Sie unsere Demokratie momentan als Monarchie im Endstadium zu empfinden. - Man muss das nicht ausprobieren, sondern kann das als Computersimulation auf ungefähr 4 Jahre erstellen, was einem Zeitraum eines laufendes Intendantenvertrages enstspräche. Und man kann das sehr wohl auf die Veränderung von Inhalten durch Administration hin untersuchen und nicht ausschließlich auf finanzielle Effizenz. DAFÜR bräuchte man freilich keine wissenschaftliche Ressourcen beanspruchende Untersuchung starten, denn das wissen alle hier mit dem Gepäck ihrer gesammelten Theatererfahrungen, dass das immer günstiger als Stadttheater wäre. Dieses Modell-Modell könnte zu mehr regulärer Sicherheit für Freie Szene beitragen, als das die momentanen Regularien tun.
Ich halte das Modell per se nicht für tauglich, Stadttheater in näherer oder fernerer Zulunft zu ersetzen aber für sehr tauglich, Freier Szene ein eigenständiges und flächendeckenderes Zuhause für ihre experimentellen Ästhetiken zu verschaffen. Eines, das WENIGER und nicht mehr von der Politik reglementiert werden kann. Möglicherweise wird unter solchen Arbeitsbedingungen die Freie Szene ästhetisch in fernerer Zukunft das Stadttheatersystem revolutionieren? Das wird sich weisen. Dazu müsste sie aber erst einmal gesicherter in neuen, sichereren und unter inhaltlich weniger politischer Einflussnahme arbeiten können. Hier, an dieser Stelle wird primär über das Intendantenmodell debattiert.
Es gibt hier - seit Jahren, eindeutige Ablehner.
Deren Hauptargument ist, dass die Vielfalt heutiger Aufgaben nicht von einem Hauptverantwortlichen geleistet werden kann.
Während die eindeutigen Befürworter ein auch weiteres bewährtes Gelingen sehen unter der Bedingung, dass ein Intendant sehr besondere Persönlichkeitsmerkmale aufweist zu denen etwa Doppelbegabung gehört.
ALLE Seiten sind sich aber einig, dass unter JEDER Intendanz nur dann Verbesserungen der derzeitigen Theaterarbeit erzielt werden können, wenn es bessere Tarife für Schauspieler gibt und eine Tarifgerechtigkeit zwischen Künstlern und technischem Theaterpersonal hergestellt wird.
Und zwar gesetzlich geregelt und ganzganz zeitnah.
Und hier ist eindeutig der Bund neben den Ländern und Kommunen als Arbeitgeber sowie der Erfüller und Umsetzer von Verfassungsrechten gefragt. Sowie der Bühnenverein als Vermittler.
Wenn wir uns weiter am Streit um das bevorzugte Intendantenmodell festbeißen, ist das, was ALLE als neue verbesserungswürdige Grundvoraussetzung erkannte und oft genug benannt haben, KEINEN Schritt vorangebracht.
Baucks Modell-Entwicklung hat mit dieser Primär-Debatte zu tun, ist also nicht fehl am Platze, aber es sollte Ihr paritätisch zur Intendantenmodell-Debatte ein gesonderter Platz eingeräumt werden, durch die Verquickung mit der Debatte um Intendanz ist sie relevant.
Debatte Intendantenmodell: Kunst der Gemeinschaft
Lieber Klaus M.
Sie haben absolut recht, und all die Abteilungen und Gewerke bringen nicht nur ihre konkrete Dienstleistung ein, sondern auch ihre Person, ihre Sicht auf die Arbeit, ihre persönliche Verankerung in der Stadt; natürlich diskutiert man nicht fortwährend mit dem Schreiner über den Spielplan, aber ich bin überzeugt, dass die enge Zusammenarbeit mit diesen Menschen einen Unterschied macht - wir sind ja auch überzeugt, dass das Publikum durch sein Dasein einen Unterschied für die Vorstellung macht; wie sollte es mit den Mitarbeitern im Arbeitsprozess anders sein! Dieses dauerhafte Miteinander von Künstlern und Nichtkünstlern ist etwas Schützenswertes, finde ich, und verwurzelt auch die Kunst noch einmal anders in der Gesellschaft. Und für mich ist Theater eine Kunst, die in Gemeinschaft und für eine Gemeinschaft ensteht, für die temporäre Gemeinschaft der Vorstellung, und, wenn es ums Stadttheater geht: für die Gemeinschaft der Stadt. Das interessiert mich übrigens auch an dem Modell von Schmidt: dass durch diese Form vom echtem Eingebundensein auch die Gräben zwischen "Kunst und dem Rest", die es an Stadttheatern ja durchaus gibt, zumindest mal ein bisschen aufgefüllt werden.
Debatte Intendantenmodell: Computer-Simulation
Baucks Modell scheint mir sehr gut geeignet, politische Einflussnahme auf Inhalte künstlerischer Arbeit zu minimieren. Dafür müssten eigentlich alle Theaterkünstler dankbar sein, gleich, ob Sie der Freien Szene oder dem Stadttheatersystem als Kunstschaffende zugehörig sind.
Ich würde nochmals vorschlagen, es an geeigneter Stelle als Computersimulation situativ, also unter den administrativen Bedingungen, die es vorschlägt, in Auftrag an die geeignete Wissenschaft zu geben, damit man zeitnah einen konkreten Beleg dafür hat, unter welchen konkreten administrativen Bedingungen sich Inhalte und Formen künstlerischer Arbeit eher fixieren oder eher freier entfalten.
DAS wäre die zentrale Fragestellung.
Nicht primär die der Einsparung. Die können wir alle hier schon durch Überschlagsrechnung im Kopf bestätigen. Es ist traurig und ein Armutszeugnis vor allem für unsere Landespolitik, aber auch für die Europapolitik, dass wir als Bühnenkünstler Angst haben müssen davor, dass diese zentrale Frage sobald man versucht, sie öffentlich zu stellen, sofort überlagert wird vom Primat der Fragestellung nach möglichem Kosteneinsparungspotenzial.

Ich wiederhole es gern: Die zentrale Fragestellung bei einer Untersuchung des Bauckschen Modells nach meinem Vorschlag wäre:
"Wird sich unter veränderter Administration bei gleichzeitiger Einsparung Theaterkunst eher formal wie inhaltlich notwendig ästhetisch reduzieren ODER eher ästhetisch vielfältiger werden?

Und wenn wir das mit Hilfe der angewandten Wissenschaft und einer Computersimulation seines Modell-Vorschlages in einem Jahr wüssten, hätten wir endlich ein Argument, das nicht wie in einen Haufen Sch-naSiewissenschon gegriffen ist.
Eines, das die Position der (Theater)Kunst gegenüber der Politik eindeutig stärkt und das nicht einfach ausgeblendet werden kann oder zu Gießkannenverteilung von Geldern führt, dahin, wo gerade am meisten hier geschrieen wird.
Und auch ein Argument, das bei einer nächsten Wahl von neu besetzten Ministern nicht wieder zur Infragestellung berechtigter Forderungen von Künstlern nach menschenwürdigen Lebens- und Arbeitsbedingungen führen kann.

An so einer - dann interdisziplinären - Arbeit sollte unbedingt ein profilierter aber noch nicht an das Stadttheater halb outgecorster Mitarbeiter der Freien Szene beteiligt sein. Und unbedingt jemand, der für das Stadttheater ohne jede Einschränkung brennt, auch wenn er persönlich gegen das alleinverantwortliche Intendantenmodell ist.
Neben beteiligten Informatikern könnten sie darüber wachen, dass während eines solchen Projektes die zentrale Fragestellung nicht aus dem Blick gerät und abdriftet in Kosten-Nutzenrechnung.
So etwas geben die Länder und Kommunen sicher genug in Auftrag und das genügt nicht. Es genügen auch nicht die klugen Bücher, und seien sie auch von Schmidt et al... Die bestgeplantesten Fahrpläne als Handlungsanleitung sind keine Argumente für die Stärkung von Kunst. Und daher in ihrer Wirksamkeit bis in die Staatspolitik hinein, sinnlos. Sie verpuffen als bloße Willensbekundungen, die jemand hören und im nächsten Moment ignorieren kann. Denn auch der gutwilligste und in Theater einsichtigste Politker benötigt bei den Verhandlungen um Etatverteilung ARGUMENTE. Nur was die Kunst innerhalb der Staatspolitik argumentativ stärkt, führt letztlich zu einer Stärkung und einem besseren Schutz der Künstler in einem Staat. Erst müssen die Argumente kommen und DANACH die Fahrpläne, wenn die Politik es wünscht. Uns geht es schlecht, wir fühlen uns ausgebeutet, wir können Familie und Beruf nicht mehr vereinbaren, wir werden krank unter diesen Verhältnissen... sind KEINE Argumente für die Kunst. Denn sie betreffen so ungefähr mittlerweile neunzig Prozent der Menschen im erwerbstätigen Alter in diesem Land. Auch Politiker...
Debatte Intendantenmodell: Vertrauensschutz
Lieber Klaus M.,
mich würde die Sache mit dem Vertrauensschutz noch sehr interessieren - bedeutet dieses Recht, auf unsere Thematik übertragen, dass man z.B. gar nicht sagen könnte: wir nehmen der Technik nun die TVÖD-Verträge weg und geben allen den NV-Bühne? (Nicht, dass ich das erstrebenswert finde, im Gegenteil, gestern beim Symposium hat Ludwig von Otting die Probleme dieses Tarifvertrags ziemlich eindrucksvoll dargelegt.
Müsste man dann also, um einheitliche Tarifverträge zu erreichen, die Künstler in den TVÖD nehmen?! Sicher nicht gut realisierbar... gäbe es denn der Vertrauensschutz her, einen dritten Weg für alle gemeinsam zu finden?
Debatte Intendantenmodell: ausgezeichnete Frage
#93: Ausgezeichnete Frage - hoffentlich weiß Klaus M. darauf, wie so oft hier in rechtlichen und tarifstrukturellen Fragen, eine gute, anregende Antwort...
Debatte Intendantenmodell: Geht das?
@OnlineSymposium
Sorry, ich bin weder wissenschaftlich ausgebildet (mein Studium der Theaterwissenschaft in den frühen 90ern zählt nicht) noch sehr computeraffin, darum weiß ich nicht, was zu Ihrem Simulationsvorschlag sagen - klingt verlockend, aber geht das? Kann so eine Simulation nicht nur Zahlen ausspucken? oder kann man dem Computer tatsächlich eine Beurteilung ästhetischer Vielfalt beibringen?
Debatte Intendantenmodell: Gewerke
Liebe Stephanie Gräve,

wer sagt denn, dass die Gewerke zwingend aufgegeben werden müssen? Wenn eine Stadt sich den Erhalt der Gewerke leisten kann und möchte, soll sie das bitte tun. Eine Kombination von produktionseignen Handwerkern und Technikern mit den festen Gewerken im Haus ist ebenso denkbar.

Nur ist es so, dass die Gewerke schon seit langer Zeit mit ihren Zwängen einen viel zu großen Einfluss auf künstlerische Entscheidungen im Betrieb nehmen, in dem sie Produktionsabläufe normativ reglementieren.

Zudem nehmen die immer gleichen Handwerker auch ästhetisch Einfluss, in dem sie handwerkliche Normen setzen, die man sogar an Ersan Mondtags Arbeiten noch ablesen kann.

Auch in den Gewerken muss es im Sinne der Kunst Wechsel und Wandel geben können. Immerhin geht es um die Produktion von Unikaten und die erfordern immer wieder die Gestaltung neuer Produktionswege, die vom herkömmliche System schon lange nicht mehr geleistet werden können. Sie haben es selber beschrieben. Produktionsabläufe die nicht in die Schemata passen sind nicht mehr disponierbar.

Außerdem, auch wenn man natürlich leicht Einsparungspotential in meinem Model erkennen kann, ein Sparmodell wollte ich trotzdem nicht vorstellen.

Ein Blick in die Realität tut immer gut. Schauen wir noch einmal nach Wuppertal. Dort werden für acht oder neun Schauspieler, eben so viele Mitarbeiter bestellt, um diese zu leiten und ihre Abläufe zu organisieren. Dort wird im kleinen das alte System simuliert mit KBB und Chefdisponenten und so weiter. Acht Schauspieler brauchen ein Team aus weiteren acht Menschen, die sie betreuen? Reichen nicht vier?

Dort wollte man nicht einmal aus der härtesten Krise lernen und klammert sich fest an die alte Struktur. Bedauerlich.

Und wenn die Intendantin zu den „Buddenbrooks“ ruft werden einfach drei, vier Gäste hinzu engagiert. Und was mit den Schauspielern danach geschieht interessiert wieder nicht. Selbst nach einer umfassenden Krise hält man stur an einem ungerechten System fest.

Und, lieber Klaus M., ich glaube sehr wohl, dass man aus dem Modell, nach eingehender Simulation am Computer und Test in der Praxis, Erkenntnisse für ein neues Stadttheatermodell gewinnen kann. Aber da sind wir uns ja scheinbar in dem Punkt einig.
Debatte Intendantenmodell: Ja, das geht.
Ja, Frau Gräve, das geht!
Debatte Intendantenmodell: wann die beste Arbeit entsteht
Hey Martin Baucks,

Sie und das Theater, das ist eine Beziehung, die quasi symbiotisch funktioniert. Mit der Muttermilch aufgesogen und so. Stallgeruch. Das ganze Programm.

Man spürt das in jeder Sekunde, in der Sie über Theater sprechen. Beispielsweise in Aussagen wie dieser, getätigt in Ihrem Dialog mit Frau Gräve (denn es will mir nicht mehr gelingen, es als mehr zu sehen, als um eine persönliche Abrechnung) hier in diesem Selbstdarstellungsportal:

"(...) die bestehende Verwaltung und Technik wird aufgelöst, sowie auch die gesamte künstlerische Leitung und ihre Dramaturgie(...) feste Ensemble werden aufgelöst und durch die jeweiligen Besetzungen der einzelnen Produktionen ersetzt(...) Ihre Kritik könnte man unter "allgemeine, diffuse Sorgen" zusammenfassen, Ängste, wie sie immer auftauchen bei Änderungen.
Einen echten Reformwillen kann ich leider nicht ausmachen..."

Mensch, Martin Baucks. Wie spielerisch leicht Sie das machen: uns an unsere Ängste erinnern, die natürlich alle nur total diffus sind. Sind wir nicht alle nur Angsthasen? Angsthasen denen direkt nach der Schule eingetrichtert wurde, eine Familie zu gründen sei gut. Ein (zumindest minimale) Sicherheit sei gut. Aber, Martin Baucks, natürlich ist es viel besser, sich jedes Jahr ein Neues Theater zu suchen und entweder eine Familie zu finden, die einmal im Jahr mitziehen will und die Schule und den Arbeitsplatz (auch den des Partners) wechseln möchte, weil es sonst auch viel zu langweilig wird, oder man schickt den Künstler ein Jahr weg, weil er sonst nur rumnervt.
Und wenn man ehrlich ist, wäre es eigentlich super, wenn die Familie zerbricht! Denn aus den privaten Spannungen und dem privaten Scheitern der Künstler kann man natürlich maximales, künstlerisches Potential schöpfen mit dem sehnlichsten Wunsch, es möge eine möglichst künstlerisch hochwertige Arbeit ergeben?
Denn die beste Kunst entsteht natürlich, wenn es dem Künstler schlecht geht, das weiß doch jeder.
Das wäre quasi ein Gewinn für alle Beteiligten - das Theater wird billiger und die Kunst wird besser.
Wär' das geil."

Und auch bei mir ist es so, wenn ich ehrlich bin. Nach meinem ersten Festengagement war zumindest mein erster Gedanke: "Ok, cool. Super Kollegen und Regisseure, mit denen ich jetzt eine Zeit lang zusammenarbeite. Aber diese verdammte Sicherheit für die nächsten paar Jahre - das ist schon ein bisschen schade."

Danke, Martin Baucks, dass Sie mich mit Ihrer Aussage an den Ursprung meiner Liebe zum Theater erinnert haben.

Und auch sonst wissen Sie was dem Theater gut tut - und was eben nicht.

Sie haben mich überzeugt! Ich als Schauspieler finde es absolut erstrebenswert, mit all den anderen Künstlern dem Geld hinterherzurennen und von einem Verein - äh - Theater zum nächsten zu ziehen. Aber die Gefahr besteht natürlich, dass die Zuschauer schnell spüren, ob jemand mit Liebe dabei ist.

Aber die Menschen sind natürlich austauschbar, da haben Sie vollkommen recht. Das ist sogar so überzeugend, dass ich, ergriffen von diesen klugen Worten, gerne bereit bin, zu übersehen, dass Sie diesem (...) Gremiums, dessen Zusammensetzung von der Stadt und der Theater-Stiftung vorgenommen und öffentlich begründet und durch den Stadtrat genehmigt werden muss(...) wohl selber angehören möchten.
Sie sind ein Schlingel, Martin Baucks. Oder wie Sie von sich selber sagen:

"(...)Können Sie mal jemanden bestellen, der wirklich Reformen durchführen möchte und sie an der Volksbühne an die Tür nagelt. Und ihn oder sie hier schreiben lassen!!!(...)"

Nun gut.

Also: Ich finde es spitze, dass wir Sie haben. Orientierung tut in diesen Zeiten nämlich dringend not.

Das ist so schön. Danke. Haunse rein,

Ihr Rainer
Debatte Intendantenmodell: Problem muss gelöst werden
Lieber Martin Baucks, wir sind uns wahrscheinlich in vielen Punkten einig, und ich habe ja auch bereits gesagt, dass ich Ihr Modell für ein mögliches Modell halte. Aber Ihre negative Sicht auf die Gewerke teile ich nicht und für mich umfasst das Ensemble eines Theaters nicht nur die Darsteller*innen, sondern alle künstlerisch Beschäftigten. Ich stehe sehr auf der Seite von Frau Gräves Theaterdefinition in #91: "Kunst, die in Gemeinschaft und für eine Gemeinschaft entsteht". Aber wir müssen uns ja auch nicht in allen Punkten einig sein.
Den Simulationsvorschlag finde ich jedenfalls sehr interessant, wer kann sowas?

Zum Vertrauensschutz und zum Tarifrecht allgemein...
Wir haben das doch beim Übergang des BTT in den NV-Bühne und beim Übergang vom BAT in den TVöD erlebt. Es waren nicht alle Regelungen der alten Tarifverträge sofort zu ändern, sondern es mussten Überleitungsregeln für die Beschäftigten eingeführt werden. Denn eine beliebige Schlechterstellung war auch durch Änderung des Tarifvertrags nicht machbar. Für Neueinstellungen galt dann nur der jeweils zuständige neue Tarifvertrag. Eine solche Umstellung braucht viel Zeit, und nicht alle Effekte, die man sich verspricht treten sofort ein.
Auch wenn ein Theater aus den Arbeitgeberverbänden austräte, die Tarifverträge würden nicht sofort enden, sondern in der Version des Austritts statisch weiter gelten (Nachwirkung), bis neue abgeschlossen sind - bzw. einzelvertragliche Regelungen mit allen Mitarbeiter*innen geschlossen sind (was meines Wissens nur über Änderungskündigungen möglich ist).
Zudem gibt es natürlich die Schwierigkeit, dass Einwirkungen von außen (Politik, Gesetzgeber, Interessensgruppen) auf die Tarifparteien weitgehend ausgeschlossen sind. Also, egal wie gut unsere Vorschläge sind, die Gewerkschaften oder die AG-Vertreter*innen müssten sie sich zu Eigen machen.
Dann haben wir noch das Problem der unterschiedlichen Gewerkschaften ... neben GDBA noch DOV, VdO und ver.di ... die vier haben die Beschäftigten "unter sich aufgeteilt" einen einheitlichen Bühnentarifvertrag müssten alle vier Gewerkschaften abschließen ...

Jendenfalls, das Problem der Tarifverträge muss gelöst werden. Allerdings fällt mir keine andere praktikable Lösung ein, als die GDBA zu stärken (durch massiven Eintritt und dann Druck auf die Funktionär*innen) und endlich vernünftige Bezüge (mindestens vergleichbar mit den Regelungen für die Opernchöre) und eine vernünftige Begrenzung der individuellen Arbeitszeit für alle Solist*innen als Forderung in der nächsten Tarifrunde. Und vielleicht braucht es dann dafür einen Streik...

Die mir sympathischere Variante, das Ensemble-Netzwerk zu einer Gewerkschaft aufbauen, die auch für die Mitglieder der Gewerke offen ist, und dann anstreben die Mehrheitsgewerkschaft für die beteiligten Berufsgruppen zu werden, ist wahrscheinlich unrealistischer und dauerte länger.
Debatte Intendantenmodell: verblüffende Eintracht
... lustige Diskussion plötzlich in Deutschland... selbst der ewige Fackelträger aufklärerischer Rationalität auf Nachtkritik, der Denis Scheck der Theaterthreads namens Martin Baucks (wahrscheinlich eh ein Pseudonym) erhitzt sich auf einmal und verbeisst sich in jemanden, die sich Frau Gräve nennt... beide sind in inniger Liebe jemandem verbunden, der sich mit Pseudo Thomas Schmidt nennt und der (oder die?) einen der ältesten tricks der Menschheit anwendet, nämlich höchstselbst passgerecht ein Problem zu formulieren, das er (oder sie) anschliessend souverän löst. Und wie sieht die Lösung bei allen dreien in verblüffender Eintracht aus? Gremien, Fachleute, Kuratoren. Naturgemäss unabhängige. Die kosten wahrscheinlich auch nix. Und nehmen keinem Künstler was weg. So wie in den bildenden Künsten auch, wo man sich ja schon seit langen Jahren über den Machtzuwachs der Kuratoren freut. Der so radikale Reformvorschlag von Frau Baucks lässt mich samt der folgenden Reaktionen übrigens halbwegs perplex: La Baucks beschreibt ziemlich genau das seit Jahrzehnten in Frankreich mit schwersten Problemen aufrechterhaltene System... Schon mal was von den Streiks wegen Intermittence in Avignon etc. gehört? Wer braucht dafür eine Computersimulation? Ja klar ginge das, Herr Gräve-Baucks und Frau Schmidt! Und das kriegt ihr mit dem entsprechenden Jargon auch bei allen PolitikerInnen durchfinanziert. Weil die sich genauso in die Hosen resp. Röcke scheissen wie ihr euch auch. Und im Zweifelsfall lieber Geld in die diskursive Absicherung stecken als in einen ungewissen Aufbruch ins Ungewisse. Ach! So ein Pech aber auch. Jetzt haben wir endlich statt eines diktatorischen Intendanten eine unabhängige Stiftung und eine städtische Kontrollinstanz - da bleibt leider für die Künstler nicht mehr ganz so viel über. - Noch eins: eine Strukturdebatte war das lange nicht. Ob ein Intendant oder ein Direktorium macht strukturell keinen Unterschied. (Es sind übrigens gemeinhin die Politiker, die sich EINE/N VERANTWORTLICHE/N wünschen.) - seit Beitrag # 62 mb gibt es allerdings holla eine Strukturdebatte - also Maul auf, liebe deutschen Kollegen, verteidigt euer einzigartiges Theatersystem! Reiht euch nicht ein ins neoliberale Elend. Geht, um mit Heiner Müller zu sprechen, "schneller, ungestüm, als gelte es, eine unüberwindbare Mauer zu durchbrechen".
Debatte Intendantenmodell: alles mitgeteilt
Lieber Klaus M., ich habe das in einem unveröffentlichten Post hier weitergegeben, wer so etwas machen könnte mit der Simulation, und das reicht ja. Wenn das jemanden interessiert, müsste er also hier in der Redaktion nachfragen oder persönlichen Kontakt aufnehmen zu mir, wenn er mag oder selbst darüber nachdenken und andere Ansprechpartner als die von mir vorgeschlagenen finden.
Ich habe zum Inhalt, zur Form und zum Verlauf der Debatte sowie zu meinen Schlussfolgerungen für eine wirkliche, positiv spürbare Veränderungen bewirkende Handlungsfähigkeit die aus genau diesen Dingen resultiert, alles mitgeteilt. Da ist jetzt das Symposium für mich beendet und jeder weitere Kommentar meinerseits wäre Geschwätz. Danke allen, die mich haben dabei sein lassen in dieser online-Form.
Debatte Intendantenmodell: Antworten
Lieber Klaus. M,

ich habe eigentlich kein negatives Verhältnis zu den Gewerken. Ich finde nur grundsätzlich sollten sich die Gewerke in die von den Künstlern für die Produktion von Unikaten gefundenen Produktionsabläufe einfügen und nicht umgekehrt , so wie es meistens der Fall ist, dass sich die Künstler in die vorgegebenen Abläufe einpassen müssen. Wer dieses Problem nicht mehr erkennen will, ist wahrscheinlich betriebsblind . Von daher sind produktionseigene Techniker und Handwerker von enormen Vorteil.

Lieber Rainer auf ihren Zynismus, ihr sarkastisches Künstlerbild muss man nicht eingehen, wo der böse assoziale, sich herumtreibende Künstler ohne Kinder und Familie verhöhnt wird, damit müssen sie alleine fertig werden. Ich habe übrigens einen Sohn, der auch Filmregie studiert, und seit seinem sechsten Lebensjahr bei mir aufwuchs. Wir lieben uns und haben auch als Künstler ein sehr schönes Verhältnis zueinander.

Was die Sicherheit betrifft, in meinem Modell kann sich ebenso eine lange Zusammenarbeit entwickeln, wie an heutigen Stadttheatern auch. Dem steht vom Modell her nichts im Wege.
Debatte Intendantenmodell: Eindrücke vom AdK-Symposium am 22.1.17
Lieber Klaus M.,
die Debatte hat sich mittlerweile mit neuer Heftigkeit in den anderen Thread verlegt, ich wollte Ihnen aber noch für die Ausführungen danken und etwas vom Symposium am Sonntag in der AdK beisteuern - eine sehr gute Veranstaltung, es zeigte sich nur, dass es hier letztlich um mehrere Themenkomplexe geht, die jeweils gesondert ein Symposium gebrauchen könnten. So konnte über Thomas Schmidts Modell, das er eindrucksvoll vorgestellt hat, am Ende gar nicht mehr diskutiert werden. To be continued.
Ludwig von Otting fand sehr deutliche Worte für den NV Bühne: dass er nämlich alles nicht erfüllt, was ein Tarifvertrag eigentlich leisten sollte: Bezahlung, Arbeitszeit und Kündigungsschutz z.B. für Schwangere und werdende Mütter. Und mithin kein Tarifvertrag ist, sondern eine neoliberale Sauerei. Die Frage, ob es möglich ist, das Ensemble-Netzwerk in eine Gewerkschaft zu verwandeln, hat er auch kurz angesprochen: leider sehr aufwendig und langwierig. Es bleibt wohl nur, kollektiv die GDBA zu stürmen.
Was sich am Symposium auch zeigte: dass die Mitsprache- und Transparenzwünsche der Ensemble-Netzwerker weit weniger umfangreich sind als das, was in den 70ern an Mitbestimmung unternommen wurde. Und mithin recht gut realisierbar, wenn die Theaterleitung dazu bereit ist. Inspirierend in diesem Punkt war auch der Vortrag von Volker Ludwig, der u.a. sagte: Es ist gut, die Verantwortung teilen zu können. Wenn er zum Beispiel eine Kündigung nicht allein verantwortet, sondern man in einem gemeinsamen Diskussionsprozess dazu gekommen ist.
Debatte Intendantenmodell: in die Köpfe wirken
Zum AdK Symposium.
Ich habe mich gefragt:
Warum reden dort Intendanten, an deren Häuser (z. B. Theater Magdeburg!) mit Kündigungen reagiert wird, wenn jemand auf die unhaltbaren Zustände und Arbeitsbelastungen hinweist?
Vielleicht hat das Symposium in diesen Führungsköpfen was verändern mögen.
Es wäre so zu hoffen.
Debatte Intendantenmodell: Versuch
überlegungen für ein "basisdemokratisches Theater" gibt s bestimmt. es gibt bestimmt auch zahlreiche Bewerbungen für Intendanzen, die ein Team gemeinsam einsendet; oder täusche ich mich da? Müsste da nicht einmal primär eine Stadt mutig genug sein, sein Theater in die Hände eines solchen Teams zu legen? Oder warum nicht zb. ein Theater, dass komplett von seinen Schauspielern geleitet wird? Dann werden Regisseure/Regieteams engagiert und feste Dramaturgen eingestellt? Dazu ein Fachmann für die finanzielle Seite. Einen Versuch wäre es doch wert?
Debatte Intendantenmodell: Zustimmung
#105. Ja.
Debatte Intendantenmodell: ein Dank
Einfach nur DANKE an Klaus M. und Martin Baucks!
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