Viel Lärm um nichts - In Neustrelitz mixt All-Time-Intendant Wolfgang Bordel William Shakespeare mit den Beatles
Dritte Ausfahrt Kalau light
von Christian Rakow
Neustrelitz, 13. Februar 2016. Manchem erscheint ja schon Frank Castorf nach 23 Jahren Amtszeit an der Berliner Volksbühne als Fidel Castro des Theaters. Wer wäre dann Wolfgang Bordel? Der Kaiser Wilhelm (wie es das gemein&nutzlos-Diagramm XXVI nahelegt)? Könnte passen. Schon weil Bordels Reich seit nunmehr 32 Jahren das Theater Anklam bei der wilhelminischen Bäderinsel Usedom ist. In Anklam kreuzten sich Castorfs und Bordels Wege. Der unliebsame Theater-Neuerfinder musste gehen und verabschiedete sich in Richtung Berlin; der Unterhalter mit Komödienfaible machte sich breit und blieb.
Schräge Töne
Inzwischen hat Bordel im Zuge des fortschreitenden Theater-Fusionsgeschäfts im Land Mecklenburg-Vorpommern auch die Häuser Neubrandenburg und Neustrelitz als Schauspieldirektor unter seinen Fittichen. Dem wuchtigen Theatermenschen mit dem Look von Harry Rowohlt eilt ein Ruf voraus. Saftig und populär soll es bei ihm zugehen. Wohlan! Shakespeares "Viel Lärm um nichts" ist heute im Neustrelitzer Schauspielhaus am Schlossgarten angesetzt. Als Beatles-Verschnitt. "Love Me Do oder Much Ado About Nothing" steht auf den Plakaten. "Do – Ado", Tun und Lärmen. Es ist das schönste Wortspiel dieses Abends.
Im Vordergrund die schöne Beatrice (Giulia Weis) mit dem eingefleischten Junggesellen Benedikt
(Marco Bahr). Und das zickige Wortakrobatenpärchen kommt doch zusammen in "Viel Lärm
um Nichts" © Jörg Metner
Guter Lärm braucht schräge Töne. Und Schrägheit hätte diese Inszenierung eigentlich in petto: einen Mönch, der lieber den Mephisto geben möchte und wie der Glöckner von Notre-Dame umherbuckelt (Sven Jenkel); einen gut gereiften Benedikt, der mit blonder Perücke ein wenig dem Berliner Steinzeit-Playboy Rolf Eden nacheifert (Marco Bahr) und sich zu allem Überfluss in die offenbar jüngste Akteurin des Ensembles vergucken soll, die ihre Beatrice als schwarz getönte Wiedergängerin der Pilzkopf-Ikone Astrid Kirchherr vorstellt (Giulia Weis). Auch sehen wir eine an sich recht erwachsen anmutende Hero (Isolde Wabra), die wie ein Jungmädchen beim Doktorspiel mit geschlossenen Augen ihre Schnute vorstreckt, wenn sie ihren Claudio (Michael Goralczyk) küsst.
Yellow Submarine Ambiente
Bordel lässt eine Kompaktversion der Komödie spielen: Das zickige Wortakrobatenpärchen Beatrice und Benedikt kabbelt und findet sich. Die tugendhafte Hero wird durch eine Intrige der Unkeuschheit geziehen und ihrem Claudio entzweit – aber alles klärt sich per Schnellgeständnis der Bösewichter auf. Den Chefintriganten Don Juan besetzt Bordel gegen Shakespeares Vorgabe als weibliche Rolle, mit der einprägsamsten Akteurin dieses Abends: Karin Hartmann, die ihrer "Donna Juana" die Präsenz einer Operndiva und einen guten Schuss Selbstironie verleiht. Der Besetzungscoup hat zwar wenig mit Bordels Programmheftthese tun, dass sich in diesem Stück eine "Männergesellschaft" disqualifiziere, aber sei's drum.
Die zweite These aus dem auskunftsfreudigen Programmheft-Interview, dass die Komödie, die ihre männlichen Helden als Kriegsheimkehrer zeigt, nutzloses komödiantisches Lärmen und Tumult gegen das andauernde Kriegswesen gestern und heute setze, hat immerhin für eine Rahmung in Prolog und Epilog durch den diabolischen Mönch getaugt. Das Hauptgeschehen bleibt von ihr praktisch unbeleckt. Es spult sich dienstfertig im angedeuteten Showbühnen-Ambiente nach Maßgaben des psychedelischen "Yellow Submarine"-Films von George Dunning ab (Ausstattung: Gesine Ullmann).
Was der Plattenspieler hergibt
So wie die Interpretationsansätze eher spärlich tröpfeln, so ist's auch mit den Zoten. Kostprobe Männersprech: "Du brauchst einen Ständer" – hö, hö, hö – sagt's und grinst und holt einen Mikrophon-Ständer. Drei Kilo mehr in dieser dissonanten Geisteslage und es hätte schon wieder einen eigenen Drive gekriegt. Doch statt Krachledernem und Krachendem gibt’s bloß Kalau light.
Und dann die Beatles. Redlich werden Evergreens abgefahren: von "Yellow Submarine" über "Sergeant Pepper" bis "Girl" oder "Michelle", was das Herz begehrt und der Plattenspieler hergibt. An keinem Punkt verschmelzen sie mit der Handlung, geschweige denn, dass sie ihr Energie zuführten.
Der beste Beatles-Lärmsong "Helter Skelter" fehlt natürlich. In einer der Anfangsszenen wird andeutungsweise ein Joint durchgezogen. Das Norwegian Wood! Und es wirkt, als kriegten alle Beteiligten hernach das Gras nicht aus den Köppen. Es quillt und chillt. Viel lau um nichts. Der Kritiker empfiehlt "Lucy In The Sky With Diamonds". Ein wenig LSD könnte der Chose aufhelfen.
Viel Lärm um nichts
von William Shakespeare, Fassung von Wolfgang Bordel nach der Übersetzung von Wolf Graf von Baudissin unter der Redaktion von Ludwig Tieck
Regie: Dr. Wolfgang Bordel, Ausstattung: Gesine Ullmann, Dramaturgie: Katrin Kramer, Chantal Obermair.
Mit: Marco Bahr, Michael Goralczyk, Karin Hartmann, Sven Jenkel, Michael Kleinert, Thomas Pötzsch, Fabian Quast, Lisa Voß, Isolde Wabra, Giulia Weis, Peter Dulke, Paulina Fabian, Franziska Groth, Emely Meier.
Dauer: 2 Stunden 15 Minuten, eine Pause
www.theater-und-orchester.de
"Ein amüsanter, teils flachwitziger, kurzweiliger Abend" ist es für Marcel Auermann vom Nordkurier (15.2.2016) gewesen. "Nicht mehr“. Der "einzigartige Moment" war für den Kritiker die Rezitation des Helene Fischer-Songs "Atemlos". Ansonsten "flutscht" die Inszenierung. Bordel habe das Stück in eine "glamouröse, aber eben falsche Showbiz-Welt" versetzt. "Alles in allem ist Shakespeares Original schon ziemlich entbeint, entkernt. Das Drama, das hinter dieser Komödie steckt, nur noch zu erahnen. Ergriffenheit gibt es keine mehr. Es regiert der Kalauer."
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Dr. Bordel ist Shakespeares Geschichte selbst natürlich nicht gut genug (warum setzt er sie dann auf den Spielplan?) – die muss kompromisslos verwurstet und zu einer eigenen Fassung verdreht werden. Und irgendwelche Musik muss noch dazu, dieses Mal eben von den Beatles – fertig ist der Bordelsche Spektakelzirkus. Ebenjene Beatles-Einflechtung sorgt, eher unfreiwillig, für einen der wenigen Glanzpunkte des Abends, wenngleich dessen inhaltliche Notwendigkeit mehr als fragwürdig ist: den Chillimilli-Gute-Laune-Song "Here comes the sun" live gesungen von Lisa Voß.
Der Wille, eine Geschichte zu erzählen, war an diesem Abend leider in keiner Sekunde zu spüren. Es gibt keinen roten Faden, keine Idee, die die Figuren durch die Handlung führt. Da müssen dann peinlich herbeizitierte Mikrofon-"Ständer"-Gags oder gar Helene Fischer herbeizitiert werden – fast die einzigen beiden Lacher. Shakespeares Text selbst wird so nicht zum Strahlen gebracht. Pikant auch, dass gleich 2 Dramaturginnen im Programmheft stehen – die scheinen wohl beide ihre Arbeit nicht gemacht zu haben. Dramaturgie – Fehlanzeige!
Das Publikum applaudiert reichlich; für die Schauspieler, die in all dem Chaos trotzdem mit ihrer ureigenen Spielfreude und Energie auf den Brettern herumturnen, hinfallen, schreien, musizieren, stehen, sich von der Drehbühne drehen lassen, dabei Texte sagen müssen und Dank Ihrer guten Schule und dem schon oft bei Bordel-Produktionen bewiesenen Berufsethos retten, was zu retten ist – mit guten Mimen ist Shakespeares Text wohl nie tot zu kriegen. Dr. Bordel allerdings weiß wohl nicht mehr viel mit Theater anzufangen, das hat er nun auch in Neustrelitz hinreichend bewiesen – er täte der Stadt und dem Ensemble (ein Wunder, dass dieses immer noch in so hoher Qualität gehalten werden kann und nicht längst Reißaus nahm) einen großen Gefallen, nach diesem kurzen, gleichwohl aber geschmacklosen Neustrelitz-Intermezzo wieder abzudanken. Bald!
Man mag eine Inszenierung und deren Konzept mögen oder nicht, aber ein Kommentarforum dazu zu benutzen seine persönliche Antipathie dem Schauspieldirektor gegenüber unter einem Pseudonym kund zu tun, finde ich reichlich feige und geschmacklos!
diesem Kommentar liegt ganz gewiss mehr als eine persönliche „Antipathie“ zugrunde. Das wäre mir wahrlich zu einfach. Ich würde vielleicht am ehesten von einer zunehmenden künstlerischen Abneigung sprechen, gewachsen aus mehrfachen Inszenierungsbesuchen an mehreren Wirkungsstätten des verantwortlich zeichnenden Regisseurs (von régir ‚leiten‘, also eigentlich in diesem Falle unkorrekt bezeichnet)/Teilzeit-Schauspieldirektors. Eben nicht a la "Kennste einen, kennste alle“. Nur festigt sich der Eindruck: es gibt kein Konzept! Und das ist der eigentliche Skandal! Diese Beliebigkeit, Belanglosigkeit, die sich durch die „Arbeit“ am Haus zieht. Shakespeare auseinandernehmen, neu zusammensetzen, mit den Beatles, DSDS, der Mendelschen Vererbungslehre, der Konsistenz von Milchspeisen oder sonstwem in Beziehung setzen, (...) – gerne! Aber dann doch bitte richtig – mit dem nötigen Drive, einer ausgefeilten Personenkonstellation und vor allem einem konsequenten Erzähl(!)-Stil. Klamotte zum Selbstzweck – nein danke!
Und gerade in Zeiten, in denen Neustrelitz zur Ramschbude heruntergespart werden soll, braucht es doch engagiertes, gesellschaftlich relevantes Theater. Da ist das Stück ja gar nicht schlecht gewählt – nur sollte man dann da nicht auf die eigentlichen Stärken von Shakespeare vertrauen, anstatt öden Klamauk draus zu machen (und den auch noch handwerklich schlecht)? Unwürdig für den alten William, aber auch für die Beatles. Das finde ich traurig – und respektlos dem Publikum gegenüber, dass am Ende noch denken soll, es handle sich bei diesem Abend um Kunst mit irgendeinem, noch so kleinen Mehrwert.
Nein, das hat Neustrelitz einfach nicht verdient. Und auch Anklam nicht. Noch nicht mal Usedom. Und ich will jetzt nichts von Auslastungszahlen usw. hören – die waren noch nie das Maß der Dinge, vor allem nicht, wenn Leute schamlos für dumm verkauft werden. Neustrelitz braucht (wie jedes Theater) Künstler, die eine Botschaft zu verkünden haben. Alle anderen können, ja müssen ohne Skrupel weggespart werden. Am besten so schnell wie möglich.
Alles in allem ist das ja dann (leider) doch folgerichtig: Wer meint, er könne eine Schauspieldirektion im Teilzeitbetrieb klug, gewissenhaft und künstlerisch anspruchsvoll führen, kann es nicht ernst meinen und eben keine große (oder kleine) Kunst vollbringen. Da sei persönliche Antipathie dann durchaus angebracht. Welch Provinzposse!
ich kann mich meiner Kollegin nur anschließen (insbesondere, was das Pseudonym betrifft). Ergänzend möchte ich noch hinzufügen: Da Sie offensichtlich eine bereits länger währende Antipathie gegen Schauspieldirektor Dr. Bordel hegen, frage ich mich, warum Sie sich (und durch Ihren Kommentar zu der Kritik auch uns) einen Besuch seiner Inszenierungen "antun". Der Spielplan der Theater und Orchester GmbH hält noch viele weitere verschiedene Produktionen bereit, von denen sicher einige Ihren Geschmack treffen würden.
womöglich ging ihre replik ja VOR der vö von #3 ein. aber selbst wenn, dann frage ich mich nach der lektüre von alldem hier, wo denn eigentlich IHRE inhaltliche argumentation bleibt, also quasi jenseits der plumpen vorwürfe an den "fan"? m.e. hat er - wie gesagt: im gegensatz zu beiden "dramaturginnen" - seinen standpunkt schlüssig und souverän dargelegt, alias hin oder her. kommen SIE doch bitte mal inhaltlich aus der deckung!
prinzipiell empfinde ich eben diese - verzeihen sie es mir bitte: typische - dramaturgInnen-haltung "ist eben nicht ihr geschmack" bei jeglicher art von kritik so langsam echt enervierend. zwischen "geschmack" und "qualität" ist halt schon ein gewaltiger unterschied, den offensichtlich nicht jeder bereit ist zu sehen bzw. ihn konsequenter weise zu diskutieren. und das wirkt dann offensichtlich ebenso konsequent in so manchen theaterabend hinein. noch dazu, wenn der "chef" selbst inszeniert, das sollte man in solchen zusammenhängen und diskussionen nicht ausblenden (siehe u.a. zuletzt: bern).
ihre haltung/reaktion hingegen spielt - gewollt böswillig formuliert - viel eher in eine altbackene mischung aus kadavergehorsam, künslterischer arroganz ("gucken sie halt was anderes, wenn ihnen das nicht gefallen hat") hinein. ist ausserdem auch unsouverän.
Aber so werden die Damen natürlich auch nicht gebraucht, sind ein verzichtbarer Teil des Theaters?! Gibt es denn in Anklam noch Dramaturgen?
Wie im "Wirtshaus im Spessart", kann man nur sagen, dass das Ensemble durch seinen Arbeitsethos die Produktion "zusammen hält".
es gibt Leute, die Theater machen und Leute, die darüber reden. Sie gehören wohl noch zur zweiten Gruppe. Selbst wenn man künstlerische Arbeit von anderen schlecht finden mag und dabei noch denkt, alles Schlechte an einer Inszenierung detailliert nachweisen zu können, sollte man das aus Respekt vor jedem schöpferischen Akt nicht öffentlich in so einer Art kundtun. Theatermacher tun das untereinander jedenfalls nach meiner Kenntnis so nicht. Würde man jeder Inszenierung der TOG (oder anderer Theater) so viel "Aufmerksamkeit" schenken, wäre man viel mit Schreiben beschäftigt, sei dies zu Recht oder auch nicht. Dr. Bordel führt seit Jahrzehnten die Vorpommersche Landesbühne, die es ohne seinen auch politischen klugen Einsatz wohl nicht mehr geben würde. Genauso weiss ich, dass er sich beim Land für die Neustrelitzer Schauspielsparte vehement und geschickt eingesetzt hat,und das mit Erfolg.
ich habe die Premiere besucht und kann Ihren aufgebrachten Kommentar nicht nachvollziehen. Sicher hätte man vieles anders machen können, die Reaktion des Publikums war aber auf alle Fälle positiv. Bitte nehmen Sie mir es nicht übel: Entscheidend wird dann auch die Auslastung sein. Da ich denke, dass wir uns kennen, bitte ich Sie, Ihr Pseudonym abzulegen.
Bitte teilen Sie uns mit, wo und wann wir mal eine Inszenierung von Ihnen sehen können. Wir sind gespannt!
Herzliche Grüße,
Frank Obermair
Tipp: Kommen Sie doch öfter mal nach Berlin, das ist ja nicht weit und lassen sich von dem hiesigen Theater-Geist anstecken. Was wagen, was wollen, Ziele haben (und manchmal auch erreichen, hihi), wie gut würde das dem schönen Städtchen Neustrelitz tun. Und jetzt lassen Sie dem Fan doch sein Pseudonym. Ich finds gut, vielleicht kennen Sie sich ja wirklich und so könnte man doch mal unvoreingenommen in den Dialog treten. Theaterleute tun sich übrigens manchmal noch viel mehr an, Herr Obermair, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Insofern: Nehmen Sie, also die Stückbeteiligten, die Kritik an oder halt nicht -tolerieren sollten sie sie in jedem Fall können. Viel Lärm um nichts ist diese Diskussion aber ganz bestimmt nicht. Das würde ja heißen, dass alle Diskussionen über Stücke nichts wert sind. Und das wiederum würde geistigen Stillstand bedeuten und ich dachte, genau gegen den kämpfen die Theatermacher an?
www.youtube.com/watch?v=bHUk37Im57A
Deswegen kann es ja auch so einfach abgewickelt werden!
Das ist eine sehr verantwortungslose Haltung!
Noch dazu von Theatermachern selbst!
Ich möchte den Bogen aber nochmal auf die ersten Gedanken zu der hier besprochenen Produktion zurückbringen: Ich erkenne in dem Abend einen eklatanten Mangel an trockenem Theaterhandwerk, das Fehlen einer künstlerischen Vision, Konzeptlosigkeit und Belanglosigkeit und sehe dies im Gesamtzusammenhang mit der Tätigkeit (bzw. eben kaum bis nicht vorhandenen Tätigkeit) des derzeitigen Schauspieldirektors. Das ist liebloses, seelenloses, stilloses, gegenstandsloses und deshalb austauschbares Pseudo-Theater ohne Daseins-Berechtigung – Kunstgetue, das nicht berührt, nicht bewegt, nichts auslöst, nichts hinterlässt und auf das man ohne Probleme verzichten kann. Geldverschwendung!
Ob Herr Dr. Bordel nun irgendwann in den 90ern mal politisch klug taktieren konnte, ist doch vollkommen egal und kein Argument. Ein Schauspieldirektor muss in erster Linie ein Künstler sein, er muss brennen für den Ort, an dem er Theater macht, leidenschaftlicher Geschichtenerzähler sein, der aktiv Themen und Probleme der Zeit bearbeiten will, der (wenn’s sein muss) against all odds mit jedem Tag, mit jeder Inszenierung, gemeinsam mit seinem Ensemble und seinem Team beweisen will, wie gut einer Stadtgesellschaft Theater tut – all das ist, kann oder will Herr Dr. Bordel nicht. Dafür kann der Grund nur mangelndes Herzblut oder Interesse sein. Da hilft nur eins: Aufhören.
ein Theater, wie Neustrelitz sollte dankbar sein, überhaupt überregionale Aufmerksamkeit und Kritik zu bekommen, egal von wem. Und überhaupt, wo inszeniert denn eigentlich ein Kapellmeister? Wo kann man denn eine Inszenierung von ihnen sehen Herr Obermaier?
Ich habe mal in Neustrelitz inszeniert, im Frühjahr 1994 und man kann nur sagen, vom Theater her gesehen, befindet man sich dort erst einmal „in the middle of nowhere“. Es gibt keinen Theaterdiskurs, keine erkennbaren Koordinaten, zu denen man sich verhalten könnte. Man befindet sich sozusagen im blinden Fleck. Und in dem Sinne versuchen alle auf die Verhältnisse vor Ort hinzuarbeiten, mundgerecht für den Zuschauer. Liest man die Kritik und betrachtet man den Spielplan, hat sich daran wohl nicht viel geändert in den letzten zwanzig Jahren, und der Schauspieldirektor will wohl dafür garantieren, dass es noch mal zwei Jahrzehnte so weiter geht..
Und auch die Dramaturginnen scheinen nicht motiviert zu sein, ein paar inhaltliche und ästhetische Pflöcke einzuhauen, an denen man sich reiben könnte, die Zuschauer sich abarbeiten wollten. „Gefällig“ ist wohl das richtige Wort, für die scheinbar privilegierten Haltungen der Mitglieder des Hauses, die sich hier äußerten. „Risikofrei“ wäre ein zweiter Begriff, den man getrost anwenden darf.
In so einem Vakuum, oder besser gesagt, im eigen „Sud“ angesetztes Theater braucht Kritik, um sich nicht ausschließlich um sich selbst zu drehen. In dem Sinne ist doch der Kommentar vom Fan geradezu herzerfrischend.
Es kann. Es kann sogar sehr langsam. Man hat leider das unweigerliche Gefühl einem Unfall in Zeitlupe zuzusehen. So sucht man einen Abend lang nach einem roten Faden, den man hier und dort zu erkennen glaubt, der dann aber doch nirgends zu einem Ende geführt wird. Man sucht Figuren, die man aus dem vertrauten Stoff kennt und findet sie nicht. Gegen Ende fragt man sich: War die Idee des Abends wirklich, eine 60er-Jahre-Klamotte aus dem Stoff zu machen? Und wenn dies nun gewollt war: Wo war die witzige Klamotte, der Witz, das Tempo? Man fragt sich auch: Braucht man dafür gleich zwei Dramaturginnen?
Unterm Strich reicht es nicht aus, sämtlichen Text durcheinander zu kloppen, umzuverteilen, Geschlechter zu tauschen (welch Einfall) und überall die „Beatles“ drunter zu legen um einen guten Theaterabend zu schaffen. Wenn Figuren nichts von einander wollen, Situationen und Bögen nicht stimmen und neu geschaffene Personenkonstellationen durch unsinnige Texteinschübe erklärt werden müssen, macht selbst eine “effektvolle“ Drehbühne den Abend nicht rund. Diese Inszenierung kann und will nichts.
Wie kann man einen Regisseur, wie Wolfgang Bordel, immer und immer wieder gewähren lassen? Eine Verschwendung von Zeit und Nerven und das auf Kosten eines engagierten,spielwütigen und musikalischen Ensembles.
Ein Theaterabend kann gefallen oder nicht, den Geschmack treffen oder nicht. Aber in jedem Falle sollte doch auf Seiten der Schaffenden ein Wille erkennbar sein. Will hier jemand uns noch etwas sagen oder ist es reine Beschäftigungstherapie?
Nun ja, und dann denkt man noch mal nach, lässt den Abend noch mal Revue passieren und stellt fest: der Größte Gag war die Rezitation des Liedes „Atemlos“ und die traurige Antwort drängt sich einem auf.
(Sehr geehrter Stefan, der Post von heute früh war von einer Unterstellung getragen, mit der der vorangegangene Beitrag diskreditiert werden sollte. Solche Scharmützel lenken von der Auseinandersetzung mit der Inszenierung ab. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, sd)
Ich möchte Sie bitten, offenzulegen, wie viele Posts Sie nicht veröffentlichen, weil Sie ihnen nicht passen? Es wurde nicht gehetzt, gepöbelt oder sonst was.
(Liebe/r Stefan, ohne Kommentar – das stimmt nun nicht. Lesen Sie doch mal für alle weiteren Fälle unsere (Nicht)-Veröffentlichungsregeln in der Kommentar-Etikette unter dem Impressum nach: nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=102 MfG, sd/Redaktion
Noch einmal: Ich bitte Sie, meinen Post, der gegen keine Etikette verstößt, zu veröffentlichen. Nicht, weil ich ihn so wahnsinnig wertvoll finde, es geht ums Prinzip. Und ja, es wird Zensur ihrerseits verrichtet, wenn man Kommentare löscht, die weder jemanden beleidigen noch sonst wie anstößig sind. Was ist es denn sonst?
a) SIE stefan posten hier - wie z.b. die meisten anderen und ich selbst - unter pseudonym oder eben nicht mit vollständigem klarnamen. prinzipiell kein problem aber das erhält
b) dann bedeutung, wenn sie hier politik machen wollen und dies
c) mithilfe von unterstellungen und/oder sonstigen von ihnen nicht belegten/belegbaren aussagen zu tun versuchen. dies hat dann
d) die nichtveröffentlichung ihres/r post(s) konsequenter weise zur folge.
das hat mit verwendeten sprachlichen (stil)mitteln eher weniger zu tun. also hören sie doch bitte auf, sich hier als entrechteter zu stigmatisieren, das nervt jetzt einfach und ist der diskussion in der tat nicht dienlich.
anders wird es aussehen, wenn si a und/oder c auflösen oder geben sie ggf. auf.
besten dank im voraus.
Würde NK das hier mit Anmeldung handhaben, würde es aufzeigen, wie wenig unterschiedliche Menschen hier posten. Mich haben sie zumindest dazu gebracht, diese Seite nun zukünftig zu meiden. Zensur ist es,dass Ihr Post #24 dafür durchgeht, zeigt die Beliebigkeit, mit der hier aussortiert wird.
(Lieber Stefan, anhand der IP-Adressen können wir nachvollziehen, ob Posts unter unterschiedlichen Pseudonymen von identischen Personen abgesetzt werden. Wir haben an anderer Stelle auf Versuche einzelner Campaneros, hier Vielstimmigkeit von Individualmeinungen zu simulieren, auch schon hingewiesen. Im Zweifelsfall behalten wir uns in solchen Fällen die Nichtveröffentlichung. U.a. sind Posts von "Stefan" von unterschiedlichen IP-Nummern abgesetzt worden vor. Freundliche Grüße aus der Redaktion, Esther Slevogt)
und dressiert pflegen Kettenhunde auch nicht zu sein."
Karl Julius Weber
Da der User "Stefan" beteuert, zensiert worden zu sein, ohne jegliche Beleidigung (die im Forum oft veröffentlich werden) von sich gegeben zu haben, sage ich tschüss und lasse Sie alle in Ihrem eigenen Saft schmoren!
(User Stefan wurde hier nicht zensiert. Es wurde ein einzelner und für die Debatte nicht sonderlich erheblicher Kommentar nicht veröffentlicht, weil er nicht den Regeln entsprach). Freundliche Grüsse aus der Redaktion, Esther Slevogt)
Die Premiere ist zwei Wochen her, wie nehmen die Zuschauer denn die Inszenierung an? Und was sind die Konsequenzen?
Intendanz und Schauspielleitung sind ja eigentlich inzwischen Rentner bzw. im Rentenalter. Der Operndirektor verlässt das Haus.
Wie geht es denn nun weiter im Nord-Osten? Was sagen denn die Zahlen?
Man hört nur von Fusionsplänen. Werden die denn vorbereitet? Was heißt das für die Ensembles? Wie sieht das alles in fünf Jahren aus?
ich habe mit diesem von Ihnen genannten Stefan nichts gemein. Das erkennt man doch schon allein am Stil.
Sollten Sie jedoch meinen gestrigen Kommentar nicht veröffentlichen, werde ich diesen mit dem entsprechenden Vermerk separat im Netz publizieren.
Wie mir scheint ist im Good Old Germany die Freedom of Speech immer noch nicht angekommen. Es handelt sich bei Ihnen offensichtlich um ein Pseudo Forum, i.e. Sie veröffentlichen nur das was, Ihnen den Meinungs -Kram passt, sozusagen im Stil einer autoritären Parteizeitung. Oder haben Sie vor Bordel Angst?
MFG
Kolz
Kennen Sie den Satz dieser amerikanischen Millionärin, die meinte: "Die Leute behaupten, dass ich nicht singen kann, aber niemand kann behaupten, daß ich nicht gesungen hätte." Sie hat Liederabende gegeben, Schallplatten besungen... Ich glaube, 35 Jahre Intendanz beweisen: " Die Leute behaupten, daß ich nicht inszenieren kann..." So wie sich, laut Kritik, Karin Hartmann ihre Rolle genommen hat, so muß sich bei Bordel jeder seine Rolle nehmen. Das ist eine Herausforderung, vielleicht DIE Herausforderung: Findest du was falsch, steh für deine Überzeugung ein! Aber begründe sie! Bordel akzeptiert sowas. Selbst die Gründung der Schauspielschule in Zinnowitz ist seinem Engagement entsprungen, und derer Absolventen bekommen tolle Engagements...
Das Neustrelitzer, das Anklamer Theater kommen nicht zum Treffen in Berlin. Aber integrativ bedeuten sie eine Menge, Kultur überhaupt in der Region zu verfestigen. Wenn ich die Kritik zu VIEL LÄRM lese, habe ich schon eine Ahnung, was mich erwartet, sollte ich mir die Inszenierung ansehen - aber verstoßt mir nicht den Bordel: DER kämpft noch, der KÜMMert sich noch, abseits der roten Teppiche...