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Neue Aktion des ZPS: Gedenkstätte im Berliner Regierungsviertel
Historische Schuld des Konservatismus
Berlin, 2. Dezember 2019. Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hat eine neue Aktion gestartet – im Berliner Regierungsviertel zwischen Bundeskanzleramt und Bundestag haben die Aktionskünstler*innen nach eigenen Angabe eine (zunächst provisorische) Gedenkstätte in Form einer Säule errichtet, die Knochenasche von Opfern des Nationalsozialismus enthalte. Auf der Suche nach Überresten der Körper von Ermordeten habe die Gruppe an 23 Orten in Deutschland, Polen und der Ukraine über 200 Erd-Proben genommen, so eine Pressemitteilung des ZPS.
Die Aktion mit dem Titel "Sucht nach uns" sei zunächst auf eine Woche Dauer angelegt, weil man im ersten Schritt nur für diesen Zeitraum eine Genehmigung erhalten habe, so das ZPS. Am Samstag, den 7. Dezember 2019 wollen die Aktionskünstler*innen aber nach einem "zivilgesellschaftlichen Zapfenstreich" gegen die AfD ein Fundament gießen, um die Säule dauerhaft an ihrem Ort zu verankern. Dafür werden Spenden gesammelt.
Man habe das Regierungsviertel als Standort gewählt, weil dort "der Konservatismus die deutsche Demokratie in die Händer der Mörder" gelegt habe. Kreise des Konservatismus streckten "heute wieder die Hand nach Faschisten aus", indem sie sich öffentlich darüber Gedanken machten, mit der AfD zu paktieren. Als Beispiele werden Christian von Stetten, Hans-Georg Maaßen, Mike Mohring und Werner Patzelt genannt.
Die Gedenkstätte solle den deutschen Konservatismus an seine historische Schuld erinnern, sich mit den Faschisten eingelassen zu haben. "Es nicht mit ihnen zu versuchen, nicht mit ihnen zu paktieren – das ist das Gebot der Stunde." Man habe "feste Besuchstermine" für alle Unions-Bundestagsabgeordneten "festgelegt", so die Pressemitteilung des ZPS: "Alle Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion haben im Laufe der Woche jeweils individuelle Besuchstermine, um feierlich zu geloben, jeden Versuch der Diktatur im Keim zu ersticken und niemals – niemals! – eine Regierung mit Hilfe oder mit Duldung der AfD zu bilden, solange diese von Verfassungsfeinden, Holocaust-Leugnern und Faschisten dominiert wird." Ihr Erscheinen oder Versäumen des Termins werde vor Ort öffentlich dokumentiert.
(ZPS / sd)
Update 4. Dezember 2019: Nach breiter Kritik an der Aktion "Sucht nach uns!" insbesondere von jüdischen Verbänden sagt das ZpS weitere Veranstaltungen im Rahmen der Aktion ab und entschuldigt sich bei den Holocaust-Opfern und ihren Hinterbliebenen.
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sowie vertiefte informationen zur recherche nach den menschlichen Überresten: https://politicalbeauty.de/geschichtliches.html. Erfreulicherweise ist der spendenaufruf von 50 tsd innerhalb eines Tages bereits fast erreicht. am samstag soll mit dem Geld das Mahnmal dort mit Beton auf Dauer errichtet werden.
Man braucht diese kalkulierbaren Reaktionen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Diese Aufmerksamkeit ist dann vielfältig verwendbar, wird aber in den meisten Fällen politisch weiter verwertet und nicht künstlerisch.
Für diesen Kommunikationsvorgang zu behaupten echtes Material zu verwenden, ist ein Trick, wie ihn Scharlatane und selbsternannte Schamanen ebenfalls verwenden.
Künstler verwenden hauptsächlich Material, dass sie erst zu Kunst machen durch spezifische Fertigkeiten , die etwas mit Talent, aber auch Leidenschaft und Hingabe zu tun haben können, oder aber auch anderem.
Diese Form der Kommunikation, unter Verwendung echter Opfer, fällt eigentlich in den Bereich Propaganda einer Ideologie, denn jede Ideologie fetischisiert eine bestimmte Gruppe von Opfern. Dabei ist es völlig egal, wer diese Gruppe der Opfer war oder ist. Das können deutsche Soldaten oder Vertriebene sein. Indigene Völker, Vergewaltigungsopfer oder Opfer von Genuziden. Wichtig ist nur, dass sie in ihrer Relevanz öffentlich funktionieren und potent genug sind, die erwünschte Polarisierung zu erzeugen. Das eigentliche Produkt dieser Form der Kommunikation ist aber Aufmerksamkeit. Mit dieser Ware wird dann, ohne Rückbezug auf die wahren Opfer schonungslos Handel betrieben.
Der Kunsthandel aber arbeitet, wie auch immer, mit Werken. Diese Säule ist vielleicht eine Art Denkmal, wenn auch ein sehr geschmackloses, aber niemals ein Kunstwerk. Es könnte auf Grund seiner Ästhetik auch in jedem Einkaufszentrum zu Werbezwecken stehen und niemand würde auf die Idee kommen, es könne sich dabei um Kunst handeln. Hierzu ist diese Säule viel zu schlicht und trägt keinerlei Charakteristik einer Bearbeitung durch besondere künstlerische Fertigkeiten.
Diese Säule ist ein Werbeträger für eine polarisierende Botschaft. Hierzu echte Menschenasche zu verwenden ist obszön, aber keine Kunst.
Oder warum berichtet Nachtkritik über diese platte Kunst-Polit-Möchtegernprovokation?
Mich nervt, dass die Mittel des ZpS so flach und polarisierend sind. Damit werden auch wohlmeinende Betrachter, zu denen ich mich zähle, in Ecken gedrängt. ZpS arbeitet damit gegen eine vernünftige Gesprächskultur - im Namen einer richtigen Sache.
Wird sich leerlaufen.
Es ist nun mal so, falls sie eine Bohrung am Grab von Brecht und Beckett vornehmen und beide getrennt in einem Plexiglaswürfel auf die Bühne stellen, dann haben sie weder einen Dialog zwischen dem epischen und absurden Theater inszeniert, noch Aktionskunst betrieben. Dann müssten sie immer noch Schilder anbringen und Erklärungen, damit Betrachter überhaupt verstehen könnten, was dort zu sehen ist. Und eigentlich sähen sie selbst nach ausführlicher Besprechung immer noch nichts. Und Ärger gäbe es mit den Nachfahren und Erben ebenso.