Presseschau vom 22. März 2021 – Schauspieler Ron Ighiwiyisi Iyamu erhebt Rassismus-Vorwürfe gegen Düsseldorfer Schauspielhaus
"Jeden Tag Schmerz"
"Jeden Tag Schmerz"
22. März 2021. Der Schwarze Schauspieler Ron Ighiwiyisi Iyamu hat im Rahmen eines Fernsehbeitrags im WDR rassistische Vorfälle am Düsseldorfer Schauspielhauses beklagt. Das berichtete gestern unter anderem die Frankfurter Rundschau. Der 29-Jährige, der seit 2019 fest am Düsseldorfer Schauspielhaus angestellt ist, behauptet demnach, während der Proben zu einer Produktion, in der er einen haitianischen Freiheitskämpfer spielen sollte, vom namentlich nicht genannten Regisseur "Sklave" genannt worden zu sein.
N-Wort auf der Probe
Zudem sei es beim Dreh einer Folterszene zu einem weiteren Vorfall mit einem Kollegen gekommen: Dieser "hatte ein echtes Cuttermesser in der Hand", wird Iyamu in dem Artikel zitiert, "hielt es mir an den Schritt und sagte sowas wie: 'Wann schneiden wir eigentlich dem 'N-Wort' die Eier ab?'." Der Kollege habe darüber gelacht, Iyamu finde hingegen: "Dieser Rassismus fügt mir jeden Tag Schmerz zu."
In einem Beitrag auf seinem Instagram-Account und ausführlicher auf Facebook erhebt Iyamu zudem Vorwürfe gegen die Leitung des Düsseldorfer Schauspielhauses in Person von Intendant Wilfried Schulz: "Die rassistischen und sexistischen Strukturen am Düsseldorfer Schauspielhaus" seien ein "Dauerzustand", der sich in "Besetzungen, Beleidigungen und einer Kultur des Schweigens" äußere. Intendant Schulz wirft Iyamu demnach vor, "spätestens am 12.06.2020 über meine Rassismus-Erfahrungen an Ihrem Haus aufgeklärt" worden zu sein. In seiner Diplomarbeit zum Abschluss seines Schauspielstudiums am Mozarteum Salzburg (2020) sowie auf Facebook benennt Iyamu zudem weitere Vorfälle am Haus.
"Keine Angst mehr"
Anders als andere betroffene Kolleg:innen habe Iyamu die Vorwürfe auch deshalb öffentlich machen können, da "ich meine Karriere am Staatstheater nach solchen Erlebnissen sowieso beenden möchte und daher keine Angst mehr haben brauche." Zu "einem Dialog" mit Intendant Schulz sei er dennoch bereit: "Allerdings, nach Monaten vertaner Chancen Ihrerseits, nur noch zu meinen Bedingungen in einem öffentlichen Live-Stream."
(Frankfurter Rundschau / WDR / @Noxrap / ronnox.roniyamu / jeb)
Update, 22. März 2021
nachtkritik.de liegt eine Stellungnahme des Düsseldorfer Schauspielhauses zu den Vorwürfen vor. Hier der Wortlaut:
"Ron Iyamu ist seit August 2019 festes Mitglied unseres Ensembles. Er setzt sich seit Jahren aktiv und öffentlich gegen Rassismus ein, zuletzt am 18.03.2021 im Rahmen eines WDR-Interviews. Ron Iyamu berichtet von einer Vielzahl eigener Rassismus-Erfahrungen, die uns sehr betroffen machen und erschüttern. Seine Erfahrungen beziehen sich unter anderem auf die jüngere Vergangenheit und stehen leider auch im Kontext seiner Arbeit am Düsseldorfer Schauspielhaus.
Uns war nicht bewusst genug, wie weitreichend und tiefgreifend diese Erfahrungen für ihn sind. Wir verurteilen jegliche Form von Rassismus und möchten nicht, dass jemand rassistisch behandelt wird. Wir haben seine persönliche Betroffenheit, das Ausmaß der Verletzungen und vor allen Dingen die Aufarbeitung falsch eingeschätzt. Das tut uns sehr leid! Wir bedauern sehr, dass wir den Vorfällen nicht konsequenter begegnet sind. Das war ein Fehler. Wir bitten um Entschuldigung für die entstandenen Verletzungen und hoffen auf die Fortführung der persönlichen Gespräche.
Rassismus darf in unserer Institution keinen Platz finden. Wir verfolgen und initiieren seit vielen Jahren Programme und Aktionen gegen Rassismus – auf und jenseits der Bühne. Ein wesentlicher Baustein ist in diesem Kontext die Position des Diversity-Beauftragten - eine Position, die wir Mitte 2019 besetzen konnten. Uns wichtig sind auch die Anti-Rassismus-Fortbildungen für Mitarbeiter*innen. Die Ereignisse zeigen uns aber eindeutig, dass wir noch sehr viel mehr an unseren internen Strukturen arbeiten müssen, um Missstände zu erkennen und zu beseitigen – und vor allen Dingen, um den Betroffenen Gesprächsraum und Unterstützung bieten zu können.
Wir werden einen Code of Conduct einführen, mit dem wir unsere Haltung, Werte und unser Handeln innerhalb unserer Institution beschreiben. Diesen werden wir gemeinsam mit unseren Mitarbeiter*innen bis Ende Juni debattieren und verabschieden. Im Zuge des Code of Conduct wird es künftig auch Ansprechpartner*innen geben, an die sich Betroffene unmittelbar wenden können.
Wilfried Schulz, Claudia Schmitz und das Leitungsteam des Düsseldorfer Schauspielhauses"
Update, 22. März 2021, 18:50
Die nordrhein-westfälische Landesregierung und die Landeshauptstadt fordern eine konsequente Aufarbeitung der Vorfälle, wie mehrere Medien, darunter Zeit online, mit Bezug auf dpa melden: "Dass ein Schauspieler am Schauspielhaus rassistisch behandelt und diskriminiert wird, ist nicht tolerierbar", erklärten demnach in einer gemeinsamen Mitteilung die NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) und der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU). Es sei "notwendig, dass das Schauspielhaus die Vorfälle konsequent aufarbeitet, entsprechende Konsequenzen zieht und Maßnahmen ergreift, dass sich dies nicht wiederholen kann." Das Düsseldorfer Schauspielhaus wird vom Land und der Stadt getragen, Oberbürgermeister Keller ist Aufsichtsratsvorsitzender.
Update, 24. März 2021
In einem Radiointerview mit dem WDR (23.3.2021) beleuchtet Ron Iyamu die Entwicklung am Düsseldorfer Schauspielhaus seit seiner Veröffentlichung der Rassismus-Vorfälle. Er habe erstmals eine Mail des Intendanten mit der Einladung zum Gespräch erhalten. Iyamu wolle auch den Dialog, "allerdings nur im öffentlichen Raum". Das veröffentlichte Statement der Intendanz, in dem es heißt, "Es war uns nicht bewusst genug", sei für ihn "ein Rätsel" und "verletzend", denn schon im Herbst vergangenen Jahres habe er um Auflösung seines Vertrags gebeten, "weil es Rassismus am Haus gibt". Auf die vom Bund eingerichtete Stelle der Diversitäts-Beauftragten angesprochen, sagt Iyamu: Hier stecke "eine große Hoffnung", allerdings werde die Position aktuell auch "instrumentalisiert", denn es gebe "diesen Diversity-Trend in Deutschland, wo alle Institutionen mit aufspringen, um sich diverser und auch besser darzustellen", so Iyamu. "Aber aus meiner Empfindung heraus hat das nie eine Auswirkung gehabt auf das, was auf der großen Bühne passiert, und auch nie auf die Strukturen, die letztlich innerhalb des Hauses auch Machtstrukturen sind". Er wünsche sich daher, "dass man den Diversitäts-Beauftragten mehr Möglichkeiten einräumt, um einzugreifen", etwa in den Feldern: Rollenbesetzung, Auswahl von Bewerber*innen für Vorsprechen, oder Auswahl von Autor*innen, die gespielt werden.
Ebenfalls im WDR-Radiointerview (24.3.2021) zur Causa: Thomas Schmidt, Professor für Theater- und Orchestermanagement an der HfMDK in Frankfurt, erzählt die unendliche Geschichte – die vom Machtmissbrauch am Theater. Über Generationen habe sich dort vieles nicht verändert, konstatiert er und berichtet von der Auswertung seiner Studie mit 2000 Angestellten an deutschen Theatern. Viele antworteten auf die Frage, welches Gefühl sie bei ihrer Arbeit am Haus als dominant erleben: "Angst". So komme es zu hohen Personalfluktuationen. Schmidt beschreibt die Rolle des Intendanten an vielen Häusern als "omnipotenter Alleinherrscher". Ron Ighiwiyisi Iyamu habe die Theaterleitung am Düsseldorfer Schauspielhaus früh über die Missstände hinsichtlich rassistischer Vorfälle in Kenntnis gesetzt. Die Theater bräuchten für solche Fälle Feuerwehrsysteme – und Direktorien, die sich die Macht teilen.
Update, 25. März 2021
In einem weiteren Interview mit dem WDR (24.03.2021) beantwortet Intendant Wilfried Schulz Fragen zu den Vorwürfen rassistischer Vorfälle am Düsseldorfer Schauspielhaus. Er bestreite in keinster Weise, was sich laut Ron Iyamus Schilderungen ereignet habe. Eine einzige Diskrepanz in der Darstellungsweise sehe er aber. Nach dem "zentralen Vorfall" - was sich mutmaßlich auf die Situation bezieht, in der Iyamus Schilderung nach ein Kollege ihm ein Cuttermesser an der Schritt gehalten und ihn mit dem N-Wort bezeichnet habe - sei Ron Iyamu auf leitende Personen des Hauses zugegangen, darunter die leitende Dramaturgin und die Diversitätsbeauftragten. Diese hätten ihm "Aufarbeitungsmechanismen" vorgeschlagen, beispielsweise ein Gespräch mit dem Regisseur der Produktion zu führen. Iyamu habe deutlich gesagt, dass er nicht möchte, dass der Fall in der Produktion diskutiert oder an Personen weiter gegeben wird. "Das beschwört meine Dramaturgin, die ein hohes Bewusstsein dafür hat." - so Schulz im WDR-Beitrag. So sei die "unglückliche Situation" entstanden, dass er von dem "zentralen Vorfall" ein dreiviertel Jahr lang nichts gewusst habe.
Als "großen Fehler" seinerseits, den er "extrem bedaure" bezeichnet Schulz seine Reaktion auf einen bereits im Juni 2020 in der Rheinischen Post erschienenen Artikel, in dem Iyamu die Vorfälle – inklusive des "zentralen Vorfalls" – schilderte. Schulz sei daraufhin nicht auf Iyamu zugegangen, sondern habe Stefan Fischer-Fels, den Leiter des Jungen Schauspiels, wo Iyamu engagiert ist, gebeten, das Gespräch zu suchen. Da er keine weitere Rückmeldung bekommen habe, dass Iyamu ein Gespräch mit ihm wünsche, sei es dabei geblieben – so Schulz im WDR. "Aber ich hätte agieren müssen von mir aus. Das bestreite ich in keinster Form."
Es werde heute eine Mitarbeiter:innenversammlung geben unter der Leitung des Diversitätsbeauftragen Guy Dermosessian. Das Ensemble habe bereits eine fast zweitägige Versammlung abgehalten. In weiteren Schritten werde man den Dialog mit Aufsichtsgremien führen und eine noch nicht benannte außenstehende Person hinzuziehen und alle von Iyamu geschilderten Vorfälle "Schritt für Schritt nachvollziehen" – und möglicherweise personalpolitische Konsequenzen ziehen.
Iyamus genannten Konditionen zu einem Dialog - öffentlich und im Live-Stream - könne er nicht zustimmen, so Schulz weiter im Gespräch mit dem WDR. "Wir können gerne auch ein öffentliches Gespräch führen. Aber ich werde nicht zu einem Live-Stream mit Ron unmoderiert ins Netz gehen. Gerne mit unseren Aufsichtgremien dazu, gerne mit vielen Leuten dazu, die er benennt et cetera, gerne an einem Ort, den er benennt. Aber im Live-Stream – das ist glaube ich nicht das Medium im Netz, was man dafür benutzen sollte."
Update, 26. März 2021
Bereits am 22. März hat sich das Ensemble das Düsseldorfer Schauspielhauses mit Ron Iyamu solidarisiert. Der Offene Brief, der auf der Webseite des D'Haus veröffentlicht ist, im Wortlaut: "Lieber Ron, du hast in unserer Mitte Rassismus erfahren, wir haben weggesehen und geschwiegen. Das tut uns aufrichtig leid. Wir wollen und werden daran arbeiten, unterstützen deinen Vorschlag zu einer offenen Aussprache und tragen deine Forderungen mit. Wir wünschen dir genug Raum, Zeit und Kraft zur Heilung. Dein Ensemble".
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Immer erst spät seht ihr, und nie rechtzeitig was uns täglich so passiert .
[…] Da stand dieser Mitte 50-Jährige weiße Mann vor mir, der zur künstlerischen und intellektuellen Elite gehören sollte, und benutzte das „N-Wort“. Alle Blicke lagen auf uns und ich wusste, dass, wenn ich jetzt nichts sagen würde, irgendwann, irgendwo wieder jemand sagen würde: „Das stört die doch gar nicht wenn man die so nennt. Hab das schon ausprobiert. Hat den nicht gestört“. Ich atmete also durch und fragte ihn, ob ihm bewusst sei, dass man dieses Wort heutzutage nicht mehr benutze. „Warum?“, war die Antwort. „Weil das heutzutage als Beleidigung gilt.“ „Aber ich habe das doch immer so gesagt.“ „Das mag ja sein, aber Dinge ändern sich und da dieses Wort auf Sklaverei zurückführt, sollte man es nicht mehr benutzen“ „Ja, aber ich habe das früher auch immer gesagt. Mein Vater hat Geschäfte mit den „N-Wörtern“ gemacht und da waren die auch immer bei uns zuhause und da hat das auch keinen gestört.“ Ich stand da, horchte in mich hinein und versuchte rauszufinden, ob er mich gerade einfach provozieren wollte oder tatsächlich so unwissend war. Ich entschied mich dafür ruhig zu bleiben und sagte: „Das mag ja sein, aber viele Menschen fühlen sich dadurch beleidigt.“ „Ja aber ich mache das doch schon immer so. Ich habe das früher auch schon gemacht und warum sollte ich das ändern?“ Ich sagte: „Ja stimmt. Ich habe Leuten dafür früher auch aufs Maul gehauen.“ Stille. […]
www.dropbox.com/s/hxqvme0k6328176/Yes%2C%20he%20is%20black.%20It%C2%B4s%20better%21.pdf?dl=0
Wundern wird das wohl niemanden.
Umso erschreckender ist aber die Tatsache, dass Hartmann nach seiner Zeit am Burgtheater so problemlos weiterarbeiten konnte, obwohl die Vorwürfe gegen sein homophobes, sexistisches und rassistisches Verhalten spätestens ab 2018 immer lauter wurden.
2. Was sagt eigentlich Armin Petras zu Dörr?
Dennoch möchte ich wirklich gerne mit Herrn Iyamu und vielen anderen POC diskutieren, ob ich als WOC "Othello" in unserer Zeit spielen darf oder nicht (kein Mensch auf dieser Erde wird mich persönlich je damit besetzen, aber das ist für den Diskurs ja egal). Denn das Prinzip des Spielens lässt doch genau die Möglichkeit der Verwandlung, des Sich-Hineinversetzens offen. Wer wollte denn etwas gegen einen Black "Danton" einwenden? Das ist eine ernst gemeinte Frage an POC.
Beste Grüße, Hans Piesbergen
könnten Sie bitte einmal aufklären, welche Definition von WOC Sie meinen? Ich bin ziemlich verwirrt. Ich kenne nur Woman/Women of Color aber das ergibt im Bezug auf Ihr Statement keinen Sinn…
youpod.de/de/beitraege/2021/03/wurden-vorfalle-im-schauspielhaus-zu-lange-ignoriert?fbclid=IwAR02dLNnKnD_CQDqdGRcDl7ONNqZEp7WYsuI7b_LKBj9DH1D8XBFj-SwvQM
Wie viele Vorfälle es gegeben hat, wie oft weggeschaut wurde, wie oft Herr Schulz und seine Kollegen Verantwortung abgegeben haben, das wird jetzt Stück für Stück publik.
Wer mehr lesen möchte: www.youpod.de/de/beitraege/2021/03/wurden-vorfalle-im-schauspielhaus-zu-lange-ignoriert
#reflectyourprivileges
einer der schlimmsten Fehler dieses Portals - und damit spiegelbildlich unsers Theatersystems - ist die Anonymisierung von Menschen, von Kommentaren. Wer sind Sie? Sie schreiben an mich an Herr*Frau Piesbergen, obwohl ich mit meinen Kommentar mit meinem vollen Namen Hans Piesbergen gezeichnet habe. Sie jedoch verbergen sich hinter dem Pseudonym WOC?
Es tut mir sehr leid, aber im Grunde kann ich Sie damit nicht wirklich so ernst nehmen, wie ich es eigentlich gerne würde.
Respekt verlangt von beiden Seiten etwas.
Allerdings zu Ihrer Frage: Sie haben Recht, ich habe WHITE PERSON OF COLOUR (WOC) abgekürzt in der Analogie zu PEOPLE OF COLOUR. Dazu möchte ich anmerken, dass ich POC persönlich für einen verheerenden und rassistischen Begriff halte, aber da er momentan als pc gilt akzeptiere ich ihn, vor allem, da er von den Betroffenen verwendet wird.
Jenseits aller Schreibweise steht die Beschäftigung mit dieser wesentlichen Diplomarbeit des Kollegen Ron Ighiwiyisi Iyamu im Vordergrund. Diese Arbeit sollten wir alle lesen. Bitte!
Beste Grüße, Hans Piesbergen
Machtmissbrauch und Schweigekultur gehören gecrasht!
Gerade das unterbindet die übergeordnete Ebene ja, um ihre Autorität nicht zu verlieren.
Die hierarchische Struktur strukturiert nicht nur das Theater intern, sondern auf kulturpolitischer Ebene, also eine Ebene höher, auch extern:
Wenn Legislative und Judikative die Exekutive nicht mehr kontrollieren, weil sie den Intendanten/die Intendantin eingesetzt haben und sich keine Fehlentscheidung vorwerfen lassen wollen (vielleicht sogar persönlich befreundet sind), dann kann nur die "vierte Macht" kontrollieren und Druck ausüben.
Gegen die Presse kann aber wiederum das Theater juristisch vorgehen, sodass auch die Presse ängstlich sein kann. Außerdem gibt es Fälle, wo der Chefredakteur eine bestimmte Art von Berichterstattung unterdrückt, weil er/sie mit dem/der IntendantIn befreundet ist. PressevertreterInnen werden mit auf Gastspielreisen genommen, dürfen in den Programmheften und Büchern des Theaters schreiben, Vorträge halten, werden hofiert etc.
Das System der demokratischen Kontrolle ist also nicht eindeutig wie auf dem Papier, sondern ein empfindliches Gleichgewicht.
All solche Dynamiken stellen unterschiedliche Wege dar, "gemeinsame Verantwortungsübernahme" zu verhindern.
#22: Der Gedanke einer Kampagne ist auch mir schon in den Sinn gekommen... Ich habe einige Jahre am Düsseldorfer Schauspielhaus gearbeitet (unter anderen Intendanzen), habe das Theater immer als Ort der gelebten Vielfalt und des offenen Diskurses erlebt.
Auch mit Wilfrid Schulz habe ich gearbeitet und habe ihn als Mensch erlebt, der den MitarbeiterInnen sehr zugewandt ist, der zuhört und handelt. Er fordert sehr viel, ist akribisch, konsequent, aber auch sehr sensibel. Er ist definitiv kein autoritärer Machtmensch und ich hoffe, er bleibt dem Theater erhalten!
Aber das ist es ja: Die Hexenjagd auf den alten weißen Mann.
Ich finde das persönlich nicht richtig, wir können nicht per se alle in einen Topf schmeißen. Zu muss Wilfried Schulz muss ich sagen, dass er die Verantwortung hat. (...)
Aber trotzdem finde ich die Kampagne die gerade entsteht (...) mehr als gefährlich und nicht besser. Wir müssen einen Weg finden und zwar nicht gehen, sondern miteinander. Und die Rassismusdebatte sollte doch für die Normalität eines Miteinanders kämpfen. Momentan entstehen aber Feindbilder sondergleichen, die ganze Geschlechter miteinbeziehen und auch das Alter von Menschen. Es wehrt sich gleiches gehen gleiches und das ist fatal. Das Richtige daran ist, sich Öffentlichkeit gesucht und Recht eingefordert zu haben.
Anderswo ist (noch) schlechter, das muss man in Relation sehen, ist natürlich ein starkes Argument.
Was bleibt da noch vom emanzipatorischen Versprechen des Theaters? Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit auf die Bretter spielen (lassen) und sich hinter der Bühne an nichts davon halten, das passt nicht mehr in den Zeitgeist, das passt nicht mehr ins Hier und Jetzt.
Die Menschen wollen heute wissen, was in der Wurst drin ist oder sie lassen sie gleich links liegen.
Glück Auf.
#29 ich z.B. habe nirgends gesagt, dass sich hier gleiches gegen gleiches wehrt. Das glaube ich nämlich auch nicht. Aber das ist bei diesem ganzen Thema eben auch ein Problem - dass mensch scheinbar die Gegenperspektive weder nachvollziehen noch zulassen will.
So viel zum Komplexitätsbewusstsein und differenzierten Diskurs..
Ich finde auch so manches an den Schulz-Verteiger:innen hier zu einfach und fragwürdig (z.B. den Hexenjagd-Begriff, denn das diskreditiert Herrn Iyamus gerechtfertigte Veröffentlichung der Geschehnisse oder den Begriff der White Person of Color). Aber eben auch Ihre "Machtstruktur"-Soße. Und dieses Zusammenwerfen jeglicher anderer Perspektiven, die nicht nur im Kern verschieden sind. Am Ende ist das eben auch eine Simplifizierung einer gesellschaftlichen Herausforderung, die dem Thema einfach nicht gerecht wird und dann muss mensch sich nicht über eine Spaltung der Gesellschaft wundern. Und die Rechten schauen zu und freuen sich.
Ich habe einfach folgendes kritisiert:
Ron Iyamu kündigt in seinem Instagram-Post an, dass sich weitere Opfer aus der ganzen Theaterlandschaft bei ihm gemeldet haben und er das in naher Zukunft veröffentlichen möchte. Natürlich völlig in Ordnung. Die FR macht daraus "Eklat: Rassismus und Sexismus am Düsseldorfer Schauspielhaus - Weitere Opfer melden sich". Es heißt eben nicht "Ron Iyamu kündigt an: weitere Opfer werden veröffentlichen" o.ä. Sondern es klingt so, als ob der FR eigene Quellen vorliegen würden, dem ist aber nicht so, sie beziehen sich auf einen Instagram-Post, ohne Verifizierung des Behaupteten. Das wird ganz simplen journalistischen Standards nicht gerecht und das kritisiere ich. Zum Thema journalistische Standards können Sie sich ja gerne mal in der Buchhandlung Ihrer Wahl umschauen..
NOCHMAL: Das bedeutet ja nicht, dass die Ankündigung von Ron Iyamu nicht stimme. Aber ein Instagram-Post und einen Zeitungsartikel darf mensch nach unterschiedlichen Kriterien bewerten. Was Iyamus Post rechtfertigt, rechtfertigt noch lange nicht lausige redaktionelle Arbeit. Und wenn so etwas nicht mehr kritisiert werden darf, wenn der Zweck eben doch alle Mittel heilt, dann geht bei mir aber sowas von der BS-Alarm los, liebe:r bs....