Medienschau: Tagesspiegel – René Polleschs Nonchalance verärgert

Unverschämt ehrlich

Unverschämt ehrlich

19. Januar 2022. "So macht man Theater kaputt", wettert Rüdiger Schaper vom Tagesspiegel gegen Volksbühnen-Intendant René Pollesch, der in dieser Spielzeit nicht nur an seinem eigenen Haus ("eher lauwarm und müde") inszeniere, sondern auch am Deutschen Theater - ebenfalls in Berlin.

"Polleschs Nonchalance ist ohne Beispiel", schreibt Schaper. "Frank Castorf wäre nicht auf die Idee gekommen, als frischer Volksbühnen-Chef an einer anderen Berliner Bühne zu arbeiten."

Obendrein "unverschämt ehrlich" ("Pollesch interessiert sich nur für Pollesch") findet Schaper auch, was er von dem Künstler jüngst im Theaterpodcast von Deutschlandfunk Kultur und nachtkritik.de vernahm. Dort äußerte Pollesch: "Ich weiß gar nicht, was Intendanz heißt, was eigentlich meine Aufgabe wäre. Ich weiß, dass verschiedene Leute am Haus wissen, wie so ein Theater funktioniert. Das sind Leute, die so ein Theater am Leben halten. Ich bin regieführender Intendant und ich schreibe auch – und das werde ich auch weiterhin tun."

(tagesspiegel.de / chr)

Kommentare  
Medienschau Pollesch: Gähnende Leere
Interessant, dass Schaper in seinem Kommentar nicht auf den ärgerlichsten Punkt der Volksbühnen-Spielzeit eingeht: Die gähnende Leere im Spielplan. Sogar wenn die aktuellen Pollesch-Inszenierungen spannend wären, sind es jedenfalls wenige. Sonst fast nichts. Tagelang überhaupt keine Aufführung in den verschiedenen Spielstätten. Ich bin gespannt, wie lange die unverbrüchlichen Pollesch-Apologeten da noch die Augen verschließen wollen. Letztlich passiert mit dem Haus derzeit nicht viel mehr als unter den beiden Übergangsintendanten. Kein Land in Sicht.
Medienschau Pollesch: schlimm
Das System Pollesch hat nur funktioniert, als er sich hinter einem Großen, Castorf, verstecken konnte. Seit er auf dem Intendantenstuhl sitzt, wirkt er wie ein unbeholfener Junge, der uns ständig seine kleine Welt und seine Kumpels zeigt (Wuttke, Angerer,..).
Verantwortung wird verteilt auf die Träger:innen. Wird das Gehalt auch geteilt?
Wenn er Regie führen und weiterhin schreiben will, warum muss er dann zusätzlich Intendant sein?
Medienschau Pollesch: Zerstört
In ungezählten Interviews vermarktet Pollesch eine neue Arbeitspraxis. Künstler und Künstlerinnen, "brothes in crime", die ein Theater prägen, Der Spielplan zeigt nicht nur große Lücken, sondern neben Pollesch das, was irgendwo zwischen Freiburg, Thalia Theater und Münchener Kammerspielen gearde so läuft. Das mutigste Experiment war noch die Produktion von P14 auf der großen Bühne und dass es gescheitert ist, ist eigentlich nicht wichtig. Ansonsten das esoterische Theater der Susanne Kennedy (die Nahtoderfahrung, Reinkarnation...), dass es schon bei Dercon ud Dörr gab, Mundruczo, der bei Netflix arbeitet. Auch bei Castorf gab es osteuropäisches Kunstgewerbe und Arbeiten, die man nicht unbedingt hätte sehen müssen. Das war aber nebensächlich und fiel nicht weiter auf. Jetzt ist die Volksbühne ein ganz normales, schlecht laufendes Stadttheater. Castorf hat in einem Interview gesagt, man hätte die Volksbühne Vegard Vinge und Ida Müller übergeben sollen. Dann wären sie vielleicht nach drei Jahren gescheitert, aber sicher auf einem anderen künstlerischen Niveau als jetzt Pollesch. Wirklich bitter ist, wie nachhaltig Tim Renner ein Theater mit einer Arbeitspraxis zerstört hat, von der Pollesch jetzt nur in Interviews redet.
Medienschau Pollesch: Kleine Korrektur
"Frank Castorf wäre nicht auf die Idee gekommen, als frischer Volksbühnen-Chef an einer anderen Berliner Bühne zu arbeiten." Nur eine kleine Korrektur dazu: 1996 war Frank Castorf vielleicht nicht mehr ganz frischgebacken, aber da hat er immerhin am Berliner Ensemble den "Auftrag" von Heiner Müller inszeniert. Es war übrigens eine lausige Aufführung.
Medienschau Pollesch: Milieu-Theater
@3 Witzig, dass immer noch alleine Tim Renner schuld sein soll. Es war ja wohl Klaus Lederer der den bestellten Intendanten Chris Dercon behindert hat, wo er konnte - um dann, als dieser endlich entnervt geschmissen hat, seinen großen Traum eines ewig ostigen, linksalternativen Milieu-Theaters zu präsentieren, das mit Pollesch an der Spitze einen einzigen Anachronismus darstellt. Wie übrigens auch Lederers Partei, die bei der Bundestagswahl fast ebenso spektakulär abstürzte wie die Nostalgie-Bude für gepflegte Ü40er am Rosa-Luxemburg-Platz.
Medienschau Pollesch: keine Hintertür
@5 Dercon hat sich selber ins aus befördert. lederer war sicherlich kein liebevoller senator. aber die konzeption des spielplans, das sprachlich ästhetische geschwurbel, die fehlenden zuschauer, ausgehende geld hat der intendant am ende zu verantworten. das der senator ihn dann zum rücktritt gedrängt ist ist dann wahrgenommene verantwortung durch den dienstherren. Tim Renner hat mit Rückendeckung durch den regierenden diesen ‚putsch‘ gegen ein erfolgreiches theater tatsächlich allein zu verantworten, da gibt es keine hintertür aus der historischen schuld. immer noch lesenswert dazu die gr hintergrundreportage von peter laudenbach und compagnion (sz glaube ich).
Medienschau Pollesch: Nachtkritik?
Ob und wann auch die Nachtkritik-Redaktion irgendwann ein kleines kritisches Wort wagen wird?
Medienschau Pollesch: Der gescheiterte Träumer
Chris Dercon wollte mit internationalen Künstler*innen in allen Gattungen produzieren. Vieles funktionierte nicht, die Eröffnungsproduktion Dau wurde von der Stadt nicht genehmigt, dafür die öffentliche Demontage des Räuber-Rades. Dercon wurde auch auf nachtkritik zur Unperson erklärt, weil er von einem anderen Theater träumte... Und Pollesch? Hat die alte Fahne gehisst, die gealterten Recken eingeladen und glänzt durch die Abwesenheit von Programm und Elan. Da ist mir der gescheiterte Träumer Dercon allemal lieber...
Medienschau Pollesch: Luftiger Traum
Von welchem Theater hat Dercon denn geträumt? Er ist auch auf Nachtkritik nicht zur Unperson erklärt worden, man hat nur aus diesem vermeintlichen Traum die Luft herausgelassen.
Medienschau Pollesch: Immer mit der Ruhe
Nach Veränderung rufen alle, die sich langweilen- Herr Schaper konnte Pollesch noch nie ausstehen, es hat scheinbar persönliche Gründe. Denn wer hat denn die Volksbühne bei Weitem öfter ausverkauft als Castorf? Das war Pollesch, der für das Haus im Angesicht vieler oft grauenhaften groben an der Kasse erfolglosen Castorf-Regieuntaten den Schnitt gemacht hat. Oft schon totgesagt, dann doch immer wieder überraschend auferstanden. Abwarten. Herr Schaper sollte sich vielleicht auch einmal das seit jahren andauernde Grau in Grau auf den anderen Berliner Bühnen kritisch anschauen, anstatt sein zackiges Urteil aufgrund von Animositäten zu treffen. Und Rois, Hinrichs und Angerer als "Recken" abzuwerten wäre in einem Land wie Frankreich oder Italien undenkbar. Seid doch froh, dass ihr die sehen könnt. Mein Gott. Wird schon werden.
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