Presseschau vom 9. Juli 2011 – Marina Abramovic über Schmerz, Privatleben und ein Institut, das sie kommendes Jahr gründen wird
Schmerzen müssen sein
Schmerzen müssen sein
9. Juli 2011. "Ich glaube, der Stellenwert der Performance-Art an sich ändert sich gerade, sagt Marina Abramovic im Gespräch mit Katja Huber (taz, 9.7.2011): "Jedes Mal, wenn es der Wirtschaft schlecht geht, werden die Performer wieder lebendig. Performen kostet eben lächerlich wenig, fast nichts. (...) Mit der Finanzkrise und dem Kollaps des Kunstmarkts hat sich die Vorstellung von Kunst als Ware wieder extrem relativiert. Plötzlich ist wieder wieder klarer, dass es bei Kunst nicht nur um Geld geht."
Und warum setze sie sich in ihren Performancese permanent dem Schmerz aus, fragt Huber. Antwort: "Ich setze mich dem Schmerz nicht wirklich bewusst aus. In meinem Privatleben versuche ich, Schmerz zu vermeiden. Ich mag Schmerz auch gar nicht. Aber denken wir doch mal über den Menschen und über die Kunst nach: Die wenigen Dinge, mit denen Menschen noch immer Probleme haben, sind ihre Sterblichkeit, Leiden und Schmerz. Davor haben wir Angst."
Sie habe in ihrer Arbeit schon früh herausgefunden, "dass ich mich nicht verändern werde, solange ich immer nur Dinge tue, die ich mag. Nur wenn du Dinge machst, vor denen du Angst hast, die du nicht wirklich kennst oder die sogar völliges Neuland für dich sind, nimmst du neue Perspektiven ein".
2012 wird Abramovic in Nw York ein eigenes Institut eröffnen: "Ich habe ein sehr großes Gebäude gekauft, am Hudson, in das 1.500 Leute passen, und dort wird nicht nur Performance stattfinden, sondern auch Oper, Tanz, Video und Film. Der einzige, aber große Unterschied zu allen andern Instituten ist: Alles was dort stattfindet, dauert mindestens sechs Stunden." Denn "nur Kunstwerke, die andauern, die sehr lange dauern, können dich wirklich verändern".
Außerdem erzählt Abramovic, dass sie alle fünf bis sechs Jahre ihr Leben zu Theater mache.
Jetzt dürfe man sich auf "The Life and Death of Marina Abramovic" von Robert Wilson freuen: "Ich spiele mich selbst, es wird 12 verschiedene Marinas geben mit unterschiedlichen Masken. William Dafoe wird der Erzähler sein."
Ein Privatleben habe sie übrigens nicht: "Alles, was ich tue, ist mehr oder weniger meiner Arbeit gewidmet. Es ist wirklich interessant, in meinem sogenannten wirklichen Leben habe ich überhaupt keine Zeit."
(dip)
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