Der Theater-Kummerkasten
So wollen wir nicht mehr arbeiten!
29. Januar 2014. Am Wochenende hat sich die Dramaturgische Gesellschaft zur Jahreskonferenz "Leben, Kunst und Produktion. Wie wollen wir arbeiten?" getroffen. Hier unser Tagungsbericht von Stefan Bläske.
Am Rande dieser Tagung (und auch sonst) erzählen Theatermitarbeiter, dass sie vor lauter Arbeit, Abenddiensten etc. im letzten Jahr eigentlich nur Inszenierungen am eigenen Haus sehen konnten. Dass sie die einzigen Stunden außerhalb des Theaters bei der Physiotherapie verbringen. Man hört von More-than-Fulltime-Mitarbeitern, dass sie am Ende jeder Vorstellung nun auch noch Werbezettel verteilen sollen (während das Einlasspersonal aus Einspargründen längst zuhause ist). Man hört von Leitungen reicher Theater, die ihren unbezahlten Hospitanten nicht mal ein bisschen Geld geben wollen, wenn diese als Beleuchtungsstatisten einspringen. Von Intendanten, die gerne mündliche Zusagen machen und nicht einhalten. Von Geschäftsführenden Direktoren, die es während achtwöchiger Probenzeiten nicht hinbekommen, den Vertrag eines Gastes fertig zu machen. Von solchen, die Reisekostenabrechnungen von Mitarbeitern, die sie nicht mögen, einfach "verlieren". Man hört von tristesten Unterbringungen der Regieteams, und von Häusern, die ihr Ensemble nur von September bis Mai bezahlen und in den Theaterferien arbeitslos sein lassen. Das alles sind freilich nur unzuverlässige Beispiele aus zweiter Hand, und so interessiert uns: Was sind Ihre Erfahrungen und Erlebnisse im "Traumberuf am Theater"?
Ihre Stimme ist gefragt. Schreiben Sie auf, was Sie besonders stört: Was ist ein No-Go an Ihrem oder einem anderen Haus? Wie viel verdienen Sie eigentlich, bei welcher durchschnittlichen Arbeitszeit? Was muss sich ändern, damit Sie wieder lieber arbeiten?
(Hinweise auf konkrete Theater und ihre Akteure, die für die Redaktion unüberprüfbar sind, können wir hier nur gekürzt bzw. anonymisiert veröffentlichen – es sei denn, der betreffende Kommentator schreibt unter Klarnamen, der von der Redaktion authentifiziert werden kann.)
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nicht "kuratorische" fantasien sind gefragt sondern kunst!den gedanken, die gesamte bevölkerung, so heterogen sie auch sein mag, ins theater bringen zu müssen sollte man geflissentlich hinterfragen.kunst nurmehr als produkt zu betrachten, erschwert den blick auf das wesentliche.der rezensent hat offensichtlich auch niko paechs thesen nicht richtig verstanden, denn seine theorie hat nichts mit einer "schrumpfung" von theatern zu tun.so lange in einer durch und durch neoliberalen gesellschaft operiert wird, ist als erstes angesagt diese gesellschaft zu hinterfragen. und dies ist die aufgabe von kunst, die sie jedoch in neoliberalen strukturen immer weniger bis gar nicht mehr wahrnehmen kann. dies gilt gleichsam für die sog. "freie" szene, da diese ja auch am tropf neoliberaler institutionen hängt.
also ran ans grundsätzliche!!!
(Sehr geehrter Traumberufler, Hinweise auf konkrete Theater und ihre Akteure, deren Interna für uns unüberprüfbar sind, können wir nicht veröffentlichen. Sie würden mithin gekürzt und anonymisiert freigeschaltet. Kommentare unter Klarnamen, die von der Redaktion authentifiziert werden konnten, können weitergehende Infos bereitstellen. Mit freundlichen Grüßen, Redaktion nachtkritik.de)
Als solcher arbeitete ich fast 30 Jahre, und zwar unter den gesellschaftlichen Verhältnissen in der DDR und nach 1990 im vereinigten Deutschland. In den 1980er Jahren betreute ich pro Saison zwei, manchmal drei Inszenierungen in der Oper Leipzig und in der Musikalischen Komödie. Ich konnte mich intensiv in die Vorbereitung einer Inszenierung einbringen - von der Entscheidung für eine Fassung über die Erarbeitung einer Konzeption bis hin zu regelmäßigen Probenbesuchen. Hinzu kamen ausführliche Lektorate, um fundierte Vorschläge für den Spielplan unterbreiten zu können. Von dem Luxus, für Programmhefte Originalgrafiken in Auftrag zu geben, will ich gar nicht weiter schreiben. Aber schon als Chefdramaturg der Schweriner Philharmonie erhielt ich eine Menge zusätzlicher Aufgaben, aber es hielt sich noch in Grenzen. Wieder in Mitteldeutschland zurück, diesmal als Chefdramaturg in Wittenberg, musste ich alle Inszenierungen des Musiktheaters und des Schauspiels betreuen, die Programmhefte für die Konzerte gestalten, das Jahresheft realisieren und die gesamte Medienarbeit bewältigen.
Auf meiner bisher letzten Station in Flensburg (SH-Landestheater)
blieb die Mehrfachbelastung im Musiktheater und Konzert. Und ich war ständig zwischen mindestens sieben Städten unterwegs, um vor Vorstellungen und Konzerten Einführungen zu halten, Publikumsgespräche, konzertante Aufführungen und Galas zu moderieren. Letzteres machte mir durchaus Spaß. Ich deutete eine
Entwicklung an: Die Aufgaben eines Dramaturgen verlagerten sich immer mehr von der Mitarbeit im Inszenierungsteam in den Bereich der Öffentlichkeit. Ob man dazu unbedingt Theater- und/oder Musikwissenschaft studieren muss, das bezweifle ich. Ich hatte immerhin das Glück, nach 1990 angemessen bezahlt zu werden, allerdings riss die Pendelei zwischen Wohn- und Arbeitsort gewaltige Löcher ins Budget. Ein Umzug bei jedem Engagementswechsel wäre angesichts der befristeten Verträge zu riskant gewesen. Dass das Familienleben, so etwas gibt es tatsächlich außerhalb des Theaters, darunter litt, leuchtet wohl ein. Soweit soll es genügen aus dem Leben eines Dramaturgen.
Exmecklenburger
Ganz im Gegenteil! Man hat viel gelernt in den letzten Jahren! Heute geht es tatsächlich um die Wurst. Das Theater hat an Stellenwert massiv eingebüßt und spielt de facto in einer heterogenen Gesellschaft wie der unsrigen kaum noch eine Rolle.
Dies ist ein zum großen Teil auch selbstverschuldeter Zustand, der
schlicht mit den Strukturen zu tun hat! Strukturen hinterfragen und Verkrustungen aufbrechen. Den Diskurs öffnen und der Kunst endlich wieder eine Chance geben. Darum sollte es gehen! Zudem ist es an der Zeit diese Arbeitsbedingungen nicht mehr hinzunehmen.
Man stelle sich vor, das künstlerische Personal stelle ein paar Tage geschlossen die Arbeit ein. Dann würden alle anderen am Haus sich zu Recht fragen, was sie da eigentlich machen...oder eben nicht machen!!!
@Ex Mecklenburger: Niemand sagt, es braucht nicht Leute mit Visionen, niemand will "schwache" Regisseure. Es braucht Macht-Monster, aber nicht von der Struktur vorgegebene Kapellmeister, die mit den SchauspielerInnen machen können, was sie wollen (ganz schlimm, wenn sie nicht wissen, was sie wollen, aber so tun, das ist das ALLERSCHLIMMSTE). Mehr Anarchie. Mehr Diversität. Es gibt starke SchauspielerInnen, die sich montrös durchsetzen können, warum nicht? Es gibt zarte, weiche ZuschauerInnen, die gute Tipps geben, warum nicht? Ganz sicher ist die von dem Staat definierte Regie/Dramaturgietheaterstruktur stärker als die Menschen, die sich in ihr bewegen. Nur wegen dieser Struktur haben oft die charakterschwächsten Menschen das sagen, die Machtgierigen und nicht die Begabten. Und beispielsweise auch die, die das Leben im Betrieb über das Familienleben setzen. Auch das ist gar nicht gut.. es braucht im Theater Menschen, die auch ein Leben neben dem Betrieb führen.. im Betrieb aber herzhafter fighten für besseres Theater... und nicht nur die Schleicher, die sich im momentanen System hochdienen.
Wunderbar wahr!!!!
Die Beschreibung ist treffend und ist zudem ein Abbild der Gesamtgesellschaft im Kleinen...leider!!!!
Das Theater bildet die Neoliberale Struktur der Gesellschaft 1:1 ab.
(hierzu sei das Buch "die Kritik des Theaters" von Stegemann empfohlen)
Inzwischen wird Stellenbewerbern an diesem Theater gesagt, dass man keine Abschlussinszenierung bekommt.
Kann mir das jemand erklären?
Mutmaßung: Die Zahlen der Stadt gegenüber müssen stimmen. Ein erstmals inszenierender Assistent ist ein Anfänger, ein Risiko.
Frage: Früher war das mal ein Ausbildungsberuf. Hat eine Leitung nicht eine gewisse Verantwortung seinem "Personal" gegenüber? In anderen Betrieben ist das so ... Und ich habe gehört, das Theater sei auch einer.
Offensichtlich hatte da jemand Angst vor künstlerisch ernsthafter Konkurrenz. In einem gut geführten Theater kümmert man sich um den künstlerischen Nachwuchs, doch leider dominiert das Streben nach Selbstverwirklichung immer stärker, soll doch jede(r) sehen, wo er bleibt. In diesen Zusammenhang gehört auch, dass Intendanten mit ihrem Team von Theater zu Theater ziehen, um "ihr Ding zu machen".
Wer zum Vorgänger gehörte, wird entlassen, was in der Sprache der Bühnen-Verträge Nichtverlängerung heißt. Das neue Team macht oftmals fast das Gleiche wie am Theater zuvor, gibt es aber als "die" Erneuerung aus.
Um noch einmal auf den Anfang zurück zu kommen: Ich hatte noch das Glück, von wohlwollend-strengen Theaterpatriarchen gefördert zu werden, aber die Zeiten änderten sich.
Exmecklenburger
Beklagenswert ist anderes und hier schon oft Gesagtes: Tarifliche Unterschiede, hohe Belastung, Unflexibilität des existierenden Systems, fehlende Zeit, um sich ernsthaft mit einer Zukunft zu beschäftigen, die etwas anderes bringen muss als den ewigen Kanon zwischen Ibsen, Büchner und Shakespeare runterzubeten.
Als Regisseur in der Wachstumsbranche Kindertheater verdiene ich 4000.- für eine Inszenierung! Jeder kann ausrechnen, wieviele Produktionen für ein notwendiges Jahreseinkommen ich akquirieren, vorbereiten und durchführen muss und kommt schnell drauf, dass es anders als in einem komplett unproduktiven Akkord nicht funktioniert.
Und weil die Kindertheater eben kein realistisches Honorarbudget bekommen, werden zunehmend bescheidene Kollegen engagiert, die ihre Gage eigentlich nicht brauchen, also Festengagierte ("mal was anderes ausprobieren"), Studenten ("jungen Leuten eine Chance geben"), Rentner ("ab und zu nochmal was am Theater machen") etc.
Das ist für die jeweilige Person sicher schön und kann im Einzelfall auch zu wunderbaren Ergebnissen führen.
Aber im Prinzip ist das nicht mehr als Nachlassverwaltung!
(Ja. - die Redaktion)
gar zu langweilig wird auf den brettern die die welt bedeuten . . .
Wird es aber auf Dauer, da hilft kein Beten. Und für die Sektenmitglieder macht das Singen des Kanons nach wie vor Spass, klar. Aber ob dann Neue in die Kirche kommen? Ich bewege mich seit 30 Jahren in der Theaterwelt. Und kann meine Freunde außerhalb für dieses Medium nur schwer erwärmen. Die kommen höchstens, wenn ich mitspiele. Und interessieren sich ansonsten durchaus für jede Art von Kultur: bildende Kunst, Literatur, Kino, TV Serien, Musik. Nur nicht für Theater. Und, ehrlich gesagt: Wenn ich jetzt nicht da zu tun hätte, ging´s mir genauso. Jetzt schon wieder Faust gucken, weil ich den Schauspieler kenne? Nö. Mach ich nicht mehr. Und in den Kantinen wird sich doch sowieso über die neue Folge von "breaking bad" o.ä. unterhalten, wie hier schon mal an anderer Stelle bemerkt...das muss doch was bedeuten!! Und zwar auch für die Macher.
Bezüglich der Foyerarbeit wünsche ich mir Transparenz bis hin zur Leitungsebene und mehr Kontakt und Interesse von Seiten derselben gegenüber dem "Vorderhaus". Konkret: Es sollte z.B. auch transparent gemacht werden, warum Foyerangestellte bei Betriebsratswahlen des Theaters nicht mitwählen dürfen und um was es da eigentlich geht. Ich erlebte, dass nur Unterschriften gesammelt wurden, dass Foyerangestellte nicht daran teilnehmen sollen. Ohne weitere Begründung. Outsourcing ohne Arbeitnehmerrechte ist nicht dem Prinzip des Gemeinsamen förderlich.
Ich habe als Dramaturgiehospitantin und Regieassistentin an einem Berliner Theater gearbeitet. Zunächst habe ich im Team und im Umgang mit dem Regisseur die Wertschätzung meiner (unbezahlten Arbeit) erlebt, habe sehr viel investiert an Zeit und Kraft und dies auch gerne getan. Als Regieassistentin später habe ich mit einem anderen Regisseur wesentlich schlechtere Erfahrungen im sozialen Miteinander gemacht, und habe auch hier sehr viel Energie hineingesteckt. das ist naturlich wie überall sehr stark abhängig von den Jeweiligen Personen mit denen man zusammen arbeitet.
Es wird sehr viel diskutiert über Vereinbarkeit von Familie und Beruf, es scheint überall schwer zu sein, aber meine Erfahrung sagt mir ganz besonders im Theater ist es immens schwer. Ich habe einen Partner mit dem ich mir die Erziehung unseres Kindes teile, eine Kita... Aber auf Dauer sehe ich dennoch kein Licht am Ende des Tunnels. Dauerhaft so zu arbeiten wie ich es mir gewünscht hätte geht dann doch über meine Kräfte, zumindest wenn ich mit meinem Sohn mehr als fünf Minuten am Tag verbringen will. Ich werde mich wohl umorientieren müssen, auch wenn es sehr schwer fällt.
Warum haben Theater eigentlich keine eigenen Kitas? Bei den üblichen Arbeits-/Probenzeiten wäre das doch mehr als angebracht. Auch Halbtagsstellen sind absolute Raritäten.
Ich glaube inhaltlich könnten die Theater von diesen weniger belasteten Mitarbeitern die auch Erfahrungen ausserhalb des Theaterkosmos machen nur profitieren.
Zurück zu den grossen Städten: Immer schon hat man sich im subv. Theater nach Berlin, Hamburg oder München ausgerichtet, selten ernsthaft mit dem Ort beschäftigt, an dem man ist, weil man ja da hin will, wo die Titanen schon sind.
Und somit zurück zum Thema Zukunft der Stadttheater: mehr lokale Bezüge! Das bearbeiten, was in der Stadt passiert, in der du lebst! Auf ernste, aber auch unterhaltsame Weise. Es reicht einfach nicht, Ibsens Volksfeind aufzuführen, wenn in der Stadt die Kacke am Dampfen ist. Lokale Identifikation fördern!
Der intellektuelle Diskurs darüber ist ja auf Nachtkritik in vollem Gange. Mich interessieren dabei pragmatische Ideen und Ansätze. Eine Sitcom mit lokalen Anspielungen z.B.. Eine Serie, bei dem der Zuschauer gebannt darauf wartet, wie es mit der Familie, die bei ihm um die Ecke wohnen könnte, weitergeht. Late night Shows mit Personen des öffentlichen Lebens. Ein Podium für lokale Grössen. In den immer leerer werdenden Städten einen Treffpunkt für alle etablieren. Poetry Slam, Standupbühnen, Konzerte...der potenzielle Abonnent von heute will nicht achtmal Schauspiel sehen, glaube ich. Und ich habe den Eindruck, dass viele Leute sich heute in Theaterstücken ein wenig "eingesperrt" fühlen und nicht zu Unrecht eine gewisse "intellektuelle Geiselnahme" befürchten. Die gehen lieber ins Foyer zu Lesung oder Liederabend, da können sie ein Bier trinken und gehen, wann sie möchten.
Wenn man dann so was vorschlägt, heisst es immer, dass man mit dem Stücke für Abos produzieren so ausgelastet sei, dass nix mehr daneben geht. Da aber bei den "normalen" Produktionen eh schon vorne und hinten gespart wird, könnte man ja mal auch an Personal sparen und statt in der nächsten Premierenrunde wieder die Ensemblevollbeschäftigung zu suchen, könnte man ja mal drei, vier Leute freistellen, die sich um so was kümmern möchten. Macht man mal Fräulein Julie statt Nora. Oder die älteren Kollegen spielen was für die älteren Abonnenten...
Wenn der Anteil an solchen Veranstaltungen kontinuierlich wächst, hat man ne gute Chance.
Hier darüber reden und Ideen zu sammeln, wie man neben dem "Pflichtbetrieb" Perspektiven aufzeigen kann, fänd ich ne andere Dimension als den Kummerkasten.
Mich würde wirklich interessieren, wie eingangs von nachtkritik angeregt wurde, wieviel arbeitet ihr in der Woche? Wie sieht es mit dem Sozialleben außerhalb des Theaters aus? Gibt es Erschöpfungs- und Ermüdungszustände? Wie geht ihr damit um? Weitermachen, weil es ja alle anderen auch tun?
Geht es nur mir so, das ich nicht annähernd alles unter einen Hut bekomme (Familie, Kinderbetreuung, eigene psychische Gesunderhaltung und das Theater)?
Liebe ich diesen Beruf also nicht genug, wenn ich aufgebe? Oder warum macht ihr weiter? Warum ändert sich nichts an den Arbeitsbedingungen? Folgen wir brav dem Diktat das Kunst = totale Aufopferung bedeutet? Was unterscheidet uns denn tatsächlich von jenen Arbeitern in der Wirtschaft, Managern, Politikern?
All diese Fragen interessieren offensichtlich immer noch nicht genug
Theaterleute...leider. Inzwischen ist es jedoch bereits 5nach12.
Ist es auch hier eine Umgebung der Angst, die es verhindert offen zu schreiben..selbst unter einem Pseudonym??
Die ganz jungen unter uns wollen es vllt. hinnehmen, in der Hoffnung weiter nach "Oben" zu kommen...doch wo ist dieses "Oben"??
Es sind die allerwenigsten, die sich beruhigt zurücklehnen können...was immer das bedeuten mag.Ich stelle "Burnout" Symptome stark vermehrt fest. Nicht nur bei mir selbst.Oftmals ist es zum Stress auch noch die offensichtliche Sinnlosigkeit des eigenen Tuns.Künstlerisches Denken und Handeln sind oftmals nicht gefragt..
Vielmehr geht es darum zu funktionieren.Dies am allerbesten ohne irgendwelche Fragen zu stellen.Die "Quote" muß stimmen. (die "Quote", die geschönt und gebogen wird wo es nur geht!!). Wenn wir Künstler nicht aufbegehren gegen diese unsäglichen Strukturen und Hierarchimodelle, wird es zu Kollaps kommen.Wir müssen die Strukturen hinterfragen und nicht halbherzig vorgehen.
Klar..man liebt den Beruf...aber gerade deswegen sollten wir wachsam sein und das Ruder wieder selbst in die Hand nehmen!!
Ja und hier sind doch gerade die etablierteren "oben" gefragt. Wenn man als Neueinsteiger die Strukturen hinterfragt wird man ja ansonsten aussortiert ehe man seine Fähigkeiten unter Beweis stellen kann.
Was ist mit den Intendanten, den Chefdramaturgen? Geht es nicht doch anders? Ich habe flache Hierarchien bisher vielleicht innerhalb einer Produktion erlebt, wo es darum geht jeden (auch Hospitanten und Assistenten)thematisch einzubeziehen. Aber keine Abweichung von den üblichen Arbeitszeiten/Bedingungen. Und weiterhin schwebt über jeder Produktion ja der Alleinherrscher Intendant - der viele Zustände in seinem Haus gar nicht kennt, weil vor ihm ja wirklich alle kuschen...
Das verdirbt mir ein bisschen die Lust aufs Regisseurin werden. Ich liebe diese Kunst und will dass sie immer Teil meines Lebens ist. Aber nicht um jeden Preis. Ich habe ja schon oft Kritik am Theater in seiner heutigen Form gehört, gelesen und live mitbekommen. (Unsere Regieassistentin hat 450/monat für 50h/woche bekommen!!!) Aber dass es so arg aussieht und von so vielen Seiten bestätigt wird, ist alarmierend.
Leider wird es mich trotzdem nicht davon abhalten diese Laufbahn einzuschlagen, ich hoffe wir können in Zukunft gemeinsam etwas erreichen...