Presseschau vom 3. November 2011 – der Tagesspiegel mit einer To Do-Liste für den neuen Berliner Kultursenat

Konstante Castorf

Konstante Castorf

3. November 2011. Im Tagesspiegel blickt Rüdiger Schaper auf die schrumpfende Berliner Intendantenlandschaft und stellt fest: die oder der neue Kultursenator (die beiden wahrscheinlichsten Kandidaten Wowereit/Schmitz (SPD) und Monika Grütters (CDU) wären Schaper zufolge "beide eine gute Wahl") wird nach ihrer/seiner Ernennung Mitte November "dann sogleich vor einer Reihe wegweisender personeller Entscheidungen" stehen. Besonders die Weggänge von Gorki-Intendant Armin Petras und Ballhaus Naunynstraße-Leiterin Shermin Langhoff rissen große Lücken, so Schaper.

Es sei in Berlin eben nicht alles auskömmlich finanziert, oder andersherum: "Gerade die prekären Spielorte bewirken kreative Schübe, wie einst in der freien Szene." Wenn das so bleiben solle, werde es immer wieder bittere Abgänge geben. "Stuttgart und Wien haben mehr Geld." Und das künstlerische Arbeiten in der Hauptstadt verschleiße schneller als anderswo.

Tatsachen und Behauptungen, die Frank Castorf nicht zu berühren scheinen – mit bald 20 Jahren als Intendant der Volksbühne hält er den Rekord und ist laut Schaper in dieser Zeit "vom Revolutionär, der das Theater nach der Wende (und davor, in der späten DDR) aus den Bunkern heraus sprengte" zum "Fidel Castro von Berlin" geworden.

Nun zeichne sich allerdings ein Ausstiegsszenario ab. Denn wenn Castorf tatsächlich 2013 auf den Grünen Hügel von Bayreuth ziehen werde, dann stelle sich die Frage: "Wie will einer das schaffen in nicht einmal zwei Jahren: Wagners "Ring" neu erfinden und nebenbei noch ein Haus in Berlin leiten, das dringend eine starke Intendanz braucht?" Allerdings habe ein Berliner Intendantenkollege die Stemmbarkeit einer solchen Doppelbelastung ja bereits bewiesen: Jürgen Flimm, zu seinen "Ring"-Zeiten außerdem noch am Hamburger Thalia Theater, jetzt an der Berliner Staatsoper. Wie wird es mit Castorf und Berlin weitergehen? Rüdiger Schaper spricht dem Volksbühnen-Urgestein eine leise Empfehlung aus: "Wenn er aber doch nicht Castro sein will, dann vielleicht Wotan. Der Götterchef inszeniert im "Ring" seine Dämmerung, den eigenen Unter- und Abgang, zum Wohle der Menschheit, wie es heißt. Mit der Symbolik wird Castorf sich auseinandersetzen müssen."

(Tagesspiegel/sd)

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