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Der Berliner Landesverband Freier Theater kritisiert das Vorgehen des Senats
Respektlos
Berlin, 11. September 2009. "Das Berliner Fördersystem zwingt weiterhin zur Selbstausbeutung", schreibt der Berliner Landesverband Freie Theaterschaffende in einer Pressemitteilung. Er bezieht sich damit auf ein Gutachten zur freien Tanz- und Theaterszene in Berlin, das am 3. September vorgelegt wurde. Mit diesem Gutachten macht eine vom Senat eingesetzte Jury Vorschläge für die Konzeptförderung von 2011 bis 2014. Zur dieser Jury gehören die Theaterkritiker Ute Büsing und Patrick Wildermann sowie der Geschäftsführer des Festivals Theaterformen Hannover/Braunschweig Eberhard Wagner.
Für den Doppelhaushalt 2010/2011 wurde der Fördertopf um 625.000 Euro aufgestockt, gleichzeitig wurden ihm aber 2 Millionen Euro entzogen, um mit dieser Summe einen eigenen Haushaltstitel für das Renaissance Theater zu schaffen. In diesem Jahr standen der Jury insgesamt 3.300.700 Euro zur Verfügung. Im Gutachten der Jury heißt es dazu: "Mit der prosperierenden Theaterlandschaft schmückt man sich gern und gratis."
Das Modell der Konzeptförderung wurde 1999 als zweite Säule neben der Projektförderung geschaffen. Alle vier Jahre können sich privatrechtlich organisierte Theater und freie Tanz- und Theatergruppen bewerben. Ursprünglich betrug der Etat 8,8 Millionen Euro. In der letzten Vergaberunde, 2007, standen aufgrund von kontinuierlichen Kürzungen noch 4.675.700 Euro zur Verfügung.
Die Jury hat nun eine "mangelnde drängende Bewegung innerhalb der freien Szene" festgestellt, dies aber ausdrücklich auf die fehlende Finanzierung der Bühnen und freien Gruppen zurückgeführt. Der Landesverband kommentiert dies so: "Hier wird eine Daumenschraube angelegt, der kein Gegengewicht in Form einer wie auch immer gearteten Verantwortung oder eines Respektes von Seiten der Politik für die erbrachten Leistungen der Gruppen und Bühnen gegenüber steht."
Mangelnden Respekt erkennt der Landesverband auch in dem auf knapp fünf Monate verkürzten Evaluierungszeitraum. Entgegen der Behauptung von Berlins Staatsekretär für Kultur, André Schmitz, derzufolge mit der Konzeptförderung positive kulturpolitische Akzente gesetzt worden seien, wendet der Landesverband ein: "Da in so wesentlichen kulturpolitischen Fragen Zynismus hoffentlich ausgeschlossen werden kann, muss von einer profunden Unkenntnis des Kultursenats über die Produktionsbedingungen der freien Bühnen und Gruppen ausgegangen werden."
(dip)
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es geht doch nur darum, das Haushaltsloch, das andere schwachmaten aufgerissen haben, vermeintlich nicht weiter wachsen zu lassen.