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Regisseur und Choreograph Johann Kresnik verstorben

Pionier des Tanztheaters

27. Juli 2019. Im Alter von 79 Jahren ist heute in Klagenfurt der Regisseur, Tänzer und Choreograph Johann Kresnik verstorben. Das meldeten seit dem späten Nachmittag diverse Medien, etwa der Deutschlandfunk. Johann Kresnik, ein Pionier des Tanztheaters, leitete in seiner Karriere die Tanzsparten in Bremen, Heidelberg, Bonn und an der Volksbühne in Berlin. Bekannt war er für sein leidenschaftlich politisches Tanztheater.

Johann Kresnik 280 Thomas AurinJohann Kresnik  © Thomas AurinAm 12. Dezember 1939 in St. Margarethen in Kärnten geboren, wurde er nach einer Lehre als Werkzeugmacher Statist an den Vereinigten Bühnen Graz. Dort entdeckte ihn der Ballettmeister Rein Esté. Johann Kresnik absolvierte eine Ballettausbildung und arbeitete ab 1960 als Tänzer in Graz und ab 1962 in Köln. Dort zeigte er 1967 seine erste Choreographie, "O sela pei", eine Collage aus Texten von Schizophrenie-Patienten.

1968 wurde Johann Kresnik unter der Intendanz von Kurt Hübner Regisseur und Choreograf am Theater Bremen. Dort blieb er bis 1979, um 1989 nach seiner Zeit als Ballettdirektor in Heidelberg zurückzukehren. In Heidelberg entwickelte Kresnik 1979 bis 1989 seinen eigenen Stil eines modernen choreografischen Theaters, in dem er sich, stets gesellschaftskritisch, auf Mittel aus Tanz, Schauspiel, Revue und Kabarett berief.

1994 wechselte er mit seinem Ensemble an die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, wo er bis 2002 das Choreographische Theater verantwortete. Von 2003 bis 2008 leitete er das Choreografische Theater der Stadt Bonn und war danach als freischaffender Choreograph und Regisseur für Oper und Schauspiel tätig.

Mit seinen Inszenierungen "Macbeth", "Ulrike Meinhof", "Frida Kahlo" und "Wendewut" wurde Kresnik 1988, 1990, 1992 und 1993 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. 1990 erhielt er den Berliner Theaterpreis.

Vorlage für Johann Kresniks Inszenierungen waren häufig die Biografien von Künstler*innen oder Politiker*innen wie Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Rosa Luxemburg, Gustaf Gründgens, Ernst Jünger und Hannelore Kohl. Stets politisch, war das Tanztheater des bekennenden Kommunisten und Atheisten Kresniks bildstark und bisweilen drastisch. Vor der Uraufführung von "Die 120 Tage von Sodom“ (2015) riet die Volksbühne Personen unter 18 Jahren von einem Besuch der Aufführung ab.

Als eine Inspiration für seine Bühnenarbeiten verwies Kresnik in einem Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur 2018 auf die Studentenproteste von 1968. Damals habe er gesehen, wie die jungen Leute, die eine politische Veränderung wollten, "ihre Körper in den Kampf hauen und schmeißen", so der Radiosender. Da sei ihm klar geworden, dass auch das Ballett für seine Position im Theater kämpfen müsse.

Johann Kresnik starb im Alter von 79 Jahren in Klagenfurt an Herzversagen. Noch Anfang Juli hatte in Wien die Neueinstudierung seines Balletts "Macbeth" aus dem Jahr 1988 das Festival ImPulsTanz eröffnet.

(Zeit Online / Deutschlandfunk Kultur / Welt / ImPulsTanz / Akademie der Künste / Wikipedia / eph)

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Kommentare  
Johann Kresnik: Ach Hans
Ach Hans, Du Tier, ich werde nie vergessen, wie Du bei unseren Proben bei „Wiener Blut“ 30 Wiener Pensionäre dazu gebracht hast, ihre Gebisse heraus zu nehmen und ihre Nationalhymne zu singen.
Du wirst sicher nicht in Frieden Ruhen, sondern denen da oben die Hölle heiss machen! Und das ist gut so! Farwell...
Johann Kresnik: Dank
Ein Riesenverlust. Kaum jemand außer ihm konnte so gezielt seine Verzweiflung und seine Wut, sein Wissen, seine intuitive Intelligenz in unvergessliche, aussagewuchtige Bilder und Vorgänge verwandeln. So viel Mut, so viel Gesicht gezeigt. So viel Entschiedenheit gegen alles Weichgespülte. Die Blutwanne in "Macbeth", die durchschnittene Zunge im letzten Bild von "Meinhof", die einbeinige Frida Kahlo und und und.... Danke, Hanns!
Johann Kresnik: schönste Volksbühnenzeit
Lieber Kresnik,
großartiges Tanztheater. Lange Zeit habe ich alles verfolgt, gerade an der Volksbühne. Du hängst in meinem Büro mit einem wunderschönen Foto. Danke für alles.
Johann Kresnik: ehrlich, kraftvoll, hartnäckig
Tschüss, lieber Hans!
Danke für deine ehrliche, kraftvolle und drastische Stimme. Die Hartnäckigkeit, mit der du deinem Anliegen treu geblieben bist. Mit so einem inneren Glühen.
Mir ist unser „Nussbaum“ unvergessen. Mach’s gut!
Johann Kresnik: ohne Nachgefolge
Es ist schon erstaunlich, wie gering die Versuche im Tanztheater ausgefallen sind, dem letzten Endes doch sehr erfolgreichen Kresnik auf die eine oder andere Weise nachzufolgen. Was und wen die Volksbühnenintendanten Dercon und Dörr in der letzten Zeit hingegen "zum Tanzen" brachte, waren gewiss nicht "die Verhältnisse". Fast könnte man meinen, mit dem Tod von Kresnik verabschiedet sich das gesamte Tanztheater im deutschen Raum von jedweder politischen Relevanz. Vielleicht ist es deshalb nur gut, dass sich Rene Pollesch demnächst bei den "Hüpfern" des Friedrichsstadtpalastes schon mal umschaut. Vielleicht wird er ja fündig, Obwohl ich mich in dieser Hinsicht rein intuitiv eher woanders umsehen würde.
Johann Kresnik: es existiert!
#5: Was machen jetzt nur all die begeisterten Maestro-Menschen, die Kresnik das Wasser gereicht und die Currywurst hinterhergetragen haben, wenn er sich von A nach B bewegte? Und all die armen zurückgebliebenen Rest-Ossis, die ohne Kresnik nie erfahren hätten, dass es einen Ernst Jünger mitsamt seiner Schriften und die RAF in der BRD gab? Und die ohne Kressnik nie im Leben vermutet hätten, dass Dr. Ulrike Meinhof in Stammheim eventuell mehr als nur mund-tot gemacht worden sein könnte? Und die ohne seine künstlerische Nachhilfe niemals verwundert hätten feststellen können, dass man z.B. vom Strafverteidiger zum deutschgrünen Politker eine beachtliche ideologische Wandlung durchmachen kann, wenn man erst einmal links-persilgewaschen nicht nur sauber, sondern rein genug für eine entsprechende Karriere geworden ist - ein Füchs, wer schelmisch Naund dabei denkt! -
Natürlich wird Kresnik fehlen! - aber die politische Relevanz des Tanztheaters besteht nicht zwingend in der gewählten, politisch relevanten Thematik einer Inszenierung, sondern darin, dass es existiert und sich als wesentlich non-verbales T h e a t e r behauptet.
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