Carl Philip von Maldeghem wechselt nicht nach Köln
Kalte Füße
1. Februar 2019. Wie das Land Salzburg soeben bekannt gab, bleibt Carl Philip von Maldeghem Intendant am Landestheater Salzburg und wird nicht ans Schauspiel Köln wechseln.
Auf Einladung von Landeshauptmann Wilfried Haslauer hatte es heute ein Gespräch mit Carl Philip von Maldeghem, dem Bürgermeister der Stadt Salzburg, Harald Preuner, und dem für Kultur zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn gegeben, bei dem über Zukunft des Hauses am Makartplatz diskutiert wurde.
Maldeghem erklärte am Ende des Treffens, dass er sich "nach reiflicher Überlegung und seiner Intuition folgend" für das Salzburger Landestheater und gegen einen Wechsel an das Schauspiel Köln entschieden habe, so die Pressemitteilung. Die man angesichts ihrer business-as-usual-Sachlichkeit zweimal lesen musste.
Zuviel Gegenwind
Warum er so schnell eine Kehrtwende eingelegt hat, wird nicht erklärt. Gegen seine Berufung als Intendant des Schauspiel Köln hatte es viel Widerstand gegeben. In einem Gastbeitrag im Kölner Stadtanzeiger hatte Navid Kermani gestern geschrieben: "Die Intendantenwahl am Schauspiel ist eine Demütigung für Köln."
Die Salzburger Mitteilung geht nicht darauf ein, sondern zitiert von Maldeghem mit den Worten: "Ausschlaggebend war, dass bei allem Reiz für eine neue Aufgabe an einem renommierten Theater in Deutschland die Möglichkeiten in Salzburg in einem großartigen Haus mit seinen vielfältigen Sparten und Facetten, mit einem herausragenden Ensemble und einem hoch motivierten Team einfach überwiegen."
In einer Presseaussendung des Salzburger Landestheaters am Nachmittag weist von Maldeghem die Kritik gegen sich zurück: "Um ehrlich zu sein, bin ich schockiert von dem Mangel an Offenheit und Respekt und von den Vorurteilen, die von einigen Pressevertreter*innen über meine Arbeit in Salzburg und mich in die Welt gesetzt wurden und über die ahnungslosen und neiderfüllten Angriffe und Vorverurteilungen aus der Branche von Kolleg*innen."
(service.salzburg.gv.at / sik)
Köln hat einen neuen Intendanten für sein Schauspielhaus bestimmt – Kommentar von Andreas Wilink, 24. Januar 2019
Neue Intendanz in Köln: Carl Philip von Maldeghem – Meldung vom 24. Januar 2019
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Der Skandal lag ja darin begründet, daß Herr v. Maldeghem ohne Findungskommission und quasi im Alleingang zum designierten Intendanten berufen worden war. Das Theater, das man von ihm hätte erwarten können , es wurde gesagt, wäre allem Erwarten nach, bescheiden gewesen.
Aber noch ist der alte Intendant im Amt. Also warum nach Düsseldorf fahren.
Ich finde es nach wie vor sehr schade, dass keine offene Debatte darüber geführt wurde, dass ein Landestheater einen anderen Auftrag hat / haben muss (und sich auch an ein anderes Publikum richtet), als ein Stadt-/Staatstheater z.B. in Köln. Das Theatersystem im deutschsprachigen Raum stellt doch unterschiedliche Anforderungen an die Theaterleitung - viele renommierte Regisseur*innen hätten sicherlich Schwierigkeiten, eine Landesbühne kompetent zu leiten, weil Zwänge und Vorgaben andere sind. Schickt doch mal die "Großen" in die vorgebliche Provinz - das würde mich wirklich interessieren, wie schnell sich hier Kompetenzen verschieben.
Bereits im 18. Jahrhundert (und auch davor!) gab es eine vielfältige Theaterlandschaft: populäres Volkstheater/Unterhaltung, improvisierte Bühnen in der Vorstadt, Oper, ehrgeizige Ideen für ein Theater als "moralische Anstalt" - warum sollen wir heute hinter diese Vielfalt zurückgehen und uns erklären lassen, was "innovatives" Theater ist? Das entscheidet immer noch u.a. das Publikum mit seinem Zuspruch und seiner Begeisterung. Mit einem anderen Budget und den Möglichkeiten, ein vielseitiges Ensemble zu engagieren und interessante Gäste zu verpflichten, hätte Maldeghem zweifellos auch in Köln spannendes Theater machen können.
Zum Berliner Theatertreffen wurde jetzt Chr. Rüpings (grandiose) "Dionysos Stadt"-Inszenierung eingeladen. Ich habe sie in München gesehen. Vorletztes Jahr habe ich aber auch die Produktion der "Dionysien" in der Felsenreitschule und in der Regie von Maldeghems mit dem Team des Salzburger Landestheaters gesehen: Ein nicht weniger ehrgeiziges und gelungenes Projekt - aber: für ein anderes Publikum, eine andere Stadt, ein anderes Umfeld.
Die ganze Angelegenheit zählt zu den traurigeren Kapiteln der jüngsten Theatergeschichte und ist wahrhaftig kein Ruhmesblatt - weder für die Kulturdezernate noch für das Feuilleton.
Wenigstens einer hat eine Entscheidung getroffen, die etwas mit Anstand, Selbstachtung und Rückgrat zu tun hat.
Daraufhin hüllte er sich in beredtes Schweigen, machte sich traurigfroh auf nach Salzburg, um sich dort wieder unsichtbar sichtbar zu machen. Die Kölner dachten "Eile mit Weile" und blickten ihrer ehemaligen Zukunft entgegen.
Einige Salzburger werden weiterhin eine Armlänge Abstand (Zitat Oberbürgermeisterin Köln) zu dem einfältigen, zuckersüßen "Sound of Musik"-Theater halten und auf einen neuen Intendanten warten, wie auf Godot.
Immerhin ist es auch ein Beleg, dass die der Dercon-Debatte nicht nutzlos war. Zwar konnte man die Volksbühne damit nicht retten, aber es wurde doch ein Signal gesetzt, dass selbstherrliche Intendanten-Berufungen ohne Rücksicht auf die Szene vor Ort nicht funktionieren.
Der Neuanfang für Köln besteht jetzt in einem vernünftigen Verfahren. Und die drei blamierten Kuratoren inkl. Bolwin halten sich bitte zurück oder übernehmen gar bitte die Verantwortung für die Peinlichkeiten und Verletzungen.
Vielleicht sehen wir uns ja mal in der Provinz. Können Sie denn wenigstens Nockerln? In diesem Sinne: Good luck!
Was mir aufstösst ist die Fussballmetapher der "3. Liga" - auch andere Intendant/innen grosser Häuser haben in kleineren Häusern begonnen.
Maldeghem implizit den Vorwurf zu machen, dass er sich beworben hat (oder dazu aufgefordert wurde) ist absurd.Er macht ja dasselbe wie viele andere auch - einen grösseren Apparat lenken zu wollen. Dass diese Aufgabe im Dreieck von Kunst, Politik und gesellschaftlichem Umfeld nicht immer vernügungssteuerpflichtig ist weiss ja jeder, Respekt für diejenigen, die es sich zutrauen.