Odzyskane / Wiedergewonnenes - Das Bremerhavener Festival "Odyssee Europa" startet mit Ludomir Franczaks schlauem und sehr leisem Abend über deutsch-polnische Mikrobeziehungen
Historisches Schuhwerk
Golden Heart - In Bremen tritt Alize Zandwijk bei ihrem spartenübergreifenden Versuch über die Menschenfreundlichkeit auf der Stelle
Anrufung der großen Liebesmüh
von Tim Schomacker
Bremen, 13. Januar 2017. Kaum hat der Abend begonnen, ist die Luft auch schon wieder raus. Ein Bild wie das allererste kriegt die regelmäßig in Bremen arbeitende niederländische Regisseurin Alize Zandwijk in zwei Stunden Erzählen, Sagen und Zeigen nicht noch einmal hin. Diesmal. Dieses erste Bild geht so: In einen Reinemachkittel gekleidet, geht Nadine Geyersbach an der blaugrün gemaserten Bühnenwand entlang. An einer goldglänzenden Einbuchtung bleibt sie stehen. Irgendwie tastend. Sie legt ihre Brille auf eine Stufe. Sie nimmt eine große Pappe. Und wedelt mit einer knappen Bewegung alle zwei, drei Dutzend Kerzen aus, die in der Nische auf einem Gestell stehen. Diese unvermittelte Eigenartigkeit holt "Golden Heart" nicht wieder ein.
Ännie - Am Theater Bremen inszeniert Nina Mattenklotz die Uraufführung des Stücks von Thomas Melle
Sie ist weg
von Tim Schomacker
Bremen, 24. November 2016. Seit zwei Jahren ist sie schon weg. Und heute hat sie Geburtstag. Wird 18. Beziehungsweise: Würde. Wenn sie noch. Ännie Anne Annemarie hat einige Namen. Noch mehr Geschichten kursieren darüber, wer, was, wo aus ihr geworden ist. Und ob nicht doch nur eine Leiche. Die nur noch zu finden wäre. Zwei Jahre ist sie nun schon weg. Hat sich selbst verschluckt. Oder doch: wurde. Und wenn ja von wem. Was aus ihr wurde, hat uns aber immer weniger zu interessieren. Denn Thomas Melle lenkt den Blick in seinem neuen Stück auf die anderen. Er stellt die abwesende Ännie Anne Annemarie hin als eindeutige Projektionsfläche. Wedekinds Lulu lässt grüßen, Melvilles Wal schlenkert mit der Heckflosse.
Dantons Tod - In ihrer Bremer Lecture-und-Tanzperformance rund um Georg Büchners Revolutionärsdrama suchen Gintersdorfer/Klaßen die postkoloniale Problemlage
Wildes Denken
von Jens Fischer
Bremen, 15. September 2016. Sie ist ihnen einfach nicht genug, die vom hellsichtig schwarz sehenden Georg Büchner dramatisierte blutige Messe der Gründung des modernen Europas. Dieses Revolutionärsdrama "Dantons Tod", das zeigt, wie sich das Volk als Souverän erkennt, von der Utopie Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit singt, Menschen- und Bürgerrechte formuliert und sich abschlachtet, es reicht an diesem Abend nicht. Gotta Depri, Ivorer aus dem Team von Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen, sagt, man wolle viel weiter gehen, als "nur diese ganz paar letzten Tage von Danton" nachzuspielen. Nämlich die tragenden Säulen eines eurozentrischen Selbstverständnisses einer theatralen Statikprüfung unterziehen.
Regie: Moritz Beichl, Emilie Girardin Dobosiewicz, Saskia Kaufmann, Sophia Barthelmes,
Regie: Alexander Giesche
Regie: Alexander Riemenschneider
Regie: Monika Gintersdorfer, Benedikt von Peter
Regie: Felix Rothenhäusler
Regie: Monika Gintersdorfer, Knut Klaßen
Regie: Johanna Schall
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