Ergebnisse der "Theater heute"-Umfrage 2019
Wer zuletzt lacht, lacht wie Lilienthal
29. August 2019. Die Münchner Kammerspiele gehen aus der Kritiker*innenumfrage des Fachblatts "Theater heute" als Theater des Jahres 2019 hervor: 11 von 44 Kritikerinnen und Kritikern diverser deutschsprachiger Medien stimmten für die Kammerspiele. Es ist die erste Auszeichnung des Hauses unter der Intendanz von Matthias Lilienthal. Der gebürtige Berliner wurde für sein Programm am Beginn seiner Leitungszeit ab 2015 teils stark kritisiert, vor allem von der ortsansässigen Süddeutschen Zeitung. Nach Auseinandersetzungen mit der kommunalen CSU-Politik gab Lilienthal 2018 bekannt, seine Intendanz nicht über 2020 hinaus verlängern zu wollen.
And the winner is "Dionysos Stadt"
Als großer Gewinner der Umfrage, die im heute erscheinenden "Theater heute"-Jahrbuch veröffentlicht ist, geht Christopher Rüpings zehnstündiges Antiken-Fest Dionysos Stadt hervor. Die Produktion der Münchner Kammerspiele wurde mit 14 Nennungen Inszenierung des Jahres, drei Stimmen strich das Dramaturgie-Doppel Valerie Göring und Matthias Pees für seinen Beitrag zu dem Abend ein. Nils Kahnwald (7 Stimmen) und Gro Swantje Kohlhof (7 Stimmen) wurden für ihre Auftritte in Rüpings Arbeit Schauspieler bzw. Nachwuchsschauspielerin des Jahres. Schauspielerin des Jahres mit 6 Voten ist Sandra Hüller für ihren Auftritt in Johan Simons' Kleist-Bearbeitung Penthesilea (Salzburger Festspiele / Schauspielhaus Bochum). Den Titel des männlichen Nachwuchsschauspielers teilen sich Benjamin Radjaipour (ebenfalls "Dionysos Stadt") und Laurenz Laufenberg (Im Herzen der Gewalt, Regie: Thomas Ostermeier, Schaubühne Berlin) mit je drei Stimmen.
Unter den Bühnenbildnerinnen und Bühnenbildnern ragen heraus: Lena Newton (Drei Schwestern, Regie: Susanne Kennedy, Münchner Kammerspiele) und Ersan Mondtag (mit drei Kreationen für eigene Inszenierungen: Salome im Maxim Gorki Theater Berlin sowie Die Räuber und Wonderland Ave. im Schauspiel Köln). Kostümbildnerin des Jahres ist Vanessa Rust mit ihren neobarocken Entwürfen für PeterLichts Molière-Adaption Tartuffe oder Das Schwein der Weisen (Regie: Claudia Bauer, Theater Basel). Das Stück des Jahres "Schnee Weiß" stammt aus der Feder von Elfriede Jelinek (5 Voten), uraufgeführt wurde es von Stefan Bachmann am Schauspiel Köln.
Nachwuchs-Schwestern und Ärger
In der Kategorie Nachwuchs räumte die Berliner Volksbühnen-Oper Drei Milliarden Schwestern von Bonn Park mit P14 (Musik: Ben Roessler) ab. Nachwuchsautorin des Jahres ist wie im letzten Jahr Enis Maci. Sie erhielt fünf Stimmen für ihren am Schauspielhaus Wien uraufgeführten Text Autos (Regie: Franz-Xaver Mayr).
Theater heute fragt alljährlich auch die Ärgernisse des Jahres ab: Hier rangiert die Kölner Kulturpolitik in ihrer kopflosen Suche nach einer Intendanz-Nachfolge für Stefan Bachmann weit oben. Auch der Leitungskonflikt an der Oper Halle wird mehrfach genannt ebenso wie der Aufbau kulturpolitischen Drucks seitens rechter Kräfte. Dazu finden die zivilrechtlichen Ermittlungen in Thüringen gegen das Zentrum für politische Schönheit Erwähnung. Verdrießlich war für manche auch die heiße Luft ums DAU-Projekt in Berlin und Paris. Die probeweise Frauen-Quotenregelung beim Berliner Theatertreffen 2020/2021 verursacht ein wenig Ärger und ein klein wenig Ärger über den Ärger.
(Jahrbuch "Theater heute" / chr)
Mehr zu den Umfragen des Jahres: Hier geht's zu den 2019er Siegern beim Fachblatt "Deutsche Bühne".
Dieses waren die Sieger bei Theater heute 2018.
Das Theatertreffen-Gastspiel von Dionysos Stadt zeichnete Kai Pfeiffer in einer Comic-Serie für nachtkritik.de.
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