Presseschau vom 9. Juli 2012 – Die Süddeutsche Zeitung über Proteste am Wiener Max-Reinhardt-Seminar
Im Würgegriff der Pappnasen
Im Würgegriff der Pappnasen
9. Juli 2012. Nicht nur in Berlin protestieren Schauspielstudenten (mehr u.a. hier und hier). Auch in Wien, wie heute der Süddeutschen Zeitung zu entnehmen ist. Am Max-Reinhardt-Seminar nämlich, so der Wiener SZ-Gewährsmann Helmut Schödel, wurde mit Anna-Maria Krassnigg eine Professorin auf Lebenszeit berufen, deren herausragendste Eigenschaft "die Bedeutungslosigleit" sei. Eine Berufungskommission, die aus Studierenden sowie Institutsleiter Hans Hoffer besteht, hatte sich für den Regisseur und künftigen Kölner Intendanten Stefan Bachmann ausgesprochen (siehe auch die entsprechende Meldung auf nachtkritik.de).
Zwar seien Schauspielschulen keine Agenturen, schreibt Helmut Schödel, "aber auf dem Weg ins Gewerbe sollten sie helfen können. Was aber nur funktioniert, wenn die Lehrenden zugleich erfolgreich ihrer eigenen Berufung folgen, über Kontakte verfügen und über einen Horizont." In zu vielen Schulen jedoch werde "Gnadenbrot auf Lebenszeit gewährt, zu Ungunsten der Schüler. Fehlgeschlagene Karrieren blockieren die Posten. Wenn sonst nichts geht: Professor werden."
Die Wiener Kultur befindet sich Schödel zufolge immer wieder im Würgegriff von Entscheidungsträgern, die ihm "wie Pappnasen" vorkommen. Im vorliegenden Fall geht es um den von Schödel als autoritär beschriebenen Rektor der "Universität für Musik und darstellende Kunst Wien", Werner Hasitschka, der auch das renommierte "Max-Reinhardt-Seminar" angeschlossen ist. Der nämlich habe Krassnigg berufen, deren Arbeit, wie Schödel schreibt, selbst in Wien keine Rolle spielt. "Im stadtüblichen Kampf gegen Qualität, Können und Leistung", schreibt er weiter, sei Hasitschkas "autoritäre Fehlentscheidung" durchaus üblich. Schödel bescheinigt Hasitschka gar das Zeug, das im Vergleich zu anderen Theaterschulen inzwischen ohnehin schon deutlich zurückgefallene Ausbildungsinstitut "endgültig gegen die Wand zu fahren".
Sein Fazit: "Das Verfahren muss neu aufgelegt werden. Denn das Ergebnis gefährdet Institut und Studierende zugleich. Und wenn ein Rektor nicht mehr weiß, was sein Amt von ihm fordert, wenn er nicht nur kompetent und demokratisch verwalten kann, muss man über seine Zukunft nachdenken. Der Rektor ist dann als unkündbarer Beamter zwar eine Last für den Steuerzahler. Aber nicht mehr für die Kunst, um die es schließlich geht."
(sle)
Links:
- Zum Statement Elfriede Jelinkeks auf der Homepage des Max-Reinhardt-Seminars
- Zur Homepage der von Anna-Maria Krassnigg 2008 gegründeten Wiener Bühne salon5.
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