Medienschau: BLZ, SZ – Millionendefizit am DT Berlin
Aus vollen Händen
Aus vollen Händen
3. April 2024. Am Deutschen Theater Berlin ist ein Finanzdefizit von knapp über 3 Millionen Euro für das Wirtschaftsjahr 2023 bekannt geworden. Die entsprechenden Zahlen der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt griff zuerst die Berliner Zeitung auf.
Demnach verbrauchte das Deutsche Theater 2023 sein Eigenkapital sowie Sonderzuschüsse, die eine drohende Überschuldung abwenden sollten. Die wirtschaftliche Lage, deren Ernst mit der fristlosen Entlassung des Geschäftsführers Klaus Steppat im November 2023 öffentlich wurde, ist der Berliner Zeitung zufolge damit "eklatanter als befürchtet".
Wer ist für das Defizit verantwortlich?
Insgesamt habe das Deutsche Theater für das Haushaltsjahr 2023 Zuschüsse des Landes Berlin in Höhe von 31,9 Millionen Euro erhalten und Eigeneinnahmen von 3,9 Millionen Euro erzielt, aber dennoch ein Defizit von über drei Millionen Euro erwirtschaftet, so die Süddeutsche Zeitung. Damit habe das Theater sein Budget um rund 15 Prozent überzogen. Belastet haben dürften den Etat die Wiederaufnahmen, mit denen Ulrich Khuon 2022/23 das Ende seiner Intendanz beging, sowie die Neuproduktionen, mit denen die amtierende Intendantin Iris Laufenberg 2023/24 ihren Einstieg gestaltet und für die es einen "Übergangsetat" gegeben hatte. Personelle Verantwortlichkeiten für die Etat-Überziehung nennt der Bericht nicht, auf ihre Nachfrage gab es laut Süddeutscher Zeitung von der Senatskulturverwaltung keine Antwort.
"Sollte Ihr Vorgänger in der Intendanz, der für seine Redlichkeit allseits geschätzte Ulrich Khuon, bei seiner Selbstfeier zum Ende seiner Intendanz mit der Wiederaufnahme zahlreicher alter Inszenierungen zu tief in die Kasse gegriffen haben, hätte sein untadeliger Ruf als schwäbischer Rechenschieber und Bühnenleitungs-Vollprofi zumindest ein paar Schrammen abbekommen", heißt es in der SZ. "Sollte aber Misswirtschaft unter der Verantwortung der frisch ins Amt eingesetzten Iris Laufenberg zum Millionendefizit geführt haben, wäre das eine unschöne Hypothek für ihre Intendanz."
Als Handlungsbedarf erlegt der Senatsbericht dem Deutschen Theater auf, "die Wirtschaftsführung auf die Zuwendungshöhe auszurichten und die Überschuldung in den Folgejahren durch gezielte Maßnahmen abzubauen".
Berlins Theater agieren mehrheitlich wirtschaftlich stabil
In Berlin weist neben dem DT allein die Komödie am Kurfürstendamm ebenfalls ein negatives Ergebnis für das Jahr 2023 auf. Als "unproblematisch" bewertet der auf den 28. März 2024 datierte Senatsbericht über die "Finanzielle Entwicklung der landeseigenen Theater- und Orchesterbetriebe" die Haushaltslage der meisten institutionell geförderten Berliner Theater, Orchester und Tanzkompanien. Drei Institutionen – die Staatsoper Unter den Linden, das Maxim Gorki Theater sowie der Friedrichstadt Palast – schließen 2023 mit einem als positiv bewerteten Wirtschaftsergebnis ab.
Insgesamt zeigen die leistungsorientierten Zahlen für die Berliner Theater ein ähnliches Niveau wie 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie. Für das Bühnenjahr 2023 meldeten die institutionell geförderten Berliner Theater, Orchester und Tanzkompanien insgesamt 3,1 Millionen zahlende Besucher:innen (im Vergleich zu 2022 mit 2,5 Millionen, 2021 mit 1 Millionen, 2020 mit 0,9 Millionen und 2019 mit 3,3 Millionen Besucher:innen) in 8.911 Vorstellungen (2022: 8.149, 2021: 4.788, 2020: 4.244, 2019: 9.475). Das bedeute, "dass fast so viele Karten verkauft wurden wie vor der Pandemie im Jahr 2019", heißt es im Bericht der Berliner Kultursenatsverwaltung.
(Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, BLZ, SZ / eph)
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Als aufmerksame Beobachterin der Vorgänge rund um das Schauspielhaus Zürich, an dem (u.a) ein scheinbares - und dann evtl doch nicht so grosses Defizit - zur Entlassung der beiden Intendanten geführt hat (NK berichtete, siehe Link unten) - interessiert es natürlich brennend, ob dieses massgebliche"Defizit" am Deutschen Theater von Ulrich Khuon oder eher der Nachfolgerin verantwortet wird oder von beiden. Ein Blame-Game ist natürlich zu vermeiden, u.a. wäre es doch unfair, wenn Iris Lauffenberg da eine ihr gegenüber unfaire Hypothek tragen müsste, als auch Ulrich Khuon zu unrecht beschuldigt würde. Für uns Zürcher:innen wäre es sehr bitter, wenn ein ganzes SHZ-Team die Stadt verlassen muss, wegen eines (evtl nur scheinbaren) Defizits und der scheinbare "Retter" ein viel realeres Defizit an seiner vormaligen Wirkungstätte zu verantworten hätte. Klarheit in der Sache wäre hilfreich, u.a. auch im Interesse von Frau Lauffenberg, Herrn Khuon, aber auch von uns Zürcher:innen.
https://www.nachtkritik.de/medienschau/medienschau-der-tagesanzeiger-wurden-dem-zuercher-schauspielhaus-gelder-vorenthalten