Presseschau vom 30. Juli 2012 – Die Neue Zürcher Zeitung über postdramatisches Theater

Der Irrglaube vom Fortschritt der Kunst

Der Irrglaube vom Fortschritt der Kunst

30. Juli 2012. Nachschlag vom Wochenende: In der Neuen Zürcher Zeitung (28.7.2012) blickt Dirk Pilz noch einmal auf das Ende der Intendanz von Matthias Lilienthal am Berliner HAU und auf die 24-stündige Performance-Reise Unendlicher Spaß, die die Zuschauer an "betont alltagsweltliche Spielorte vornehmlich am Stadtrand von Westberlin" führte. Ausgehend von Eindrücken dieses Theatermarathons, mündet Pilz' Text in grundsätzliche Reflexionen über das "postdramatische Theater", das sich – seit Hans-Thies Lehmann den Begriff populär machte –"selbst als das neue, zeitgemäßere [Theater] verstand und weithin auch noch so wahrgenommen wird".

Dirk Pilz hält dem entgegen, dass "die Annahme von Fortschritt in Kunst" ein Irrglaube sei: "Die Theatergeschichte wird – wie jede Kunstentwicklung – nicht durch Fortschritte, sondern durch Ausdifferenzierungen bestimmt. Rimini Protokoll macht keine Andrea Breth hinfällig, Gob Squad keinen Bondy. Im Grunde ist diese Feststellung eine Banalität, aber der blinde Fortschrittsglaube des 'postdramatischen Theaters', die Frontstellung zwischen vermeintlich alten und vorgeblich neuen Darstellungsweisen ließ dies leicht in Vergessenheit geraten. Dass das Berliner HAU unter Lilienthal überhaupt zum Kampfplatz für das 'postdramatische Theater' hat werden können, liegt wesentlich in diesem Glaubenskrieg begründet."

Zudem erweise sich "die bloße Gegenbewegung zu einer Tradition als wenig tragfähig für Theater. Denn auch noch so spektakuläre Grenzverschiebungen entbinden nicht von der Hauptaufgabe der Bühne: der Schaffung von Kunst, ganz gleich wo sie sich befindet oder wie brüchig sie erscheinen mag. An äußerlichen Kriterien, dem Ort des Spiels etwa, lässt sich nicht entscheiden, ob etwas Kunst ist oder nur Kunstgewerbe – gerade das 'postdramatische Theater' hat hier die Sinne geschärft."

 

Kommentare  
Presseschau Postdramatik: Keep cool, Don Quixote!
Pilz gibt recht treffend wieder, was "postdramatisches Theater" heißen kann. Jedoch ist sein gesamter Artikel mit der Intention geschrieben, den Vormachtsanspruch des postdramatischen Theaters zu brechen. Wer jedoch erhebt überhaupt den Anspruch, dass das postdramatische Theater das einzig Wahre und alles Andere schlecht sei? Das tut de facto niemand. Pilz nennt auch selber keinerlei konkrete Äußerungen oder Personen auf die er sich bezieht. Nur, dass Hans-Thies Lehmann wohl mal geschrieben hat, das postdramatische Theater sei fortschrittlich, nennt er konkret. Und "fortschrittlich" heißt nur dann "besser", wenn man das unbedingt so verstehen will.

Schade, dass eine clevere Analyse in einem Zeitungsartikel durch so einen ideologischen Kleinkrieg vermiest wird. Nächstes Mal: Keep cool, Don Quixote.
Presseschau Postdramatik: wildes Herumverteidigen
sehr wahr. es gibt nur einen, der immer wieder von einer frontstellung redet, der, von nichts angestachelt, wild im vakuum herumverteidigt, und das ist dirk pilz.
Presseschau Postdramatik: keine Erlösung
es scheint für dirk pilz keine erlösung zu geben, er muß es immer wieder sagen. ein vorschlag: die goldränder von andrea breth abzuziehen und sich dann für sie in die bresche zu werfen. so wäre pilz engagement wenigstens nachvollziehbar.
Presseschau Postdramatik: at its best beim TT 2012
na, dann schaut euch doch mal die theatertreffen - liste von 2012 an! Postdramatik at it's best! pollesch, stemann, gob sqaud, vinge, rau!
Presseschau Postdramatik: Emphase
ich denke: jaaaaaaa, richtig!
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