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Erste bundesweite Ensemble-Versammlung in Bonn
"Schatz, wir müssen sprechen ..."
30. Mai 2016. Am Wochenende fand die erste bundesweite sogenannte Ensemble-Versammlung in der Halle Beuel in Bonn statt. Dazu aufgerufen hatte das Ensemble-Netzwerk, eine Art Basisgruppe, die sich das Empowerment der Schauspieler*innen – Aufklärung, Lernen, Selbstorganisation – auf die Fahnen geschrieben hat. Ziel ist es, die beklagenswerten Arbeitsbedingungen für Schauspieler*innen zu verbessern. Die Devise heißt: Geld ist genug da, es muss nur anders verteilt werden.
Die Eröffnungsrede hielt eine der Initiatorinnen der Versammlung, Lisa Jopt, Schauspielerin am Staatstheater Oldenburg, Brutto-Gage 2.210 Euro. Eine ihrer Forderungen: Lasst uns über die Gagen reden.
Die Diskussionen auf der dreitägigen Zusammenkunft dienten vornehmlich der Selbstverständigung der Theaterkünstler über die materiellen Bedingungen ihrer Arbeit. In einem Brief an den Bühnenverein erhob die Versammlung Forderungen nach Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Gagenangleichung von Männern und Frauen, die Gleichstellung der Gagen mit den Gehältern der außerkünstlerischen Theaterbeschäftigten sowie die Ausweitung der rechte der Ensemblevertretungen.
Den Beginn des Ensemble-Netzwerkes hatte am 15. Februar 2015 eine Mail markiert, den Johanna Lücke und Lisa Jopt an alle Künstlerischen Betriebsbüros in Deutschland schickten und zur "Vernetzung" aufriefen, um die "Vereinzelung von Theatermacher_innen" zu beenden. Die Resonanz auf diesen Rundbrief war, nach Angaben der Initiatorinnen, "überwältigend" gewesen.
(Ensemble-Netzwerk / jnm)
Mehr dazu: Interview von Lisa Jopt auf Deutschlandfunk vom 27. Mai 2016.
Die Bonner Eröffnungsrede von Lisa Jopt am 27. Mai 2016 gibt es hier zum Nachschauen.
Den Tagungs-Bericht von der ersten bundesweiten Ensemble-Versammlung lesen Sie hier.
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Ein überfällige Initiative, die hoffentlich dem Theater der Zukunft (das wo der Absolutismus abgeschafft wurde) mit den Weg bereitet.
Kunst entsteht nicht aus idiotischem Druck und Angst!
Während die Gagen für Musiker, für Techniker, für Verwaltungsmitarbeiter, für Direktoren und Intendanten nicht nur mit Tariferhöhungen sondern im Rahmen sogenannter Stufenaufstiege und Sondervereinbarungen überproportional wachsen, findet man die Künstler und Künstlerinnen im Theater mit minimalen Tariferhöhungen ab.
Die Mindestgage im NV-Bühne (dem Vertrag für die künstlerischen Mitarbeiter im Theater) ist nicht erhöht worden, damit wächst der Gagenunterschied zwischen einer jungen Bühnenkünstlerin und einem jungen Anfänger im Orchester auf durchschnittlich 800 Euro im Monat - eine Gehaltsschere die noch weiter aufgeht im Laufe der nächsten Lebensjahre.
Die Arbeitszeiten des Musikers sind klar geregelt, während die junge Schauspielerin, Tänzerin oder Sängerin den ganzen Tag und bis in die Nacht hinein probt, wenn sie nicht Abendvorstellung hat oder auf Gastspiel geht.
Der Musiker bekommt für jede Probe, jedes Konzert oder jede Opernvorstellung, die länger als 3h15min dauert einen weiteren Dienst angerechnet und ausbezahlt. Die junge Schauspielerin spielt auch mal in einer Vorstellung die 3h30, 4 h oder länger dauert, ohne einen Cent mehr zu bekommen.
Der Techniker erhält für jeden Sonntags- und jeden Feiertagsdienst ordentliche Zuschläge. Für ihn wird ein Arbeitszeitkonto geführt. Überstunden kann er in freie Tage oder Geld ummünzen.
Die Schauspielerin arbeitet natürlich mindestens an drei von vier Sonntagen. Es gibt keine Begrenzungen für tägliche, wöchentliche oder monatliche Stundenzahlen. Da kommen schon mal 240h im Monat zusammen, das sind 100 unbezahlte Stunden mehr als ihr Kollege in der Technik oder im Orchester.
Das muss dringend geändert werden. Man kann sich als Intendant nicht vor sein Ensemble stellen und Höchstleistungen verlangen, wenn man nicht für Gerechtigkeit im Theater sorgt. Einmal abgesehen von den prekären Vertragsbedingungen, bei jedem Intendantenwechsel oder zu anderen Anlässen jederzeit nichtverlängert zu werden.
Der Bühnenverein will das auf seinem nächsten Brahmanen-Kongress als zweiten Tagesordnungspunkt behandeln. Hoffen wir auf höhere Gagen, mehr Gerechtigkeit, mehr Mitbestimmung.
Bühnenbildner, Kostümbildner , Komponisten und die große zahl an Hospitanten (obwohl da natürlich zu differenzieren ist) kommen da gar nicht vor, werden aber oft noch viel Schleier entlohnt, weil sich fast immer einer findet, der es billiger macht.
Das zeigt sich auch in der Tendenz, dass an sehr vielen Häusern die Positionen von Kostüm und Bühne zusammengelegt werden, dann aber nicht wie 2 Positionen bezahlt werden, sondern max. wie 1 1/2, ohne das es weniger Arbeit wäre...
Deshalb ist es wichtig, dass die Theater auch Selbstverpflichtungen untereinander ablegen, nicht unter bestimmte Grenzen der Bezahlung zu gehen, damit auch freie von einem solchen neuen System der Gerechtigkeit profitieren.
Dann kommt es auch nicht mehr vor, das SchauspielstudentenInnen und junge SchauspielabsolventInnen mit Miniatur-Gagen von 100 oder weniger Euro pro Abend abgespeist werden. Es gilt die Faustregel:
Das untere Minimum für ein einmaliges Gastengagement liegt bei 1/10 einer möglichen Gage, also mdst. 180 Euro plus plus; für eine Folge von mehreren Vorstellungen 1/15 also mdst. 120 Euro plus plus für Anfänger pro Abend.
für Proben gilt, 4 Wochen mdst. 1800 Euro plus Fahrtkosten plus Übernachtungskosten. Das gilt für Berufsanfänger, ab dem 2. Jahr müssen dann 2000, ab dem 5. 2.400 Euro angesetzt werden, usw.
Das zum Mitschreiben für die Jungen und die kommenden Intendanten die das gerne mal vergessen. Das ist zum großen Leidwesen immer noch nicht verankert, aber das sind alte Faustregeln aus der Zeit, als Augugst Everding Präsident des Bühnenvereins geworden ist. Im Laufe der Jahre sind sie vergessen worden und so kommt es zu Gagen die bei 100 Euro und sogar weniger liegen, die bei keiner Ethikkommission durchgehen würden.
Und noch etwas, Werte Intendanten, ziehen Sie sich nicht immer zurück hinter die Tarifverträge, Sie sind der Bühnenverein und haben es in der Hand, die Mindestgage für den NV Bühne mit Druck erhöhen zu lassen, und zwar auf einen haltbaren Betrag von mdst. 2000/2200 Euro.
Im Fußball wäre es unmöglich, dass man die Fußballer und Fußballerinnen am schlechtesten bezahlt.
Fragen trotzdem: an alle alle Beteiligten für die Theater ist gedacht – nur nicht an Autoren. Ich weiß, dass die Autoren selbst schuld sind daran, wenn sie in ihrem Verhalten den Verlagen gegenüber und in ihren Texten und beim Umgang mit ihren Texten durch Theater, Regisseure und Verlage nicht auf dem Schauspiel als wichtigsten Geburtshelfer ihrer Texte bestehen. WENN sie darauf bestehen, unter allen Umständen, setzt sich niemand für sie oder ihre Arbeit merklich ein. Und sie haben keine Kantine. Weil so der Beruf konzentriert nicht geht. Wenn er geht. Wenn er geht, sind sie weder lustig noch kantinencharmant, es ist kein Theater-Staat mit Chi-Chi mit ihnen zu machen…
Und auch der Theater-Kommerz lauert ensemble-netzwerk ante pedes: nächstes Jahr – am Eröffnungstag! schon wird das gefeiert! – da sind wir in Mainz und übernächstes in Bochum und schwuppdiwupp sind wir hier schon die Exklusiv-Werbenummer der Theater-Öffentlichkeitsarbeit für die, die als erstes zugreifen…
Der nächste Widerspruch- fällt mir nicht zum ersten Mal auf, hier nur wegen der Zitierfähigkeit: die beste Kommunikation (nach Prof. Schmidt) ist nicht durch und in Reden, sondern danach beim Bier etc. möglich… Tatsächlich? DANN kann das Kantinengespräch per se so schlecht doch gar nicht sein!
Und zuletzt: das Publikum weiß nichts von uns, denn es hilft uns nicht als Wähler! – Gut. WAS wisst ihr vom Publikum??? Helft ihr dem??? Woher nehmt ihr die Gewissheit, dass ihr dem helft, dass ihr es im Innersten erreicht, unterhaltet mit sich selbst??? – (schließt sich ein Vulkanbrief-Kreis, nich…)
Für mich alles ein Grund mehr, noch einer, nicht mehr ins Theater zu gehen: ich lass mich nicht auch noch organisiert durch Theater-Chichi-Doku – äußerst charmant natürlich - beleidigen, weil ich angeblich nichts von den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Schauspielern weiß und falsch wähle und mir auf nk die Finger wund schreibe, wenn ich mir nicht sonst schon die Finger wund schreibe. Für 0, brutto wie netto. All inclusive…
Eventuell kann das ja nk weiterleiten an den Account von Lisa Jopt als Denk-Anstoß in Bezug auf das künstlerische Selbstbewusstsein von zusammengetrommelten Schauspielermassen.
Gibt es die "Faustregel" irgendwo schriftlich?
Was den Kommentar von #6 betrifft. Die Autoren können doch dazu stoßen. Aber soweit mir bekannt ist gibt es Autoren- und Schriftstellerverbände.
Und wenn eine Initiative, wie die von Lisa Jopt angestoßene, sich entwickelt, dann ist das doch kein Zeichen von Kommerzialisierung?? In welcher Welt leben Sie denn? Eine Autorin sind Sie sicher nicht, sonst wüssten Sie, dass sich Dinge entwickeln müssen, um zu gedeihen und zum Erfolg zu führen.
Und wenn der Bühnenverein hier ein paar Euro (viel war es sicher nicht im Vergleich zu dem, was er an Board-Mitteln hat) dazu gibt, ist das unschädlich, wenn man das offen legt, nicht wahr? Deshalb hat man sich längst noch nicht verheiratet. Es werden ausreichend Auseinandersetzungen gerade mit dem Bühnenverein auf das ensemble-netzwerk zukommen.
Ich arbeite seit über 40 Jahren im Theater, eine solche durchgreifende Initiative der deutschen Bühnenkünstler gab es noch nie, und sie geht weit über das hinaus, was eine GDBA, die die Zeichen der Zeit verschläft, je gefordert hat.
Sie wissen von Theater so viel A. Cotard, warum diese Unsicherheit Autoren- und Schriftstellerverbände betreffend? - Ich weiß nicht, wie es im PEN gehandhabt wird und wie der fianziell ausgestattet ist. Ich bin Verband Deutscher Schriftsteller der vor beinahe 20 Jahren an verd.i angeschlossen gemusst wurde. Der PEN würde mich gar nicht aufnehmen in Mangel an veröffentlichtem Werk. Hier, im VS gibt es furchtbar wenig Geld für die Präsentation von schriftstellerischer Arbeit. Und entsprechend viel Lobby um das wenige Geld herum. Das finde ich persönlich nicht besonders schlimm, denn gegen die Motiv-Ausrufung solcher Präsentationsmöglichkeiten durch den Verband sind die von Lisa Jops bemängelten Spielzeitmotti der Theater ungefähr so divers wie ein Universum! - Man darf sich hier bemühen, einmal zum Neonazi-Thema lesen zu wollen in öffentlichen Veranstaltungen. Oder sich gern auch einmal verd.i-gestützt an einem aller zwei Jahre gengrewechselnd ausgeschriebenem Literatur-Preis (2000,-€) beteiligen sollen wollen. Oder sich, ebenso gestützt durch verd.i auf den Erwin-Strittmatter-Preis des Umwelt-Ministerium Brandenburgs z.B. hinschreiben. Das war es dann. Ich habe einmal versucht, in einer der unsäglich literarisch hinterweltlerischen Autorentreffen-Lesungen aus einer Sturm-Übertragung (aus einem Versuch) vorzulesen. Und da haben mir dann die liebwerten Kollegen zu verstehen gegeben, dass das ja Theater sei und deshalb dort nicht hingehöre. So als Literatur. In ihre - oft trotz aller Mühewaltung leider ziemlich schlechten - kleinen Geschichten vom Blaubeerhag. Ich bin also in verd.i nur noch aus Solidarität mit denjenigen Autoren und Autorinnen, die am Beginn sind und einen Fuß in den Literaturbetrieb überhaupt bekommen wollen. Und weil ich mir keinen Anwalt leisten kann, ohne Verband, wenn ich mich mit Erben von Autoren anlegen müsste, die eventuell etwas dagegen haben, wie ich mit ihren Vorfahren denkend und schreibend handelnd umgehe. Und ich könnte auch nicht zum netzwerk-Treffen ohne Einladung einfach mal so dazustoßen, wie hier Autoren und Autorinnen anempfohlen wurde. Ich hätte kein Geld für eine Reise nach Bonn oder für Übernachtung und außerhalb von Kantinen ist auch das Freundefinden und deshalb das Verabredenkönnen nicht so leicht. Weil das eine stille, zurückgezogene Arbeit ist, wo für jeden Stück-Satz einer erfundenen Figur unendlich viele Sätze gelesen werden mussten und müssen, wenn nur man selbst ihn vor sich selbst beglaubigen möchte. Geschweige denn vor anderen.
Es ist eine philosophische Frage. Nur wer die beantworten kann, wird auch die wirtschaftlichen Verhältnisse ändern können.