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Düsseldorfs Intendant Holm legt sein Amt nieder
Rücktritt nach anderthalb Jahren
Düsseldorf, 29. November 2012. Wie rp-online meldet, hat Staffan Valdemar Holm, Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhaus, sein Amt niedergelegt. Der Grund sei ein chronisches Burnout, wegen dem er sich nun in einer Klinik voraussichtlich in Dänemark behandeln lassen will. Als Interimslösung wird der jetzige Geschäftsführer der Schauspielhauses, Manfred Weber, die Leitung des Hauses übernehmen. Holm möchte aber weiter in Düsseldorf inszenieren. Am 2. März soll seine Inszenierung von Henrik Ibsens "Peer Gynt" Premiere haben, an dieser Inszenierung will Holm festhalten.
In einer ersten Stellungnahme hieß es bei der Stadt Düsseldorf, Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) habe großen Respekt vor der Offenheit, mit der Holm seinen Schritt begründet habe. Die Gesundheit müsse in einem solchen Fall immer vorgehen, man wünsche Holm baldige Genesung.
Holm, 1958 in Schweden geboren, ist seit Herbst 2011 Generalintendant in Düsseldorf. Bereits nach der ersten Spielzeit sah er sich mit massiven Sparmaßnahmen konfrontiert und kritisierte das Kulturdezernat, das verstimmt reagierte (siehe Presseschau vom 5. Juni 2012).
(sik)
Für nachtkritik.de kommentiert Andreas Wilink den Rücktritt Holms, und einige User nachstehend auch.
Eine Presseschau zum Rücktritt hier.
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Aber die Musik spielt seit vielen Jahren an anderen Orten.
Ich hätte diesen Intendanten und sein Theater gerne NACH den ersten zwei immer (und diesmal besonders) schwierigen Startjahren in DDorf erlebt!
Und die sofortige Diskussion um mögliche Nachfolger ist, nebenbei gesagt, unerträglich! Nummer Vier und Sieben dürfen sich da gerne kritisiert fühlen!
Wer sich öffentlich äußert (in jeder Form, auch künstlerischer), muss auch zulassen, dass man sich öffentlich über ihn äußert.
Wer die Öffentlichkeit sucht, darf sich nicht beklagen, wenn er sie findet.
Damit sei keinem wüsten Medien-Darwinismus dass Wort geredet.
So sehr ich mich den Besserungswünschen anschließe, so sehr möchte ich Ihr "Da stimmt doch was grundsätzlich nicht mehr" zur Diskussion stellen.
- Ja, da stimmt etwas nicht mehr.
- Das betrifft beileibe nicht das Spitzenpersonal allein oder besonders. Medialer Bias: Über zusammenbrechende, depressive, ausrastende Mitarbeiter/innen unterhalb der Leitungsebenen wird halt weniger berichtet.
- Das Leitungspersonal erhält oft implizit entsprechende Zulagen (vgl. die entsprechende Diskussion dazu) und ist zumeist weniger abhängig beschäftigt als der Rest. Man weiß, wofür man sich entscheidet, wenn man so etwas antritt. Und es geht auch um andere Faktoren bei der Entscheidung für einen Leitungsjob als den des täglichen Brotes. Insofern sehe ich hier Eigenverantwortung. Die getroffene Entscheidung (unter Kenntnis der Umstände!) ist zu tragen. Zudem haben leitende Mitarbeiter - mehr als andere - Möglichkeiten zu gestalten, insbesondere Arbeitsklima etc.
- Ja, die Selbstausbeutung findet auf alle Ebenen statt. Es bleibt zu hinterfragen, warum das so ist.
- "nicht mehr"? Wann hat es denn "noch gestimmt"? Es ist kein Spezifikum der Kultur- / Kunst- / Medienwirtschaft, dass es Belastungen gibt. Dass diese hier mehr als anderswo zugenommen haben sollen, haben Sie uns noch nicht gezeigt oder begründet.
Es gibt immer einen Tradeoff, wenn ich Entscheidungen treffe. Warum sollte es im Theater anders sein als anderswo? Und wäre es nicht gerade die Aufgabe der Vordenker, andere Verhältnisse zu schaffen? Oder ist das Geld schuld (das doch gerade frei Haus kommt!)? Oder ist der Ton in der Kultur nun gerade besonders rau (Missgunst, Neid, Eifersucht, ..., die großen Dramen)?
Wenn "jeder weiß, wie es besser geht", dann fehlt doch nur ein Tisch und eine gesittete Kultur, um daraus konstruktive Änderungswege zu entwickeln! Oder?
Mit vielen Fragen und zugegebenermaßen unterstellend: Bitte nicht jammern, sondern umsetzbare Vorschläge zur Besserung entwickeln!
das sehe ich anders. Die Debatte ums Theater, auch und gerade, wenn sie kontrovers geführt wird, nutzt in aller Regel dem Theater. Warum sonst würden die Schauspielhäuser so aufwändig mit ihren Kritikern bei den Medien kooperieren?
Als Christoph Hein vor einigen Jahren die Intendanz des Deutschen Theaters in Berlin aus Angst vor Gerhard Stadelmaier nicht antrat, lachten die Profi-Intendanten.
Wie mir scheint, gibt es in der Debatte zwei extreme Haltungen: Die eine Seite findet, Intendanten verdienen ja genug und niemand zwingt sie zu dem Job, darum dürfen sie nicht krank werden oder, wenn doch, dürfen sie sich wenigstens nicht beschweren.
Die andere Seite meint, es gebe eine Rücktrittswelle und die deute darauf hin, dass die Bedingungen für die Theatermacher, aber insbesondere Intendanten, sich in destruktiver Weise verschlechtert haben.
Dies sind – wie gesagt – Extreme. Beide Seiten haben ihre guten Punkte, die einander anzunähern sinnvoll sein könnte.
Zur Selber-Schuld-Fraktion: Natürlich stehen auch Intendanten nur an irgendeiner Stelle in der Hierarchie. Grundsätzliche Menschen- oder Arbeitsrechte gelten auch für sie. Sie erhalten ihr Gehalt für ihre höhere Verantwortung, ihre Expertise und für gute Arbeit, und gerade nicht als „Schmerzensgeld“, wie Oliver Reese aus Frankfurt im Gespräch mit der FAZ im Jahr 2011 zu Protokoll gab. (Zitat: „Niemand soll mit jemandem Mitleid haben, der von Beruf Intendant ist.“) Wenn die Möglichkeit besteht, dass unsere Theaterlandschaft an einem zu großen Druck auf sein Leitungspersonal krankt, dann muss auch die Möglichkeit bestehen, daran zu arbeiten.
Zur Rücktrittswellen-Fraktion: Sie arbeitet vor allem das destruktive Klima gegen das Leitungspersonal an den Deutschen Stadttheatern heraus, das sich aber auch in dieser Debatte zeige, wo Kommentatoren keinen gebührenden Respekt gegenüber Holms ärztlichem Befund an den Tag legen.
Zu Holms konkretem Fall darf angemerkt werden, dass der Rücktritt bei gleichzeitiger Ankündigung seiner nächsten Regiearbeit am selben Haus in naher Zukunft wenigstens einige Fragen aufwirft. Darüber hinaus gilt es allerdings zu trennen zwischen der Beurteilung von Staffan Holm in der Funktion des Intendanten und als Privatperson. Der Mensch Holm verdient – ohne Einschränkung – Verständnis und Respekt in Anbetracht seiner Erkrankung. Als Intendant hingegen zählt es zu seinen Aufgaben Kompetenz und Arbeitskraft seiner Mitarbeiter einzuschätzen. Das ist sogar als eine der Kernkompetenzen eines Intendanten anzusehen. Die Tatsache, dass er in Bezug auf sich selbst zu einer richtigen Beurteilung vor relativ kurzer Zeit nicht ausreichend in der Lage war, muss er sich unter professionellen Gesichtspunkten vorhalten lassen.
Das Gehalt des Intendanten (nicht ganz zufällig wird auf diese frühere Nachtkritik-Debatte hingewiesen) wird, wie schon gesagt, auch für die Wahrnehmung einer höheren Verantwortung und Sorgfaltpflicht gezahlt. Daher die berechtigten Hinweise auf all jene Mitarbeiter, die von Holms Fall in Mitleidenschaft gezogen werden.
Im Übrigen freue ich mich, dass ich hier Inszenierungen wie "Marija", "Beben", "Kein Science-Fiction", "Rausch" etc. sehen konnte. Die durchweg kritischen Meinungen mancher Kollegen teile ich nicht.
Darüber hinaus bitte nicht vergessen: Holms hat ganz tolle Schauspieler/innen nach Düsseldorf geholt. Auch dafür DANKE.
und auch ja! staffan holm hat tolle schauspielerinnen und schauspieler geholt oder etwas gleichberechtigter formuliert: überzeugen können, zu kommen, - die im übrigen nicht zurückgetreten sind, sondern jeden tag auf der bühne stehen !
(das ensemble hier in einem nebensatz der konkursmasse zuzuschlagen, disqualifiziert wilinks eingangsartikel als solchen)
ich habe 2012 in düsseldorf bemerkenswerte inszenierungen gesehen,
sehr verschiedene arbeiten. teilweise unglaublich beglückende -, mit herausragendem ensemble, teilweise auch nicht meinem geschmack entsprechende -, alle aber mit einer deutlichen frage, einer suchbewegung, dem bedürfnis nach tatsächlicher auseinandersetzung,
wofür theater der ort ist.
das junge schauspielhaus, wo barbara kantel mit ihrem team bemerkenswertes leistet, um ein theater für (und mit) kinder und jugendliche zu machen, das diese - als partner und publikum ernst nimmt, dass höchste künstlerische ansprüche mit pädagogischen- verbindet und das, dank holm, wieder teil des hauses ist.
die künstlerische vielfalt der arbeiten, die qualität und heterogenität von ensemble und inszenierenden,
die tatsache, dass das spielen und inszenieren für kinder und jugendliche, künstlerisch genauso ernst genommen wird wie das für erwachsene (und kritiker), die offene und herzliche athmosphäre im haus- all das sind alleinstellungsmale, wenn man schon in diesen seltsamen kategorien denken möchte.
ansonsten bin ich sehr im zweifel, wie hilfreich die vergleiche mit anderen häusern der imaginären bundesliga sind
und wünsche dem team, dem ensemble, den mitarbeiterInnen viel kraft und spass und auch ein bisschen ruhe.