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Einladungen zum Berliner Theatertreffen 2018
Top Ten
30. Januar 2018. Zum Theatertreffen der Berliner Festspiele 2018 eingeladen sind:
1. Rückkehr nach Reims
Schaubühne Berlin, Regie: Thomas Ostermeier
Nachtkritik vom 8. Juli 2017 (Premiere beim Manchester International Festival)
2. Die Welt im Rücken
Burgtheater Wien, Regie: Jan Bosse
Nachtkritik vom 11. März 2017
3. Die Odyssee. Eine Irrfahrt nach Homer
Thalia Theater Hamburg, Regie: Antú Romero Nunes
Nachtkritik vom 20. Mai 2017
4. Trommeln in der Nacht
Münchner Kammerspiele, Regie: Christopher Rüping
Nachtkritik vom 14. Dezember 2017
5. Nationaltheater Reinickendorf
Berliner Festspiele, Regie: Vegard Vinge/Ida Müller
Nachtkritik vom 1./6. Juli 2017
6. Beute Frauen Krieg
Schauspielhaus Zürich, Regie: Karin Henkel
Nachtkritik vom 2. Dezember 2017
7. Am Königsweg
Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Regie: Falk Richter
Nachtkritik vom 29. Oktober 2017
8. Faust
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, Regie: Frank Castorf
Nachtkritik vom 3. März 2017
9. Woyzeck
Theater Basel, Regie: Ulrich Rasche
Nachtkritik vom 15. September 2017
10. Mittelreich
Münchner Kammerspiele, Regie: Anta Helena Recke
Nachtkritik vom 12. Oktober 2017
Das gaben Berliner Festspiele-Intendant Thomas Oberender und Theatertreffenleiterin Yvonne Büdenhölzer zusammen mit der Jury im Rahmen einer Pressekonferenz im Haus der Berliner Festspiele bekannt.
Der Kritiker*innen-Jury gehörten dieses Jahr Margarete Affenzeller, Eva Behrendt, Wolfgang Höbel, Andreas Klaeui, Dorothea Marcus, Christian Rakow und Shirin Sojitrawalla an.
In der Pressemitteilung der Berliner Festspiele sind die Begründungen der Jury nachzulesen, hier im Blog der Festspiele sind außerdem sie außerdem von den Juroren selbst verlesen als Videoschnipsel von der Pressekonferenz nachzuschauen.
409 Stücke in 54 Städten wurden gesichtet, 33 Inszenierungen waren in der Diskussion.
Frank Castorfs "Faust", der in der Berliner Volksbühne (am Rosa-Luxemburg-Platz) Premiere hatte, bevor sie von Chris Dercon übernommen wurde, soll im Haus der Berliner Festspiele gezeigt werden.
Das 55. Theatertreffen der Berliner Festspiele findet vom 4. bis 21. Mai 2018 statt. Novum ist ein das Festival flankierendes übergreifendes Diskursprogramm – "TT Kontext" setzt sich den Berliner Festspielen zufolge in seinem ersten Jahrgang "unter dem Thema 'Unlearning' mit dem kreativen Verlernen von vorgeprägten Wahrnehmungsmustern auseinander".
(Berliner Festspiele / sle / sd)
Video-Interview zur Auswahl mit zwei Theatertreffen-Juror*innen (Interview: Esther Slevogt und Julika Bickel)
Die Berliner Zeitung und der Tagesspiegel kommentieren die Theatertreffen-Auswahl vor allem in Hinsicht auf die drei eingeladenen Berliner Arbeiten, zwei von denen "Faust" und "Nationaltheater Reinickendorf" als Gastspiele sehr aufwändig zu realisieren sein werden. Auf Spiegel online nimmt die ehemalige Theatertreffen-Jurorin Anke Dürr die zehn eingeladenen Arbeiten einzeln unter die Lupe. Für Deutschlandfunk Kultur schaut Susanne Burkhardt auf diesen "Jahrgang der großen Ensemble-Arbeiten und der großen Einzelakteure", kurz: dieses "Treffen der Theater-Platzhirsche".
Christine Dössel schreibt in der Süddeutschen Zeitung (31.1.2018): "Große Freude: Frank Castorfs 'Faust', ist eingeladen. Damit erhält diese schauspielerisch wie interpretatorisch fulminante, ja geradezu epochale Produktion die Chance, aus dem Orkus hervorgeholt und noch einmal – beziehungsweise: endlich – gesehen zu werden." Dass die Münchner Kammerspiele gleich mit zwei Arbeiten eingeladen wurden, sei "erstaunlich und in der Gesamtschau nicht wirklich gerechtfertigt". Die Frauen seien mal wieder unterrepräsentiert, "und die Provinz ist erst gar nicht vertreten".
Daniele Muscionico von der Neuen Zürcher Zeitung (1.2.2018) freut sich über die beiden Schweizer Einladungen, findet an der Auswahl aber "bemerkenswert bis irritierend: Auch alle weiteren Arbeiten stammen ausnahmslos aus den grossen westlichen Theater-Tankern und wohlbestallten Öffentlichkeitsmaschinen."
Twitter-Reaktionen auf die Theatertreffen-Auswahl:
Keine Yael Ronen, keine Signa Köstler, keine Susanne Kennedy. Alles Namen, die man sich gut hätte vorstellen können. Zwei davon hätte ich selbst gern beim #Theatertreffen gesehen.
— Anne Peter (@apeanne) 30. Januar 2018
Interessanter als die Einladungen zum #Theatertreffen finde ich übrigens wie jedes Jahr die Liste der diskutierten Produktionen: https://t.co/uz6x2aLkG7
— Falk Schreiber (@zahnwart) 30. Januar 2018
Wenn man die Liste der "Inszenierungen in der Diskussion" anschaut (https://t.co/U6WLIZpRfK), liegt die Frauenquote unter den Regieführenden bei 33% (12 von 36, davon 3 mal Co-Regie) – was quasi der normalen Theaterbetriebs-Statistik entspricht. #Theatertreffen #ProQuoteBühne
— Anne Peter (@apeanne) 30. Januar 2018
Hat schon jemand durchgezählt, auf wieviel Stunden Theater es die diesjährige #theatertreffen-Auswahl bringt? Scheint mir überdurchschnittlich zu sein.#tt18#theatertreffen https://t.co/6zZMPlFsIM
— Dirk Pilz (@pilz_dirk) 30. Januar 2018
Huiuiui, Vegard/Vinge UND “Faust” beim #Theatertreffen . Das Logistik-Team der @blnfestspiele , das das koordinieren muss, beneide ich nicht.
— Katrin Pauly (@KatrinPauly) 30. Januar 2018
Nicht SIGNA mit "Das halbe Leid" beim #theatertreffen ??? Große Lücke!
— Thore W (@glitzerfragment) 30. Januar 2018
3x Berlin, 2x München, 2x Hamburg, 1x Basel, 1x Zürich, 1x Wien. Wer der Theaterkritik und der #Theatertreffen-Jury einen verengten Metropolenblick vorwirft, bekommt mit dieser Entscheidung wieder argumentative Munition geliefert.
— Falk Schreiber (@zahnwart) 30. Januar 2018
Ich finde es ja schon ne runde Auswahl für das #Theatertreffen, ein großer Text ist, wie bei Ostermeier und Richter, dann eben doch schon sehr viel wert. Größter Wehrmutstropfen ist natürlich, dass wir mit "Das halbe Leid" nicht eingeladen wurden.
— Fabian Raith (@der_fabs) 30. Januar 2018
Für mich die langweiligste #theatertreffen Auswahl seit langem. Auch das darüber jammern, wie langweilig sie ist, langweilt mich.
— Johanna Lemke (@HennieBirdie) 30. Januar 2018
Soso, aha, na ja. #theatertreffen #tt18 #auswahl Dann kann ich ja jetzt auf Urlaub fahren. Viel Spaß beim heftigen Diskutieren. Tschü-hüss!
— Martin Thomas Pesl (@mtpesl) 30. Januar 2018
Der Spielplan für das #theatertreffen 2018 wird am 6. April veröffentlicht, der #VVK für alle Veranstaltungen beginnt am 21.4.!
— Berliner Festspiele (@blnfestspiele) 30. Januar 2018
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Ob die "neue" Mittelreich-Inszenierung was kann, im Gegensatz zu ihrer trantütigen "Mutter"-Inszenierung, werden wir sehen. Die Jury fand: ja.
Und Susanne Kennedy: Zum Glück nicht dabei. Das war schon früher so dermaßen nichtfesselnd.
Schade, dass Jette Steckel nicht dabei ist. Schon viele ihrer Arbeiten (Don Karlos, um nur eine zu nennen, oder auch Die Schmutzigen Hände) sind übergangen worden. Extrem schade.
**
Doch: Bevor die Genderdebatte auf der Analysetiefe/Erregungsstufe "nur 2.5 von 10 sind Arbeiten von Frauen" stehenbleibt (siehe Falk Schreiber auf Twitter):
- Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge insgesamt im deutschsprachigen Raum?
- Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge bei den von der Jury gesehenen Arbeiten?
- Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge auf der Longlist der Theatertreffen-Jury?
Bonusfrage: Ist es Aufgabe der Jury, repräsentative Abbildungen vorzunehmen? Oder sollte sie im Sinne einer (immer unweigerlich willkürlich zu wählenden) Quote unrepräsentativ (im statistischen Sinne) einladen?
Gleiche Fragestellungen bitte für
- Provinz / Zentren
- West / Ost
- BRD / Österreich / Schweiz (ist letztere überrepräsentiert?)
- usw.
Das würde mich echt interessieren.
ich kann nur empfehlen, einmal in die hier auf nachtkritik.de schon häufig verlinkte Studie "Frauen in Kultur und Medien" zu schauen, wenn man sich für das Geschlechterverhältnis auf und hinter den deutschen Bühnen interessiert. Sie hat den Zeitraum 1994 bis 2014 untersucht. Hier zum Download: https://www.kulturrat.de/publikationen/frauen-in-kultur-und-medien/
Zu Ihren Fragen konkret:
1) "Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge insgesamt im deutschsprachigen Raum?"
Siehe Studie: 2014 lag der Frauenanteil unter den Regieführenden bei 30% (nur 22% waren es auf den großen Bühnen, Frauen inszenieren häufiger in Nebenspielstätten und im Kinder- und Jugendbereich). Eben dieses Verhältnis findet sich in der TT-Auswahl ja nun auch gespiegelt.
2) "Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge bei den von der Jury gesehenen Arbeiten?"
Das vermag allein die Jury zu beantworten.
3) "Wie ist die Geschlechterverteilung der Regieaufträge auf der Longlist der Theatertreffen-Jury?"
Nach meiner Schnellzählung liegt die Frauenquote bei den "Inszenierungen in der Diskussion" unter den Regieführenden bei 33% (12 von 36, davon 3 mal Co-Regie).
Ihre anderen Fragestellungen würden mich auch interessieren. Vielleicht mag sich da jemand anders als Statistiker betätigen?
Ihren Tweet sah ich und war voll des Dankes, den ich nun auf Ihren hiesigen Kommentar hin gern verstärkt erneuere. Merci beaucoup! Insbesondere die wertvolle Kulturrat-Studie kann nicht oft genug hervorgehoben werden. Deren Analyse benötigt freilich mehr als 140 Zeichen. Meine Erwartung ist, dass aus den (berechtigten) Aufschreien *allein* keine Deus-ex-machina-Umbrüche zu erwarten sind. Den Druck im Kessel hochzuhalten ist sicherlich eine notwendige, aber wahrscheinlich keine hinreichende Bedingung, denn zum Handeln und Wandeln braucht es Richtung und Strategie und Partner/innen. Diese finden sich nicht allein durch Hashtags.
Deswegen interessiert mich die tiefere Analyse. Noch einmal für Ihren Beitrag dazu.
Ungefähr 65% der weißen Deutschen, die ich kenne haben einen Migrations-Hintergund, der nicht weiter als 1945 zurückliegt. Ungefähr 97 % der ehemaligen Ostdeutschen, die ich kenne, haben einen Migrationshintergrund, der nicht weiter als 1990 zurückliegt. Die restlichen haben - sofern sie die Reise überlebt haben - einen Migrations-Hintergrund, der nicht weiter als 1961 zurückliegt. Sollen die sich jetzt schwarz oder braun oder sonstwie anmalen, damit die in Ihre Vorstellung von Ideal-Diversität passen?
Der Bosse Abend war schon gut- aber inzwischen weiss Jeder eine Einladung vom Burgtheater bringt Geld für Berlin.
Der Hartmann Abend ist wohl eher ein schlechter Witz.
Und wieso ist der "Tell" von Stefan Bachmann nicht dabei oder Peer Gynt oder oder- fährt das TT eigentlich überhaupt nach Köln- so langsam zweifelt man und bekommt Depressionen und zwar nicht von dem Spitzenprogramm in Köln.
Hier arbeiten übrigens auch Frauen und auch #mit Migrations Hintergrund.
Die Einladung von Mittelreich stellt die Frage, wann eine Inszenierung eine neue Inszenierung ist. (Mahler vs. Recke)
Die Einladung von Vinge/Müller stellt die Frage, was eigentlich den Unterschied von Inszenierung und Vorstellung ausmacht bzw. ob nicht jede Vorstellung eine eigene Inszenierung ist. (Dann hätte man auch 10x Vinge/Müller einladen können!)
Die Einladung von Trommeln in der Nacht stellt eine ähnliche Frage. ("von Brecht" vs. "nach Brecht")
Bin jespannt.
Rege hiermit die Redaktion an, ironisch gemeinte Beiträge fett drucken zu dürfen...
Sie sitzen einem Irrglauben auf, wenn Sie die Debatte auf die Statistiken vereinfachen oder viel schlimmer ihr eine Ideologie unterstellen.
Es geht um ein Tableau, dass sich jedes Jahr aufs neue als einseitig entlarvt. Die Jury behauptet unvoreingenommen auch in der "Provinz" zu suchen. Letztlich werden dennoch lieber allgemein bekannte Regiehandschriften eingelanden, die schon X-Mal berücksichtigt worden. Es Fällt schwer zu glauben, dass abseits der Metropolen eine solche einfallslosigkeit vorherrscht.
Dieses Phänomen ist auf die "Quoten"-Disskusion übertragbar. Auch wenn nachwievor mehr Männer als Frauen inszenieren, könnte man sich die Mühe machen und genauer hinschauen. Es wird aber lieber so getan, als wären von Frauen gearbeitete Inszenierung eine rarität.
1) Im Moment haben im Wesentlichen nur die "Lokalen" die jeweiligen Arbeiten gesehen. Zeit für inhaltliche Debatten oder Debatten über das (Kunst-)Handwerkliche des Tableaus ist also: der Mai.
2) Wenn Sie #6 noch einmal lesen möchten, werden Sie sehen, dass Statistik (meines Erachtens) im Zusammenhang mit Repräsentationsdebatten *essentieller Diskussionsgrundbestandteil* sein muss. Ohne Statistik kommen Hinz und Kunz mit ihren Tellerrandanekdötchen, die uns auch nicht so richtig weiterhelfen. Ergo: Handwerkszeug!
3) Aus einem Teil (Repräsentativität) der Debatte (die ja insgesamt nach wie vor läuft) auf das Ganze zu schließen, halte ich für argumentativ hochfragwürdig.
Hier nach weniger als 24 Stunden Tableau-Gespräch auf ein "Versagen der Kulturkritik" zu schließen, scheint mir einigermaßen kühn, und verweist vielleicht eher darauf, wie überhastet Sie selbst urteilen?
Denn: Alle 10 Einladungen sind von nachtkritik besprochen worden. Die Links finden Sie ganz oben. Die inhaltlichen Debatten haben mithin in Teilen sogar schon stattgefunden. In und unter den jeweiligen Nachtkritiken. (Und dabei haben wir die Nicht-nk-Welt noch gar nicht berücksichtigt.)
ad 2) Nein - ich finde, dass die Statistik hier gar nicht weiterhilft. Wo ziehen Sie hier denn eine Linie? Man könnte ja - und ich meine das gar nicht polemisch - durchaus auch besprechen: Wie viele Inszenierungen stammen von heterosexuellen Regisseuren? Von homosexuellen Regisseurinnen usw... Wie viele von fremdsprachigen? Wie viele von Künstlern mit physischer oder psychischer Beeinträchtigung usw... Das wird dann aber eine - und jetzt wird es doch polemisch - Party der Befindlichkeiten. Natürlich muss man sich, um wieder seriöser zu werden, anschauen, ob eine Auswahl gesellschaftliche Wirklichkeiten abbildet - und das gelingt (auch dem Theatertreffen) mal besser, mal schlechter. Aber reine Zahlen bringen da glaube ich nichts. Sonst muss man die Zahl der Inszenierungen von 10 erhöhren, um alles abbilden zu können.
ad 3) Meine Anmerkung bezieht sich ja nicht allein auf die Debatte zum Theatertreffen, oder wollen sie abstreiten, dass ein riesiger Brocken der Diskussion im Kulturbereich auf das Feld der Identitätspolitik gewandert ist? Warum hat man bei Bigelows "Detroit" - um mal weg vom Theater, hin zum Film zu gehen - so stark und in manchen Beiträgen fast ausschließlich die Hautfarbe der Regisseurin besprochen?! Die Grundfragestellung ist ja gut: Wer erzählt wessen / Wer erzählt welche Geschichte. Aber ich persönlich habe das Gefühl, dass dieser Bereich gerade eine Wichtigkeit bekommt, die alles andere überlagert und alle Inhalte zudeckt (Bei Bigelow war es definitiv so! - und im Theater habe ich die letzte Zeit den Eindruck, ist es auch so). Ich lasse mich gern überzeugen, dass dem nicht so ist - dass der Eindruck falsch ist oder die Debatte wichtig, auch wenn dadurch viel inhaltliches verloren geht. Aber wenn bei Twitter an manchen Orten eben nur mehr - wie bei einem Countdown - der Frauenanteil in Prozent runtergerechnet wird, dann bekommt es schon etwas unfreiwillig komisches ...
ad 2)
Einspruch & Zuspruch. Ja, Statistik ist nicht alles. Aber es ist meines Erachtens *sicher nicht* so, dass sie *gar nicht* weiterhilft. Wie gesagt, ohne eine übergreifende, umfassende, möglichst genaue Statistik/Zählung/Proportionenmessung fabulieren wir auf der Grundlage von Anekdoten, privaten Erlebnissen und individuellem Blick. All dies ist auch wichtig, aber eben nicht hinreichend.
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass man sich klug überlegen muss, wie aussagekräftig eine Statistik sein kann! Genau deswegen hatte ich ja unter #2 Falk Schreibers Tweet (dem ich wie Sie eine gewisse Lächerlichkeit zuschreiben möchte) als unzureichend markiert. Die gleiche Kritik brachte ich hier an (#5 und #10): https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14867:kolumne-ich-aktiviere-sie-jetzt-sophie-diesselhorst-ueber-moegliche-metoo-folgen-fuers-theater&catid=1632&Itemid=100389
Statistiken hängen von der Wahl des Fokus', des Rahmens ab, gar keine Frage. Deswegen sind sie aber nicht per se "gar nicht hilfreich". Im Gegenteil: Erst auf Grundlage eines gewählten Rahmens/Fokus' kann eine Statistik erstellt werden. Beides ist dann(!) diskutabel. Ohne Rahmenwahl keine Statistik. Ohne Statistik keine Diskussion. Ohne Diskussion keine Verständigung. Ohne Verständigung kein gemeinsames Anpacken.
Ja, Sie haben vollkommen recht, was Ihr Hinweis auf die Vielzahl möglicher Repräsentationskriterien betrifft (sexuelle Orientierung, ...). Die kann man sich ansehen. Das hatte ich unter Kommentar #2 mit "usw." angedeutet.
Ob aus der bloßen Existens der Vielfalt der Verschiedenheiten, also aus der Vielfalt der Dimensionen von Repräsentation folgt, dass diese Vielfalt auch abgebildet werden müsse (in den Ensembles, in den Intendanzen, in den Regieaufträgen, in den Preisvergaben, beim Theatertreffen, in den Förderinstrumenten, ...), das ist dann die nächste - sehr wichtige - Frage. Diese Frage hatte ich im Kommentar #2 gestellt (dort: in Bezug auf das Theatertreffen). Insofern stellen Sie und ich dieselbe Frage.
Leider wurde vor Monaten ein Beitrag von mir von nk nicht veröffentlicht, der zugespitzt die Frage stellte: Wieviele Theatertreffenslots soll es geben, wenn man sich den Anspruch stellt, vier Dimensionen jeweils 50:50 bei der tt-Auswahl zu berücksichtigen. Beispiel: Mann/Frau, reinweiß/PoC, Muslim/Christ, Ost/West. Daraus folgen schon 16 Kombinationen, die natürlich nicht in einer 10er-Auswahl abgebildet werden können. Daraus resultieren die Fragen
- Welche Dimensionen sollen bei Repräsentation eine Rolle spielen?
- Wie wird man der Vielfalt der Dimensionen Herr (bzw. Dame)?
- Was ist überhaupt der Zielmaßstab (50:50 oder BRD-Schnitt oder was anderes)?
- Wie käme man zu einer Abbildung des Zielmaßstabs? (Das berührt das Spannungsfeld: "Es soll um Kunst/Inhalte gehen, nicht um Quoten" versus "Kunst findet in gegebenen Herrschaftsverhältnissen statt".)
Ich stimme Ihnen im Wesentlichen zu: "mal besser, mal schlechter". Ja, reine Zahlen bringen nichts. Nein, ohne Zahlen geht es nicht. Ja, Zahlen brauchen Zusammenhang.
ad 3)
Auch hier stimme ich Ihnen wesentlich zu. Wir haben auch direkt ein weiteres Beispiel:
https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14941:erste-autorenresidenzen-am-theater-goerlitz-zittau&catid=126:meldungen-k&Itemid=100089#comment-72673
Dort ist der erste Kommentar wieder einer mit Genderschwerpunkt. Ich teile Ihre Wahrnehmung, dass diese Schwerpunktsetzung dominant geworden ist. Man kann sich zurecht fragen, wann eine destruktive Übersättigung eintritt. So war ja auch Ihr Ausgangskommentar gemeint, denke ich.
Mein Eindruck ist:
- Der Genderdiskurs (allgemeiner: Repräsentationsdiskurs) ist dominant geworden. Er wirkt in sehr viele Felder/Diskussionen hinein und findet dort aktiv und explizit statt. Das ist gut.
- Die Möglichkeit besteht, dass dieses sehr wichtige Thema zu einer Monotonisierung der allgemeinen Debatte führt. Das ist nicht gut.
- Es besteht nach wie vor die Möglichkeit für jede/n, Aspekte fern der Genderdebatte einzubringen.
Meine Hoffnung ist, dass wir mit einer (statistisch grundierten) Debatte über Fragen der Repräsentation *vorankommen*. Ich teile Ihre Wahrnehmung, dass die Debatte oft nur Missstände situativ markiert, unspezifische Ziele wiederholt, empört aufschreit, aber eben auf der Stelle tritt! Deswegen: Mehr Analyse, mehr Tiefgang, mehr Hinterfragen, mehr Konkretes, mehr kluge Vorschläge, wie es weitergehen kann/soll.
Meine Frage unter #2 war in diesem Sinne gemeint. Insofern können wir gern darauf zurückkommen bzw. darauf rückverweisen, wenn der nächste Gendercountdown kommt. Countdowns sind easy. Vorankommen ist schwer.
Ich freu mich sehr auf " Welt im Rücken" und " Faust" . Habe beide Inszenierungen mehrfach gesehen und noch lange nicht genug davon.
(Sehr geehrte Dorit Hartmann, doch die Arbeit wurde berücksichtigt und diskutiert. Hier die Liste der engeren Auswahl fürs TT 2018: https://www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/theatertreffen/auswahl_tt/tt18_diskutiert.php Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
In Bezug auf Ihre Einwände zur eventuell hinderlich wirkenden augenblicklichen Dominanz der Genderdiskussion teile ich Ihre Bedenken. Allerdings vermute ich, dass diese Dominanz genau dadurch entstanden ist, weil VOR der statistischen Erhebung eben nicht der Rahmen/Focus ebenfalls diskutiert wurde und die Auswertung der Statistiken, die z.B. zu den Vereinsbildungen mit den ProQuote-Forderungen geführt haben, eben auch nicht gut geführt wird oder auch abgewürgt, weil viele so froh sind, dass hier überhaupt erstmals die Mann/Frau-Frage für die Partizipation innerhalb des Theaterbetriebes gestellt wurde...
ich persönlich finde die liste sehr ausgewogen - von persönlichen vorlieben und abneigungen mal abgesehn - jedoch könnte man schon eine priorität der "prestige-theater" daraus ablesen.
ich finde es sehr gesund, den aktuellen trends kritisch gegenüberzustehen und sie sogar noch einzufordern zu wollen ...
Auch ich halte es für sinnvoll,sich aktuellen Trends entgegenzustellen,wo nötig und das Denken nicht aufzugeben. Aber darüber zu reden,welche Gruppe von Menschen eigentlich alles entscheidet am Theater,wer ausgeschlossen bzw. unterrepräsentiert wird, was das über das Theater erzählt und ob man da nicht Wege finden muss, um das zu ändern,halte ich für eine Errungenschaft, hinter die wir nicht zurückfallen dürfen.
Ich muss seitdem darüber nachdenken. Ich glaube gerne, dass die Beteiligten versucht haben, dem sich abzeichnenden Interessenskonflikt aus dem Wege zu gehen; bin aber erstaunt, dass dieses Vorgehen in der Presse nicht viel mehr Aufmerksamkeit findet.
Einmal schlicht als Grausamkeit: wer Herrn Oberender kennt, weiß er ist ein Mann des Wortes. Ihn dazu zu verdammen, Stundenlang stumm den Sitzungen der Jury zu folgen...
Dann, weil natürlich so ein Vorgehen den Produktionen des Hauses eine ganz andere Aufmerksamkeit sichert, als anderen, hausfremden Produktionen. Man stelle sich vor, die Jurysitzungen fänden in einem anderen der in Diskussion befindlichen Theater statt. Regelmäßig begrüßt Intendantin X die Gäste, sorgt für Speis und Trank und setzt sich dann - schweigend - dazu. Und sobald das Gespräch auf die Inszenierung X kommt, steht sie schweigend auf, verlässt den Raum und lässt sich dann wieder hereinrufen: denken Sie jetzt mal bitte NICHT an ein Känguru!
Noch anders: bei der Ausschreibung zum Bau einer Autobahnbrücke finden die Sitzungen der Kommission im Meetingraum eines Bauunternehmers statt, der selber ein Angebot abgegeben hat. Es würde schon reichen, dass er nur von den Angeboten der anderen hört, damit das ganze Verfahren ungültig würde.
Hier nicht. Und vermutlich gibt es ja auch Gründe dafür. Verständlich ist ja sowieso, wenn die Leiterin des Theatertreffens an den Sitzungen teilnimmt, irgendwer muss auch das Verfahren leiten und etwas den Überblick halten, was man ggfs. zu organisieren hat. Aber wenn überhaupt Produktionen für eine Theatertreffeneinladung in Frage kommen, darf der verantwortliche Intendant nicht dabei sein, die Jury nicht ansatzweise in den Verdacht der Befangenheit geraten. Es kommt hinzu, dass frühzeitig die Festspiele sich um die Bewahrung des "Faust" bemüht haben, ob mit Blick auf eine mögliche TT-Einladung, oder einfach so, und insofern eigentlich eine zweite Festspiel-Produktion nominiert wurde.
In Zeiten, wo Kultur und Theater in die politischen Kampflinien rücken und unverblümt vom "versifften Kulturbetrieb" gesprochen wird, dürfen in den Verfahren eines so wichtigen Leuchtturms, einer Bundesveranstaltung wie des TT keine Kompromisse gemacht werden.
Zur Klarstellung: zur Auswahl dieses Jahres kann und möchte ich gar nichts sagen. Ich habe eine Vorstellung des "Nationaltheaters" gesehen und finde gut, dass es sich auf der Liste findet.
ps. auf den gedanken mit heiner müller bin ich durch die entfernung des gedichtes von gomringer gekommen - welche ich als genau den auch von ihnen befürchteten rückfall verstehe, den ich keinesfalls will.
Beim Filmemachen sind die Geschlechter in den Beschäftigungsverhältnissen offenbar noch weit ungünstiger als im Theater berücksichtigt. Und die Unterschiede in der Bezahlung für gleiche Arbeit belaufen sich nicht auf die etwa 20 % weniger für Frauen als für Männer. Wenn hier jetzt die Frauen in ihrer Quotenforderung so viel öffentlichen Rückenwind durch Medien bekommen, besteht dann nicht auch die Gefahr, dass wir dabei übersehen, dass hier eine breite Befürwortung für ProQuote auch eine stillschweigende Begrüßung der angleichenden Bezahlung für alle bedeutete? Und zwar eine einvernehmlich nach unten Richtung für die Frauen bisher übrliche? Dann würde die ProQuoten-Diskussion von einer Bezahlungsgerechtigkeit in den künstlerischen Berufen gegenüber anderen eher ablenken als das zunehmnde Prekariat für Menschen in künstlerischen Berufen ablenken und gleichzeitig hätten alle dabei emoralisch eine weiße Weste bewahrt, oder?
#34: Sie haben gute eingängige Beispiele gefunden, ich verstehe eigentlich auch nicht, wieso Thomas Oberender dabeisein muss, wenn doch die kompetente Frau Büdenholzer da ist als für das Theatertreffen eigentlich zuständige Führungskraft. Entweder hat sie sein Vertrauen oder nicht. Was anderes sind die Repräsentionstermine wie Eröffnung des Treffens usw. Es ist so ein bisschen wie mit dem Bundespräsidenten, ohne den die Kanzlerin offenbar kein Kabinett aus gewählten Volksvertretern bilden kann - Sie beschreiben selbst Thomas Oberenders Kompetenz als Redner, ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum er sich da überhaupt reinsetzt - ER ist schließlich Intendant der Festspiele und hat Entscheidungsgewalt über das Prozedere...
Mit der Auswahl bin ich trotzdem zufrieden, auch wenn ich gern Otteni und SIGNA in irgendeiner Weise ebenfalls vertreten gesehen hätte.
Wenn sich die Festspiele um den Erhalt von Castorfs "Faust" unabhängig vom TT beworben haben und dafür Fördergelder generiert haben, wäre es doch gleich, ob die Jury seine Inszenierung auswählt oder nicht! Dadurch, dass sie ihn ausgewählt hat, kann die für die Inszenierung zugesicherten Fördergelder das Theatertreffen als Teil der Berliner Festspiele für sich sichern. Über die Finanzierung, die es ohnehin bekommt, hinaus... D.h. es spart als TT dadurch ca. 500 TEuro! bzw. muss diese nicht für andere Einladungen ausgeben... Hm. - Da kann man echt wirklich darüber nachdenken... Danke für Ihren Post! Ich wäre sonst nicht darauf gekommen, dass man darüber nachdenken kann!
" An Frank Castorfs Faust war für die siebenköpfige Jury kein Vorbeikommen als fundamentale Neudeutung im derzeit sogar auf der höchsten politischen Agenda stehenden Kolonialkontext. Wenn die Volksbühnen-Inszenierung im Mai im Haus der Berliner Festspiele gezeigt wird, wird die Welt noch einmal erkennen, was diesem Theater und seinen Schauspielern angetan wurde."
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/revolution-nur-ohne-brecht
weiß jemand, welche folgen kunst- und kulturvernichtung für eine gesellschaft hat und GELD als ALLEINIGER wertmaßstab angewendet wird?
übrigens gibt es nicht nur im kulturbereich - besonders im militär- und finanzbereich jede menge geld-verschwendung - dies ist wohl aus dem gleichen - unseren - steuergeldtopf ... naja, wenn ich castorf wäre, würde ich dercons haus auch nicht mehr betreten und bespielen - das kann man verstehen - genauso wie die gesamten steuergeld-verteilungen -muß man nicht
#41 es geht um eine ausgezeichnete theaterinszenierung - an der castof einen entscheidenden anteil hat - meinen sie DAS mit "privat"?
Und als solche betrachte ich es, wenn ein sehr aufwendiges Theaterstück (das für sich schon jeden Rahmen sprengte, aber darum geht es noch nicht einmal) zwar im üblichen Modus und mit üblichem Aufwand aufgeführt werden könnte, aber nur aufgrund des Egos einer einzigen(!!) Person, die nicht wahrhaben kann, dass auch ihre Macht nach 25 Jahren einmal nicht mehr ganz unbeschränkt sein könnte, mit einem beinahe millionenschweren Aufwand in derselben Stadt für ganz wenige Vorstellungen in ein anderes Haus transferiert wird.
Einer regulären Vorstellung in der Volksbühne stehen ja keinerlei praktische Schwierigkeiten im Weg.
Denken Sie nicht auch, dass all jene Künstler, die von dem Topf, aus dem dieses Geld ja entnommen werden muss, nun einmal leben müssen, sich durch so eine Verschwendung gedemütigt fühlen müssen, und tatsächlich im Sinne von Adam Riese "beklaut"?
... und dies in der stadt des BER-debakel - ganz abgesehen von der millionen-vorfinanzierung der "neuen" vb mitsamt des "sagenhaften Satellitentheater-phantoms" von Francis Kéré ...
ich schätze die konsequenz castorfs, sich klar von von solchen offensichtlichen - zwar geldschluckenden, aber an peinlichkeit schwer zu übertreffenden - mauscheleien abzugrenzen, welche aus meiner sicht die lächerlichkeit JEDER gelddiskussion in berlin begleitet ... und wenn dies sein "ego" ist, zu dem er steht, schicke ich "buh" und "bravo"-rufe aus bayreuth als echo zu seiner standfestigkeit, die vor allem klare haltung beweisen, die als signal der gegenwart verstanden werden kann ... JENSEITS von allen geld-götzen-anbetern, die sich sehr gern für die resourcen -verlagerung von militär+bankenrettungs-milliarden für die kunst (+bildung/pflege/wohnen) engagieren dürfen, wenn sie es denn ernst meinen mit ihrer GELD-kontrolle - und nicht eigentlich ihre anti-castorf-argumente verbreiten wollen.
Dass "Faust" nicht bei einem jovialen Gastgeber Dercon gezeigt würde, war doch wohl seit der Premiere klar! Der soll schon selbst malochen anstatt sich mit fremden Federn zu schmücken. Bei einem Sofortrücktritt würde Faust in die VB zurückkehren. Und zwar über den Mai hinaus.
Vielleicht mögen Renner und Müller das aus Ihrem Privaten bezahlen als Resozial(demokrat)isierungsmaßnahme.
Wie wäre es alternativ, die verschleuderten 2 Millionen Vorbereitungsetat von Dercon -- wohlgemerkt OHNE erkennbaren künstlerischen Gegenwert -- zurückzufordern, dafür "Faust" zu transferieren und noch 1,5 Millionen für die Freie Szene übrig zu haben? Win-win-win.
Hier wird der Gärtner zum (Sünden-)Bock gemacht.
Was war die Abberufung Castorfs durch Tim Renner anderes als eine "persönliche Animosität"? Wieviel kostet die? Und seit wann beugt sich ein Künstler der Inkompetenz der Amtsstube. Die Transferkosten mahnen. Sie erinnern an den Federstrich Renners, an das Vertragsklammern Dercons. Das ist sehr gut so.
Mir wäre es im Zweifel lieber, wenn "Faust" *nicht* wieder gegeben wird. Kulturvernichtung bleibt Kulturvernichtung. Das wäre auch ein Mahnmal.
Und alle, die zwischen 2015 und heute behaupten, dass uns nichts verloren gegangen sei, da Castorf/Pollesch/Fritsch/... ja "woanders" weitermachen könnten, wären spätstens dann Mores gelehrt.
Kein "Faust" in Dercons Theater. Kein "Es ist doch alles nur halb so schlimm." Keine Legitimation dieses historischen Vergehens, solang Renner/Müller/Dercon weitermachen, als ob nichts geschehen sei. Rücktritt, Amtsverzicht, Entschuldigung, Anerkennung der Fehlentscheidung. Demut!
Wem hilft es, zu behaupten, man hätte, hätte, früher eventuell ja woanders was sparen können? Man hätte sich den 1. Weltkrieg sparen können, zum Beispiel. Na und?
Dafür behaupten Sie ex cathedra, "künstlerischen Gegenwert" bestimmen zu können, noch dazu von etwas, was gerade erst begonnen hat, noch dazu von etwas, das durch Schwierigkeiten behindert wurde, die von Leuten wie Ihnen bewusst und unnötig erzeugt wurden.
Das ist Kulturstalinismus. Und das bruachen wir nicht.
Sie reden damit der Kunstvernichtung das Wort. In Bezug auf Dercon, und mittels Faust jetzt auch noch auf zahlreiche andere Künstler, von denen wir ja nie erfahren werden, welche Werke sie jetzt eben nie werden kreieren können.
Aber Sie denken wohl, ab jetzt muss alles Theater der Welt nicht *für* die Kunst, sondern *gegen* einen aus welchen idiotischen Gründen auch immer verhassten Intendanten gemacht werden.
DAS IST DAS ENDE: