Presseschau vom 8. Mail 2013 – Spiegel Online über allerlei Ungemach zwischen Oliver Kluck und dem Schauspiel Frankfurt
Kluck macht den Bernhard
Kluck macht den Bernhard
8. Mai 2013. Auf Spiegel Online (8.5.2013, 10:05 Uhr) schreibt Tobias Becker einen langen Text über Vorkommnisse am Schauspiel Frankfurt. Dort wird heute Abend das neue Schauspiel von Oliver Kluck uraufgeführt: "Was zu sagen wäre warum". Jedoch hat sich der Autor Oliver Kluck über die Strichfassung beschwert, die Regisseurin Alice Buddeberg von seinem neuen Stück "Was zu sagen wäre warum" hergestellt hatte. Kluck sehe sich zum Idioten gemacht, und habe gleich auch noch seinem Theaterverlag gekündigt.
Der Artikel en detail: Oliver Kluck, schreibt Becker, sei "gekommen, um sich zu beschweren", seine Beschwerdebriefe seien die ersten literarischen Werke des Sohnes eines Hilfsarbeiters und einer Friseuse gewesen. Schreib-Ausbildung in Leipzig, "heftige Umarmung" durch das Theater seien gefolgt, Preise. Aber der Dramatiker fühle sich "nach wie vor fremd" in "der Theaterszene".
Weltekel
Von diesem Fremdheits-Gefühl handele auch sein neues Weltekel-Stück "Was zu sagen wäre warum", eine "fiktive Schimpforgie", in der auch der Satz steht, der Autor sei "der Idiot, den man vorführt". Der Theaterautor in "Was zu sagen wäre warum" stecke, so Becker, voller Welt- und Menschenekel. Er habe das Gefühl, zu kurz zu kommen, und nun schicke sich Kluck an, "die Geschichte seines Stücks in der Realität fortzuschreiben".
So habe Kluck gegen die Strichfassung protestiert, die die Regisseurin Alice Buddeberg für die Frankfurter Uraufführung erstellt hat, und habe seinen Vertrag mit dem Rowohlt Theaterverlag gekündigt. "Sein Text, schreibt er auf seiner Homepage, sei 'zusammengestrichen bis an die Grenzen der Zensur', die neue Chronologie sei 'blödsinnig', er werde dastehen 'wie ein Idiot'." Beide Fassungen, die des Autors und die des Theaters, lassen sich auf Klucks Homepage vergleichen.
Ratlosigkeit
Bastian Häfner, Lektor beim Rowohlt Theaterverlag, verstehe die Aufregung nicht. "Aus unserer Sicht ist die Strichfassung völlig im Rahmen dessen, was bei einer Uraufführung in Deutschland so gemacht wird mit einem dramatischen Text." Becker vermutet in seinem Text, eine Mail, "die Kluck von einem Frankfurter Schauspieler bekommen haben will", könne eine Rolle gespielt haben. In der Mail habe der Absender den Verdacht geäußert, das Stück sei "antisemitisch". Falls es diese Mail gebe, so das Frankfurter Schauspiel, hadele es sich um eine private Meinung, das Frankfurter Schauspiel aber, so Becker weiter, distanzierte sich von dieser Unterstellung.
Regisseurin Buddeberg, die Stück und Autor lobe und wertschätze, sei ratlos: "Mich hat das erstaunt, weil Kluck früher immer gesagt hat, er begreife einen Text als Material für das Theater." Dieses Erstaunen der Regisseurin, schreibe nun wiederum Kluck per Mail aus den USA, sei "kokett", es sei als Teil der Inszenierung zu verstehen. So wie er, Kluck, nun das ganze Frankfurter Schauspiel als "eine einzige Vorstellung" verstehe. Nicht eine aus dem Kontext herausgelöste Inszenierung, sondern das ganze Haus müsse zum Theatertreffen eingeladen werden.
(jnm)
Anmerkung des Redakteurs: Spätestens die letzte Bemerkung weist auf Oliver Klucks Quellen hin. In Thomas Bernhards "Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen" heißt es "Eine Komödie ist Österreich / und was für eine / eine ungeheuerliche Komödie / ... / Tatsächlich habe ich jetzt oft das Gefühl Bernhard / Österreich ist eine Komödie von Shakespeare / die man nicht inszenieren muß / sie ist schon da ...."
Mehr zu den Schwierigkeiten zwischen Autoren, Theatern und Verlagen erfährt man aus dem Gespräch, das Simone Kaempf, Wolfgang Behrens und Georg Kasch im April 2013 mit Gesine Pagels (Felix Bloch Erben), Frank Kroll (Suhrkamp Theater-Verlag) und Tobias Philippen (schaefersphilippen) geführt haben.
Mehr dazu, wie solche Problematiken in der Autorensicht sich ausnehmen, erfährt man aus dem, ebenfalls im April auf der nachtkritik.de-Seite zum Heidelberger Stückemarkt veröffentlichten Aufsatz von Theresia Walser Was sich nicht aus der Welt schaffen lässt.
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