Myon tanzt heute nicht

von Christian Rakow

Berlin, 21. Juni 2015. Darf man das über einen Schauspieler schreiben, zumal über einen Debütanten? Er stand schier unbeirrt und stocksteif auf den Brettern, verpasste praktisch jeden Einsatz, starrte, ja glotzte stets dorthin, wo die Musik gerade nicht spielte, und döste alles in allem grenzdebil und deplatziert durch die gut drei Stunden dieser Aufführung. Falls unser Newcomer Myon auch nur mit einem Funken Talent gesegnet sein sollte, so wusste er das an diesem Premierenabend trefflich zu kaschieren.

Herzlos das! Schließlich ist Myon ein knapp hüfthoher Roboter und hat vor nicht allzu langer Zeit das Licht der Welt erblickt. Gleichsam in Kinderschuhen tapst er daher (in solchen aus Kunststoff und Titan), gestützt von seinen Erzeugern: vom Neurorobotic-Forscherteam um Professor Manfred Hild von der Beuth Hochschule für Technik. Myon grüßt mit Statusmeldungen: "Festhalten – Laufen – Stehen stabil". Kein Wunder, dass ihm die Bühnenwelt der Komischen Oper Berlin noch mindestens zwei Kragenweiten zu groß ist.

My Square Lady1 560 Iko Freese Drama Berlin de u15 Sekunden Ruhm: das Neuromännchen Myon  © Iko Freese / Drama Berlin

Stumm im Kraftwerk der Gefühle

Hierher verfrachtet hat den ungelenken Junior das Künstlerkollektiv Gob Squad, das per Doppelpass-Förderung der Kulturstiftung des Bundes an die Komische Oper geraten ist (eigentlich ist die deutsch-englische Truppe ja seit Jahr und Tag an der Volksbühne und am HAU beheimatet). Und alles scheint so einleuchtend: "My Square Lady" nennen sie den Abend in Anspielung auf das Musical "My Fair Lady", in dem das bildungsferne Blumenmädchen Eliza Doolittle vom Linguistik-Professor Higgins etwas Hochsprache und Allgemeinwissen eingeimpft bekommt, um hernach vor den nobleren Kreisen der Gesellschaft bestehen zu können. In Berlin wird aus dem Blumenmädchen das Neuromännchen, und also: "Myon, das ist dein Abend! Die Welt erwartet einen singenden tanzenden Roboter als Eliza Doolittle", pushen Gob Squad ihren Protagonisten. Aber Myon tanzt halt nicht.

Genau genommen ist Myon der idealtypische Held des Theaters von Gob Squad, ein Held, in dem sich höchste Erwartungen mit geringstem Handlungsspielraum verknüpfen. Ein schelmischer Held, der in seinem klaglosen Scheitern die Menschen um ihn herum zum Strahlen bringt. Wie können wir Myon die Oper erklären, dieses "Kraftwerk der Gefühle", lautet die Leitfrage des Abends. Und in ihrer Beantwortung erfährt man wenig über Myon, aber unheimlich viel über alle Beteiligten: über das Programmierteam der Hochschule und die Gewerke der Oper, die teils live auftreten, teils von Myon im Vorfeld abgefilmt wurden, und natürlich über die Sängerinnen des Opernensembles, die im Angesichte Myons sehr einfach und erhellend über ihren Beruf sprechen können ("Wie fühlt es sich an, öffentlich zu singen?") und die in Arien den kleinen Roboter sanft umgarnen.

My Square Lady2 560 Iko Freese Drama Berlin de uSänger*innen und Performer*innen sitzen regelmäßig wie an da Vincis Abendmahltafel zusammen: mit Robo-Jesus Myon in der Mitte © Iko Freese / Drama Berlin

Munter hereingerauscht

Ähnlich wie ihr Geschwisterkollektiv She She Pop unlängst am Schauspiel in Stuttgart nutzen Gob Squad ihr Doppelpassprojekt also zur weidlichen Erkundung der Institution Oper mit all ihren Funktionsstellen vom Pförtner bis zur Inspizientin. Vor der Pause ist das alles eine launige Saisonabschlussproduktion: mit einem "Best of" aus dem Repertoire des Hauses als Potpourri vor munter hereinrauschenden Requisiten und Bühnenbildversatzstücken, mit Höhepunkten wie der stillen Mondandacht aus Dvořáks "Rusalka", von Sopranistin Mirka Wagner mit Myon auf dem Schoße in den Raum gezaubert, alles in konzentrierter Lässigkeit von Arno Waschk arrangiert und dirigiert.

Nur "My Fair Lady" fehlt, und fehlt nicht wirklich. Von Schuberts "Der Wanderer" bis Mozarts "Zauberflöte" mit der Anbetung des "holden Jünglings sanft und schön" windet sich die Musik suggestiv um die Figur des künstlich Lernbereiten Myon. Rechtzeitig zum Pausentee zeigt der Robo-Primus erstmals, was er kann, und dirigiert, leidlich den Takt haltend, die Arme steif auf und ab, das Chorwerk "Brindisi" aus "La Traviata". Der Clou: Es ist ein auf den Proben erworbenes Verhalten Myons, kein automatisiertes Programm.

Pathos mit Neurorobotik

Die zweite Hälfte dringt tiefer in die Gefühlswelten ein, wird persönlicher, intensiver, pathetischer. Wie in ihrer längst legendären Lebensbefragung Before Your Very Eyes suchen Gob Squad auch mit "My Square Lady" das unvergleichlich menschliche Moment, die Vergänglichkeit, das manchmal eingelöste, zu oft aber uneingelöste Versprechen des Daseins. Christiane Oertel, das "Urgestein" der Komischen Oper (O-Ton!), erfüllt sich ihren Lebenstraum und singt die Carmen-Arie "Umsonst mühst du dich ab", überblendet von Aufnahmen der alten Harry-Kupfer-Inszenierung an selber Stelle. Für welche Augenblicke leben wir? Was speichern wir ab? Inwiefern ist Erinnerung mehr als bloße Datensammlung? "Wir haben dich gebaut, um uns selbst besser zu verstehen", bekennen die Forscher des Neurorobotics-Teams ihrem Myon ins Kameraantlitz, ehe alle Performer zur Purcell-Arie "When I Am Laid In Earth" ihre große Sterbeszene spielen.

Nur Myon bleibt zurück, allein auf der Bühne stehend, als Träger von Erinnerungen. Als Träger von Zukunft. Die überlebensfähige Menschmaschine. Ein Wicht und ein Wunderding. Und plötzlich ist er da, Myons Moment, ein zaghafter Blick nach Utopia. Leise erhebt der Robo-Tenor seine verzerrte Stimme, quietscht: "I sing the body electric / I celebrate the me yet to come / I toast to my own reunion / When I become one with the sun”. Ein Finale mit Fame, dem Musical, Myons 15 Sekunden Ruhm. Bald springen alle Performer hinzu, und die Sängerinnen und Sänger und die Kinder- und Erwachsenenchöre der Komischen Oper. Und sie werden eins mit der Sonne.

 

My Square Lady
Von Menschen und Maschinen. Eine Opernerkundung
von Gob Squad
Konzept, Regie und Kostüme: Gob Squad, (Johanna Freiburg, Sean Patten, Sharon Smith, Berit Stumpf, Sarah Thom, Bastian Trost, Simon Will); Musikalische Leitung und Arrangement: Arno Waschk; Bühnenbild: Gob Squad, Romy Kießling; Entwicklung und Betreuung Roboter: Manfred Hild, Dramaturgie: Ulrich Lenz, Christina Runge; Chöre: Andrew Crooks, Kinderchor: Dagmar Fiebach, Licht: Diego Leetz, Video: Kathrin Krottenthaler, Videomitarbeit: Miles Chalcraft, Kostümbildmitarbeit: Susanne Weiske, Mitarbeit und Betreuung Roboter: Torsten Siedel, Stefan Bethge, Christian Thiele, Marcus Janz, Peter Hirschfeld, Jörg Meier, Mario Weidner, Projektleitung: Rainer Simon, Christina Runge.
Mit: Manfred Hild, Johanna Freiburg, Sean Patten, Bastian Trost, Katarina Morfa, Christiane Oertel, Caren van Oijen, Mirka Wagner, Bernhard Hansky, Carsten Sabrowski, Christoph Späth, Chorsolisten der Komischen Oper Berlin, Kinderchor der Komischen Oper Berlin, Myon.
Dauer: 3 Stunden, eine Pause

www.komische-oper.de
www.gobsquad.com

 

Mehr zur Inszenierung: den zweiminütigen Video-Vorbericht des Guardian aus London sehen Sie hier.  


Kritikenrundschau

Über ein "teuflisch raffinertes Experiment mit dem Publikum" begeistert sich Niklaus Hablützel in der taz (23.6.2015). Das Experiment mit dem wissbegierigen Myon sei "hinreißend". "Myon ist ein echter Superstar, weil er so überhaupt gar nichts kann von alldem, was man im Theater erwartet." Die dieses Abends, der vielleicht ein paar Liednummern zu viel aufbiete: "Wir sind die Automaten, nicht Myon. Wenn er in Zukunft tatsächlich auch Gefühle haben sollte, wird es ihm nicht besser gehen. Jetzt wendet er nur den Kopf mal dahin, mal dorthin. Großartig, man muss ihn einfach lieben."

Die "profundeste Äußerung" von Myon ist an diesem Abend "sitzen aktiv“, berichtet Ulrich Amling im Tagesspiegel (23.6.2015). An "zutiefst menschlichen Pathosreizen" spare die Inszenierung nicht. "Doch Myons Schädel ruckt nur ein bisschen, während der zumindest anfangs noch ganz nette Plauderton, mit dem Gob Squad Opernleute nach ihrer Arbeit ausfragt, in zielloses Geplätscher ausufert." Konklusion: "Eigentlich ist er seiner Rolle alles schuldig geblieben: Aber wer kann ausschließen, dass Myon nicht doch etwas von dem aufgenommen hat, was ihm in der Oper aufgetischt wurde. Auch, wenn es noch lange dauern mag, bis er daraus kopfwackelnd seine Schlüsse zieht: Was wird er nur von uns denken?"

Der Experimentelle "entwirft, verwirft, prüft, analysiert, verfremdet, verwandelt, stößt sich ab, prescht vor, solange bis sich Material und Gedanken kristallisieren, so neu wie das eben geborene Kind." So räsoniert Stefan Amzoll im Neuen Deutschland (26.6.2015). "Das Staunen verlernt der Experimentelle nie. Die hartnäckige, Zeitgrenzen negierende Suche ist ihm zweite Natur. Eine Suche oft ungestüm, voller Elan, voller Begierde. Und er findet. Er findet jenes Originäre, noch Ungehörte, noch nicht Erschaute, das seine Mitwelt überrascht und erstaunt." Wär diese experimentelle Inszenierung dem "Fiber solcher Leidenschaften stärker gefolgt, die Veranstaltung wäre der Hit des Jahres geworden".

Als "bewusste Entzauberung von Technik" und "unterhaltende Vorführung des Forschungsstandes" nimmt Elena Philipp den Abend in der Berliner Morgenpost (22.6.2015) wahr. "Hollywoods Fantasien von künstlicher Intelligenz liegen noch in ferner Zukunft, das wird offenbar." Myons wackliger Bühnenauftritt und sein Design bedienten das "Kleinkindschema". Die Kritikerin hebt augenzwinkernd den finalen Liedbeitrag des Protagonisten hervor: "Weit heruntergeschraubt wurden die Erwartungen an den Roboter in etlichen Frage- und Antwortrunden – aber nun kann Myon doch ein Kunststückchen vorführen. Bravo!"

Als "abschreckendes Beispiel" für die Education-Projekte im Klassikbereich erwähnt Kai Luehrs-Kaiser diese Inszenierung für die Welt (22.6.2015). Gob Squad hätten "dem dickfelligen Apparat" Myon "kaum Tricks beigebracht". Der "Witz des Experiments" erschöpfe sich "in derselben Pointe wie bei Loriots Sketch mit dem sprechenden Hund – Sie erinnern sich: 'Otto Kohl fühlt sich wohl bei der Oberpostdirektion.' Auch hier möchte man antworten: 'Der Hund kann ja gar nicht sprechen.' Nur ist das im Fall von Loriot kurz und spaßig. An der Komischen Oper braucht man drei Stunden dafür."

"Selbstironie stand im Mittelpunkt der lebhaft und lose gefügten Performance“, schreibt Wolfgang Schreiber in der Süddeutschen Zeitung (25.6.2015). "Antonín Dvořáks 'Lied an den Mond' war der poetische Höhepunkt eines Stücks, bei dem ein Roboter und seine Erzeuger nur demonstrieren konnten, dass es mit technikgenerierten Gefühlsreflexen noch nicht so weit ist wie vielleicht erhofft."

"An diesem Abend spielt jeder auf der Bühne sich selbst. Die Anmutung einer Reality-Show entsteht," schreibt Clemens Haustein in der Berliner Zeitung (25.6.2015). Seltsam wirkt auf den Kritiker, dass die Produktion im Verlauf der Vorstellung immer mehr zur Talkrunde wird und "die Darsteller aufgereiht an einem Tisch, der Roboter wie Christus beim Abendmahl in der Mitte" dokusoapmäßig die Hosen runter lassen. Auch der Blick hinter die Kulissen sei Bestandteil der Produktion. "Jeder Anschein von Illusion soll vermieden werden. Diese Selbstironie rettet über die drei Stunden."

 

Kommentare  
My Square Lady, Berlin: "Als ob" zum Fremdschämen
Entschuldigung,
aber das war ein nach der Pause so unerträglich selbstbeweihräuchernder, eitler und pathetischer Abend, dass man sich fremdschämend in den Sessel drückte.
Der gesamte Abend krankt daran, daß versucht wird, etwas als spontan darzustellen, was lange geprobt und trotzdem leider nicht souverän ist. Dabei fällt immer wieder auf,wie wenig es funktioniert, wenn nicht schauspielerisch ausgebildete Menschen versuchen, auf der Bühne mehr zu sein als das was sie sind: nicht schauspielerisch ausgebildet. Das hat dann leider nichts vom Charme beispielsweise des RIMINI Protokolls sondern ist einfach nur peinlich und aufgesetzt. das gilt sowohl für die "schauspielerische" Leistung der SängerInnen als aber auch die der Wissenschaftler. Wie sehr sehnte man sich nach auch nur EINEM direkten Ton auf der Bühne, welcher ja die gesamte Zeit postuliert wurde. So zum Beispiel auch von den immer wiederkehrenden pseudo spontanen Aufritten der Inspizientin oder die Herleitung der oben besprochenen Carmen-Arie. Den Verlauf dieses gefühlt 10 Minuten langen "Sketches" hatte man 2 Sekunden nach dessen Beginn schon begriffen.
Sind die Regisseure so unbedarft, was Regie angeht?

Vielleicht wäre das ja auch gar nicht so aufgefallen, wären da nicht ein/zwei Aufnahmen gewesen, in denen tatsächlich das "Private" von einigen Mitarbeitern zum Thema verlautbart wurde, was einen krassen Gegensatz zu den sonst live fast laienhaft aufgesagten Texten bildete.
Was mit einer sehr amüsant modifizierten Handy-Abschalt-Ansage begann entwickelte sich zu einem Als-Ob Abend der schlimmsten Sorte.
Fragen die sich im Vorfeld hinsichtlich des Themas künstliche Intelligenz u.ä. stellen, werden (fast) komplett ausgeblendet.
Immer nur laienhaft (sowohl wissenschaftlich als auch schauspielerisch) darüber zu reden wie "man" sich fühlt, ohne irgendetwas mit dem Roboter dazu in Bezug zu setzen, macht die Unternehmung komplett obsolet.

Und warum dieser Abend in der Oper stattfindet und warum diese Musikauswahl getroffen wurde, erschließt sich ebenso wenig, wie der Schlagzeuger des Opernorchesters einen Pop/Rockbeat spielen kann.
Immer wird sich damit zufrieden gegeben, so zu tun als ob!

Die besten musikalischen Momente sind ganz klar der Satz aus dem Brahmsrequiem und die Purcellarie kurz vor Schluß. Da zumindest deutet sich an, was dieses Ensemble außerhalb eines solchen Revueversuchs zu leisten in der Lage wäre und auch zum Thema beizutragen hätte.

Und ach ja... die zwei kurzen Myon-Momente reichen dann auch nicht, gerade wenn man sich fragt wieso eine so unglaublich hoch subventionierte
Unternehmung so wenig Ertrag, Inspiration oder weiterführende Fragen hervorbringt. Und auch dann nur dreimal aufgeführt wird.
My Square Lady, Berlin: Grundprinzip Augenzwinkern
Das Augenzwinkern ist das Grundprinzip des Abends. Fast alles, was auf der Bühne passiert, wird auf den Displays kommentiert, die an der Komischen Oper für Untertitel genutzt werden. Wenn Carsten Sabrowski Der Wanderer anstimmt, ist dort Ach, endlich Schubert zu lesen. Ein kurzer Ausschnitt aus Mozarts Zauberflöte wird mit Oh, endlich doch noch Oper kommentiert. Und zu Beginn wird das Publikum aufgefordert: Stellen Sie sich am besten ihrem Sitznachbarn vor. Vielleicht wird es auf der Bühne so traurig, dass Sie noch eine Schulter zum Anlehnen brauchen. So geht das fast ununterbrochen…

Als die eigentliche Hauptfigur des Abends auf die Bühne kommt, ist auch dies ein ironisches Spiel mit den Erwartungen: mit großem Pomp wird der Roboter Myon angekündigt. Von Hollywood-Vorbildern wie Terminator oder HAL aus Kubricks "2001 – Odyssee im Weltraum" könnte er kaum weiter entfernt sein. Unbeholfen bleibt er auf die ständige Unterstützung seiner drei Entwickler angewiesen, die ebenso wie ihr Teamleiter Professor Manfred Hild vom Forschungslabor Neurorobotik der Beuth Hochschule für Technik Berlin neben Johanna Freiburg, Sean Patten und Bastian Trost von Gob Squad und den Solisten der Komischen Oper über die Bühne wuseln. Wenn sie sich nicht gerade um ihren Roboter Myon kümmern, fungieren sie als Background-Tänzer zu "Feel", das von einem Robbie Williams-Imitat im Glitzer-Outfit gesungen wird.

Bei dieser von der Kulturstiftung des Bundes geförderten Co-Produktion von freier Szene und Opernhaus des Jahres durfte sich offensichtlich jede und jeder nach Herzenslust austoben und das machen, wovon er immer schon träumte. Das Ganze hangelt sich zwischen Tätigkeitsbeschreibungen der Arbeiten an einem so großen Haus, halbprivatem Plaudern über die großen Themen der Oper von Liebe bis Tod und einem Potpourri schöner Arien dahin.

Der Mehrheit im Publikum schien dieser kurzweilige Abend durchaus gefallen zu haben. Myons Ausflug in die schillernde Welt der Oper dürfte aber schon bald beendet sein: nach der gestrigen Premiere sind noch zwei Aufführungen für den 25. Juni und 5. Juli angekündigt, eine Wiederaufnahme in der neuen Spielzeit sucht man bisher vergeblich.

Kompletter Text: http://kulturblog.e-politik.de/archives/25295-my-square-lady-roboter-myon-und-gob-squad-augenzwinkernd-an-der-komischen-oper.html
My Square Lady, Berlin: Ressourcenverschwendung
oh # 1, du sprichst mir aus der Seele!
allerdings bin ich schon vor der Pause
gegangen, weil ich es unerträglich laienhaft
und grauenhaft sentimental fand. auf die
"wie fühlst du dich" - dauerhaft gestellte Frage
des Abend sei hiermit geantwortet: noch einen Tag
nach der Premiere deprimiert wenn ich
an all die Ressourcenverschwendung denke.
My Square Lady, Berlin: Generalprobe vs. Premiere
Hatte das Glück GP und Premiere zu sehen und sah zwei verschiedene Aufführungen.
Bei der GP "funktionierte" Myon problemlos auf seinem Niveau: Laufen, dirigieren und v.a. sehen = übertragen auf der Leinwand erkannte man, wo seine Konzentration liegt.
Die Techniker mussten wenig Hand anlegen und so erreichte er eine Eigenständigkeit und eine Persönlichkeit, die einen anzog und die das Ganze drumherum (klassische Opernwerkzeuge und klassische Performancetechniken) akzeptieren liess, besser gesagt, genau die Banalitäten dessen wurde durch die Banalität von Myon aufgefangen.
Aber es war empathisch, gefühlvoll, eine tolle, wenn nicht grandiose GP.
Bei der Premiere streikte Myon.(oder hatte er Lampenfieber? oder ist seine Sensibilität so hoch, dass er ein volles Haus noch nicht gewohnt war?)
Jedenfalls war neben den Laiendarstellern und Technikern(ist Wahrhaftigkeit auf der Bühne wirklich wahrhaftig?), bei den Sängern und sogar bei den Performern auch bei Myon der Druck zu spüren und da dann die Technik in den Vordergrund rückte (er wollte nicht laufen, er musste auf offener Bühne ausgetauscht werden, dann auch noch der Kamerakopf) funktionierte die Empathie mit diesem Roboterkind nicht, weil es nur noch Technik war und die ganze Dramaturgie fiel in ihre Banalität zusammen.

Somit eine grosse GP und eine naja Premiere.
Erstaunlich nur, dass auf Myon´s Zustand performativ nicht reagiert wurde, sondern nur der Ablauf abgespult wurde.
Da hätte ich wirklich von einer Performancetruppe mehr erwartet, besser gesagt das wäre ihr Feld gewesen,
zu reagieren im here and now!!!

Jedenfalls bin ich sicher, dass die nächste Aufführung wieder eine andere sein wird.
Und gelohnt hat sich der Aufwand allemal.
Vielleicht hat Myon gelernt.
My Square Lady, Berlin: feines Zusammenspiel
@#1: Bleiben Sie mal fair, bzw. erkundigen Sie sich: Praktisch alle Spontanreaktionen auf den Roboter waren ungeprobt bzw. tatsächlich unvorhersehbare Aktionen desselben.
Und die Schlagzeugbeats kamen nicht von einem Schlagzeuger des Opernorchesters, sondern von einem Gast vom Fach. Ich hätte auch nicht gehört, was an ihm falsch gewesen sein sollte. Er hat immerhin in feinem Zusammenspiel mit dem Dirigenten den (noch) nicht ganz im Takt singenden Roboter eingefangen, das muss man ja erstmal hinkriegen!
In einem haben Sie recht: Die Brahms-Nummer war wirklich vom feinsten!
My Square Lady, Berlin: nicht im Wortlaut
@#3: Die Frage "wie fühlst du dich" wurde im Wortlaut so nicht gestellt. Oder ist mir das entgangen?
My Square Lady, Berlin: nervende Untertitelwitzchen
@#2: Sie haben leider recht, diese Untertitelwitzchen nervten ungemein. Und das war ja auch beileibe keine neue Idee....
My Square Lady, Berlin: was bleibt!
Also was für mich vom Abend bleibt: Je hilfloser der Roboter, desto faszinierender der Mensch. Kann Theater einen schöneres spüren lassen als das?
My Square Lady, Berlin: nicht unfairer
@ #5
1. Ich habe als 2 von vielen Beispielen für "schlecht gespielt" die Auftritte der Inspizientin beschrieben und den Carmen "Sketch". Und die waren mehr als geprobt... leider.

2. Wenn Sie bei "Feel" von Robby Williams nicht gehört wie der Schlagzeuger das Tempo "variiert" hat, dann verstehe ich nur zu gut , dass Sie das Spiel genossen haben.Nichts für ungut.

Und meine Beschreibungen sind nicht unfairer als die Tatsache, wie der Abend eine Zumutung war. Und mit dieser Meinung scheine ich auch, wenn ich einige Kritiken mir ansehe, nicht so ganz allein dazustehen.

Sie scheinen ja der Aufführung (vielleicht durch privaten Kontakt) verbunden zu sein, dass sei Ihnen unbenommen.
Aber ich möchte nicht erst mich über einen Abend noch erkundigen müssen, sondern die Möglichkeit haben, diesen über meine Wahrnehmung zu verstehen.
Hier gab es aber leider kaum etwas zu verstehen.
My Square Lady, Berlin: dick Staub
... da sprechen menschen seit jahren von einer "verstaubten opernlandschaft" und da kommt gob squad company, wischt den staub weg und legt eine noch dickere schicht modernen staubs aus medial gesteuerten pseudo-reflektionen und küchenphilosophie über die zukunft darauf. das positive dabei ist, dass sich opernhäuser öffnen. lass gob squad lieber gob squad bleiben (schleife ... schleife ... schleife ...). da gibt es genüg fans.
My Square Lady, Berlin: Computerschlagzeug, eine Zumutung
@#9: es bleibt ihr gutes Recht, den Abend nicht zu mögen. Aber falsche Behauptungen über von ihnen vermutete Ursachen zu verbreiten ist ja was anderes. Privaten KOntakt habe ich übrigens keinen, abgesehen von ein paar flüchtigen Gesprächen auf der Premierenfeier. Und sie haben recht, kritische Stimmen gibt ja durchaus mehrere, ich mochte ja auch nicht alles.
Das Computerschlagzeug des "Feel" Originals empfinde ich übrigens auch als Zumutung. Was solls.
My Square Lady, Berlin: 3sat berichtet
Zwei Hinweise:

Die 3sat-"Kulturzeit" berichtete in der gestrigen Ausgabe über die Premiere an der Komischen Oper. Link zur Mediathek: http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=52378

Am Samstag, 4. Juli, 23.10 Uhr sendet 3sat die Dokumentation "Im Kraftwerk der Gefühle - Ein Roboter wird Opernstar". Link zur Ankündigung: http://www.3sat.de/page/?scsrc=2&date=2015-06-23&division=kulturzeit&cx=60
My Square Lady, Berlin: die Zukunft des Roboters?
danke für die Hinweise auf die Fernsehbeträge, ich bin darauf hin am Sonntag auch gleich reingegangen, und fand es hervorragend.
Spannend sicher auch die Frage, wie der Roboter sich entwickelt, wenn das Stück noch über die Jahre länger läuft.
Kommentar schreiben