Du holde Kunst!

22. April 2023. Ein ziemlich vergessenes Drama des englischen Dichters Lord Byron aus dem Jahr 1820 dient dem Schauspieler und Regisseur Fabian Hinrichs als Vehikel für eine ziemlich spektakuläre Kunst-Anstrengung im besten Sinne des Wortes. Mit Orchester und Tanz-Ensemble, ohne Benny Claessens.

Von Esther Slevogt

Lilith Stangenberg in "Sardanapal" von Fabian Hinrichs nach Lord Byron in der Berliner Volksbühne © Apollonia T. Bitzan

22. April 2023. Das Gegenteil von Kunst ist Rewe. Also, da so hinter der Kasse zu sitzen und acht Stunden lang monoton die Waren der andern über den Scanner zu ziehen. Piep. Piep. Piep. Piep. Obwohl man die drohenden Abgründe und Ausbrüche natürlich schon ahnen kann, wenn die Kassiererin im roten Rewe-Kittel so ein somnambules Geschöpf mit melusinenhaft zerzauster Frisur wie die Schauspielerin Lilith Stangenberg ist.

Die Sehnsucht nach dem Inkommensurablen

In der Schlange steht auch der Schauspieler Fabian Hinrichs – im konfirmandenhaften Abendanzug und Lackschuhen letzte Anklänge an ein fast schon zur Unkenntlichkeit geschrumpftes, verdruckstes Dandytum ausstrahlend. Und als der die Kassiererin anspricht, was sie denn so denken und träumen würde, haben wir den Salat: Sie antwortet ehrlich, schert aus dem formatierten Leben hinter der Kasse aus, streut jede Menge Sand auf die Erde, wälzt sich darin, während sie von Strand, Meer und Freiheit fantasiert. 

Hinrichs sind wir an diesem Abend zuvor schon begegnet: als ausschweifend zu Disco-Musik ("Let The Music Play" von Barry White) Tanzendem, als Sänger, der inbrünstig neben Sir Henry am Klavier stehend voller falscher Töne Franz Schuberts Lied "An die Musik" schmettert: jene biedermeierliche Hymne von der "holden Kunst", die die grauen Stunden des Lebens umstrickt und den dort Gefangenen in eine bessere Welt entrückt. Wenn sie denn noch irgendwo aufzufinden wäre, in unserer schnöden Welt, die Kunst.

Sardanapal 01 805 Apollonia T Bitzan uFabian Hinrichs © Apollonia T. Bitzan

Von der Sehnsucht nach Kunst, nach dem Inkommensurablen und Unformatierten, handelt dieser ganze Abend, den Fabian Hinrichs auf der Basis eines ziemlich vergessenen Dramas des englischen Dichters Lord Byron in der Berliner Volksbühne inszeniert hat: "Sardanapal", 1820 geschrieben und Johann Wolfgang von Goethe gewidmet.

Mit Orchester, ohne Benny Claessens

Byron, der selbst ein kurzes und ausschweifendes Leben lebte, zwischen aristokratischen Privilegien und dem Überdruss daran, nutzte die Figur des sagenhaften assyrischen Herrschers Sardanapal für eine Art idealistisches Selbstporträt: des Herrschens müde, predigt Sardanapal seinem Volk, dass es nur essen, trinken und lieben solle. Alles weitere sei keinen Cent wert. Als an ihn die nicht ganz unberechtigte Forderung herangetragen wird, er solle gefälligst regieren, tritt er nicht etwa zurück, um Willigeren das Feld zu überlassen, sondern besteht auf sein Privileg, das er für Naturgesetz hält. Es kommt zu Aufstand und Krieg. Am Ende verbrennt sich Sardanapal auf seinem Thron selbst, um den Feinden nicht in die Hände zu fallen. Seine Geliebte, die Sklavin Myrrha, folgt ihm in den Tod. 

Wie genau sich das von Byron explizit nicht fürs Theater geschriebene Drama in die Niederungen unserer Gegenwart hineinschrauben könnte, ließ sich in der Volksbühne nur schemenhaft erleben. Denn der Schauspieler, der Sardanapal wohl eigentlich spielen sollte, Benny Claessens nämlich, war kurz vor der Premiere ausgestiegen und Hinrichs spielte (teilweise mit Textbuch) alles selbst. Es gehe Claessens sehr schlecht, informierte die Dramaturgin Anna Heesen vor der Vorstelllung sybillinisch das Publikum. Eine Berliner Zeitung hatte da schon von einem Zerwürfnis zwischen Hinrichs und Claessens gesprochen

Sardanapal 02 805 Apollonia T Bitzan uBühnentanz gegen Streetdance © Apollonia T. Bitzan

Hinrichs als verdruckster Wiedergänger von Lord Byron fantasiert sich nun als Sehnsuchtsfigur diesen lebensgierigen wie destruktiven archaischen Herrscher herbei. Dazu gibt es Kostproben dessen, was er als Kunst heute offenbar für ebenso rettend wie gleichzeitig verloren hält – und wo doch dieses bacchantische Gefühl, jene unserer grauen Zeit des Meckerns und Sparens abhanden gekommene "Jouissance" aus der Perspektive dieses Abends noch aufgehoben ist: Chopins 2. Klavierkonzert, von Sir Henry am Flügel und dem Jugendsinfonieorchester des Berliner-Händel-Gymnasiums zum Niederknien schön dargeboten. Das berühmte Adagio aus Gustav Mahlers 5. Sinfonie, "I am Blue" von Eifel 65, Gedichte von Celan, Texte von Byron. 

Große Freiheit

Immer ist alles ein bisschen zu schrill verehrend vorgetragen und präsentiert, so dass nie wirklich klar wird: Ist diese Kunst- und Lebenssehnsucht echt oder wird sie nur karikiert? Ist Hinrichs freiwillig oder nur unfreiwillig komisch? Aber in diesem linkischen Strecken nach der Kunst und dem Unmöglichen gelingt es dem Abend auch immer wieder, seltsam zu ergreifen. Benny Claessens ist aber offenbar in der Sorge ausgestiegen, sich mit dem Abend zu blamieren, und postete auf Instagram Böses

Sardanapal 04 805 Apollonia T Bitzan uErschöpfte Kunstjünger:innen © Apollonia T. Bitzan

Erst noch ein Phantom, nimmt Sardanapal in dem Potpourri zunehmend Gestalt an. Die Bilder werden üppiger. Engel mit riesen Flügeln kommen aus dem Zuschauerraum auf die Bühne und flattern mit ihren weißen Gewändern vor enormen satt-roten Vorhängen, die irgendwann dann aus dem Bühnenhimmel stürzen und blutroter Grund für alles Weitere werden. Es gibt artistische Nummern am Seil, und wenn der Krieg kommt, treten bunt gewandete Tänzer*innen mit Schwertern in Formationen gegeneinander an: Bühnentanz versus Streetdance. Manchmal weht ein Hauch von chinesischem Staatszirkus durch das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz. Am Ende fahren Bühnenpodeste Meter hoch, als wollten sie eine Aztekenpyramide bilden. "Große Freiheit" steht darauf geschrieben. Feuer lodert vor dem Rundhorizont und Sardanapal und Myrrha (alias Fabian Hinrichs und Lilith Stangenberg) stürzen sich ins Nichts. In die Freiheit?

Zum vom Jugendorchester live gespielten Abba-Hit "Dancing Queen" tauchen dann alle zum Applaus wieder auf. "Was suchen wir?", fragt Fabian Hinrichs im Laufe des Abends irgendwann einmal, und man kann seine Inszenierung auch als Giga-Etüde über den Widerspruch feiern, dass Kunst und Zivilisation eben immer auch Zeugnisse von Barbarei und Zerstörung sind. Dass wir anders wollen, als wir können.

Sardanapal
von Fabian Hinrichs nach Lord Byron
Regie und Musik: Fabian Hinrichs, Bühne: Ann-Christine Müller, Fabian Hinrichs (unter Verwendung eines Motivs von Pola Sieverding), Kostüme: Tabea Braun, Martha Lange, Licht: Frank Novak, Einstudierung und Musikalische Leitung Orchester: Knut Andreas, Heike Scharfenberg, Choreografie: Christine Bach und Jeff Jimenez, Stunttrainer: Pat Pertz, Dramaturgie: Anna Heesen.
Mit: Fabian Hinrichs, Lilith Stangenberg, Sir Henry, Tänzerinnen: Christine Bach, Marten Baum, Danielle Bezaire, Martin Buczko, Davide de Biasi, Dennis Dietrich, Madlen Engelskirchen, Pauline Funke, Nele Hermann, Bianca Hüchtebrock, Iga Kowalczyk, Roman Lukyanchenko, Christine Wunderlich und Tänzer*innen des Flying Steps Diploma Programms, Musiker*innen: Preda Bazga und das Jugendsinfonieorchester Berlin am Georg-Friedrich-Händel-Gymnasium.
Premiere am 21. April 2023
Dauer: 2 Stunden 15 Minuten, keine Pause

https://www.volksbuehne.berlin

In ihrer Kolumne "Aus dem bürgerlichen Heldenleben" reflektiert Esther Slevogt zwei Wochen nach der Premiere noch mal über das (mediale) Echo dieses Abends.

Kritikenrundschau

Ulrich Seidler nennt den Abend in der Berliner Zeitung (21.4.2023) "unverwüstlich": "Es ist ein Theaterbankett, das des letzten assyrischen Königs würdig ist." Dem Publikum wehe die Sehnsucht nach künstlerischer Freiheit entgegen. Dass Hinrichs Claessens Partien mit Textbuch in der Hand übernehme funktioniere dank dessen Unerschrockenheit gut.

Als "völlig gescheitert" empfindet dagegen Rüdiger Schaper die Inszenierung im Tagesspiegel (22.4.2023). Die Premiere sei ein Desaster gewesen, wobei das eigentliche Problem darin liege, "dass Hinrichs diese Unterrichtsstunde in Hedonismus ernst meint." Sein Fazit: "So viel trinken kann man nachher gar nicht, wie man sich in Sardanapal winden muss."

Auch Georg Kasch sieht Hinrichs Regie-Versuch in der Berliner Morgenpost (22.4.2023) als gescheitert an: Hinrichs habe schon öfter bewiesen, dass er riesige Säle alleine füllen könne. In eigener Regie gelinge dies jedoch nicht. Sogar die herausragende Lilith Stangenberg wirke an diesem Abend "so hilflos, dass ihre sonst so rührenden Deklamationsgesten an Schmierentheater erinnern."

Als ein "Spiel mit angezogener Handbremse" empfindet Barbara Behrendt Hinrichs kurzfristig übernommene Szenen mit Textbuch auf der Bühne im rbb24 Inforadio (22.4.2023) und fragt sich, ob die Inszenierung nicht tatsächlich die "exaltierte Rampensau Benny Claessens" gebraucht hätte, um zu gelingen.

Hinrichs springe "nur um den viel zu hohen Sockel herum, auf den er seine Vorbilder gehoben hat", meint Eberhard Spreng im Deutschlandfunk (22.4.2023). Alles wirke wie "zufällig in einer Byron-Revue versammelt, durch die Hinrichs wie ein Conferencier führt". Nur einmal gelinge ihm ein großes Theaterbild: wenn sich das Tanzensemble unter einem gewaltigen roten Tuch zu einer geballten Masse versammle und Lilith Stangenberg sich davon wie von einer großen Naturgewalt empor tragen ließe.

"Dass die Anleihen bei der guten, alten Genieästhetik ein wenig muffig riechen, ist noch das kleinste Problem des konfusen Abends", schreibt Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (24.4.2023). "Auch dass dem Regisseur am Tag vor der Premiere sein Hauptdarsteller Benny Claessens abhandengekommen ist, lässt sich verschmerzen, schon weil Benny Claessens vor lauter Selbstfaszination ohnehin immer nur Benny Claessens spielt." Für eines der größten Theater des Landes sei "dieser Abend des nicht unsympathischen Rumprobierens " dann aber doch "entschieden zu unbeholfen und ein bisschen zu selbstverliebt".

Simon Strauß von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (24.4.2023) schreibt, Hinrichs könne "nicht nur geistreich Pointen setzen, er kann auch inbrünstig Schubert singen, ausdrucksstark Schlagzeug spielen, Jive tanzen und an einer Münchner Rewe-Kasse als kontaktsuchender Zugezogener auftreten." Den Rewe-Kassen-Moment lobt Strauß sehr: "Der Hunger nach mehr als ein bisschen Zigarettenrauch und ein paar Lachern im Publikum, die Sehnsucht nach einem höheren Gefühl, nach Verausgabung, nach einem Bruch mit dem Lebensvollzug: In diesem Moment liegt – ohne dass eine Zeile von Byron gesprochen worden wäre – all das, wozu sein Stück anstiften will, in der Luft", schreibt dann allerdings auch: "Hier hätte der Abend enden können." Denn der Rest sei mehr oder weniger Verrat an diesem einen, höheren Moment.

"Das große Thema des Abends, die Rolle der Kunst und das gute Leben, werden nur assoziativ umkreist", schreibt Erik Zielke im Neuen Deutschland (24.4.2023). "Dass das Glück nicht im Markt, auch dann nicht, wenn Lilith Stangenberg an der Kasse sitzt, zu finden ist, war klar. Alles Weitere bleibt hier allerdings im Dunkel."

Ein paar eindrückliche Bilder gelängen zwar, "doch letztlich stehen diese Szenen nur für eine Möglichkeit, diesen Stoff zu erzählen, als Geschichte, in der tatsächlich etwas auf dem Spiel steht", schreibt Michael Wolf in der taz (25.4.2023). "Diese Möglichkeit aber nimmt Hinrichs selbst nicht wahr. Sein Spiel und seine Sprache sind ironisch grundiert, wahre Entschlossenheit nimmt man ihm schlicht nicht ab." Es wirke, als wäre er bereit, seine ganze Inszenierung zu opfern, "damit er selbst als Künstler autonom bleiben kann, nicht verwechselt wird mit einer Figur, einer Botschaft".

"Ich sah die zweite Vorstellung, und es war etwas Erstaunliches zu erleben. Das Publikum solidarisierte sich vollständig mit Hinrichs und seinem Abend. Es herrschte im Saal das Prinzip, das man aus dem Film Ed Wood (mit Johnny Depp) kennt: Man sieht dort den schlechtesten Regisseur der Welt und kann nicht anders, als in ihm den aufrichtigen Künstler zu erkennen", schreibt Peter Kümmel in der Zeit (27.4.2023). "Sollte es wirklich Benny Claessens sein, der diesen Dampfer versenkt hat, so lenkt ihn Fabian Hinrichs mit Grandezza auf den Grund: ungerührt wie Buster Keaton. Am Schluss Jubel. Ein Hoch auf das Scheitern. Das Stück wird wohl Kult werden."

 

Kommentare  
Sardanapal, Berlin: Notbremse
Die erste Stunde entwickelt sich zu einer Nummernrevue kleiner Talentproben, die allerdings nicht mal lose verbunden sind. Hinrichs und seine Tänzer*innen unterhalten mit nostalgischen Popsongs der 1990er und 2000er Jahre, Lilith Stangenberg nimmt in einem Sketch an der REWE-Supermarktkasse Platz und träumt sich aus München an den Sandstrand. Dazu wälzt sie sich in einem kleinen Sandhäufchen, das herangekarrt wurde.

So weit, so belanglos und leidlich amüsant. Mit Lord Byron und seinem Drama „Sardanapal“ hat dies nichts zu tun. In der zweiten Stunde stürzen sich Hinrichs und Stangenberg in pathostriefendem Overacting in Szenen aus dem fast vergessenen Drama, das Simon Strauß vor einigen Jahren für seine FAZ-Reihe „Spielplanänderung“ ausgrub. In diesem Feuilleton veröffentlichte Hinrichs auch einen langen, sehr lesenswerten Essay, warum ihn dieser Stoff so sehr fasziniert. Doch an diesem Abend ist wenig davon zu spüren: Die Tänzer*innen umkreisen dieses Star-Duo in elfenartigen Gewändern in merkwürdigen Ausdruckstanz-Choreographien, dazwischen gibt es etwas Akrobatik und ein paar Assoziationen zu den Byron-Bruchstücken.

Tiefpunkt dieser zweiten Hälfte ist, dass Hinrichs mit dem Textbuch durch den Abend stolpern muss. Benny Claessens war wenige Tage zuvor abgesprungen. Die Ansage der Dramaturgin Anna Heesen, bevor sich der Vorhang hob, klang nach bedauerlichem Krankheitsfall, Ulrich Seidlers wenige Stunden vor der Premiere in der Berliner Zeitung veröffentlichte Recherche berichtete von einem Eklat zwischen Claessens und Hinrichs. Viel spricht für den Wahrheitsgehalt dieser Version, denn dieser zweite Teil wirkt tatsächlich so unbeholfen und noch so weit von Premierenreife entfernt, dass es nicht verwunderlich wäre, wenn Claessens hier aus Verzweiflung die Notbremse gezogen hätte.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2023/04/21/sardanapal-volksbuehne-theater-kritik/
Sardanapal, Berlin: Respekt?
Vielleicht hatte Lord Byron so eine Ahnung, dass es so aussehen würde und wollte deshalb nicht, dass dieser Text auf eine Bühne kommt. Darüber setzt sich Fabian Hinrichs arrogant und nahezu respektlos hinweg, wie über so vieles. Den gesamten Abend mit Textbuch zu spielen, so dass nicht mehr ersichtlich ist, welche Teile die von Claessens gewesen wären und welche seine, ist ebenfalls eine Respektlosigkeit. Vor dem Publikum, das Eintritt zahlt, vor dem Text, vor den Kolleg*innen, die ihre Parts/Schritte/Stücke gelernt haben, vor dem Team hinter der Bühne, das jeden Job gewissenhaft und professionell (!) erledigt, und nicht zuletzt vor dem Schauspielhandwerk, welches Hinrichs doch angeblich so hoch hält.
Sardanapal, Berlin: Nicht immer das Beste
@2 na, Kafka wollte, daß man sein ganzes Werk verbrennt. Was Dichter wollen, ist auch nicht immer das Beste für das Werk. Das war doch ein ungeheuer denkwürdiger Abend gestern…
Sardanapal, Berlin: Enttäuschung pur
Karte nur wegen Benny Claessens gekauft, Enttäuschung pur. Schlimmer Abend!
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Leere
@1: „…so unbeholfen und noch so weit von Premierenreife entfernt, dass es nicht verwunderlich wäre, wenn Claessens hier aus Verzweiflung die Notbremse gezogen hätte.“
Dazu muss ich aber auch sagen:
All die inhaltlich unterirdischen Arbeiten von Montag wurden von Classens ergiebigst und gehyped gespielt- trotz der peinlichen Leere…
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Benny Claessens
Benny Claessens hat Böses auf Instagram gepostet?
Meine Güte, was ein Kindergarten...
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Teil
Ps @2 die Claessens-Teile sind die Teile MIT Textbuch, die Hinrichs-Teile die ohne, ist doch logo!
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Kindergarten
@keiral: ja. Kindergarten, den hat leider Classens eröffnet… wenn Spieler auf das Recht ihres Schutzes innerhalb des Probenprozesses und der Privatsphäre ihrer Person beharren, dann MUSS dieser Schutz allen Beteiligten gelten, so auch dem Regisseur, oder etwa nicht?!
Classens Post ist kindisch aber vorallem hinterhältig! Hätte Hinrichs sich so etwas erlaubt, bekäme er prompt einen Shitstorm- SchauspielerInnem können sich das also einfachso das Recht rausnehmen oder was?
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Alles?
@#7
Weshalb wurde dann ALLES mit Textbuch gespielt?
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Gemeint
@Börlin
Ja, damit war ja auch Claessens gemeint.
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Tut mir leid
Das klingt so so so eitel - von allen Enden her betrachtet. Furchtbar.
Sardanapal, Volksbühne Berlin: Chaos
Absolutes Chaos. Wenn eingefleischte Volksbühnenfreaks und eingefleischte Volksbühnenglorifizierungsfreak seiende Kritikerinnen das von eingefleischten Volksbühnenfreaks dargeboten bekommen ist es natürlich Kunst. Leider nur für diese. Für alle anderen leider nur eine Enttäuschung. Wie ja alles an der Volksbühne inzwischen, was irgendwie nach Theater aussehen soll aber keines ist. Bitte wieder Dercon!
Sardanapal, Berlin: Alle wollen die große Bühne
Was ist den eigentlich das Problem an dieser Volksbühne? Seit Castorf's
Weggang funktioniert ja gar nichts mehr....schliessen und auf ein Wunder warten oder wenigstens solange bis die tollen Vergleiche von früher vergessen sind..wäre vielleicht besser....so geht's doch nicht weiter!!! Geld Verschwendung im grossen Stil und natürlich wollen immer alle auf die grosse Bühne....sind ja alle genial irgendwie...
Sardanapal, Berlin: Was sagt der Intendant?
...wären das nicht an jedem anderen Theater Vorgänge, wo man an irgendeiner Stelle auch mal einen Intendanten zu sehen oder hören bekommen würde, der das Ganze kommentiert, absagt, um eine Woche verschiebt etc.?
Sardanapal, Berlin: Ego und Muse
Man kann diesen Abend aber auch so sehen, wie er ist: Eine einzige One-Man-Show. Hinrichs lässt sich huldigen von Orchester, zwei (!) Tanz Compagnien, Sir Henry und Lilith Stangenberg muss obendrein als Muse herhalten. Der Abend dreht sich nicht um Byron oder die Kunst, sondern mal wieder ausschließlich um Fabian Hinrichs. Ego Nummer at its best. Oh, er kann tanzen, oh, er kann Schlagzeug, oh, er kann als Opernverschnitt singen, ach und spielen, Regie führen, Texte aus dem Englischen übersetzen, Bühnenbild, Musik usw. usf. kann er auch alles. Toll, und jetzt?

Der Abend verpufft in überfrachteten Bildern, langweilt mit Textbuchzetteln und ebbt ab in ängstlichem Spiel.
Benny Claessens hätte gut getan, denn so bleibt alles auf einem einzigen Seufzer, einem immer gleichen Ton. Allein Lilith Stangenberg vermag eine Sehnsucht, eine Verzweiflung auszudrücken, doch darf sie nur zwei Monologe sprechen und ansonsten Hinrichs mit großen Augen anschmachten (so wie alle anderen natürlich auch!) - man wird vom Bühnenzauber erschlagen. Langweilig. Unerträgliche 2:15 Stunden. Schade, eigentlich.
Sardanapal, Berlin: Nicht die Richtigen
Wenn da ein Orchester steht, viele Tänzer:innen rumwirbeln und die ganze Bühnenmaschine mit gefühlt unendlichem Etat aufgefahren wird, dann kann auch noch aus dem schlechtestem Abend ein „Moment“ gezogen werden. Aber was tun, wenn da einer von Tuten und Blasen, sprich Regie, keine Ahnung hat? Die Leute (Claessens + Hinrichs) sind wohl mit ihrer Arbeit einfach nicht die richtigen für die ganz grosse Maschine. Wenn sie sich in irgendwelchen ziellosen Ideen, langziehenden Improvisationen und schlechtem Zeitmanagement verlieren, sollte eine Leitung eingreifen. Dies hat nichts mit autoritärem Verhalten oder demgleichen zu tun. Sondern einfach damit, dass die beiden Jungs (die sich mehr dem eitlen Staatsschauspieler ähneln, als sie glauben) keinen blassen von wichtiger Regiearbeit haben: Nämlich dem Management! Ein Stück zusammenzuhalten oder die Zeit bis zu den Endproben im Griff zu haben. Üben sollten sie wie alle anderen auf Kleinbühnen - dann können sie sich hocharbeiten.

Denn was die Berliner Kritik mit „Radikalität“ verwechselt, ist einfach Unprofessionalität. Pollesch hat sein Ding auch entwickeln müssen, bis es auf der grossen Bühne funktionierte. Castorf war/ist ein handwerklicher Meister. Ganz zu schweigen von anderen die auf dieser Bühne arbeiteten. Die Volksbühne hat mehr verdient.
Sardanapal, Berlin: Sperriges Geschenk
Der Abend wirkt nach. Die Materialfülle, der Reichtum machten es mir nicht einfach. Jetzt gärt es. Das erwarte ich von Kunst! Das ist selten geworden. Ein sperriges Geschenk.
Sardanapal, Berlin: Kunst und Poesie und Frauenbild
@hanz zisch: dito! Nach STURM&DRANG oder MONOSAU darf ich endlich mal wieder einen Abend sehen, dem es TATSÄCHLICH um Kunst und POESIE geht... Das tut gut und weckt die Sehnsucht nach mehr...

Hinzu muss ich noch folgendes loswerden: wie kann man eigentlich darauf kommen, einer Spielerin (Stangenberg in diesem Fall) zu unterstellen, ihr Spiel bestünde darin Hinrichs Figur anzuschmachten oder ähnlichen Quatsch?! Hätte man das auch so gesehen, wenn Hinrichs eine Frau wäre???
Ich kann solch Gebabbel echt nicht mehr ertragen- als Frau vor allem fremdschäme ich mich!
Sardanapal, Berlin: Ton macht Musik
Ich schäme mich bei diesem Abend fremd.

Dass Lilith Stangenberg so inszeniert wurde, versteht sich doch von selbst. Andersrum wäre es nie der Fall gewesen, da Hinrichs ohnehin nur um sich kreist, das hat die gestrige, peinliche Lästerei über Kollegen, der unverschämte Umgang mit den Gewerken (Mikro fehlt! Vorhang dauert zu lange, das kann so nicht sein!) und zu guter letzt die Beschimpfung eines Rentners, der es wagte auf die Toilette zu gehen, doch gezeigt. Der Ton macht die Musik, dieser ist in seinem Fall unfreundlich und arrogant.

Da ist nix mit Kunst um der Kunst Willen.

Bei mir wirkt diese zweite Vorstellung auch sehr nach, aber vor allem, weil Hinrichs 10 Minuten privat aus dem Nähkästchen plauderte und das auf eine skandalöse Art und Weise.

War wohl sauer, dass knapp die Hälfte der Kritiken schlecht waren, anders kann ich mir so einen Ausbruch nicht vorstellen. Unprofessionell. Größe hat er jedenfalls nicht gezeigt.
Sardanapal, Berlin: Kritikunfähig
@19 Das klingt sehr interessant und passt durchaus ins Bild: Ich rinnere mich immer noch an Hinrichs' unangenehmen Auftritt im Nachtkritik-Podcast, wo er seine Fassungslosigkeit, dass sich eine der beiden Kritikerinnen (ich glaube, es war Elena Philipp) erdreistete, den Friedrichstadtpalast-Abend nicht vorbehaltlos zu feiern, nur schwer verbergen konnte. Wenn ich mich richtig erinnere, ging die Diskussion sogar in einen off-air-Streit über, von dem im Podcast berichtet wurde.

Ich fand es schon damals eher befremdlich, dass ein Künstler, der in seiner Karriere mit soviel Bewunderung und Applaus übeschüttet wurde, mit Kritik offenbar so gar nicht umgehen kann (zugleich aber kein Problem damit hat, in einer Ludatio eine ganze Generation von Schauspieler:innen zu desavourieren).
Sardanapal, Berlin: Wahnsinnsabend
Ein Wahnsinnsabend! Ich war gestern drin, der gesamte Saal stand am Schluss. Der letze König des Theaters, ganz recht. So komisch, so zärtlich, so grosse Bilder und so eine Lust am Zerfall. Es ist eben eine Höhe, die Viele nicht gar nicht sehen können, war schon immer so in der Kunst. Und es ist doch fanszinierend, was der alles an Emotionen auslöst. Wunderbar. Was kann Theater mehr wollen?
Sardanapal, Berlin: Vexierspiel
Und Arroganz konnte ich nun wirklich gar nichts entdecken. Lilith Stangenberg ist fantastisch, übrigens auch der Text. Und ja, den hat der Hinrichs geschrieben. Und ja, er kann tanzen singen schlagzeugspielen schauspielen regieführen und vielleicht auch reiten oder nähen. Das ist doch ein Glück für uns. Besser als anderherum. Das Konzept der Romantik geht hier voll auf- Momente erscheinen, verschwinden wieder (sihe Hölderlin am Anfang- man will das Absolute und landet in der Wirklichkeit). Ich sehe das wie Simon Strauss- wann habe ich zuletzt so eine erste Stunde im Theater gesehen? Alles ist da. Und ist das nicht faszinierend- für die Einen ist das konfus und nabelbeschauend; für die Anderen etwas Größeres als der Künstler selbst, sie unmittelbar betreffend, sich nicht entziehen könnend. Ich gehöre zur zweiten Gruppe. Die großen Bilder, die übriggeblieben sind von einer nicht umsetzbaren Sehnsucht- mehr Byron geht für mich gar nicht. Was lustig, dass Einige das gar nicht zu verstehen scheinen. Wird da der Künstler unterschätzt in seiner Luzidität? Ich denke schon. Gestern hat Hinrichs davon gesprochen, dass das Stück an der Wirklichkeit gescheitert ist und nur Rümpfe des zweiten Teiles übriggeblieben sind. Diese Rümpfe seien aber ein Tanz, ein Bild, ein Tod. Für sich stehend, auch wenn die narrative oder auch künstlerische Gemeinschaft der Traum wäre. Der aber niemals oder wenn nur für Momente in diese Welt hinüberzuretten ist. So ist der erste und der zweite Teil ein Vexierspiel, ein berührendes und nahegehendes Suchen nach den Resten von Hingabe und dem Absoluten.
Sardanapal, Berlin: Hinausgreifende Kunst
Und als Nachsatz: vielmehr, als dass Schubert gesungen wird, scheint es wichtig und grenzerfahrend zu sein, wie; auch dass Hinrichs tanzt, ist nicht so wichtig wie die Erfahrung, wie er tanzt. Dass Stangenberg sich räkelt ist nicht so entscheidend, sondern wie sie das tut. Und das ist die Kunst dabei, das ist das Hinausgreifende.
Sardanapal, Berlin: Geht so nicht
(...)

(Anm. Redaktion: Bitte beachten Sie die Kommentarregeln. https://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=41#kommentarkodex Herabsetzungen der Person werden nicht veröffentlicht.)
Sardanapal, Volksbühne: Kunst überlebt immer!
Ich finde es ein mutiger Abend...Mut braucht Theater immer!
Man darf sich als Künstler durch Kritiken nie einschüchtern lassen. Gute Kunst überlebt immer!
Sardanapal, Berlin: Don't let the Bastards...
Unbedingt, #25. Merkwürdige Rezeption teilweise (also zur Hälfte), muss ich schon sagen. Ich kann berichten: nach nahezu jeder Szene Applaus. John Henry- ich meine, um so Chopin hören zu können, muss ich eigentlich in der Philharmonie nochmal 'n 50er drauflegen- was das für ein ästhetischer Genuss ist, davon lese ich fast gar nichts in den Kritiken. Auch von Philip Glass und einer grossartig gemorphten sinfonischen Dancing Queen nichts. Präsenzphilosophie hoch hundert, es war richtig richtig spitze. Komisch, wie das teilweise runtergemacht wird- Kulturkampf mit unlauteren Mitteln? Auch die heideggernde Passage bei Stangenberg- das ist doch ein ästhetisches Programm, das 1000mal elaborierter ist als wasweissichwo: ich stelle mich da hin, wo das Licht erst Licht wird, wo der Ton erst Ton wird usw.; null Checkung bei den Kritikern, das sagt alles- Atmosphäre, Stimmungen, Gefühle- tja, damit wirds schwierig in Deutschland. Ganz cooler Artikel v Jakob Hayner dazu heute: https://www.welt.de/kultur/article244812276/Fabian-Hinrichs-Ich-bin-eigentlich-an-der-Gegenwart-gescheitert.html . Perlen vor die Säue, sorry. Hinrichs' Text über Byron- mega, weil voller Nähe, voller Distanz, ein Flow mit der Musik, Gleichzeitigkeiten von Wahrheit und Gefühl, Text und Musik, mega. Wenn Stangenberg hochgewuchtet wird zu Mahlers 5.- alleine dafür würde ich 9 Stunden Zug fahren. Es sich schön machen, im Leben, spielen: und noch ein Lied, noch ein Lied. Das ist er Ernst des Spieles und das Zweckmässige ohne Zweck in Reinform- das Gegenteil von Konfusion. Die Umarmung zwischen Stangenberg und Hinrichs bei "Discovery Channel" inmitten der Verwertungsketten im Supermarkt, vorher kaum hörbar Euro-Trash als Relikte der ultrahedonistischen 90er, superpräzise auf den Punkt, ins Gehirn, ins Herz hinein. Ja, das muss man schon sehen und fühlen können. Dazu muss man sich aber einlassen, wie aufs Leben. Diese hälftige Abrechnung mit jemandem, der über Grenzen geht- nein, sowas passt den Ingenieuren hier gar nicht. Hinrichs is far beyond. So ging es der Avantgarde immer. Aber immerhin: die Leute lieben es (und wohl auch n paar "Kritiker"). Don't let the bastards bring you down (alter Ska-Song)
Sardanapal, Berlin: Umwerfend
Was auch immer das ist, es ist umwerfend. Seit Schlingensief so etwas nicht gesehen an der Volksbühne. Unberechenbar.
Sardanapal, Berlin: Peinlich, unwürdig
also sich dann nach anderthalb stunden hinzustellen, und zu erzählen, dass man diese "stückruine" dann halt aufführt, weil ja alle schon bezahlt sind, und die kids auch was zu tun haben wollen... absolute frechheit (...) es wird genug gewollt avantgardistisch gespielt, und das ist auch gut so. aber das lose zusammengestückel, was man da sehen musste, was, wie hinrichs sagt, gar keinen zusammenhang haben kann, weil es eben nur ein fragment des gerade noch so spielbaren darstellt... nein, einfach nur nein. dass hier nichts, aber auch gar nichts passt, dass der szenenapplaus eben gerade beweist, dass es sich um eine nümmerchenrevue handelt, schmeckt man von der ersten bis zur letzten minute, und das auch noch zuzugeben, tja, das ist dann eben auch schon mangelnder respekt vor dem zuschauer, mangelnder respekt vor sich selbst, mangelnder respekt vor dem haus. leckmichamarschattitüde muss immernoch gespielt werden - wenn sie einfach nur das ist, was den akteur im inneren ausmacht, (...). ich erwarte, dass sich an der volksbühne verausgabt wird, und nicht etwa, dass man sich denkt, dass der kram schon so passt, selbst wenn man das halbe stück gestrichen hat. dass man mich als zuschauer verarschen könnte, ist das eine - dass man aber versucht, sich mit heidegger'schem bezug selbst zu verarschen, und sich das aufführen eines fragmentes schönzureden, verheißt für die zukunft des eigenanspruchs an diesem hause nichts gutes.
man wirft den leuten da seit jeher selbstgefälligkeit vor. aber aus den falschen gründen. es kann nicht sein, dass man sich in eine richtung entwickelt, in welcher diese vorwürfe auf einmal berechtigt sind. (...) aber zu sagen, dass man das selbst im grunde weiß, und dennoch aufführt! wenn der spießbürger kotzt, weil er auf fünf stunden ununterbrochenes bombardement mit text nix versteht, ist das eine sache. wenn aber der theaterfanatiker kotzt, weil es auf zwei stunden nix zu verstehen gibt, außer tanznümmerchen und ein bissel herumgeliege zu abgelesenen textfetzen, ist das was völlig anderes.

(Dieser Kommentar wurde gekürzt, da einige Passagen nicht unserem Kommentarkodex entsprechen. Diesen finden Sie hier: https://www.nachtkritik.de/impressum-kontakt)
Sardanapal, Berlin: Empfehlung
@28 Dem selbsternannten Theaterfanatiker, der seine fünf Stunden absitzen will, sei im Moment jedes spießige Theater von München bis Kiel empfohlen mit mindestens zwei oder drei Fünf- bis Sieben-Stunden-Abenden im Programm. Diese Marathonnummern sind ob Zuschauerberserkern und Leistungsethikern wie ejb im Moment schlichtweg das Synonym für theatralen Kitsch.
Sardanapal, Berlin: Arbeitsbeschaffungstheater
@29 völlig richtig - wenn nichteinmal mehr der anspruch besteht, überhaupt ein stück vorweisen zu haben, sind wir wahrlich an der antipode des leistungsdenkens angelangt. ist dann halt nurnoch inklusives arbeitsbeschaffungstheater, und sonst nichts mehr, und daran mag sich der geneigte sozialarbeiter freilich erfreuen, wie es seiner natur entspricht.
Sardanapal, Berlin: Dem Durchschnitt huldigen
@30 Für mich ist Sardanapal einer der beeindruckendsten und innigsten Theaterabende, die ich seit langem gesehen habe - Ihre verächtlichen Anmerkungen hier empfinde ich als zutiefst kunstfeindlich und dem Durchschnitt huldigend.
Sardanapal, Berlin: Stück des Jahres
Also ich muss schon sagen, Philister haben das Theater anscheinend schon sicher in ihren verkrampften Händen geglaubt, so mein starker und immer wieder hier bestätigter Eindruck. Ja, es gibt Szenenapplaus- weil Hinrichs es einfach draufhat, "ejb". Weil die Einsamkeit, die Traurigkeit, die explosive Empathie, der WITZ dieses Künstlers einfach umwerfend ist - wie er tanzt. Wie er singt! Haben Sie ihn singen hören oder war Ihnen das nicht logisch, nicht begriffsbestimmt genug? Was ist denn "ein Stück" für Sie? "Das Vermächtnis"? Also für mich ist "Sardanapal" Theaterstück des Jahres, jetzt schon. Wie, das geht nicht? Doch, es geht nur nicht zusammen, das was Sie sehen wollen und das was ich sehen mag. Mein Hinweis: wenn Sie Verausgabung sehen wollen, gehen Sie ins Fitnessstudio! Wenn Sie etwas sehen wollen, das Ihren Alltag, also auch Ihren Fitnesstudiobesuch erschüttert, gehen Sie zu Hinrichs. Was natürlich als sehr kränkend empfunden werden kann: das Kunstwerk gehört immer nur dem Künstler, niemand Anderem. Nur sich selber ist ein Künstler verpflichtet. Paradoxerweise sind es immer diese Wenigen, die so sind, denen ich zuspreche. Und klatsche, nach jedem einzelnen Fragment. (Hier auch noch ein gratis Literaturtip: wenn sie Verausgabung lesen wollen, empfehle ich Dan Brown- unter 800 Seiten macht er es nicht. Wenn Sie etwas lesen wollen, das weit über Wort und Wortbedeutung hinausgeht- "Lenz", Georg Büchner, knapp 50 Seiten.)

Und noch ein Programmhinweis für gelingende Abende, ejb: "Hochamt für Toni" und "Browser Ballett- Atomkrieg- der Talk"- Hinrichs als Talkmaster, https://www.sueddeutsche.de/medien/satire-browser-ballett-zdf-neo-parodie-markus-lanz-1.5892655?reduced=true. Und vorher berührendstes psychologisches Spiel. Und dann 'rein in "Sardanapal"- alles kaum unter einen ästhetischen Hut zu bekommen. Schwer zu ertragen, soviel Begabung, ich weiß, wie Sie fühlen.
Sardanapal, Berlin: Vergrützung
@32 für mich ist ein stück genau dasselbe wie für herrn hinrichs: eine durchführung des vorher so angelegten, und nicht eine "stückruine, die so keiner mehr versteht, deshalb möchte ich mich beim publikum entschuldigen, dass ich jetzt hier ablese und wir keine zeit finden, das weiter zu proben, um das eigentliche stück zu zeigen - aber ich dachte mir: die sind ja hier alle schon bezahlt, die jungen tänzer und musiker, und naja, ein tanz ist ein tanz ist ein tanz, um mit heidegger zu sprechen, also warum das nicht zeigen." - so der gute alte fabian am 30.5.21.

wer nun nicht in der lage ist, ein echtes stück, mit echter leistung vom herrn hinrichs von dieser bankrotterklärung zu unterscheiden, hat möglicherweise schon früher nicht richtig hingeschaut. ist ja schön, wenn man manchen hier auch absoluten schrott präsentieren kann, dessen großteil man genau so auch in jedem varieté beschauen darf, der hier aber als kunst empfunden wird, weil volksbühne draufsteht. man muss sich mal vor augen führen, dass hier gegen die selbstoffenbarte, verbalisierte bankrotterklärung des stückes seitens des schöpfers noch ankolportiert wird, es handle sich trotz allem doch noch um theater. hier wird versucht, so zu tun, als wäre das, was zu sehen war, das, was zu sehen sein sollte. die heiligenvererhung geht so weit, dass die leute nicht mal akzeptieren, dass sie grütze sehen, wenn ihnen das so zugestanden wird. gibt's überhaupt irgendetwas, das der hinrichs machen könnte, was als inakzeptable vergrützung gilt? die antwort ist freilich ein klares nein, denn der iterationstunnel des sich immer weiter hochspiralisierenden metanihilismus ist eben infinit - es lässt sich immer dadaistisch und irgendwie meta prädikieren, wenn man nur gewillt genug ist. dass man dabei anspruchshaltung über bord wirft, und die klaren unterschiede zwischen den letzten 100 mal hinrichs und dem aktuellen nicht mehr zu greifen vermag, selbst wenn um verzeihung gebeten wird - das ist schon ein ganz besonderer abgrund der zuschauerlichen krummbucklerei.
Sardanapal, Berlin: Zauberhaft
Puuh, wo bleibt denn da die "Nettiquette", liebe Nachtkritik?
Ich war ja wie erwähnt selbst in dem Abend. Und bis zu dieser Rede v Hinrichs, die Sie da zitieren, vergingen 60 Minuten, die ja einfach schon zauberhaft waren. Zauberhaft, weil Erlebnis. Erlebnis ist eben nicht Erklären von Erlebnis. Sinn durch Kunst entsteht nicht durch Hermeneutik, das ist eben NICHT die einzigartige Möglichkeit von Kunst. Nun, was sagen sie denn zur wunderbaren Musik? Zu Zum grossartigen Tanz von Hinrichs? Zur gigantischen Supermarktszene? Naaa? Schön abregen und nochmal nachlesen, was Kunst ist und wozu. Kleine weitere gratis Buchempfehlung: Georg Römpp, "Wozu die Kunst? Über den sinnlichen Sinn jenseits der Interpretation"- könnte Ihr Leben verändern. Aber ach, ich fürchte Sie sind da taub und blind und wünschen sich eher etwas, das man herleiten und erklären kann. Das aber finden Sie doch viel besser und eher und auch unaufwendiger ausserhalb der Kunst. Womit Sie unfreiwillig Recht haben: normalerweise kann man Kunst nicht entdecken im herkömmlichen Theater. Und bitte jetzt mal aufhören mit dieser unerträglichen Rhetorik, wirft kein gutes Licht auf Ihre "Argumente". Ciao, "geniessen" Sie den schönen Sommerabend voller Leichtigkeit. Er ist einfach da, ohne dass man ihn zu erklären braucht. Klickerts?
Sardanapal, Berlin: Varieté
Das meiste Varietétheater ist übrigens mehr Kunst als das meiste Theater. Einfach mal Begriffe klären. Ist aber anstrengend, nachdenken, lesen- Vorsicht!
Sardanapal, Berlin: 5 Minuten Hinrichs
Und klar: 5 - 7 Minuten Hinrichs sind dann doch besser als 6 Stunden Hartmann oder Rüping oder Rasche. Tsorri, geht mir so, müssen Sie mit klarkommen, schön die Beleidigungen sein lassen.
Sardanapal, Berlin: Bringschuld
@36: auf geht's, leg' mal auf den tisch, nach welchen kriterien ein hinrichsabend nicht mehr akzeptabel wäre, damit wir von dieser geschwätzigkeitsneurose mitsamt buchempfehlungen in richtung von menschen wegkommen, deren privatbibliothek wir überhaupt nicht kennen. unzusammenhängenden schrott kann man immerhin neuerdings auch an der volksbühne sehen, das brauchen wir nicht zusätzlich noch in der kommentarspalte zu selbiger.
Sardanapal, Berlin: Stimmung ist Inhalt
Steht ja schon alles oben, liebe/r ejb. Tanz, Gesang, Szenen. Seh ich übrigens genauso wie Zoe. Und aufschlussreich mit dem juristischen Begriff der "Bringschuld" zu hantieren. Und Ihr Ton ist schon enorm abwertend Anderen ggü.. Was soll man dann für ein Geschmacksurteil von Ihnen erwarten, bei diesen Ressentiments allein im sprachlichen Ausdruck? Also Hinrichs spricht davon, dass ein Tanz ein Tanz und eine Musik eine Musik ist. Aber haben Sie sich einmal mit den Liedern BEFASST? Warum werden die Texte übertitelt? Haben Sie Text und Musik wahrgenommen? Ausser dass es für Sie "Schrott" ist, also jeder Mensch auch, der das liebt, was er oder sie da sieht. Der Byron-Text über Chopins e- Moll - Konzert ist doch Wahnsinn was Verbundenheit mit der Musik, Stimmung der Spätromantik sowie Bezüge zur Poesie der Apokalypse von heute betrifft. Schuberts AN DIE MUSIK - ein Schweben zwischen dem Bewusstsein des eigenen Überforderungsanspruchs der Kunst gegenüber und dennoch dem Festhalten darsn- berührend. Barry White LET THE MUSIC PLAY, auch ein Anruf an die Kraft der Musik als Wirklichkeit in der Wirklichkeit des Alltags, verzweifelt, einsam. PHILOSOPHY v Ben Folds Five, großartig gespielt v Henry und Hinrichs, ein Stück über Erkenntnis durch Kunst, durch Musik als Auflösung der Subjekt /Objekt-Spaltung, mündend in dem fantastischen BoogieWoogie, der zeigt :ihr könnt euch aufregen und lachen wie ihr wollt, meine Philosophie ist der Boogie. MAHLERS Fünfte, das Schwelgen in den postwagnerianischen Melodiebögen, das Absolute erahnen, für den Moment nur. Die Tänze der Palast - Tänzer, in der Stille. Auch hier :die Stimmung ist der Inhalt, die Atmosphäre,die da ist. Es ist wie bei einem Bild :die Farbe ist das Herz des Werks, nicht der Gegenstand. So, jetzt hab ich nun doch die Hermeneutik - Klatsche rausgeholt. Man sieht nur, was man weiß. Das zu Ihrem Jura - "Geschwätz", um in Ihrer Sprache zu bleiben. N bisschen arg abgestumpft, auf jeder Ebene. Sie haben soviel bekommen an diesem Abend und es nicht mal bemerkt. Und zack ist das Leben vorbei.
Sardanapal, Berlin: Sinnlicher Sinn
Wir sollten wieder lernen, wahrzunehmen, was unsere Sinne und die eigene Intelligenz unserer Sinne uns sagen. Sonst sprechen wir nur nach, was wir schon gelesen oder gehört haben. Sonst erkennen wir nur das, was wir eh schon wissen. Dazu braucht man Kunst nicht. Das zeigt der Abend, er ist im Wortsinn phänomenal. Allein die rhythmische Komposition aus Schrift und Musik und Stille am Anfang, der lange Saxophonton, der in Strassenlärm übergeht, auf einer Bühne. Dann Stille. Dann Auftritt Stangenberg. Stille,. Das ist sinnlicher Sinn. Zart, fragil, liebevoll. Das Gegenteil des Rammstein - Theaters
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